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  • 11.01.2013 · IWW-Abrufnummer 130030

    Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen: Beschluss vom 20.11.2012 – 16 A 2172/12

    Nachuntersuchung eines Inhabers einer Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung durch einen Internisten mit verkehrsmedizinischer Qualifikation nach Ablauf von sechs Monaten nach Erleiden eines Herzinfakts.


    OVG Nordrhein-Westfalen

    20.11.2012

    16 A 2172/12

    Tenor:
    Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 27. August 2012 wird abgelehnt.
    Der Kläger trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.
    Der Streitwert wird unter Abänderung der erstinstanzlichen Festsetzung für beide Rechtszüge auf 2.500, Euro festgesetzt.
    Gründe
    Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
    Die geltend gemachten Zulassungsgründe, die gemäß § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO nur im Rahmen der Darlegungen des Klägers zu prüfen sind, liegen nicht vor.
    Das Verwaltungsgericht hat gemäß § 117 Abs. 5 VwGO von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen und auf die nach seiner Meinung zutreffenden Ausführungen der Beklagten im angefochtenen Auflagenbescheid vom 6. Februar 2012 und in ihrer Klageerwiderung vom 22. Mai 2012 sowie auf den gerichtlichen Hinweis vom 18. April 2012 verwiesen. Ob diese Verfahrensweise, wie der Kläger meint, der sich hierzu sinngemäß auf einen Verfahrensfehler im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO beruft, durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet, lässt der Senat dahinstehen.
    Gemäß § 117 Abs. 5 VwGO kann das Gericht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt. Dabei legt der Wortlaut des § 117 Abs. 5 VwGO ("weitere Darstellung der Entscheidungsgründe") nahe, dass das Urteil zumindest noch ein Mindestmaß an Angaben inhaltlicher Art zur Begründung enthalten muss, eine vollständige Ersetzung der Entscheidungsgründe durch Bezugnahme also nicht statthaft ist.
    Vgl. Kopp/Schenke, Kommentar zur VwGO, 18. Auflage 2012, § 117 Rn. 26; Stuhlfauth, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/Kuntze/v. Albedyll, Kommentar zur VwGO, 5. Auflage 2011, § 117 Rn. 22; vgl. auch Bamberger, in: Wysk, Kommentar zur VwGO, 2011, § 117 Rn. 12 f.; für eine weitergehende Anwendung wohl Clausing, in: Schoch/Schneider/Bier, Loseblatt-Kommentar zur VwGO, Stand: Januar 2012, § 117 Rn. 19.
    Dies kann dafür sprechen, dass die angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichts selbst die wesentliche Begründung, also gewissermaßen den Begründungskern enthalten muss. Neben der eigentlichen Begründung wird bei einer belastenden Maßnahme regelmäßig auch die herangezogene Rechtsgrundlage anzuführen sein. Eine eigenständig formulierte Begründung der die Klage abweisenden Entscheidung wird den Kläger eher von der Richtigkeit des Urteils überzeugen, dem Rechtsfrieden also dienlicher sein als eine bloße Bezugnahme.
    So auch Clausing, a.a O., § 117 Rn. 19.
    Damit dieser Zweck erfüllt wird, müssen die Entscheidungsgründe, ebenso wie der Tatbestand, aus sich heraus verständlich bleiben. Daran fehlt es hier.
    Allerdings hat sich ein etwaiger Verfahrensfehler nicht auf die verwaltungsgerichtliche Entscheidung ausgewirkt, da das Verwaltungsgericht unter Zugrundelegung seines materiellrechtlichen Standpunkts nicht zu einem dem Kläger günstigeren Ergebnis gelangt wäre. Auch wäre ein solcher Verfahrensfehler unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts für den Ausgang des angestrebten Berufungsverfahrens ohne Bedeutung (vgl. § 144 Abs. 4 VwGO analog).
    Vgl. hierzu Roth, in: Posser/Wolff, Kommentar zur VwGO, 2008, § 124 Rn. 87 ff. m.w.N.
    Der Auflagenbescheid ist nämlich rechtlich nicht zu beanstanden.
    Die Auflagenverfügung findet ihre Rechtsgrundlage in § 3 Abs. 1, § 11, § 46 Abs. 2 FeV in Verbindung mit Nr. 4.4.1 der Anlage 4 zu § 11 FeV. Wenn der Inhaber einer hier in Rede stehenden Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung (FzF) einen Herzinfarkt erlitten hat, ist die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen nur ausnahmsweise gegeben und muss durch eine Nachuntersuchung kontrolliert werden. Da der Kläger vorliegend zum Führen von Kraftfahrzeugen bedingt geeignet ist, hat die Beklagte die streitige Auflage, eine Nachuntersuchung durch einen Internisten mit verkehrsmedizinischer Qualifikation nach Ablauf von sechs Monaten durchführen zu lassen, angeordnet. Dass die Beklagte diese Maßnahme als erforderlich angesehen hat, ist vertretbar und begegnet keinen rechtlich durchgreifenden Bedenken. Die Nachuntersuchung durch einen Internisten mit verkehrsmedizinischer Qualifikation entspricht den rechtlichen Vorgaben nach § 48 Abs. 9 in Verbindung mit § 11 Abs. 2 FeV. Die Bescheinigung des Kölner Zentrums für Arbeitsmedizin e.V. vom 10. November 2011 genügt nach Meinung der Beklagten den Voraussetzungen eines Gutachtens nicht. Diese Auffassung hat der Kläger nicht mit einer in sich schlüssigen Argumentation in Zweifel gezogen. Abgesehen hiervon weist die "Bescheinigung über die ärztliche Untersuchung" des Kölner Zentrums für Arbeitsmedizin die Mindesterfordernisse, die an ein Gutachten zu stellen sind, nicht auf. Die Bescheinigung enthält keine begründete Darstellung der Anamnese, Medikation, des Untersuchungsbefunds etc., sondern allein die Empfehlung einer Auflage, die eine jährliche kardiologische Kontrolluntersuchung beinhalten solle. Die Beklagte durfte daher dieser Bescheinigung keine hinreichende Bedeutung beimessen und die Erstellung eines Gutachtens verlangen. Dass Dr. X. das Erfordernis der Nachuntersuchung erst nach Aufforderung der Beklagten, zu der Erteilung von Auflagen Stellung zu nehmen, unter dem 17. Januar 2012 befürwortet hat, führt nicht zur Unbeachtlichkeit seines ergänzenden Gutachtens. Schließlich ist es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte den Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung der Bundesanstalt für Straßenwesen nicht gefolgt ist, die eine Nachuntersuchung des Fahrerlaubnisinhabers mit einer koronaren Herzkrankheit innerhalb von sechs Monaten nur bei einer Fahrerlaubnis von Fahrzeugen zur Fahrgastbeförderung in Taxis, Mietwagen und Krankenhaustransportfahrzeugen für notwendig erachten. Da diese Leitlinien lediglich Empfehlungen sind, darf die Beklagte bei besonderen Erkenntnissen von diesen pauschalen Hinweisen abweichen, was sie unter Berücksichtigung des ergänzenden Gutachtens von Dr. X. auch getan hat.
    Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
    Die Streitwertfestsetzung und -änderung beruht auf den § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 und 2 sowie § 63 Abs. 3 GKG.
    Nach ständiger Senatsrechtsprechung ist der Streitwert für Verfahren, die Auflagen zu einer Fahrerlaubnis betreffen, auf die Hälfte des Betrags festzusetzen, der in Streitigkeiten über die Erteilung oder Entziehung der Fahrerlaubnis anzusetzen wäre.
    Vgl. OVG NRW Beschlüsse vom 4. August 2009 16 E 651/08 - und vom 6. Februar 2012 16 E 1016/11 .
    Bei der Streitwertfestsetzung für Verfahren wegen der Erteilung oder Entziehung einer Fahrerlaubnis differenziert der Senat nicht danach, welche Fahrerlaubnisklassen betroffen sind, sondern setzt den Streitwert in Hauptsacheverfahren einheitlich auf 5.000, Euro fest, solange keine berufliche Nutzung der Fahrerlaubnis in Rede steht. Geht es allein um die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung, erscheint es für Hauptsacheverfahren ebenfalls ausreichend, den Wert des Streitgegenstands mit dem Auffangwert aus § 52 Abs. 2 GKG zu bemessen.
    Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 2. August 2010 16 E 697/10 - und vom 15. November 2012 16 E 1026/12 -.
    Danach beträgt in diesem Verfahren, das eine Auflage zu der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung betrifft, der Streitwert die Hälfte des Auffangwerts, mithin 2.500, Euro.
    Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

    RechtsgebieteVwGO, FeVVorschriften§ 117 Abs. 5 VwGO § 3 Abs. 1 FeV § 46 Abs. 2 FeV