08.01.2010
Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 29.04.2005 – III 358/02
Bei einer nicht aufgeteilten Gegenleistung für den Eigentumsübergang an mehreren Grundstücken aufgrund gleichzeitiger Anwachsung verschiedener Gesamthandsanteile ist wegen des einheitlichen Rechtsvorgangs eine gesonderte Feststellung für die Grunderwerbsteuer erforderlich; durch nachträgliche Vereinbarung dieser einheitlichen Gegenleistung kann die Finanzamts-Zuständigkeit wechseln.
Die Anzeige des Grundstücks-Eigentumsübergangs löst den Beginn der Feststellungsverjährung aus, wenn sie an das zuständige Finanzamt gerichtet ist und eindeutig einen grunderwerbsteuerlichen Sachverhalt bezeichnet.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Voraussetzungen der gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer vorliegen, namentlich ob sich ein Rechtsvorgang auf mehrere Grundstücke in verschiedenen Finanzamtsbezirken bezieht und ob die Feststellung verjährt ist infolge Anzeige des grunderwerbsteuerpflichtigen Vorgangs an das Finanzamt. Im Übrigen sind die festgestellten Beträge der Höhe nach streitig.
I. 1. Der Kläger war gemeinsam mit seiner Schwester an einer GbR beteiligt, die Eigentümerin von Grundstücken in Hamburg war (GbR-HH). Der Gesellschaftsanteil des Klägers betrug 60 %, der der Schwester 40 % (Einheitswert-Akte -EW-A- Bl. 258 f, Grunderwerbsteuer-Akte -GrESt-A- Bl. 1, 67).
Weiterhin waren beide Gesellschafter einer anderen GbR, zu deren Vermögen Grundstücke in Schleswig-Holstein gehörten (GbR-SH). Hieran waren der Kläger zu 70 % und die Schwester zu 30 % beteiligt (GrESt-A Bl. 12, 71, Finanzgerichts-Akte -FG-A- Bl. 5).
Außerdem waren der Kläger, seine Mutter und seine Schwester an einer GmbH & Co KG als Kommanditisten beteiligt, und zwar der Kläger mit 400.000 DM, die Mutter mit 400.000 DM und die Schwester mit 200.000 DM (GrESt-A Bl. 3, FG-A Bl. 95, 97).
Die drei Kommanditisten waren zugleich Gesellschafter der Komplementär-GmbH, und zwar der Kläger mit 20.000 DM, die Mutter mit 20.000 DM und die Schwester mit 10.000 DM; die Geschäftsanteile waren jeweils eingezahlt (FG-A Bl. 100, 109).
2. Mit Schreiben vom 30. Dezember 1994 kündigte die Schwester sämtliche Gesellschaftsverträge zum 31. Dezember 1995 (FG-A Bl. 89).
Die GbR-Beteiligungen wuchsen gemäß vertraglichen Fortsetzungsklauseln dem Kläger als allein verbliebenen Gesellschafter an, der infolgedessen die GbR-Vermögen übernahm (FG-A Bl. 91).
Die Kommanditeinlage der Schwester von 200.000 DM an der vorgenannten GmbH & Co KG wurde laut Handelsregisteranmeldung vom 28. Juni 1996 (GrESt-A Bl. 3, FG-A Bl. 98) im Wege der Sonderrechtsnachfolge auf den Kläger übertragen. Damit schied die Schwester als Kommanditistin aus der Gesellschaft aus und erhöhte sich die Kommanditeinlage des Klägers auf 600.000 DM.
Bezüglich des GmbH-Anteils der Schwester erklärte der Kläger in ihrem und seinem Namen in notarieller Urkunde vom 28. Juni 1996 den Verkauf und die Übertragung an sich selbst (FG-A Bl. 108). Die Schwester genehmigte am 10. März 1998 die vom Kläger für sie am 9. Juli 1996 abgegebene Erklärung (FG-A Bl. 116). Dadurch erhöhte sich der Geschäftsanteil des Klägers auf 30.000 DM.
3. Zum Zeitpunkt der Anteilsübertragungen standen die Gegenleistungen für die Schwester noch nicht fest.
Im April 1996 beauftragte der Kläger eine internationale Immobilienberatung mit der Bewertung der Grundstücke der GbR-HH. Die Immobilienberatung kam nach Besichtigung vom 3. April 1996 in ihrem Gutachten auf den 6. Mai 1996 zu einem damaligen Wert von (9,4 Mio + 1,7 Mio =) 11,1 Mio DM (GrESt-A Bl. 24 ff). Soweit sich die Verhältnisse in den vorherigen 4 Monaten seit dem Ausscheiden der Schwester Ende 1995 nicht geändert hatten, entfielen auf ihren Anteil von 40 % an der GbR-HH rechnerisch (40 % von 11,1 =) 4,44 Mio DM.
4. In einer schriftlichen Vereinbarung vom 24. Februar 1998 legten die Schwester und der Kläger Folgendes fest (GrESt-A Bl. 12 ff): ” ... (Schwester) hat ihre Beteiligungen an den folgenden Gesellschaften: 1. ... (GmbH) 2. ... (GmbH & Co KG) 3. ... (GbR-HH) 4. ... (GbR-SH) durch Schreiben vom 30. Dezember 1994 zum 31. Dezember 1995 ordnungsgemäß gekündigt mit der Rechtfolge, dass sie zum 31. Dezember 1995 aus allen o. b. Gesellschaften ausgeschieden ist. Die Beteiligten sind darüber einig, dass sämtliche Beteiligungen von ... (Schwester) an den zuvor genannten Gesellschaften mit Wirkung vom 01. Januar 1996 auf ... (Kläger) übergegangen sind bzw. übertragen werden, soweit noch nicht erledigt. Die hierfür (teilweise) erforderliche Zustimmungen der Gesellschaften und von ... (Mutter) als Mitgesellschafterin liegen vor. Dies vorausgeschickt schließen die Parteien die folgende Vereinbarung: „1. ... (Schwester) überträgt hiermit ihre Beteiligungen als Gesellschafterin an den folgenden Gesellschaften in dem nachstehend bezeichneten Umfang an den Mitgesellschafter ... (Kläger): 1. 20 % Geschäftsanteil an der Beteiligungsgesellschaft ... (GmbH) 2. 20 % Kommanditanteil an der ... (GmbH & Co KG) 3. 40 % Beteiligung an der Grundstücksgesellschaft ... (GbR-HH) 4. 30 % Beteiligung an der Grundstücksgesellschaft ... (GbR-SH) mit der Wirkung, dass dem Erwerber mit Wirkung ab 01. Januar 1996 sämtliche Rechte und Pflichten als Gesellschafter anstelle von ... (Schwester) als Veräußerin der Beteiligungen zustehen, und zwar einschließlich aller Gewinn- bzw. Verlustbeteiligungen, von denen ... (Kläger) ... (Schwester) ggf. Dritten gegenüber freizuhalten hat...”.
Zur Gegenleistung heißt es dort: ” 3. Abweichend von den gesellschaftsvertraglichen Regelungen zur Berechnung des Auseinandersetzungsguthabens von ... (Schwester) (§ 11 des Gesellschaftsvertrages der Beteiligungsgesellschaft ... (GmbH) und jeweils § 11 der Gesellschaftsverträge der Grundstücksgesellschaften ... (GbR-HH) und ... (GbR-SH) und § 16 des Gesellschaftsvertrages der Kommanditgesellschaft in Firma ... (GmbH & Co KG)) vereinbaren die Parteien hiermit einen Gesamtkaufpreis in Höhe von DM 5 Mio.”.
Eine Regelung, wie der Abfindungsbetrag auf die einzelnen Gesellschaftsanteile zu verteilen ist, wurde nicht getroffen (GrESt-A Bl. 12 ff, 17 ff, 24 ff).
II. 1. Mit Schreiben vom 29. Oktober 1996 teilte der in Hamburg ansässige steuerliche Berater des Klägers der Grunderwerbsteuerstelle des für die Grunderwerbsteuerfestsetzung zuständigen schleswig-holsteinischen Finanzamts (FA) mit, dass die Schwester ihre Beteiligung an der GbR-SH gekündigt habe (GrESt-A Bl. 50): „Finanzamt ... (F) Grunderwerbsteuerstelle X-Straße ... (F) Sehr geehrte Damen und Herren, ... (Schwester) hat ihre 30% ige Beteiligung an der ... (GbR-SH) zum 31. Dezember 1995 gekündigt. An dieser Gesellschaft war außer ihr nur noch ...(Kläger) beteiligt. Zum Vermögen der Gesellschaft gehören Grundstücke in ... (S), ... Hinsichtlich des wertvollsten dieser Grundstücke wurde im Juni 1994 der Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt, über den ein Rechtsstreit anhängig ist. Die beiden übrigen Grundstücke sind zum 31.12.1995 mit den voraussichtlich erzielbaren Weiterveräußerungserlösen von DM 1.654.000,- bzw. DM 568.120,- bilanziert. ...”
2. Am 30. Oktober 1996 ging bei dem Beklagten, dem FA für Verkehrssteuern und Grundbesitz in Hamburg, ein weiteres Schreiben desselben steuerlichen Beraters des Klägers vom 29. Oktober 1996 ein (EW-A Bl. 268, GrESt-A Bl. 49, FG-A Bl. 11): „Finanzamt für Verkehrsteuern und Grundbesitz Postfach ... ... Hamburg Sehr geehrte Damen und Herren, ”... (Schwester) hat ihre 40 %ige Beteiligung an den Grundstücksgesellschaften in Hamburg, ..., (GbR-HH) zum 31. Dezember 1995 gekündigt. An diesen Gesellschaften war außer ihr nur noch ... (Kläger) beteiligt. Über die Bewertung der Grundstücke zum 31.12.1995 besteht noch kein Einvernehmen zwischen den Beteiligten. ... (Schwester) und ... (Kläger) haben jeweils 20 %-Punkte ihrer Beteiligung im Wege der Schenkung von ihrer Mutter, ..., erhalten (vgl. Ihr Aktenzeichen ...55 und ...56 vom 17.3.1994). ...”
Das FA für Verkehrsteuern und Grundbesitz in Hamburg befasst sich u.a. für alle Grundstücke in Hamburg in seiner Bewertungsstelle mit der Einheitsbewertung und Grundsteuer und in seiner Grunderwerbsteuerstelle mit der Grunderwerbsteuer. Die im Schreiben erwähnten Aktenzeichen betrafen die Einheitsbewertung der GbR-Grundstücke. Auf dem vom FA auf dem Schreiben angebrachten Eingangsstempel befinden sich ein grüner und ein blauer Strich. Der grüne Strich deutet darauf hin, dass der Posteingang dem Vorsteher des Finanzamts vorgelegen hat. Das Schreiben wurde innerhalb des FA an die Bewertungsstelle - nicht an die Grunderwerbsteuerstelle - weitergeleitet (EW-A Bl. 268).
3. Zum 1. Januar 1996 nahm die Bewertungsstelle des beklagten FA eine Zurechnungsfortschreibung zu grundsteuerlichen Zwecken für die Grundstücke in Hamburg auf den Kläger vor (EW-A Bl. 269 ff; GrESt-A Bl. 67 ff). Eine Information der Grunderwerbsteuerstelle und die Festsetzung von Grunderwerbsteuer unterblieben.
4. Vier Jahre später ging am 4. September 2000 bei der Grunderwerbsteuerstelle des beklagten FA eine Kontrollmitteilung der Betriebsprüfungsstelle des Finanzamts Hamburg-1 vom 29. August 2000 ein. Darin heißt es nach Darstellung der Beteiligungen an der GbR-HH per 1995 (GrESt-A Bl. 1, FG-A Bl. 92): ”... (Schwester) hat ihren Anteil per 1. 1. 1996 auf ... (Kläger) übertragen. Die Übertragung ist bisher der Grunderwerbsteuerstelle nicht angezeigt worden. ...”
Beigefügt hatte der Prüfer erstens die (zu I 2 erwähnte) Handelsregister-Anmeldung betreffend das Ausscheiden der Kommanditistin aus der GmbH & Co KG (GrESt-A Bl. 3) und die (zu I 4 wiedergegebene) Entgelt-Vereinbarung vom 24. Februar 1998 (GrESt-A Bl. 12), zweitens eine vom steuerlichen Berater aufgenommene Kaufpreisaufteilung (GrESt-A Bl. 122), drittens das (zu I 3 erwähnte) Wertgutachten über die Grundstücke der GbR-HH (GrESt-A Bl. 24) sowie viertens einen Ermittlungsvermerk vom 29. August 2000 (GrESt-A Bl. 41).
5. Die Kaufpreisaufteilung hatte der steuerliche Berater zur Ermittlung des Veräußerungsgewinns der Schwester des Klägers und für dessen Ergänzungsbilanz bei der GmbH & Co KG bei deren Betriebsfinanzamt eingereicht. Darin werden die (Gesamt-)Teilwerte der GmbH und der (im Buchwert negativen) GbR-SH mit null DM und der GmbH & Co KG mit 25,5 Mio DM sowie der GbR-HH mit 11,1 Mio DM geschätzt, so dass der Kaufpreis im Verhältnis der beiden letzteren Beträge zu ihrer Summe (25,5/36,6 und 11,1/36,6) gerundet mit 70 % und mit 30 % verteilt wird. Im Ergebnis wird der unverzinst in zehn Raten zu zahlende Kaufpreis von 5 Mio DM auf 4.568.960 DM abgezinst und mit 70 % bzw. 3.198.272 DM auf den Kommanditanteil und mit 30 % bzw. 1.370.688 DM auf den Anteil an der GbR-HH aufgeteilt (GrESt-A Bl. 17 ff).
Auf den Grundstücken verbliebene Belastungen oder ihre Höhe werden weder in der Kaufpreisaufteilung noch in dem Wertgutachten der GbR-HH angegeben.
6. Der Prüfer berichtet in seinem Vermerk vom 29. August 2000, dass er keinen Hinweis auf eine Festsetzung von Grunderwerbsteuer gefunden und daher die Grunderwerbsteuerstelle des beklagten FA aufgesucht habe. Dort habe er von der Sachbearbeiterin (Frau A) erfahren, dass die Eigentumsveränderung betreffend die GbR-HH dort bis dahin nicht bekannt gewesen sei. Absprachegemäß sei daher die Kontrollmitteilung für grunderwerbsteuerliche Zwecke übersandt worden. - Gemäß Grundbucheinsicht sei die Eigentumsveränderung auch dem Grundbuchamt nicht angezeigt worden (GrESt-A Bl. 41).
7. Ein Jahr später mit Schreiben vom 1. Oktober 2001 forderte die Grunderwerbsteuerstelle des beklagten FA den Kläger auf, für Zwecke der Grunderwerbsteuer mitzuteilen, wie die Abfindung für die Schwester des Klägers auf die einzelnen Gesellschaftsanteile aufzuteilen sei (GrESt-A Bl. 44). Der steuerliche Berater des Klägers berief sich in dem folgenden Schriftverkehr auf Feststellungsverjährung und machte keine Angaben über die Aufteilung (GrESt-A Bl. 46 ff).
8. Am 11. Dezember 2001 erließ das beklagte FA im Hinblick auf die Belegenheit der wertvolleren Grundstücke in Hamburg und der übrigen Grundstücke in Schleswig-Holstein einen Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer (§ 17 Abs. 2 Grunderwerbsteuergesetz -GrEStG-). Die Steuerbarkeit bejahte es wegen des durch die Anwachsung bewirkten Eigentumsübergangs (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG), wobei es die bisherigen Anteile des Klägers aus der Bemessungsgrundlage herausnahm (§ 6 Abs. 2 GrEStG). In Ermangelung geeigneter Wertangaben und unter Bezugnahme auf telefonische Rückfragen bewertete es den Anteil an der GbR-HH gemäß Wertgutachten mit 4,44 Mio DM (oben I 3) und den Anteil an der GbR-SH mit ebenfalls geschätzten 1,5 Mio DM (GrESt Bl. 58 f, FG-A Bl. 5). Eine Aufteilung des Entgelts auf den Kommanditanteil und auf den GmbH-Anteil unterblieb (vgl. FG-A Bl. 106 f). Der Bescheid erging ohne besondere Nebenbestimmung.
9. Gegen den Bescheid legte der Kläger am 3. Januar 2002 Einspruch ein (GrESt-A Bl. 62). Die gesetzliche Voraussetzung für eine gesonderte Feststellung sei nicht erfüllt, insbesondere handele es sich bei dem Zuwachsen der Gesellschaftsanteile an der GbR-HH und GbR-SH in das Vermögen des Klägers nicht um den in § 17 Abs. 2, 2. Alt. GrEStG geforderten einheitlichen Rechtsvorgang. Zudem sei die Feststellungsbefugnis verjährt. Die Grunderwerbsteuer wegen Eigentumsübergangs nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG sei gemäß Rechtsprechung unabhängig von der noch fehlenden Abfindungsvereinbarung bereits im Zeitpunkt der Anwachsung entstanden. Das beim beklagten FA am 30. Oktober 1996 eingegangene Schreiben stelle eine Anzeige (i.S.d. §§ 19, 20 GrEStG i.V.m. § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Abgabenordnung -AO-) dar. Danach habe die vierjährige Feststellungsfrist bereits mit Ablauf des 31. Dezember 1996 begonnen und vor 2001 geendet (GrESt-A Bl. 65, 82, 87).
10. Nach weiterer Korrespondenz (GrESt-A Bl. 76, 86, 88) wies das beklagte FA den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 23. September 2002 zurück, die es mit einfacher Post bekanntgab (GrESt-A Bl. 89, FG-A Bl. 7, 20). Die Abfindung von 5 Mio DM sei für alle Gesellschaftsanteile der Schwester pauschal, d.h. ohne Aufteilung, vereinbart worden. Darin sei ein einheitlicher Rechtsvorgang zu ersehen; die Belegenheit der Grundstücke in unterschiedlichen Finanzamtsbezirken rechtfertige eine gesonderte Feststellung. Die Feststellungsfrist habe nicht am 31. Dezember 1996 begonnen, da das am 30. Oktober 1996 eingegangene Schreiben nicht die Voraussetzungen einer Anzeige i.S.v. § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO, §§ 19, 20 GrEStG erfülle. Es sei nicht - wie von der Rechtsprechung gefordert - deutlich und klar erkennbar gewesen, dass ein grunderwerbsteuerpflichtiger Vorgang habe angezeigt werden sollen. Da es auf den Wissensstand der zuständigen Dienststelle ankomme, ersetze das Wissen der Bewertungsstelle von dem Ausscheiden der Schwester aus der GbR-HH nicht die gesetzlich geforderte Anzeige an die Grunderwerbsteuerstelle.
III. Die Klage ging am 21. Oktober 2002 ohne Unterschrift und nach Hinweis der Geschäftsstelle des FG - noch innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung - mit Unterschrift am 24. Oktober 2002 ein. Der Kläger trägt zur Begründung im Wesentlichen Folgendes vor (FG-A Bl. 1, 3, 13, 24 f, 33, 50, 55): Für eine gesonderte Feststellung fehle es insbesondere an dem nach § 17 Abs. 2 GrEStG erforderlichen „einen” Rechtsvorgang. Die Übergänge der Gesellschaftsanteile an der GbR-HH und der GbR-SH von der Schwester auf ihn (den Kläger) seien als zwei von einander unabhängige Rechtsvorgänge zu betrachten. Das Recht zum Erlass eines Feststellungsbescheids sei verjährt. Der grunderwerbsteuerliche Tatbestand sei mit der Anwachsung am 1. Januar 1996 verwirklicht worden. Der Verjährungsbeginn sei nicht gemäß § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO gehemmt worden. Die Mitteilung vom 29. Oktober 1996 an den Beklagten stelle eine Anzeige dar. Danach sei die vierjährige Feststellungsfrist gemäß § 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AO seit Ende 1996 bis Ende 2000 und damit vor dem Feststellungsbescheid vom 11. Dezember 2001 abgelaufen. Aus dem Hinweis auf die Übertragung einer 40 %-Grundstücksbeteiligung sei ersichtlich, dass ein grunderwerbsteuerlicher Tatbestand erfüllt worden sei. Der Hinweis, dass der Kläger außer seiner Schwester der einzige Gesellschafter gewesen sei, sei nur für die grunderwerbsteuerlichen Zwecke und nicht für die Einheitswertfortschreibung von Bedeutung. Das Schreiben könne daher nur an die Grunderwerbsteuerstelle des beklagten FA gerichtet gewesen sein. Im Betreff sei kein Aktenzeichen genannt worden, weil ein Grunderwerbsteuer-Aktenzeichen erst nach der Anzeige habe erteilt werden können. Die Einheitswert-Aktenzeichen im Text seien lediglich zur einfacheren Grundstücksidentifizierung angegeben worden. Ein Antrag auf eine Einheitsbewertung sei nicht gestellt worden. Die fehlerhafte Weiterleitung des Schreibens stelle ein Versäumnis des FA dar und führe zu dessen positiver Kenntnis von dem grunderwerbsteuerlichen Vorgang (Hinweis auf Rechtsprechung betreffend § 16a GrEStG 1982 Nordrhein-Westfalen). In Anbetracht der Hamburger Besonderheit des speziell für Verkehrsteuern und Grundbesitz zuständigen FA obliege es diesem, in seiner Sphäre für die richtige Verteilung der an dieses FA gerichteten Anzeigen zu sorgen. Hilfsweise sei die Feststellung zumindest hinsichtlich des Anteilsübergangs bei der GbR-SH verjährt, der ausdrücklich der „Grunderwerbsteuerstelle” des in Schleswig-Holstein zuständigen FA angezeigt worden sei. Im Übrigen seien die Feststellungen auch der Höhe nach unrichtig.
Der Kläger beantragt sinngemäß (FG-A Bl. 3, 13), den Grunderwerbsteuer-Feststellungsbescheid vom 11. Dezember 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23. September 2002 ersatzlos aufzuheben.
Das beklagte FA beantragt (FG-A Bl. 19), die Klage abzuweisen.
Es trägt in Ergänzung der Einspruchsentscheidung vor (FG-A Bl. 19, 33, 42, 46): Da für die Gesellschaftsbeteiligungen nur ein Gesamtkaufpreis gezahlt worden sei, handele es sich um „einen” Rechtsvorgang, für den die gesonderte Feststellung erforderlich sei. Die angefochtene Feststellung vom 11. Dezember 2001 sei nicht verjährt. Die vierjährige Frist habe mangels wirksamer Anzeige gemäß § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO erst mit Ablauf des dritten auf das Steuerentstehungsjahr 1996 folgenden Jahrs zu laufen begonnen, d.h. ab Ende 1999. Die Mitteilung des Klägers vom 29. Oktober 1996 stelle keine grunderwerbsteuerliche Anzeige dar. Das Schreiben sei einzig für die Bewertungsstelle vorgesehen gewesen. Die Angabe der Einheitswertaktenzeichen habe als Antrag auf Fortschreibung der Einheitswerte gedeutet werden müssen. Aus dem Schreiben sei kein grunderwerbsteuerlicher Tatbestand ersichtlich. Das gelte zumal für die Mitarbeiter der Bewertungsstelle, die z.T. speziell auf dem Gebiet der Bewertung und nicht hinsichtlich anderer Steuern geschult seien. Es komme auf die Kenntnis bzw. das positive Wissen der Grunderwerbsteuerstelle an. Etwas anderes könne nur gelten bei Fehlleitung einer ausdrücklich an die Grunderwerbsteuerstelle gerichteten Mitteilung.
IV. Der Berichterstatter hat am 1. April 2003 die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert und am 3. April und 14. August 2003 schriftliche Hinweise erteilt (FG-A Bl. 33, 40, 43). Das Gericht nimmt Bezug auf die Sitzungsniederschriften (FG-A Bl. 28, 25) sowie auf die oben angeführten Vorgänge und die damit zusammenhängenden Unterlagen aus der vorliegenden Klageakte (FG-A) sowie aus folgenden Steuerakten: - Grunderwerbsteuerakte (GrESt-A), - Einheitswert- und Grundsteuerakte (EW-A),
Das FG hat außerdem folgende Registerakten beigezogen und daraus Kopien gefertigt und (wie oben mit Blattzahlen bezeichnet) zur Klageakte genommen: - Handelsregister-Akte HRA betreffend die KG, - Handelsregister-Akte HRB betreffend die GmbH.
Weiterhin liegt dem FG die Gerichtsakte III 357/02 betreffend das gemäß § 74 Finanzgerichtsordnung (FGO) ausgesetzte Klageverfahren wegen des - gegenüber der gesonderten Feststellung nachrangigen - Folgebescheids über die Grunderwerbsteuerfestsetzung für die Anteile an der GbR-HH vor.
Gründe
Die Anfechtungsklage ist zulässig und begründet. Die Tatbestandsvoraussetzungen von § 17 Abs. 2 GrEStG sind zwar erfüllt (I.), aber der Feststellungsbescheid hätte wegen Feststellungsverjährung nicht mehr erlassen werden dürfen (II.).
I. Der Beklagte war gemäß § 17 Abs. 2, 2. Alt. GrEStG berechtigt, einen Feststellungsbescheid für Zwecke der Grunderwerbsteuer zu erlassen. Der Eigentumswechsel durch Anwachsung beim verbleibenden Gesellschafter erfüllt den grunderwerbsteuerlichen Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 6 Abs. 2 GrEStG (vgl. Fischer in Boruttau, GrEStG, 15. A., § 1 Rd. 593 ff, 603).
1. Als das beklagte FA den angefochtenen Feststellungsbescheid am 11. Dezember 2001 erließ, lag „ein” Rechtsvorgang im Sinne des § 17 Abs. 2, 2. Alt. GrEStG vor.
a) Zwar handelte es sich bei den Kündigungen vom 30. Dezember 1994 um mehrere Rechtsvorgänge. Sie bezogen sich auf vier Gesellschaften und lösten bezüglich der Personengesellschaften jeweils eigenständige Anwachsungen der Gesellschaftsanteile beim Kläger aus.
b) Mit dem Vertragsschluss vom 24. Februar 1998 führten der Kläger und seine Schwester aber die Einheitlichkeit der Vorgänge nachträglich herbei. In diesem Vertrag vereinbarten der Kläger und seine Schwester eine Gesamtabfindung für die Gesellschaftskündigungen durch die Schwester und die dadurch verursachten Grundstücksübergänge auf den Kläger. Diese nachträgliche Verbindung ist für die Bestimmung der Einheitlichkeit im Sinne des § 17 Abs. 2, 2. Alt. GrEStG maßgeblich. Die örtliche Zuständigkeit der Finanzämter kann infolge späterer Ereignisse wechseln, vgl. § 26 AO. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass es für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit einer Behörde für eine Amtshandlung vielfach auf die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Amtshandlung ankommt (Wünsch in Pahlke/Koenig, Abgabenordnung, 2004, § 26 Rn 6).
2. Das beklagte FA war örtlich zuständig zum Erlass des Feststellungsbescheids. Örtlich zuständig gemäß § 17 Abs. 2 GrEStG ist dasjenige Finanzamt, in dessen Bezirk der wertvollste Grundstückteil, das wertvollste Grundstück oder der wertvollste Bestand an Grundstücken liegt. Die Hamburger Grundstücke stellten den wertvolleren Teil des Grundvermögens der beiden GbRs dar.
II. Der Feststellungsbescheid vom 11. Dezember 2001 hätte wegen Feststellungsverjährung nicht mehr ergehen dürfen.
1. Bei der Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gem. § 17 GrEStG handelt es sich um eine gesonderte Feststellung, für die gemäß § 181 AO die Vorschriften über die Durchführung der Besteuerung sinngemäß gelten. Dazu gehören auch die Vorschriften über die Festsetzungsverjährung nach §§ 169 ff AO (BFH vom 27. April 1993, VIII R 27/92, BFHE 171, 392, BStBl II 1994, 3; FG Hamburg vom 30. Januar 2004, III 80/02, EFG 2004, 954). Die Feststellungsfrist beträgt nach §§ 181 i.V.m. 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AO vier Jahre. Die Verjährungsfrist beginnt nach § 170 Abs. 1 AO regelmäßig mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist.
Besteht die Pflicht, einen steuerbegründenden Tatbestand anzuzeigen, beginnt die Feststellungsfrist davon abweichend gemäß § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem eine Steueranzeige eingereicht wird. Wird keine Steueranzeige eingereicht, beginnt die Feststellungsverjährung erst mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist.
2. Nachdem der Kläger den Grundstückserwerb mit Schreiben vom 29. Oktober 1996 den damals zuständigen Finanzämtern angezeigt hatte, begann der Lauf der Feststellungsverjährung mit Ablauf des Jahrs 1996 und endete mit Ablauf des Jahrs 2000.
a) Der Kläger war gemäß § 19 Abs. 1 S. 2 GrEStG zur Anzeige verpflichtet. Er war Steuerschuldner im Sinne von § 19 Abs. 1 i.V.m. § 13 Nr. 2 und Nr. 5 lit. a GrEStG (in der damaligen Fassung). Eine vorrangige Anzeigepflicht der Gerichte, Behörden und Notare nach § 18 GrEStG bestand nicht, insbesondere waren noch keine Anträge auf Grundbuchberichtigung im Sinne von § 18 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 GrEStG gestellt worden. Ebenso wenig erfüllte der Kläger einen der vorrangigen Katalogtatbestände des § 19 Abs. 1 S. 1 GrEStG.
b) Die beiden Schreiben vom 29. Oktober 1996 waren Anzeigen im Sinne von § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO.
aa) Die Anzeigen konnten formlos abgegeben werden gemäß § 19 Abs. 5 S. 2 GrEStG (in der damaligen Fassung).
bb) Die Anzeigen hatten den gemäß § 20 GrEStG erforderlichen Inhalt. Aus ihnen ergaben sich der Grundstücksübergang und die daran beteiligten Personen. Durch die Angabe der Einheitswert-Aktenzeichen waren die Grundstücke bestimmbar sowie die weiteren für § 20 Abs. 1 GrEStG relevanten Einzelheiten, insbesondere die Grundstücksgröße und die Art der Grundstücksbebauung.
Aufgrund dieser Bestimmbarkeit waren die Anzeigeninhalte hinreichend konkret. Anzeigen im Sinne des § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO dürfen gewisse Unvollständigkeiten aufweisen. Die Vorschrift des § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO ist auch dann erfüllt, wenn die Steueranzeige teilweise unvollständig oder unrichtig ist, solange sie nicht derart lückenhaft ist, dass dies praktisch auf die Nichtabgabe der Anzeige hinausläuft (BFH vom 23. August 2004, IV S 7/04, BFH/NV 2005, 9; Cöster in Pahlke/Koenig, Abgabenordnung, 2004, § 170 Rn 24). Entscheidend ist, dass die Anzeige es dem Finanzamt ermöglicht, die Verwirklichung eines grunderwerbsteuerlichen Tatbestands zu prüfen (vgl. BFH vom 20. Januar 2005, II B 52/04, BFH/NV 2005, 977, Deutsches Steuerrecht -DStR- 2005, 741). Vorliegend war die Unvollständigkeit nicht derart groß, dass von Anzeigen im Sinne des § 170 Abs. 2 AO nicht mehr gesprochen werden könnte. Die Anzeigen ermöglichten es den Finanzämtern, ordnungsgemäße Veranlagungsverfahren einzuleiten und die nicht ausdrücklich angegebenen Einzelheiten -verfahrensökonomisch- den bezeichneten Akten zu entnehmen.
cc) Unschädlich ist, dass entgegen § 20 Abs. 1 Nr. 5 GrEStG keine Gegenleistung angegeben wurde. Zum Zeitpunkt der Anzeigen vom 29. Oktober 1996 war noch keine Gegenleistung vereinbart. Die grunderwerbsteuerliche Anzeigepflicht erstreckt sich nur auf Tatsachen, die im Zeitpunkt der Anzeige bereits vorliegen. Dass zu einem späteren Zeitpunkt eine Gegenleistung vereinbart wurde, ändert nichts daran, dass die Anzeigen vom 29. Oktober 1996 ordnungsgemäß im Sinne des § 20 Abs.1 GrEStG waren.
c) Die beiden Anzeigen waren richtig adressiert im Sinne des § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO. Da der Kläger gemäß § 19 GrEStG anzeigepflichtig war, bestimmt sich der richtige Adressat nach § 19 Abs. 4 S. 1 i.V.m. § 17 GrEStG.
aa) In Bezug auf den Übergang der in Schleswig-Holstein belegenen Grundstücke war die Anzeige zu Recht an das Finanzamt F (Grunderwerbsteuerstelle) gerichtet. Als die Anzeige abgegeben wurde, am 29. Oktober 1996, war das Finanzamt F für diese Grundstücke gemäß § 19 Abs. 4 i.V.m. § 17 Abs. 1 S. 1 GrEStG zuständig. Zu diesem Zeitpunkt war die einheitliche Gegenleistung, die die Zuständigkeit des beklagten FA nachträglich begründete, noch nicht vereinbart (s. o. I 1 b).
bb) Der Übergang der in Hamburg belegenen Grundstücke wurde ebenfalls dem richtigen Finanzamt angezeigt. Auch hier bestimmte sich die Zuständigkeit im Zeitpunkt der Anzeige nach § 19 Abs. 4 i.V.m. § 17 Abs. 1 S. 1 GrEStG (s. o. II 2 c aa). Für die Grunderwerbsbesteuerung dieser Grundstücke bestand gemäß Abschnitt XI Abs. 1 Nr. 2 der Zuständigkeitsanordnung vom 28. Oktober 1997 (Amtl. Anz. 1997, 2609; zuletzt geändert am 28. Februar 2005, Amtl. Anz. 2005, 533) eine spezielle Zuständigkeit des beklagten FA, des Finanzamts für Verkehrsteuern und Grundbesitz in Hamburg. An dieses Finanzamt richtete der Kläger seine Anzeige.
cc) Unschädlich ist, dass die Anzeige nicht ausdrücklich an die Grunderwerbsteuerstelle des beklagten FA gerichtet war. Weder § 170 Abs. 2 S.1 Nr. 1 AO noch § 19 Abs. 4 i.V.m. § 17 Abs. 1 S. 1 GrEStG verlangen, dass die Anzeige ausdrücklich an die Grunderwerbsteuerstelle innerhalb des zuständigen Finanzamts zu richten ist. Ob eine Anzeige richtig adressiert ist, ist somit anhand der allgemeinen Anforderungen an die Abgabe einer steuerlichen Anzeige zu beurteilen. Nach diesen allgemeinen Anforderungen muss eine Anzeige nicht nur richtig und vollständig, sondern darüber hinaus auch deutlich und klar sein (BFH vom 04. März 1999, II R 79/97, BFH/NV 1999, 1301). Diese Grundsätze gelten auch für grunderwerbsteuerliche Anzeigen (Viskorf in Boruttau, Grunderwerbsteuergesetz, 15. Auflage 2002, § 20 Rn 11). Durch die Erfordernisse der Deutlichkeit und Klarheit wird gewährleistet, dass die Anzeige innerhalb des Finanzamts der zuständigen Stelle zugeleitet werden kann. Die Anzeige vom 29. Oktober 1996 genügte diesen Anforderungen. Sie war ihrem Inhalt nach eindeutig auf die Mitteilung eines grunderwerbsteuerlichen Sachverhalts gerichtet.
aaa) Der Kläger zeigte einen grunderwerbsteuerlich zu prüfenden Eigentumswechsel an. Die Angaben zu den bisherigen prozentualen GbR-Anteilen waren im Zuständigkeitsbereich des beklagten FA nur für § 6 Abs. 2 GrEStG von Bedeutung, weil der bisherige Anteil des übernehmenden Gesellschafters danach von der Grunderwerbsteuer ausgenommen war und nur der übernommene Anteil der Grunderwerbsteuer unterlag. Für eine Einheitswert-Zurechnungsfortschreibung konnten diese Angaben nicht von Bedeutung sein, weil es dafür nur auf den neuen Alleineigentümer ankam. Auch die Mitteilung der vorherigen schenkweisen Übernahme von Anteilen der Mutter war nur für die Prüfung von § 6 Abs. 2 und 4 GrEStG von Interesse.
bbb) Dass die Anzeige für die Grunderwerbsteuerstelle bestimmt war, ergibt sich auch daraus, dass eine Anzeigepflicht für Zwecke der Einheitswert-Zurechnungsfortschreibung nicht besteht. Nach § 28 BewG sind Bewertungserklärungen nur auf Aufforderung abzugeben (vgl. BFH vom 10. November 2004 II R 1/03, DStRE 2005, 366). Selbst bei der Bedarfsbewertung kommt es nicht auf eine bewertungsrechtliche Anzeige, sondern auf die grunderwerbsteuerliche Anzeige und die danach beginnende Verjährung an (BFH vom 05. August 2004 II B 26/04, BFH/NV 2005, 7).
ccc) Im Übrigen hätte die Anzeige vom 29. Oktober 1996 schon wegen des klar und deutlich bezeichneten Grundstücks-Eigentumsübergangs innerhalb des beklagten FA an die Grunderwerbsteuerstelle geleitet werden müssen. Besitzt ein Finanzamt neben der Zuständigkeit für die Grunderwerbsteuer noch weitere spezielle Zuständigkeiten für andere Steuerarten, obliegt es ihm, eingehende Anzeigen auf einen grunderwerbsteuerlichen Gehalt hin zu überprüfen und erforderlichenfalls für die Weiterleitung an die Grunderwerbsteuerstelle zu sorgen. Auch unabhängig von der besonderen Organisation des beklagten Spezialfinanzamts sind grunderwerbsteuerliche Anzeigen grundsätzlich zunächst der Grunderwerbsteuerstelle zuzuleiten (vgl. Oberfinanzdirektion -OFD- Hannover vom 14. Dezember 2000, S 4520-10-StH 563, Juris; OFD Koblenz vom 21. November 1995, S 4600 A-St 53 4, Juris, vorgehend vom 16. April 1973, S 4600 A-St 52 1, Juris; OFD Rostock vom 19. Dezember 1994, S 3300-St 34, Juris). Anschließend hat die Grunderwerbsteuerstelle die für die Veranlagung und Bewertung zuständigen Stellen zu informieren. Dies geschieht durch Übersendung von Durchschriften oder Kopien der Anzeige (OFD Nürnberg vom 20. Juni 2001, O 2161-1/St 11, Juris; OFD Hannover vom 8. November 2000, S 4600-63-StH 565, Juris, vorgehend vom 11. November 1997, S 4548-145-StH 563, Juris, vom 26. April 1976, S 4540-1-StH 432, Juris; OFD Magdeburg vom 10. Mai 2000, S 4600-13-St 333, Juris; OFD Rostock vom 22. März 1991, S 4600 A-St 251, Juris; Finanzmin. Baden-Württemberg vom 3. Oktober 1985, S 4632-12/85, Juris; OFD Koblenz vom 28. Februar 1972, S 4600 A-St 411, Juris; vom 3. Januar 1963, S 4540 A-St 531, Juris). Auch soweit ausnahmsweise die primäre Zuleitung grunderwerbsteuerlicher Anzeigen an die Vollstreckungsstelle angeordnet wurde, waren die Anzeigen von dort unverzüglich an die Grunderwerbsteuerstelle weiterzuleiten (OFD München vom 17. Juli 1978, S 0500-31 St 44, Juris; OFD Hannover vom 6. November 1972, S 4540-1-StH 432, Juris). - Erhält die Bewertungsstelle ohne eine über die Grunderwerbsteuerstelle geleitete Veräußerungsmitteilung Kenntnis von einem Grundstücks-Eigentumsübergang (wie etwa durch Mitteilung des Grundbuchamts), hat die Bewertungsstelle die Grunderwerbsteuerstelle hierüber zu unterrichten (OFD Hannover vom 26. Juli 1994, S 4520-10-StH 334).
d) Da vorliegend der grunderwerbsteuerliche Vorgang dem zuständigen Finanzamt ordnungsgemäß angezeigt wurde, muss nicht auf die tatsächliche Kenntniserlangung des Finanzamts und eine finanzamtsinterne Wissenszurechnung abgestellt werden. Daher erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung zu Kenntniserlangung und Wissenszurechnung (vgl. BFH vom 05. August 2004, II B 26/04, BFH/NV 2005, 7; FG Mecklenburg-Vorpommern vom 27. Mai 2004, 3 V 58/04, EFG 2004, 1477) bzw. mit der auf die Kenntnis abstellenden Vorschrift § 16a S. 2 GrEStG Nordrhein-Westfalen in der bis 1982 geltenden Fassung (dazu BFH vom 21. Juni 1995, II R 11/92, BFHE 178, 228, BStBl II 1995, 802). Offen bleiben kann auch, welche Folgerungen sich daraus ergeben, dass § 170 AO in seinem Abs. 5 nur in Bezug auf die Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) die Kenntnis des Finanzamts für maßgeblich erklärt und nicht in Bezug auf die Grunderwerbsteuer.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 FGO.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 151, 155 FGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.