12.06.2013 · IWW-Abrufnummer 131860
Kammergericht Berlin: Urteil vom 03.06.2013 – 25 U 49/12
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Rechtsstreit
des
12203 Berlin,
Klägers und Berufungsklägers,
- Prozessbevollmächtigter:
g e g e n
38640 Goslar,
Beklagten und Berufungsbeklagten,
- Prozessbevollmächtigte:
hat der 25. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin-Schöneberg, Elßholzstraße 30-33, 10781 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 13. Mai 2013 durch den Richter am Landgericht Kansteiner als Einzelrichter
für Recht erkannt:
Auf die Berufung des Klägers wird das am 1. November 2012 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin – 27 O 115/12 - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:
Das Versäumnisurteil des Landgerichts vom 14. Juni 2012 – 27 O 115/12 – wird aufrecht erhalten, soweit der Beklagte verurteilt wurde, an den Kläger 961,28 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12. Februar 2010 zu zahlen. Im Übrigen wird das Versäumnisurteil aufgehoben.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 12.714,11 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 12.301,65 EUR seit dem 22. Dezember 2009 sowie aus weiteren 412,46 EUR seit dem 1. Juni 2011 zu zahlen Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs der Marke Alfa Romeo 159 mit der Fahrgestellnummer ZAR 9300007116182.
Es wird festgestellt, dass sich die Klage erledigt hat, soweit der Kläger auf Grund der geringeren Laufleistung des Fahrzeugs im Zeitpunkt der Klageerhebung einen höheren Zahlungsbetrag geltend gemacht hat.
Es wird festgestellt, dass sich der Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs der Marke Alfa Romeo 159 mit der Fahrgestellnummer in Verzug befindet.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger trägt 1/6, der Beklagte 5/6 der Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
G r ü n d e
Die zulässige Berufung ist im Wesentlichen begründet. Der Kläger kann von dem Beklagten die Rückabwicklung des Kaufvertrages verlangen. Soweit der Kläger die Feststellung begehrt, der Beklagte sei verpflichtet, auch weitere materielle Schäden zu ersetzen, ist die Klage unbegründet, da etwaige Schadensersatzansprüche des Klägers verjährt sind.
1. Die Klage ist auch in der Form der zuletzt gestellten Anträge gemäß § 533 ZPO wegen Sachdienlichkeit und rügelose Einlassung des Beklagten zulässig. Die Umformulierung der Anträge im Berufungstermin auf Hinweis des Senats erfolgte, weil entgegen der Auffassung der Vorinstanz ein Antrag auf Basis der sogenannten Karlsruher Formel nicht zulässig ist (vgl. KG, Urteil vom 18. Dezember 2006 – 2 U 13/06, Tz. 21, zitiert nach juris) und das Fahrzeug bei Rückabwicklung des Kaufvertrages an den Beklagten als Rechtsnachfolger der Verkäuferin und nicht an die erloschene herauszugeben ist. Eine inhaltliche Änderung des Begehrens des Klägers ist mit der Umformulierung der Anträge nicht verbunden.
2. Der Kläger hat gemäß §§ 437 Nr. 2, 323, 346 Abs. 1 und 2 BGB Anspruch auf Rückabwicklung des streitgegenständlichen Kaufvertrags.
a) Der Beklagte ist für die Ansprüche aus dem zwischen dem Kläger und der geschlossenen Kaufvertrag passivlegitimiert. Im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages am 5. Januar 2008 war der Beklagte Komplementär der . Durch das anschließende Ausscheiden der einzigen Mitgesellschafterin und Kommanditistin aus der Gesellschaft ist der Beklagte Rechtsnachfolger der Gesellschaft und als solcher Vertragspartner des Klägers geworden (vgl. Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB, 35. Auflage, § 131 Rn. 35; Ulmer/Schäfer, in: MüKoBGB, 5. Auflage, § 718 Rn. 13). Durch die spätere Übernahme des ursprünglichen Vermögens der durch die sowie deren anschließende Umwandlung in die Wilde GmbH & Co. KG wurde der Beklagte nicht aus seiner Haftung wegen Ansprüche aus dem Kaufvertrag befreit, § 156 UmwG.
b) Das Fahrzeug war im Zeitpunkt der Übergabe mangelhaft.
aa) Das streitgegenständliche Fahrzeug hat einen Sachmangel im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB, da es aufgrund der Quietschgeräusche beim Bremsen nicht die Beschaffenheit aufweist, die bei einem unbenutzten Fahrzeug gleicher Art und Güte üblich ist und von einem Käufer erwartet werden kann (vgl. zu Neuwagen LG Köln, Urteil vom 24. Juni 2009 - 28 U 11/07, Tz. 25, zitiert nach juris; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 11. Auflage, Rn. 1059).
bb) Gemäß § 476 BGB ist zu vermuten, dass dieser Mangel bereits im Zeitpunkt der Übergabe vorhanden war.
(1) Gemäß § 476 BGB wird bei einem Verbrauchsgüterkauf dann, wenn sich innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang ein Sachmangel zeigt, vermutet, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar. Die Bestimmung setzt einen binnen sechs Monaten seit Gefahrübergang aufgetretenen Sachmangel voraus und begründet eine lediglich in zeitlicher Hinsicht wirkende Vermutung, dass dieser Mangel bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorlag (BGH, Urteil vom 18. Juli 2007 – VIII ZR 259/06, Tz. 15 m.w.N., zitiert nach juris). Danach sind die Voraussetzungen für die Vermutung gemäß § 476 BGB vorliegend erfüllt. Bei dem Verkauf des Fahrzeugs handelt es sich um einen Verbrauchsgüterkauf im Sinne des § 474 Abs. 1 Satz 1 BGB, da der Kläger als angestellter Rechtsanwalt kein Unternehmer ist. Anders als noch in der ersten Instanz des Verfahrens 33 O 195/10 LG Berlin (nachfolgend: Vorprozess) ist im vorliegenden Verfahren unstreitig, dass sich das im Zeitpunkt der Übergabe noch nicht aufgetretene Quietschen der Bremsen erstmals rund zwei Monate nach Übergabe des Fahrzeugs gezeigt hat.
(2) Die Vermutungswirkung des § 476 BGB ist vorliegend nicht ausgeschlossen, weil der Zustand “quietschende Bremsen” im Zeitpunkt der Übergabe noch nicht vorgelegen hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 2. Juni 2004 – VIII ZR 329/03, Tz. 12 ff.; Urteil vom 23. November 2005 – VIII ZR 43/05, Tz. 16, zitiert jeweils nach juris) kann für die Vermutungswirkung des § 476 BGB nicht auf einen Folgemangel abgestellt werden, der im Zeitpunkt des Gefahrübergangs noch nicht vorhanden war, sondern sich erst durch eine oder mehrere andere Ursachen entwickelt hat. In dieser Konstellation ist Anknüpfungspunkt für die Gewährleistungshaftung des Verkäufers nicht der erst nach Übergabe entstandene Folgemangel, sondern die zu Grunde liegende Ursache. Ob eine sich nicht binnen sechs Monaten zeigende Ursache als Mangel bereits im Zeitpunkt der Übergabe in der Beschaffenheit des Fahrzeugs angelegt war, wird nicht auf Grund des sich binnen sechs Monaten zeigenden Folgemangels gemäß § 476 BGB vermutet (vgl. BGH a.a.O.). So liegt der vorliegende Fall indessen nicht. Anknüpfungspunkt für die Haftung des Beklagten ist nicht ein Folgemangel, sondern nach den Feststellungen des im Verfahren 33 O 105/10 eingeholten und durch Beschluss vom 13. Mai 2013 gemäß § 411a ZPO im vorliegenden Verfahren verwerteten Gutachten des Sachverständigen vom 4. September 2011 das unerwünschte Schwingungsverhalten der Bremskomponenten selbst, das - wie sich aus dem Gutachten des Sachverständigen Gruhlich vom 4. September 2011 ergibt - keine Folgeschäden verursacht. Dieses Schwingungsverhalten bzw. Quietschen hat sich innerhalb von sechs Monaten gezeigt, so dass die Vermutungswirkung des § 476 BGB insoweit greift. Damit ist der vorliegende Fall nicht mit den vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fällen vergleichbar, in denen die Vermutungswirkung des § 476 BGB für die Ursache eines Folgemangels verneint wurde. In dem Zahnriemenfall (BGH, Urteil vom 2. Juni 2004 – VIII ZR 329/03, zitiert nach juris) konnte nicht geklärt werden, ob die durch die Beweisaufnahme ermittelte Schadensursache (Lockerung des Zahnriemens) für den Folgeschaden (Motorschaden) auf einen weiteren, von dem Verkäufer zu vertretenen Mangel oder einen Bedienungsfehler des Käufers beruhte. Der für die Gewährleistungshaftung maßgebende Mangel, die Lockerung des Zahnriemens hat sich demnach anders als der Mangel im vorliegenden Fall nicht innerhalb der sechs Monate, sondern erst im Rahmen der späteren Beweisaufnahme gezeigt. Ebenfalls nicht vergleichbar ist der vorliegende Fall mit dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Turboladerfall (BGH, Urteil vom 23. November 2005 – VIII ZR 43/05, zitiert nach juris). Bei diesem hatte sich die Ursache für den späteren Defekt ebenfalls zunächst nicht gezeigt und auf Grund der späteren Beweisaufnahme im Prozess konnte ein keinen Mangel darstellender Verschleiß als Ursache für den späteren Defekt nicht ausgeschlossen werden (a.a.O. Tz. 19).
(3) Entgegen der Ansicht des Beklagten ist die Vermutung des § 476 BGB nicht mit der Art des Mangels unvereinbar, weil die Bremsen bei Übergabe noch nicht gequietscht haben. Die Erkennbarkeit des Mangels ist nicht Voraussetzung für die Vermutungswirkung des § 476 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juli 2007- VIII ZR 110/06, Tz. 11). Vielmehr soll die Vermutung des § 476 BGB gerade Verbrauchern bei versteckten Mängeln zu Gute kommen (Reinking/Eggert, a.a.O., Rz. 3341).
(4) Der Beklagte hat die Vermutung des § 476 BGB nicht widerlegt. Die gesetzliche Vermutung des § 476 BGB kann nur durch Beweis des Gegenteils widerlegt werden, eine bloße Erschütterung reicht nicht aus (vgl. Reinking/Eggert, a.a.O., Rn. 3345). Die bloße von dem Beklagten behauptete Möglichkeit, das Quietschen der Bremsen könne nach Übergabe des Fahrzeugs durch eine Fehlbedienung der Bremsen verursacht worden, ist daher nicht genügend. Auch nach den Feststellungen in dem Gutachten des Sachverständigen vom 4. September 2011 gibt es keine Anhaltspunkte für eine Verursachung des Mangels durch eine Fehlbedienung.
bb) Der Rücktritt des Klägers ist nicht gemäß § 323 Abs. 5 S. 2 BGB ausgeschlossen, weil die dem Mangel zu Grunde liegende Pflichtverletzung unerheblich ist. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. hierzu BGH, NJW 2011, 2872; Reinking/Eggert, a.a.O. Rn. 1031) ist für die Unerheblichkeit in erster Linie auf das Verhältnis der Kosten für die Beseitigung des Mangels zum Kaufpreis abzustellen. Die Darlegungs- und Beweislast für die Unerheblichkeit trägt der Verkäufer (Reinking/Eggert a.a.O., Rn. 1064). Anders als noch im Vorprozess behauptet der Beklagte im vorliegenden Verfahren jedoch nicht, dass der Mangel unerheblich und für die Reparatur der Bremsen lediglich ein bestimmter Betrag aufzuwenden sei.
c) Der Kläger hat durch seine mit Emails vom 16. und 22. Dezember 2012 (Anlagen K13 und K15) gegenüber der abgegebenen Erklärungen wirksam eine Frist zur Beseitigung des Mangels gesetzt und ihm den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt, §§ 437 Nr. 2, 323 Abs. 1 BGB. Die Erklärungen sind gegenüber dem Beklagten wirksam. Sie sind dahin gehend auszulegen, dass sich an den Vertragspartner des Klägers richten. Der Beklagte hat die zumindest konkludent mit der Entgegennahme von Erklärungen betreffend die vormals von der abgeschlossenen Verträge beauftragt hat, indem er das Vermögen der früheren auf die später in die umgewandelte übertragen hat und diese die Geschäfte sowie die Niederlassung der früheren in Ribnitz fortgeführt hat.
d) Die Ansprüche des Klägers aus dem Rücktritt sind nicht verjährt.
aa) Gemäß § 218 Abs. 1 BGB ist ein Rücktritt unwirksam, wenn er nach Eintritt der Verjährung erklärt wird. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Der Kläger hat den Rücktritt per Email vom 22. Dezember 2009 (Anlage K15) und damit innerhalb der zweijährigen Gewährleistungsfrist gemäß § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB erklärt.
bb) Die Verjährungsfrist wurde durch Nr. 6.9. der dem Kaufvertrag zu Grunde liegenden AGB nicht wirksam auf ein Jahr verkürzt. Der Abkürzung der gesetzlichen Verjährungsfrist für Ansprüche des Käufers wegen eines Mangels (§ 438 BGB) auf zwölf Monate steht die Bestimmung des § 475 Abs. 2 BGB entgegen, der zufolge bei einem Verbrauchsgüterkauf die Verjährung der in § 437 BGB bezeichneten Ansprüche des Käufers im Falle des Verkaufs neuer Sachen nicht auf weniger als zwei Jahre abgekürzt werden kann.
Das Fahrzeug war im Zeitpunkt der Veräußerung keine gebrauchte Sache. Ob eine Sache gebraucht ist, ist nach einem objektiven Maßstab zu bestimmen und - jedenfalls bei einem Verbrauchsgüterkauf - einer Parteivereinbarung entzogen (BGH, Urteil vom 15. November 2006 - VIII ZR 3/06, Tz. 33, zitiert nach juris). Ausgehend vom Wortsinn ist eine Sache gebraucht, wenn sie bereits bestimmungsgemäß benutzt worden ist (BGH a.a.O., Tz. 27; Lorenz, in: Müko-BGB, 6. Auflage, § 474 Rn. 14). Bei einem Kraftfahrzeug ist entscheidend, ob es bereits zum Zweck der Teilnahme am Straßenverkehr in Gebrauch genommen wurde (Faust, in: BeckOK BGB, Stand 1. März 2011, § 474 Rn. 18). Das ist hier nicht der Fall. Das Fahrzeug hatte im Zeitpunkt der Übergabe einen Tachostand von lediglich 10 km und war vor Übergabe nicht in einem relevanten Umfang im Straßenverkehr benutzt worden.
Das Fahrzeug ist auch nicht als gebraucht anzusehen, weil es vor Übergabe an den Kläger bereits rund ein halbes Jahr zugelassen war. Entgegen der Auffassung des Beklagten sind die Kriterien der “Fabrikneuheit” im Sinne von § 434 nicht ohne weiteres auf den Begriff der “gebrauchten Sache” im Sinne von §§ 474, 475 BGB zu übertragen (Lorenz a.a.O. Rn. 16; Faust, a.a.O.). Ein Fahrzeug ist daher nicht bereits deshalb gebraucht im Sinne von §§ 474, 475 BGB, weil es nicht mehr als “fabrikneues” Fahrzeug verkauft werden kann. Etwas anderes könnte bei einem unbenutzten Fahrzeug dann geltend, wenn es einem erhöhten Sachmängelrisiko ausgesetzt ist, weil es standzeitbedingte Mängel aufweist oder älter als zwölf Monate ist und damit einem wertmindernden Alterungsprozess unterlag (vgl. Lorenz a.a.O.). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Der Beklagte behauptet weder, das Fahrzeug sei im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages älter als zwölf Monate gewesen noch benennt er konkrete standzeitbedingte Mängel. Die durch den früheren Zeitpunkt der Zulassung verkürzte Herstellergarantie ist hingegen für die Frage, ob das Fahrzeug benutzt war, erheblich. Denn die verkürzte Garantie war für den Kläger lediglich rechtlich nachteilig, setzte das Fahrzeug aber in tatsächlicher Hinsicht nicht einem erhöhten Sachmängelrisiko aus.
cc) Auch die nach dem wirksamen Rücktritt des Klägers entstandene Ansprüche aus dem Rückgewährschuldverhältnis gemäß §§ 346 ff. BGB sind nicht verjährt. Die Ansprüche aus dem Rückgewährschuldverhältnis werden entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht von § 348 BGB bzw. § 348 BGB analog erfasst, sondern unterliegen der gesetzlichen Regelverjährung nach §§ 195, 199 BGB (BGH a.a.O., Rz. 37). Die Frist beginnt erst mit der Erklärung des Rücktritts zu laufen (Ellenberger, in: Palandt, BGB, 72. Auflage, § 218 Rn. 7). Vorliegend begann die Frist somit erst Ende 2009 zu laufen, so dass die Ansprüche des Klägers aus dem Rückgewährschuldverhältnis im Zeitpunkt der Zustellung der vorliegenden Klage am 2. März 2012 noch nicht verjährt waren.
e) Als Rechtsfolge des wirksamen Rücktritts hat der Kläger gemäß §§ 346 ff. BGB Anspruch auf Rückzahlung des gezahlten Kaufpreises von 23.750,- EUR zuzüglich Wertersatz für notwendige Verwendungen und abzüglich einer Nutzungsentschädigung in Höhe 11.448,46 EUR, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs.
aa) Die Höhe der Nutzungsentschädigung ist ausgehend von der unstreitigen Laufleistung des Fahrzeugs im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 13. Mai 2013 von 120.509 km sowie einer auf 250.000 km anzusetzenden Gesamtlaufleistung zu berechnen. Gegen die von dem Kläger bei der Berechnung seines zuletzt gestellten Zahlungsantrags zu Grunde gelegte Gesamtlaufleistung von 250.000 km wendet der Beklagte nichts ein. Eine Gesamtlaufleistung von 250.000 km entspricht im Übrigen dem, was nach der Rechtsprechung in der Regel für vergleichbare Fahrzeuge dieser Art analog § 287 ZPO geschätzt wird (vgl. Rechtsprechungsübersicht bei Reinking/Eggert a.a.O. Rn. 3574).
bb) Gemäß § 347 Abs. 2 BGB hat der Kläger Anspruch auf Wertersatz in Höhe von 412,46 EUR für notwendige Aufwendungen auf das Fahrzeug. Der von dem Beklagten nicht bestrittene Betrag setzt sich zusammen aus 79,64 EUR für die Einlagerung von Sommerreifen, 139,90 EUR für einen Ölwechsel sowie 192,92 EUR für einen Batterietausch (zur Ersatzfähigkeit dieser Einzelpositionen vgl. Reinking/Eggert a.a.O. Rn. 1140 ff . sowie die Ausführungen auf S. 11 des im Vorprozess im Verfahren 33 O 105/10 ergangenen Urteils vom 18. Januar 2012, im vorliegenden Verfahren eingereicht als Anlage K1, auf das insoweit verwiesen wird).
cc) Insgesamt ergibt sich für die gegenseitigen gemäß §§ 346 ff. BGB bestehenden Zahlungsansprüche folgende Rechnung:
Kaufpreis 23.750,00 EUR
+ Verwendungsersatz 412,46 EUR
./. Nutzungsentschädigung 11.448,35 EUR (= 23.750,- EUR x 120.509 km : 250.000 km)
= 12.714,11 EUR
g) Auf Grund der Verweigerung der von dem Kläger angebotenen Rückabwicklung des Kaufvertrages und Rücknahme des Fahrzeugs ist festzustellen, dass sich der Beklagte in Verzug mit der Annahme des Fahrzeugs befindet.
2. Soweit der Kläger im Zeitpunkt der Klageerhebung auf Grund der zu diesem Zeitpunkt geringeren Laufleistung des Fahrzeugs zunächst einen höheren Betrag begehrt hat, ist festzustellen, dass sich die Klage erledigt hat. Unerheblich ist, dass der Kläger zunächst seinen Antrag nicht konkret beziffert, sondern seinen Antrag nach der sogenannten Karlsruher Formel formuliert hat. Denn die von einer teilweise vertretenden Auffassung (vgl. zum Meinungsstreit Reinking/Eggert a.a.O., Rn. 1185 ff. m.w.N.) aus Praktikabilitätsgründen für zulässig erachtete Antragstellung nach der sogenannten Karlsruher Formel ändert in der Sache nichts an dem mit der Klage Gewollten.
3. Der Zinsanspruch des Kläger sowie der Anspruch auf Ersatz der ihm durch die nach Eintritt des Verzugs erfolgte Beauftragung seines Prozessbevollmächtigten entstandenen außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 961,28 EUR beruht auf §§ 286, 288 BGB. Durch die Verweigerung der vom Kläger zusammen mit der Erklärung des Rücktritts angebotenen Rückabwicklung des Kaufvertrages durch die für ihn handelnde mit Email vom 22. Dezember 2009 (Anlage K16) geriet der Beklagte gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB in Verzug. Auf Grund des Verzugs mit der Annahme des Fahrzeugs ist ungeachtet der Fälligkeitsregel in § 347 Abs. 2 Satz 1 BGB auch der Anspruch des Klägers auf Wertersatz für notwendige Verwendungen zu verzinsen (vgl. BGH, NJW 2005, 2848, TZ. 32). Die Höhe der Anwaltsgebühren ist auf Grundlage des damaligen Kilometerstandes des Fahrzeugs von 49.906 km (vgl. Anlage K21 im Vorprozess) und dem sich daraus ergebenden Nutzungsentschädigung an Hand eines Gebührenwerts von zumindest bis zu 19.000,- EUR zu berechnen. Der Anspruch auf Erstattung der Anwaltskosten ist mit Ablauf der mit Schreiben vom 3. Februar 2010 (Anlage K17) gesetzten Frist ab dem 12. Februar 2010 zu verzinsen.
4. Soweit der Kläger beantragt festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, auch die weiteren materiellen Schäden zu ersetzen, die dem Kläger in Folge des Rücktritts vom Kaufvertrag vom 5. Januar 2008 entstehen, insbesondere Mehrkosten im Verhältnis zum Kaufpreis aus dem Kaufvertrag bei dem Kauf eines baugleichen Fahrzeugs, ist die Klage unbegründet. Etwaige Ansprüche des Klägers gemäß §§ 437 Nr. 3, 280, 281 BGB auf Ersatz der ihm entstandenen Schäden sind verjährt.
Zwar ist Anknüpfungspunkt für eine Schadensersatzhaftung des Verkäufers eines Neuwagens in der Regel die pflichtwidrig unterlassene Nachbesserung (vgl. Reinking/Eggert a.a.O., Rn. 3678 ff.). Dennoch gilt - anders als bei Ansprüchen aus einem wirksamen Rücktritt - für kaufrechtliche Schadensersatzansprüche die zweijährige Verjährungsfrist des § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB (vgl. Reinking/Eggert a.a.O., Rn. 4075). Diese beginnt ungeachtet der erst späteren Entstehung des Anspruchs gemäß § 438 Abs. 2 BGB bereits ab Ablieferung der Sache. Selbst wenn man vorliegend zu Gunsten des Klägers davon ausginge, dass die Parteien im Dezember 2009 auch über die Schadensersatzansprüche des Klägers verhandelt haben, trat die Verjährung gemäß § 203 Satz 2 BGB somit drei Monate nach der Zurückweisung der Ansprüche durch Email vom 18. Dezember 2012, d.h. mit Ablauf des 18. März 2010, ein. Im Zeitpunkt der Einreichung der Klage im vorliegenden Verfahren Anfang 2012 waren Schadensersatzansprüche des Klägers demnach verjährt.
Die Berufung des Beklagten auf die Einrede der Verjährung ist auch nicht treuwidrig, weil der Beklagte den Kläger vor der Erhebung der Klage gegen den “richtigen” Schuldner abgehalten hat (zur Treuwidrigkeit der Berufung auf die Verjährung in dieser Konstellation vgl. BGH, NJW 2002, 3110 ff.). Zwar ist davon auszugehen, dass die für den Beklagten auftretende den Vorprozess erstinstanzlich für die zu diesem Zeitpunkt nicht mehr existierende geführt und den Kläger hierüber erst im Laufe des Berufungsverfahrens informiert hat. Die Schadensansprüche des Klägers waren jedoch bereits im Zeitpunkt der Geltendmachung im Vorprozess verjährt, so dass die Inanspruchnahme des falschen Schuldners für die Verjährung der Schadensersatzansprüche nicht ursächlich war. Denn der Kläger hat im Vorprozess mit der Klageschrift vom 24. Februar 2010 zunächst lediglich Ansprüche aus Rücktritt und erst im Wege der Klageerweiterung mit Schriftsatz vom 20. April 2010 und damit nach Eintritt der Verjährung Anspruch auf Schadensersatz geltend gemacht.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO; die weitere Nebenentscheidung folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.