· Fachbeitrag · Abstandsverstoß
Erforderlicher Umfang der tatsächlichen Feststellungen bei einer Abstandsunterschreitung
Zur Frage, wann eine nicht nur ganz vorübergehende Abstandsunterschreitung vorliegt (OLG Rostock 18.8.14, 21 Ss OWi 144/14 [B], Abruf-Nr. 142797). |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Der Betroffene ist vom AG wegen einer Abstandsunterschreitung verurteilt worden. Seine dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde hatte Erfolg. Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung ist es für die Ahndung eines Abstandsverstoßes erforderlich, dass die Abstandsunterschreitung nicht nur ganz vorübergehend ist. Damit soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass es Situationen geben kann, wie z.B. das plötzliche Abbremsen des Vorausfahrenden oder einen abstandsverkürzenden Spurwechsel eines vorausfahrenden Fahrzeugs, die kurzzeitig zu einem sehr geringen Abstand führen, ohne dass dem Nachfahrenden allein deshalb eine schuldhafte Pflichtverletzung angelastet werden könnte (OLG Hamm NZV 94, 120; OLG Koblenz VRR 07, 322 [Ls.]).
Wann eine nicht nur ganz vorübergehende Abstandsunterschreitung vorliegt, wird unterschiedlich beurteilt. Einige Gerichte halten eine Strecke von 250-300 m für ausreichend (vgl. OLG Celle NJW 79, 325; OLG Düsseldorf NZV 02, 519; OLG Karlsruhe NJW 72, 2235). Andere lassen jedenfalls 150 m ausreichen, wenn die Messung in einem standardisierten Messverfahren durchgeführt wurde, ein kurz zuvor erfolgter Spurwechsel eines vorausfahrenden Fahrzeugs ausgeschlossen werden kann und die Dauer der abstandsunterschreitenden Fahrt mehr als 3 Sekunden betrug (OLG Hamm VA 13, 194; OLG Köln VRS 66, 463; vgl. aber auch BayObLG NZV 94, 241 für den Fall dreimaligen Auffahrens für jeweils 1 Sekunde bei einer Abstandsunterschreitung von weniger als 10 m).
Im Gesetz selbst sei keine Mindestdauer als Voraussetzung der Ahndung einer vorwerfbaren Abstandsunterschreitung geregelt. Bei der Frage, wann eine Abstandsunterschreitung nicht nur vorübergehend ist, wird die zeitliche Komponente eine tragende Rolle spielen, da damit auch nur kurzfristige - und damit aus Verhältnismäßigkeitsgründen nicht ahndungswürdige - Fehler des Fahrzeugführers berücksichtigt werden können. Ob eine solch ahndungswürdige Abstandsunterschreitung vorlag, kann hier mangels Mitteilung einer eindeutigen Geschwindigkeit (141 oder 146 km/h), mangels Angabe einer vom Tatrichter zugrunde gelegten gemessenen Dauer der Unterschreitung und mangels eindeutiger Angaben zu vor oder hinter dem Fahrzeug des Betroffenen fahrenden Fahrzeugen nicht beurteilt werden.
Praxishinweis
Zu den mit einem Abstandsverstoß zusammenhängenden Fragen vgl. auch noch OLG VA 12, 209; zu allem eingehend Gieg in: Burhoff (Hrsg.), Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 4. Aufl. 2014, Rn. 138). Das OLG hat hier wegen der nicht ausreichenden Feststellungen des AG aufgehoben und zurückverwiesen.