17.01.2013 · IWW-Abrufnummer 130158
Oberlandesgericht München: Beschluss vom 14.09.2012 – 1 U 2676/12
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OLG München, 14.09.2012
1 U 2676/12
In dem Rechtsstreit
...
- Klägerin und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwältin ...
gegen
...
- Beklagte und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte ...
wegen Schadensersatz und Schmerzensgeld
erlässt das Oberlandesgericht München - 1. Zivilsenat - durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ... am 14.09.2012 folgenden
Beschluss:
Tenor:
I.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Memmingen vom 23.05.2012, Aktenzeichen 12 O 361/12, wird zurückgewiesen.
II.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III.
Das in Ziffer I. genannte Urteil des Landgerichts Memmingen ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
IV.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 27.163,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts Memmingen vom 23.05.2012 Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt im Berufungsverfahren:
1.
Das Urteil des Landgerichts Memmingen vom 23.05.2012, zugestellt am 29.05.2012, Aktenzeichen 12 O 361/12, wird aufgehoben.
2.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld aus Anlass eines Schadensereignisses vom 26.12.2010, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 02.02.2011 zu zahlen.
3.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin aus Anlass des Unfalls vom 26.12.2010 in N. noch entstehen wird, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen ist.
4.
Die Beklagte wird verurteilt, vorgerichtliche Anwaltsgebühren in Höhe von € 1.196,43 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten hieraus über dem Basiszinssatz seit 02.02.2011, zu zahlen.
Die Beklagte beantragt im Berufungsverfahren:
Die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
II.
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Memmingen vom 23.05.2012, Aktenzeichen 12 O 361/12, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert .Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.
A.
Der Senat hat im Hinweisbeschluss vom 10.08.2012 Folgendes ausgeführt:
Die Voraussetzungen für die Zurückverweisung der Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO sind gegeben, weil das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordern und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Das Landgericht hat zutreffend die gefestigte Rechtsprechung dargestellt, wonach Fahrbahnen innerhalb geschlossener Ortschaften nur an verkehrswichtigen und gefährlichen Stellen bei Glatteis und Glätte zu bestreuen sind, wobei der Umfang der Räum- und Streupflicht auf der Fahrbahn nur auf die Bedürfnisse des Fahrverkehrs und nicht auf die des Fußgängerverkehrs ausgerichtet sein muss sowie innerorts nur die belebten über die Fahrbahn führenden unentbehrlichen Fußgängerüberwege streupflichtig sind.
Die Beurteilung des Landgerichts, dass kein unentbehrlicher und belebter Fußgängerüberweg vorliegt, ist nicht zu beanstanden. Sowohl aus dem vorgelegten Ortsplan als auch den Lichtbildern ergibt sich, dass es sich um eine kleine untergeordnete Straße handelt, bei der von vornherein auszuschließen ist, dass ein belebter Fußgängerverkehr über die Straße stattfindet.
Der aufgrund der vorgelegten Lichtbilder, des vorgelegten Räumplans und einer Luftbildaufnahme (Anlage B 6) gezogene Schluss des Landgerichts, dass es sich nicht um eine verkehrswichtige Straße handelt, ist ohne weiteres nachvollziehbar. Auch die Klägerin stellt in der Berufungsbegründung nicht in Abrede, dass es sich mehr oder minder um eine Anliegerstraße handelt, verweist aber darauf, dass in dem Räumplan andere Anliegerstraßen enthalten seien. Insoweit übersieht die Klägerin, dass der Umfang der Räum- und Streupflicht sich nicht aus dem von der Gemeinde aufgestellten Räumplan ergibt, sondern nach den allgemeinen vom Landgericht und auch vom Senat oben wiederholten Grundsätzen. Es steht einer Gemeinde frei, auch nicht verkehrswichtige Straßen in den Räumplan aufzunehmen und insoweit eine Straße überobligationsgemäß zu räumen und zu streuen. Konstituierend für eine Verkehrssicherungspflicht ist jedoch nicht die Aufnahme einer Straße in den Räumplan, sondern die objektive Feststellung, dass es sich um eine verkehrswichtige Straße handelt.
B.
Die Stellungnahme der Klägerin vom 28.08.2012 gibt keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung.
Der Senat bleibt bei seiner Auffassung, dass die Unfallstelle unter keinerlei Gesichtspunkten zu räumen gewesen ist.
Die Klägerin ist auf dem für den Fahrzeugverkehr vorgesehenen Teil des Straßenkörpers zu Sturz gekommen. Es handelte sich nicht um einen unentbehrlichen belebten Fußgängerüberweg, der ausnahmsweise eine auf den Fußgängerverkehr ausgerichtete Räumung und Streuung verlangt. Auch unter dem Gesichtspunkt des Autoverkehrs, bestand keine Streupflicht, da die Straße K. weder verkehrswichtig ist noch die Sturzörtlichkeit als eine besonders gefährliche Stelle eingestuft werden kann.
Es fehlen jegliche Anhaltspunkte, dass es sich bei der Straße K. um eine verkehrswichtige Straße handelt. Im Übrigen würde alleine der Umstand, dass es sich um eine verkehrswichtige Straße handelt nicht ausreichen, sondern es müsste noch hinzutreten, dass es sich um eine gefährliche Stelle handelt. Auch dafür gibt es, aufgrund der vorgelegten Lichtbilder und Beschreibung der Straße, keinerlei Anhaltspunkte.
Es wird nochmals betont, dass der Umfang der Streupflicht sich nicht nach Räumplänen oder tatsächlichen Räumdiensten der beklagten Gemeinde richtet, sondern nach den obengenannten Kriterien der Verkehrsbedeutung und Gefährlichkeit, die, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht vorliegen.
Der Hinweis der Klägerin, dass die Beklagte im F.weg Räumdienste verrichtet und nunmehr die Unfallstelle räumt, ist unerheblich, da überobligationsgemäße Leistungen nicht zu einer Räum- und Streupflicht führen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgt gemäß § 708 Nr. 10 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung des § 3 ZPO bestimmt.