09.04.2013 · IWW-Abrufnummer 131079
Amtsgericht Haßfurt: Urteil vom 22.03.2012 – 3 OWi 2312 Js 986/12
1. Ohne Verkennung der allgemeinen Unsicherheiten und Fehlerquellen der Geschwindigkeitsermittlungsmethode durch Schätzung sind zur Überzeugung des Gerichts Bedenken gegen die Richtigkeit der Schätzung der Geschwindigkeit des Betroffenenkraftrades durch einen erfahrenen und zuverlässigen Messbeamten dann vollends ausgeräumt, wenn zum einen als objektiver verlässlicher Bezugspunkt die mittels standardisiertem Lasermessverfahren gemessene Beanstandung des in gleichbleibendem Abstand vorausfahrenden Kraftrades herangezogen werden kann und zum anderen eine Geschwindigkeitstoleranz von 10 % zugunsten des Betroffenen gewährt wird.
2. Bei der Überschreitung der allgemein zulässigen Höchstgeschwindigkeit drängt sich vorsätzliche Begehungsweise um so mehr auf, je massiver das Ausmaß der Überschreitung ist. Insoweit kann auch in Bezug auf Geschwindigkeitsbeanstandungen von Führern von Krafträdern nach dem gegenwärtigen Wissensstand auf den Erfahrungssatz zurückgegriffen werden, dass jedenfalls bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 40 % von Vorsatz auszugehen ist, sofern nicht besondere Umstände eine abweichende Wertung veranlassen (Fortsetzung von OLG Koblenz NStZ-RR 2000, 58 und KG NStZ-RR 2002, 116 f.).
3. Bei Vorliegen eines Regelfahrverbotes nach § 25 I 1 StVG i.V.m. § 4 I 1 Nr. 1 BKatV wird - nicht zuletzt aus Gründen des verfassungsrechtlichen Gebotes der Gleichbehandlung aller Verkehrsteilnehmer aus Art. 3 Abs. 1 GG - zum einen die Vermutung ausgel öst, dass das Fahrverbot zur Einwirkung auf den Betroffenen erforderlich ist und zum anderen, dass die mit dem Fahrverbot verbundenen Folgen für den Betroffenen keine unangemessene Härte darstellen. Der Betroffene hat hiernach die mit dem Fahrverbot verbundenen typischen nachteiligen Folgen für die überschaubare Dauer von bis zu 3 Monaten in aller Regel als vorhersehbar und selbst verschuldet hinzunehmen (u.a. Anschluss an BGHSt 38, 125, 231; BayObLG NZV 1994, 37; OLG Düsseldorf NStZ-RR 1996, 22; OLG Hamm NZV 2000, 264; 2001, 90; 2002, 140; BayObLG DAR 2001, 84).
AG Haßfurt
Urteil vom 22.03.2012
3 OWi 2312 Js 986/12 (rechtskräftig)
Zum Sachverhalt:
Das AG hat den straßenverkehrsrechtlich unvorbelasteten Betr. am 22.03.2012 als Führer eines Kraftrades wegen vorsätzlicher Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 50 km/h zu einer Geldbuße von 320 € und einem einmonatigen Regelfahrverbot verurteilt (§§ 3 III, 49 StVO, §§ 24, 25 StVG, § 4 I BKatV), wobei der Betr. die auf einer Bundesstraße allgemein gültige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h übertreten hatte. Die Geschwindigkeit des Krads des Betr. wurde dabei von einem in der Erfassung von Verkehrsvorgängen erfahrenen Polizeibeamten durch Schätzung ermittelt, wobei der Messbeamte als Bezugspunkt der Geschwindigkeitsschätzung des Betroffenenkrads die Geschwindigkeitsbeanstandung eines davor in gleichbleibendem Abstand fahrenden Krades, die mittels standardisiertem Lasermessverfahren gemessene worden war, heranzog, unter Gewährung einer Geschwindigkeitstoleranz von 10 % zugunsten des Betroffenenkrads. Vor diesem Hintergrund erachtete das Gericht die Geschwindigkeitsmessmethode der Schätzung als zulässig und verurteilte den Betr. in Anbetracht der Geschwindigkeitsübertretung von mehr als 40 % wegen vorsätzlicher Begehung.
Aus den Gründen:
(…) III.2.d) Es ist anerkannt, dass die Ermittlung einer Geschwindigkeitsüberschreitung auch durch Schätzung von Beobachtern grundsätzlich möglich und rechtlich zulässig ist (vgl. statt vieler BayObLG DAR 2001, 37; OLG Karlsruhe DAR 2008, 79), wobei insbesondere der Schätzung der Geschwindigkeit durch einen Polizeibeamten besonderes Gewicht zukommt, wenn es sich bei ihm um einen in der Verkehrsüberwachung erfahrenen Beamten handelt (BGH VRS 38, 104; BayObLGSt 58, 197 ff.; OLG Hamm VRS 23, 54 ff.; AG Dortmund NZV 1992, 387; siehe dazu auch Hentschel, Straßenverkehrsrecht 40. Aufl. StVO § 3 Rn. 63 a.E.) und die gefahrene Geschwindigkeit erheblich über der rechtlich Zulässigen liegt (OLG Düsseldorf VRS 30, 444 f.; BayObLG DAR 2001, 37). Ohne Verkennung der allgemeinen Unwägbarkeiten und Fehlerquellen der Geschwindigkeitsermittlungsmethode durch Schätzung und der damit einhergehenden Unsicherheiten sind vorliegend zur Überzeugung des Gerichts Bedenken gegen die Richtigkeit der Schätzung des Betroffenenkrads auf 167 km/h durch den erfahrenen und zuverlässigen Messbeamten H. vollends ausgeräumt (vgl. dazu OLG Hamm VRS 58, 380 ff.; OLG Karlsruhe DAR 2008, 79), da hier zum einen als objektiver verlässlicher Bezugspunkt die mittels standardisiertem Lasermessverfahren gemessene Beanstandung des in gleichbleibendem Abstand vorausfahrenden Krads des Zeugen P. von 167 km/h herangezogen werden kann und zum anderen großzügig eine Toleranz von 10 % zugunsten des Betr. gewährt wurde, so dass zu dessen Gunsten (lediglich) eine gefahrene Mindestgeschwindigkeit von 150 km/h angenommen wird. Der Zeuge und Messbeamte H. führte völlig nachvollziehbar, glaubhaft und glaubwürdig aus, dass aufgrund der vorhandenen langgezogenen Absenkung der Messstrecke in einem leichten Bogen er sowohl das vorausfahrende Krad des Zeugen P. als auch das in einem gleichbleibenden Abstand von circa 80 m dahinter fahrende Krad des Betr. von deren erstmaligen Wahrnehmung an - circa 1.200 m von der Messstrecke entfernt - über den Zeitpunkt der Lasermessung des Krads des Zeugen P. hinaus bis hin zur Anhaltung die ganze Zeit über komplett und ununterbrochen im Blick behalten habe. Insoweit führte der Zeuge auch überzeugend aus, dass während des gesamten gegenständlichen Messtages das Verkehrsaufkommen schwach gewesen sei. Die Sichtverhältnisse von der Messstelle aus auf die gesamte Messstrecke seien aufgrund des klaren Wetters über die gesamte Strecke von der erstmaligen Wahrnehmung der einfahrenden Fahrzeuge circa 1.200 m von der Messstelle entfernt bis hin zur Messstelle, die zugleich die Anhaltestelle sei, hervorragend gewesen, wobei er während dieser Strecke von etwa 1.200 m durchgängig einen frontalen Blick sowohl auf das vorausfahrende Krad des Zeugen P. als auch auf das die ganze Beobachtungsstrecke über in gleichbleibendem Abstand von circa 80 m dahinterfahrende Krad des Betr. gehabt habe. Er habe dabei den gesamten Verkehrsvorgang durch die Vergrößerungseinrichtung des Lasermessgerätes beobachtet, so dass er in dieser durch Zoom vergrößerten Form alles ganz genau beobachten habe können, insbesondere auch den durchweg gleichbleibenden Abstand der beiden Krafträder, wobei ihm insoweit die Leitpfosten als der Orientierungsmerkmale gedient hätten. Das hinter dem mit dem Lasermessgerät förmlich gemessenen Krad des Zeugen P. fahrende Krad des Betr. sei während dieser gesamten Wegstrecke von circa 1.200 m und dieser Zeitspanne vom mehreren Sekunden sowie insbesondere auch während der eigentlichen Lasermessung des Fahrzeugs des Zeugen P. in gleichbleibendem Abstand von circa 80 m entfernt gefahren, wobei er (der Zeuge H.) sich zur Bemessung des Abstands stets an den Leitpfosten orientiert habe, die jeweils in eine Entfernung von circa 50 m angebracht seien. Dabei habe der Abstand zwischen den beiden Krafträdern ununterbrochen geringfügig etwas mehr als circa 1 1/2 Leitpfosten betragen. Die beiden Krafträder hätten sich hierbei mehrere Sekunden lang die gesamte Beobachtungsstecke von etwa 1.200 m durchweg lückenlos beobachten lassen, ohne dass dabei Kursänderungen innerhalb der Fahrspur seitens der beiden Krafträder vorgenommen worden seien. Der Abstand des vorausfahrenden Krads des Zeugen P. zum dahinter fahrenden Krad des Betr. von etwa 80 m sei durchgängig ohne Veränderungen vom Beginn der Beobachtungsstrecke circa 1.200 m von der Messstelle entfernt bis hin zur Anhaltestelle, die zugleich die Messstelle bzw. Beobachtungsstelle sei, gleich geblieben. Dabei sei er in seiner Aufmerksamkeit auf den gesamten Verkehrsvorgang sowohl in Bezug auf das mit der "Laserpistole" förmlich gemessene vorausfahrende Krad des Zeugen P. als auch zugleich auf das im gleichbleibenden Abstand von circa 80 m dahinter fahrende Krad des Betr. selbst bei Vornahme der eigentlichen Lasermessung des Krad des Zeugen P. in einer Entfernung von 428,0 m zur Messstelle in keiner Weise gestört bzw. abgelenkt worden. Vielmehr habe er infolge der durch Zoom vergrößerten Sicht durch die Anvisiereinrichtung des Messgerätes den gesamten Verkehrsvorgang von der erstmaligen Wahrnehmung der beiden Fahrzeuge circa 1.200 m von der Messstelle entfernt bis hin zur Anhaltestelle, die zugleich die Mess- bzw. Beobachtungsstelle sei, und daher auch im Moment der eigentlichen Lasermessung des Krads des Zeugen P. durchweg ganz genau beobachten können. Die betreffenden Angaben im Zusammenhang mit der durch Schätzung ermittelten Geschwindigkeit des Betroffenenkrads und der gegenständlichen Lasermessung des Krads des Zeugen P., insbesondere die gemessene Geschwindigkeit von 167 km/h, habe er sofort nach der Messung jeweils handschriftlich in das Originalfallblatt eingetragen, so dass auszuschließen sei, dass bei Übertragung der beim Zeugen P. förmlich gemessenen Geschwindigkeit vom Display des Messgeräts auf das Fallblatt ein Fehler unterlaufen sei, zumal er die korrekter Übertragung sorgfältig überprüft habe. Der Zeuge H. könne sich insbesondere deshalb so genau an die streitgegenständliche Messung und Geschwindigkeitsbeanstandung erinnern, da nach erfolgtem Anhalt des Betroffenenkrads sowie des Krads des Zeugen P. diesen gegenüber die Beanstandung ausgiebig erklärt worden sei. Die betreffenden Angaben, insbesondere die mittels förmlicher Lasermessung gemessene Geschwindigkeit des Krads des Zeugen P. von 167 km/h (unter der laufenden Nr. 2), und die hiernach durch Schätzung ermittelte Geschwindigkeit des Krads des Betr. von ebenfalls 167 km/h stimmen vollumfänglich mit dem in der Hauptverhandlung verlesenen (ausgedruckten) Fallblatt sowie dem verlesenen handschriftlichen Originalfallblatt des Zeugen H. überein, so dass hiernach Übertragungsfehler auszuschließen sind. Die sehr gute klare und genaue Sicht auf die gegenständliche Mess- bzw. Beobachtungsstrecke wird dabei überdies belegt durch die in Augenschein genommenen Lichtbilder, welche der Zeuge H. zur Veranschaulichung der Sicht durch das Visierobjekt gefertigt hat und auf welchen aussagekräftig die (durch Zoom vergrößerten) örtlichen Gegebenheiten der Messstrecke mit Blick durch die Visiereinrichtung des gegenständlichen Lasermessgerätes (von der gegenständlichen Messstelle aus) zu sehen sind, worauf wegen der Einzelheiten nochmals ausdrücklich gemäß §§ 71 I OWiG, 267 I 3 StPO verwiesen wird. Diese Lichtbilder habe er (der Zeuge H.) zur Veranschaulichung an einem anderen Tag als dem Tattag gefertigt, wobei die Sichtverhältnisse auf diesen Lichtbildern wegen witterungsbedingter leichter Verschleierung und insbesondere wegen der ungünstigen Schwarz-Weiß-Kopie von den farbigen Originalichtbildern sogar wesentlich beschränkter sind als tatsächlich am Tattag, an dem wegen des heiteren Wetters beste Licht- und Sichtverhältnisse vorgeherrscht hätten. Überdies werden die hervorragenden Sichtverhältnisse und die lückenlose durchgängige Einsehbarkeit der kompletten Beobachtungsstrecke ab einer Entfernung circa 1.200 m von der Messstelle entfernt bis hin zur mit der Messstelle identischen Anhaltestelle durch das gleichermaßen aussagekräftige Lichtbild auf Anlage IV des Privatgutachtens des Sachverständigen bestätigt, auf welchem ebenso die (durch Zoom vergrößerten) örtlichen Gegebenheiten der Messstrecke, so wie sie sich durch Blick durch die Vergrößerungseinrichtung des gegenständlichen Lasermessgerätes - von der gegenständlichen Mess- bzw. Beobachtungsstelle aus - darstellen, zu sehen sind und worauf wegen der Einzelheiten nochmals ausdrücklich gemäß §§ 71 I OWiG, 267 I 3 StPO verwiesen wird. Sofern die Verteidigung insoweit einwendet, dass es mit "bloßem menschlichen Auge" nicht möglich sei, auf eine Entfernung von mehreren hundert Metern sowohl das Krad des Betr. als auch dasjenige des Zeugen P. genau im Blick zu haben, so geht dieser Einwand demnach schon im Ansatz fehl, da der Zeuge H. den gesamten Verkehrsvorgang inklusive eigentlichem förmlichen Lasermessvorgang des Krads des Zeugen P. gerade nicht nur "mit bloßem menschlichen Auge" beobachtet hat, sondern vielmehr in durch Zoom wesentlich vergrößerter Form durch die Visiereinrichtung des gegenständlichen Lasermessgerätes hindurch, wodurch er auch die Einzelheiten - wie etwa den gleichbleibenden Abstand beider Krafträder von etwa 80 m über die gesamte Beobachtungsstrecke von circa 1.200 m hinweg - ganz genau beobachten konnte. Die Angabe des Zeugen H., dass das im gleichbleibenden Abstand von circa 80 m hinter dem - durch förmliche Lasermessung mit 167 km/h gemessenen - Krad des Zeugen P. fahrende Krad des Betr. ebenfalls mit 167 km/h gefahren sein muss, ist ferner deshalb schlüssig, weil er ausführte, die beiden Krafträder die gesamte Beobachtungsstrecke von circa 1.200 m über mehrere Sekunden hinweg dergestalt in gleichbleibendem Abstand hintereinander fahrend beobachtet zu haben, da bei einer angenommenen Geschwindigkeit von 167 km/h die beiden Motorräder circa 46 m pro Sekunde zurückgelegt haben und demnach für einen (Beobachtungs-)Weg von 1.200 m etwa 26 Sekunden benötigt haben, was vollumfänglich mit den Angaben des Zeugen H. korrespondiert. Im Zusammenhang mit der Bemessung des gleichbleibenden Abstandes von circa 80 m zwischen den beiden Krafträdern anhand der Leitpfosten als Orientierungspunkte ist es außerdem gerichtsbekannt, dass der Abstand zwischen den Leitpfosten jeweils etwa 50 m beträgt, so dass bei einem Abstand von etwa 1 1/2 Leitpfosten die Abstandsentfernung zwischen zwei Fahrzeugen in der Tat circa 80 m beträgt, was ebenfalls vollumfänglich mit den Angaben des Zeugen H. korrespondiert. Aus der vorgelegten und verlesenen Teilnahme- bzw. Schulungsbescheinigung des Messbeamten H. ergibt sich überdies, dass dieser im Jahre 2004 an entsprechenden Seminaren zum Lasermessverfahren einschließlich Geschwindigkeitsauswertung - u.a. in Bezug auf das gegenständliche Lasermessgerät Riegl FG21-P - teilgenommen hat. Des Weiteren führte der Zeuge H. glaubhaft und glaubwürdig aus, dass er seit mehr als 8 Jahren regelmäßig (mit dem gegenständlichen Lasermessgerät) Verkehrsüberwachungsmaßnahmen vornehme und in Monaten mit geeigneter Wetterlage mehr als 8 mal pro Monat (mit diesem Lasermessgerät) zu messen pflege. Überdies habe er bereits einmal in einem gleichgelagerten Fall zweier in gleichbleibendem Abstand hintereinander fahrender Motorräder das zweite Krad aufgrund Geschwindigkeitsschätzung im Rahmen eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens beanstandet, wobei nach Toleranzabzug von 10 % die entsprechende Beanstandung durch Urteil des Gerichts rechtskräftig bestätigt worden sei. Die vorliegende Messstrecke eigne sich ferner aufgrund der vorhandenen langgezogenen Senke und dem leichten Bogen hervorragend für die Vornahme von Geschwindigkeitsmessungen, zumal es sich bei diesem Streckenabschnitt, der aufgrund des leichten Gefälles zu überhöhter Geschwindigkeit "einlade", um einen Unfallschwerpunkt handele. Der Zeuge H. beschrieb dabei die Zusammenhänge und Grundlagen der vorliegenden Beanstandung ausführlich und nachvollziehbar, ohne dabei in irgendeiner Form Belastungseifer an den Tag zu legen. Die Aussage selbst erfolgte ruhig und sachlich. Belastungstendenzen oder Anhaltspunkte für das Verschweigen von etwaigen Mess- oder Beobachtungsfehlern waren nicht erkennbar. Das Gericht hat keinerlei Anlass, an der Aussage des Zeugen zu zweifeln. Der Zeuge machte einen kompetenten Eindruck und ist dem Gericht aus zahlreichen anderen Verfahren wegen Geschwindigkeitsverstößen bekannt, ohne dass es jemals Zweifel an der Zuverlässigkeit und Kompetenz des Zeugen gegeben hat oder die Durchführung des Messvorgangs zu beanstanden war. Der zur Vornahme von Verkehrsüberwachungsmaßnahmen besonders ausgebildete Zeuge H. ist demnach seit mehreren Jahren mit der Durchführung von Geschwindigkeitskontrollen betraut, so dass dieser über reichhaltige Erfahrung und Sensibilität hinsichtlich der genauen Beurteilung von konkret gefahrenen Geschwindigkeiten verfügt. Zumal die Geschwindigkeitsüberschreitung des Betroffenenkrads vorliegend mit 167 km/h erheblich war (67 %), hat das Gericht keinerlei Zweifel an der Richtigkeit der geschätzten Geschwindigkeit des Betroffenenkrads seitens des Zeugen H. auf 167 km/h.
e) Wesentlich zur vollständigen Ausräumung von Bedenken gegen die Richtigkeit der gesch ätzten Geschwindigkeit des Betroffenenkrads seitens des Zeugen H. auf 167 km/h trägt der objektive Bezugspunkt der vorliegend vorhandenen standardisierten Lasergeschwindigkeitsmessung mit 167 km/h des in gleichbleibendem Abstand von etwa 80 m vorausfahrenden Krads des Zeugen P. bei. (…) Das vorliegend durchgeführte Messverfahren in Bezug auf das Krad des Zeugen P. ist als standardisiert i.S.d. Rspr. des BGH (vgl. BGHSt 39, 291, 300; 43, 277, 284) zu qualifizieren, zumal es allein von dem Verfahren selbst abhängt, ob ein Messverfahren ein standardisiertes ist, nicht von einer (höchst-)richterlichen Entscheidung. Standardisiert ist nämlich ein durch Regelungen vereinheitlichtes (technisches) Verfahren, bei dem die Bedingungen seiner Anwendbarkeit und sein Ablauf so festgelegt sind, dass unter gleichen Voraussetzungen gleiche Ergebnisse zu erwarten sind (vgl. dazu statt vieler OLG Hamm VRS 97, 144; OLG Koblenz, NZV 2010,212). Im Übrigen sind zugelassene Lasergeschwindigkeitsmessverfahren auch in der obergerichtlichen Rechtsprechung als zuverlässige standardisierte Messverfahren i.S.d. Rechtsprechung des BGH anerkannt (vgl. BGHSt 39, 291, 300; 43, 277; OLG Celle NZV 2010, 414; OLG Düsseldorf VRS 99, 131; OLG Köln VRS 96, 92; OLG Hamm DAR 2007, 217; VRS 106, 474; 95, 141). Mangels durchgreifender Anhaltspunkte für Bedienungs- und/oder Funktionsstörungen sind deshalb vorliegend nähere Ausführungen zur Funktionsweise des Messgerätes und möglichen, nicht konkret belegten Fehlerquellen entbehrlich. Da demnach das mit gleichbleibendem Abstand von circa 80 m vorausfahrende Krad des Zeugen P. im Wege des standardisierten Lasermessverfahrens mit 167 km/h gemessen wurde, kann denknotwendig gleichermaßen eine zum Tatzeitpunkt gefahrene Geschwindigkeit des Krads des Betr. von ebenfalls 167 km/h angenommen und als Ausgangspunkt der hiesigen Beanstandung zugrunde gelegt werden.
f) Da das Gericht indessen die mit einer Geschwindigkeitsermittlung durch Schätzung einhergehenden Unwägbarkeiten nicht verkennt, ist zur Überzeugung des Gerichts ein großzügiger Toleranzabschlag für etwaige - wenn auch fernliegende Fehlerquellen - von 10 % zugunsten des Betr. zu gewähren. Bei einer als Ausgangspunkt zugrundegelegten geschätzten Geschwindigkeit des Betroffenenkrads von 167 km/h ist demnach ein Toleranzabschlag von 16,7 km/h, zugunsten des Betr. nochmals aufgerundet von 17 km/h, vorzunehmen. Infolgedessen ist der hiesigen Beanstandung im Ergebnis eine feststellbare gefahrene (Mindest-)Geschwindigkeit des Betroffenenkrads von 150 km/h in vorwerfbarer Weise zugrunde zu legen.
IV. Der Betr. hat sich somit schuldig gemacht, vorsätzlich die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften um (mindestens) 50 km/h überschritten zu haben, §§ 3 III Nr. 3c, 49 StVO, § 24 StVG. Denn insbesondere kommt es für das Gebot der Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h als Obergrenze in keiner Weise auf die konkreten topographischen Straßenverläufe und Straßenverhältnisse an. Vorsatz liegt vor, wenn der Betr. die vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit und die von ihm Gefahrene kennt oder mindestens damit rechnet, die vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit nicht einzuhalten, wobei bei massiver erheblicher Geschwindigkeitsüberschreitung Vorsatz nahe liegt (OLG Bamberg DAR 2006, 464 f.). Bei der Überschreitung der allgemein zulässigen (maximalen) Höchstgeschwindigkeit drängt sich vorsätzliche Begehungsweise vielmehr um so mehr auf, je massiver das Ausmaß der Überschreitung ist. Insoweit wird nach dem gegenwärtigen Wissensstand auf den Erfahrungssatz zurückgegriffen, dass jedenfalls bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 40 % von Vorsatz auszugehen ist (KG NStZ-RR 2002, 116 f. m.w.N.; OLG Koblenz NStZ-RR 2000, 58), sofern nicht besondere Umstände eine abweichende Wertung veranlassen, wobei es vorliegend an solchen besonderen Umständen gänzlich fehlt. Es ist nämlich davon auszugehen, dass einem Fahrzeugführer die erhebliche Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit aufgrund der Fahrgeräusche, der Fahrweise und der Fahrzeugvibration seines Fahrzeugs sowie aufgrund der an ihm schneller vorbeiziehenden Umgebung bewusst wird. Insbesondere bleiben gerade auch bei Fahrzeugen mit einer gehobenen technischen Ausstattung erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitungen von 40 % nicht unbemerkt (mit ausführlicher Begründung insofern OLG Koblenz, DAR 1999, 227 f.). Der Vorsatz braucht sich dabei nur auf die Geschwindigkeitsübertretung als solche, nicht auf deren konkrete Höhe beziehen (OLG Bamberg DAR 2006, 464 f.). Vorsatz setzt insofern gerade nicht positive Kenntnis von der exakten Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitung im Zeitpunkt der Messung voraus (OLG Düsseldorf NZV 1996, 463; OLG Koblenz Beschluss v. 5.7.1996 - 1 Ss 95/96). Vorliegend hat der Betr. die allgemein bekannte zulässige (maximale) Höchstgeschwindigkeit auf Bundesstraßen von 100 km/h um 50 km/h, mithin um 50 %, überschritten. Jeder Fahrzeugführer weiß, dass außerhalb geschlossener Ortschaften - außer auf Autobahnen - die zulässige Höchstgeschwindigkeit maximal 100 km/h beträgt. In Anbetracht der massiven Geschwindigkeitsüberschreitung von 50 km/h kann den Betr. vorliegend nicht verborgen geblieben sein, dass er die allgemein zulässige Höchstgeschwindigkeit auf Bundesstraßen von maximal 100 km/h nicht einhält. Aufgrund der mit einer gefahrenen (Mindest-)Geschwindigkeit von 150 km/h verbundenen erhöhten Geräuschentwicklung des Motors, der erhöhten Fahrzeugvibration und der veränderten Fahrweise des Kraftrads, des erhöhten Bewegungseindrucks angesichts einer pro Sekunde zurückgelegten Strecke von 41,67 m sowie der schneller vorbeiziehenden Umgebung musste der Betr. merken, dass er deutlich zu schnell fährt. Der Zeuge H. führte insoweit auch überzeugend und glaubwürdig aus, dass es sich beim Kraftrad des Betr. um eine hochgerüstete "Rennmaschine" handele, die für hohe Geschwindigkeiten geradezu ausgelegt sei. Zur Überzeugung des Gerichts hat der Betr. deshalb aufgrund dieser ungleich intensiver auf den Betr. einwirkenden äußeren Einflüsse bewusst und gewollt die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h zum Tatzeitpunkt massiv überschritten. Der Betr. hatte hierbei auch ohne etwaige ständige Tachometerbeobachtung jedenfalls eine ungefähre Vorstellung von der Größenordnung der gefahrenen Geschwindigkeit. Ihm war nämlich jedenfalls die erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung als solche bewusst, wodurch hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht wird, dass der Betr. eine Geschwindigkeitsübertretung auch in dem tatsächlich realisierten Ausmaß von mindestens 50 km/h zumindest billigend in Kauf nahm (OLG Koblenz DAR 1999, 227 f.). Der Betr. hat mithin zur Überzeugung des Gerichts die beanstandete Geschwindigkeitsüberschreitung vorsätzlich begangen. (..)
V.1. Die Nr. 11.3.7 der Bußgeldkatalogverordnung sieht für den vorliegenden Geschwindigkeitsverstoß eine Regelgeldbuße von 160 € vor, wobei insoweit von fahrlässiger Begehungsweise und gewöhnlichen Tatumständen - d.h. vom Nichtvorhandensein straßenverkehrsrechtlicher Vorbelastungen - auszugehen ist, § 1 II BKatV. Dieser Regelsatz war aufgrund der vorliegenden vorsätzlichen Begehungsweise auf 320 € angemessen zu erhöhen. (…)
2. Darüber hinaus war gegen den Betr. wegen grober Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers nach § 25 I 1 StVG ein Fahrverbot von einem Monat zu verhängen. Es liegt ein einmonatiges Regelfahrverbot nach § 4 I 1 Nr. 1 der Bußgeldkatalog-Verordnung i.V.m. Nr. 11.3.7 BKat vor. Durch ein solches Regelfahrverbot wird - nicht zuletzt aus Gründen des verfassungsrechtlichen Gebotes der Gleichbehandlung aller Verkehrsteilnehmer aus Art. 3 I GG - zum einen die Vermutung ausgelöst, dass das Fahrverbot zur Einwirkung auf den Betr. erforderlich ist und zum anderen, dass die mit dem Fahrverbot verbundenen Folgen für den Betr. keine unangemessene Härte darstellen. Grundsätzlich hat der Betr. hiernach die mit dem Fahrverbot verbundenen Folgen für die überschaubare Dauer von bis zu 3 Monaten in aller Regel als selbst verschuldet hinzunehmen (statt vieler u.a. Bay. OLG NZV 1994, 37; OLG Hamm NZV 2000, 264; 2001, 90; 2002, 140). Typische nachteilige Auswirkungen des Fahrverbots sind dem Betr. als vorhersehbare und selbst verschuldete Folgen stets zumutbar, zumal sie im Grundsatz alle Betr. in gleicher Weise treffen (BGH St 38, 125, 231; Bay. OLG DAR 2001, 84; OLG Düsseldorf NStZ-RR 1996, 22).
a) Gr ünde dafür, im Hinblick auf das Verhältnismäßigkeitsprinzip im vorliegenden Fall von der Verhängung eines Regelfahrverbots bei gleichzeitiger (weiterer) Erhöhung der Geldbuße abzusehen (vgl. § 4 IV BKatV), sind nicht ersichtlich. Die Anordnung eines Fahrverbots ist vorliegend zur Einwirkung auf den Betr. unbedingt erforderlich. Es liegt ein derart grober Verstoß gegen die Pflichten eines Fahrzeugführers vor, dass nach Auffassung des Gerichts lediglich die Verhängung eines Fahrverbots den Betr. dazu bringen kann, zukünftig die Straßenverkehrsvorschriften einzuhalten. Mildere Mittel - insbesondere eine bloße (weitere) Erhöhung der Geldbuße - sind wegen der vom Gesetzgeber intendierten Erziehungswirkung des Fahrverbots zur Einwirkung auf den Betr. nicht im gleichen Maße geeignet, zumal hierbei nochmals zulasten des Betr. berücksichtigt werden muss, dass dieser die zulässige Geschwindigkeit vorsätzlich massiv überschritten hat und damit die Bereitschaft an den Tag gelegt hat, gegen Verkehrsregeln bewusst und gewollt zu verstoßen. Das Fahrverbot ist auch angemessen. Das Gericht hat die Gesamtumstände der Tat ebenso wie die in der Person und dem Lebensumfeld des Betr. liegenden Umstände abgewogen und dabei insbesondere berücksichtigt, dass, um ein Absehen vom Fahrverbot rechtfertigen zu können, die mit einem Fahrverbot verbundenen Härten umso einschneidender sein müssen, je schwerwiegender und beharrlicher das Fehlverhalten in objektiver und subjektiver Hinsicht ist. Insbesondere persönliche und berufliche Nachteile, auch erheblicher Art, sind mit einem Fahrverbot nicht nur in Ausnahmefällen, sondern sogar recht häufig verbunden und rechtfertigen deshalb ein Absehen vom Fahrverbot nur, wenn sie zu einer Härte ganz außergewöhnlicher Art führen, die - wie etwa eine Existenzgefährdung durch Verlust des Arbeitsplatzes - weit über die gewöhnlichen Nachteile und die Dauer eines Fahrverbots hinausgehen. Typische Nachteile, die etwa aus der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel resultieren, sind dabei ebenso wie negative persönliche und beruflich-wirtschaftliche Folgen in Grundsatz als vorhersehbare Folgen "selbstverschuldet" hinzunehmen, zumal sie regelmäßig alle Betr. in gleicher Weise treffen (vgl. dazu BGHSt 38, 125, 231; BayObLG DAR 2001, 84; OLG Düsseldorf NStZ-RR 1996, 22; BayObLG NZV 1994, 487; OLG Oldenburg NZV 1993, 198).
b) Nachteile von solcher außergewöhnlicher gravierender Härte, die aus Gründen der Verhältnismäßigkeit ein Absehen von der Verhängung des Regelfahrverbots ausnahmsweise gebieten würden, sind vorliegend nicht ersichtlich und überhaupt nicht von dem Betr. bzw. der Verteidigung vorgetragen. Im Weiteren wurde seitens des Betr. bzw. der Verteidigung in keiner Weise vorgetragen, dass der Betr. die mit dem Fahrverbot einhergehenden Nachteile auch nicht durch zumutbare Abhilfemaßnahmen - wie etwa Urlaubsabgeltung, Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel, Einstellung eines Aushilfsfahrers usw. - abwenden könnte. Ebenso wie anderen Kraftfahrzeugführern, denen ein Fahrverbot erteilt wurde, ist es dem Betr. zuzumuten, für die Dauer des Fahrverbots öffentliche Verkehrsmittel oder ein Taxi zu benutzen oder sich eines Aushilfsfahrers, z. B. eines Studenten oder älteren Schülers, zu bedienen (BayObLGSt 1996, 44/47 f.; OLG Düsseldorf VRS 89, 218/221) oder die Auswirkungen des Fahrverbots durch die Inanspruchnahme von Urlaub oder auch durch eine Kombination verschiedener solcher Maßnahmen zu mildern (OLG Düsseldorf a.a.O.; OLG Köln VRS 88, 392/394; OLG Hamm NZV 1995, 366). Die damit gegebenenfalls verbundenen wirtschaftlichen Nachteile muss er tragen (BayObLGSt 96, 44, 47/48). Notfalls muss er zur Bestreitung der erwachsenden Kosten einen Kredit aufnehmen (OLG Frankfurt NStZ-RR 2000, 312, 313), was ihm in Anbetracht seiner geordneten wirtschaftlichen Verhältnisse auch ohne weiteres zumutbar sein dürfte. Dabei ist vorliegend verschärfend vom Betr. zu verlangen, dass dieser sich bereits ab Zustellung des Bußgeldbescheides auf die Vollstreckung des angedrohten Fahrverbots samt Planung von Abhilfemaßnahmen einzurichten hatte (BayObLG NZV 1997, 89; OLG Karlsruhe VRS 88, 476; OLG Köln VRS 88, 392; OLG Hamm DAR 2008, 652). Der Betr. hatte vor diesem Hintergrund die Möglichkeit erhalten, sich seit Zustellung des Bußgeldbescheides frühzeitig auf das Fahrverbot einzustellen und auf diese Weise dessen negative Konsequenzen abzuwenden oder jedenfalls abzumildern. Außerdem werden die Auswirkungen des Regelfahrverbots auf den Betr. vorliegend auch durch den Vollstreckungsaufschub von bis zu 4 Monaten nach § 25 IIa StVG erheblich abgemildert, weil der Betr. durch die ihr hierdurch gewährte Wahl, den Beginn der Verbotsfrist innerhalb eines Zeitrahmens von 4 Monaten ab Eintritt der Rechtskraft selbst zu bestimmen, zugleich die Möglichkeit erhält, sich frühzeitig auf das Fahrverbot einzustellen und auf diese Weise dessen negative Konsequenzen abzuwenden oder jedenfalls abzumildern (vgl. dazu BayObLG DAR 1999, 559; NZV 2003, 349; OLG Celle VRR 2005, 113; OLG Frankfurt NStZ-RR 2001, 214; DAR 2002, 82; OLG Jena DAR 2005, 166; OLG Hamm NZV 1999, 214). Da demnach keinerlei Anhaltspunkte für eine außergewöhnliche gravierende Härte gegeben waren und da ohne Verkennung der grundsätzlichen Amtsaufklärungspflicht im Hinblick auf den Wegfall eines Regelfahrverbotes eine gesteigerte Darlegungslast des Betr. besteht, sah sich das Gericht zu weiteren Nachforschungen nicht veranlasst. (…)
(Mitgeteilt von Richter Ch. Lang, Haßfurt)