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  • 15.05.2013 · IWW-Abrufnummer 131520

    Landgericht Aachen: Urteil vom 14.11.2012 – 10 O 487/11

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Landgericht Aachen

    10 O 487/11

    Tenor:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

    Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

    Tatbestand

    Der Kläger nimmt die Beklagten auf Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall in Anspruch, der sich am 07.09.2011 gegen 12:30 Uhr in B ereignete.

    Am Unfalltag befuhr Herr Q L mit dem Fahrzeug des Klägers, einem LKW Kastenwagen der Marke Daimer Chrysler mit dem amtlichen Kennzeichen #1 die Q1-straße in B. In Höhe des Hauses Nr. 88 fuhr der Beklagte zu 1) mit dem bei der Beklagten zu 2) versicherten Fahrzeug der Marke Kia mit dem amtlichen Kennzeichen #2 aus einer in Höhe des Hause Nr. 88 gelegenen Einfahrt auf die Q1-straße ein, wobei es zur Kollision der beiden Fahrzeuge kam.

    Mit Schreiben vom 24.10.2011 forderte der Kläger die P- Versicherung AG C E, die vormalige Beklagte zu 2), auf, in die Regulierung einzutreten. Mit weiterem Schreiben bezifferte der Kläger seinen Schaden auf 8.701,79 € und forderte die vormalige Beklagte zu 2) erfolglos zur Zahlung bis zum 10.11.2011 auf.

    Der Kläger behauptet, der Unfall sei für Herrn L weder vorhersehbar, noch vermeidbar gewesen. Seinen Schaden beziffert der Kläger auf der Grundlage eines Gutachtens der TÜV S GmbH vom 13.09.2011 auf netto 7.154,87 €. Zur Berechnung im einzelnen wird auf das Gutachten (Anlage K2 zur Klageschrift, Bl. 5 ff. d.A.) Bezug genommen. Hinzu kämen Gutachterkosten in Höhe von 873,10 €, eine Kostenpauschale von 25,00 € sowie ein Nutzungsausfallschaden für die Reparaturdauer von 9 Tagen à 59,00 €, insgesamt 649,00 €.

    Der Kläger beantragt daher,

    1. die Beklagten zu verurteilen, an ihn 8.701,97 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.11.2011 zu zahlen,

    2. die Beklagten zu verurteilen, an ihn 718,40 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.11.2011 zu zahlen.

    Die Beklagten beantragen,

    die Klage abzuweisen.

    Die Beklagten bestreiten die Aktivlegitimation des Klägers. Sie halten auch die seitens des Klägers dargelegte Schadenshöhe nicht für schlüssig. Denn der Kläger habe es versäumt, verschiedene Vorschäden und deren sach- und fachgerechte Reparatur darzulegen. So sei ein – letztlich unstreitiger – Vorschaden vom 15.04.2011, dessen Reparaturkosten mit 6.765,69 € kalkuliert worden seien, zunächst verschwiegen worden. Eine sach- und fachgerechte Reparatur des Vorschadens werde bestritten. Ein weiterer Vorschaden datiere vom 02.07.2007. In den Jahren 2009 bis 2010 sei das Fahrzeug darüber hinaus in diverse Unfälle verwickelt gewesen. Auch ein Nutzungsausfallschaden könne nicht verlangt werden, weil eine sach- und fachgerechte Reparatur und damit auch die tatsächliche Reparaturdauer bestritten werde.

    Der Kläger repliziert hierzu, der Schaden vom 15.04.2011 betreffe nicht den hier streitgegenständlichen Schadensbereich an der rechten Fahrzeugseite, sondern den Heckbereich. Vorschäden aus der Zeit vor Zulassung auf den Kläger, die unstreitig im Jahr 2008 stattgefunden hat, seien ihm nicht anzulasten. Die streitgegenständliche Fahrzeugseite sei vor dem streitgegenständlichen Ereignis schadensfrei gewesen und sei danach fachgerecht repariert worden. Auch die Nutzungsentschädigung beziffere er fiktiv auf der Grundlage der Schätzung im Gutachten der TÜV S GmbH vom 13.09.2011.

    Zum Sach- und Streitstand im übrigen wird auf die seitens der Parteivertreter zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Insbesondere bestehen keine Ansprüche gemäß §§ 7, 17,18 StVG bzw. § 115 Abs. 1 VVG.

    Es kann bereits dahinstehen, ob es der Kläger vermocht hat, sein Eigentum an dem streitgegenständlichen Unfallfahrzeug substantiiert darzulegen. Auf das Bestreiten der Beklagten hat der Kläger mit Schriftsatz vom 08.03.2012 zum Erwerbsvorgang selbst keinerlei Tatsachen vorgetragen, sondern lediglich den Erwerb – in dieser Form eine Rechtsbehauptung – unter Beweis durch Vernehmung des Zeugen L gestellt. Zudem hat er sich auf seine Eintragung als Halter im Fahrzeugbrief berufen, aus welchem sich das Eigentum an dem Fahrzeug aber gerade nicht ergibt (vgl. KG, Beschluss vom 29.10.2007 – 12 U 83/07 – Rz. 4, zitiert nach juris). Auch auf die Eigentumsvermutung des § 1006 BGB kann sich der Kläger nicht berufen, denn Fahrer des Unfallfahrzeugs war der als Zeuge benannte Q L.

    Hierauf kommt es im Ergebnis jedoch nicht an, weil der Kläger es nicht vermocht hat, seinen Fahrzeugschaden substantiiert darzulegen.

    Es obliegt dem Geschädigten, die Verursachung des Schadens durch das gegnerische Fahrzeug und das Ausmaß des unfallbedingten Schadens darzulegen und zu beweisen (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 22.02.2010 – 12 U 59/09 – Rz. 23; Beschluss vom 26.04.2007 – 12 U 76/07 – Rz. 12; Urteil vom 29.04.2002 – 12 U 7995/00 – Rz. 3; alle Entscheidungen zitiert nach juris). Ein Schadensersatzanspruch entfällt schon dann, wenn wegen der im Unfallzeitpunkt nicht reparierten Vorschäden ein zusätzlicher Schaden nicht festgestellt werden kann (KG Berlin, Beschluss vom 22.02.2010 – 12 U 59/09 – Rz. 25; Beschluss vom 26.04.2007 – 12 U 76/07 – Rz. 14, a.a.O.). Ein Geschädigter kann selbst kompatible Schäden nicht ersetzt verlangen, weil eine Schadensschätzung nicht möglich ist, wenn nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit (§ 287 ZPO) auszuschließen ist, dass sie bereits im Rahmen eines Vorschadens entstanden sind. Bei unstreitigen Vorschäden und bestrittener unfallbedingter Kausalität des geltend gemachten Schadens muss der Geschädigte im Einzelnen ausschließen, dass Schäden gleicher Art und gleichen Umfangs bereits zuvor vorhanden waren, wofür er bei unstreitigen Vorschäden im Einzelnen zu der Art der Vorschäden und deren behaupteter Reparatur vortragen muss (KG Berlin, Beschluss vom 22.02.2010 – 12 U 59/09 – Rz. 26, a.a.O.; Urteil vom 29.06.2009 – 12 U 146/08 – Rz. 4, zitiert nach juris).

    Hinter diesen Anforderungen bleibt der Vortrag des Klägers deutlich zurück. Nachdem der Kläger im Rahmen der Klageschrift wie auch im Schreiben vom 26.01.2012 an die Beklagte zu 2) (Anlage K7 zum Schriftsatz vom 26.06.2012, Bl. 94 f. d.A.) die ihm bekannten Vorschäden verschwiegen hat, hat er auf entsprechenden Vortrag der Beklagten den Schadensfall vom 15.04.2011 mit Schriftsatz vom 08.03.2012 eingeräumt. Auf der Grundlage der Feststellungen des vorgelegten Gutachtens TÜV S GmbH vom 13.09.2011 sei jedoch davon auszugehen, dass sämtliche behaupteten Vorschäden repariert worden seien. Entgegen der Ansicht des Klägers reicht der Verweis auf die Feststellungen in dem von ihm vorgelegten Privatgutachten jedoch nicht aus, da Vortrag zur Reparatur dieses Vorschadens und zur Frage, ob diese sach- und fachgerecht ausgeführt wurde, fehlt. Aus dem in diesem Zusammenhang vorgelegten Schreiben der B E GmbH vom 31.05.2005 (Anlage K5 zum Schriftsatz vom 08.03.2012, Bl. 78 d.A.) ergibt sich dies jedenfalls nicht. Auch aus der Reparaturbestätigung vom 14.10.2011 (Anlage K4 zur Klageschrift, Bl. 20 d.A.) ergibt sich nichts anderes, da sich diese gerade nicht auf den Vorschaden vom 15.04.2011 bezieht.

    Auch die Behauptung des Klägers, im wesentlich identischen Schadensbereich habe es keine unreparierten oder reparierten Vorschäden gegeben, führt hier nicht zu einer nachvollziehbaren Schadensdarlegung. Hinsichtlich des Unfallschadens vom 15.04.2011 bestehen hier bereits Zweifel, weil im Rahmen des streitgegenständlichen Unfalles ausweislich des Gutachtens des TÜV S vom 13.09.2011 die Stoßfängerecke hinten links (Bl. 9, 11) beschädigt wurde, aufgrund des Vorschadens vom 15.04.2011 der gesamte hintere Stoßfänger erneuert werden musste (vgl. Gutachten Sachverständigenbüro I C vom 26.04.2011, S. 5, Bl. 101 d.A.). Nachfolgend hat der Kläger noch mit Schriftsatz vom 24.05.2012 und 14.08.2012 vorgetragen, der Unfall vom 15.04.2012 habe zu dem einzigen Vorschaden des Fahrzeugs geführt. Hiermit setzt sich der Kläger jedoch in Widerspruch zu seinem vorprozessualen, aber auch zu seinem weiteren Prozessvortrag.

    So hat der Kläger auch zu dem seitens der Beklagten vorgetragenen Vorschaden im Bereich der hier streitgegenständlichen rechten Fahrzeugseite vom 02.07.2007 angesichts der von den Beklagten genannten Schadensnummer #3 nicht in ausreichendem Maße vorgetragen, so dass dieser Vorschaden als zugestanden zu behandeln ist, § 138 Abs. 3 ZPO. Die Darlegungs- und Beweislast des Klägers wird auch nicht dadurch erleichtert, dass dieser Vorschaden schon vor seiner Besitzzeit eingetreten ist (vgl. LG Flensburg, Urteil vom 26.02.2008 – 1 S- 59/07 – Rz. 32, zitiert nach juris).

    Darüber hinaus haben die Beklagten weitere Schadensereignisse vom 24.10.2009, 28.04.2010 und 14.01.2011 behauptet. Hierzu hat der Kläger nicht weiter vorgetragen, sondern entsprechende Ereignisse bestritten und den Vortrag der Beklagtenseite als nebulös bezeichnet. Auch zu diesen Unfallereignissen fehlt jedoch weiterer Vortrag des Klägers. Sein schlichtes Bestreiten reicht hier nicht aus, weil er bereits vorprozessual mit Schreiben vom 08.03.2012 (Anlage B4 zum Schriftsatz vom 13.09.2012, Bl. 150 f. d.A.) eingeräumt hat, dass das Fahrzeug „in der Vergangenheit in verschiedene Unfälle verwickelt“ gewesen sei. Dass im wesentlich identischen Schadensbereich keine reparierten oder unreparierten Vorschäden bestanden hätten, ist aber auf der Grundlage seines Vortrages nicht zu überprüfen. Bereits auf der Grundlage seiner Einschränkung auf den wesentlich identischen Schadensbereich musste der Kläger mit Blick auf die geltend gemachte Schadenshöhe und zur Überprüfung der Abgrenzung zu eben diesen Vorschäden so genau vortragen, dass eine Überprüfung möglich ist. Dass sein Vortrag unvollständig war, hat der Kläger auch auf die Vorlage der Schadensanzeige vom 17.01.2011 (Anlage B3 zum Schriftsatz vom 13.09.2012, Bl. 149 d.A.), Seitenscheibe beschädigt, einräumen müssen. Hierzu fehlt jedoch ebenso näherer Vortrag, wie zu der mit Schriftsatz vom 24.10.2012 eingeräumten Beschädigung des Außenspiegels. Neben seinem Schreiben vom 08.03.2012 führt daher auch die Entwicklung des Vortrags des Klägers mit Blick auf die behaupteten Schadensereignisse in 2009 bis 2011 zu erhöhten Anforderungen an seinen Vortrag, zumal es bei seiner Ankündigung im Schriftsatz vom 08.03.2012, einen vollständigen „Lebenslauf“ des Fahrzeugs zu erstellen, geblieben ist.

    Bei dieser Sachlage ist auch ein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung mangels Darlegung eines unfallkausalen Schadens nicht zuzusprechen. Zudem ist der Kläger gehindert, diese Schadensposition fiktiv zu berechnen. Von der Art der Abrechnung des Sachschadens ist der Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung zwar nicht abhängig; er setzt jedoch voraus, dass dem Geschädigten durch eine unfallbedingte Reparatur der Gebrauch tatsächlich entzogen worden ist (vgl. KG, Urteil vom 04.06.2007 n– 12 U 208/06 – Rz. 45, zitiert nach juris). Ausweislich der Reparaturbestätigung vom 14.10.2011 (Anlage K4 zur Klageschrift, Bl. 20 d.A.) ist das Fahrzeug repariert worden. Zum zeitlichen Umfang trägt der Kläger jedoch nichts vor.

    Mangels nachvollziehbarer Darlegung eines unfallkausalen Schadens sind auch die geltend gemachten Gutachterkosten sowie eine Kostenpauschale nicht zuzusprechen.

    Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 709 ZPO.

    Streitwert: 8.701,97 €