· Fachbeitrag · Entziehung der Fahrerlaubnis
Eignungsprüfung für betrunkenen Fahrradfahrer
Das Fahrradfahren im Straßenverkehr mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr rechtfertigt nach § 3 Abs. 2 i.V.m § 13 S. 1 Nr. 2 Buchst. c FeV die Anordnung, ein medizinisch-psychologisches Gutachten über die Eignung zum Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge beizubringen (BVerwG 20.6.13, 3 B 102.12, Abruf-Nr. 132377). |
Sachverhalt
Die Klägerin war wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe verurteilt worden, weil sie trotz einer Blutalkoholkonzentration von 1,9 Promille im Straßenverkehr Fahrrad gefahren war. Der Aufforderung der Beklagten, ein medizinisch-psychologisches Gutachten über ihre Eignung zum Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge beizubringen, kam sie nicht nach. Infolgedessen untersagte ihr die Beklagte, Fahrzeuge aller Art auf öffentlichem Verkehrsgrund zu führen. Ihre nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage hatte das VG abgewiesen; ihre Berufung der BayVGH zurückgewiesen. Die Nichtzulassungsbeschwerde hatte beim BVerwG keinen Erfolg.
Entscheidungsgründe
Der hier maßgebliche § 13 S. 1 Nr. 2 c FeV schreibt vor, dass ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen ist, wenn ein Fahrzeug im Straßenverkehr bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr oder einer Atemalkoholkonzentration von 0,8 mg/l oder mehr geführt wurde. Die Vorschrift differenziert also nicht nach Fahrzeugarten. Daher setzt sie - wie der Senat bereits entschieden hat - nicht das Führen eines Kraftfahrzeugs voraus (BVerwGE 131, 163 Rn. 10). Demgemäß gilt die Bestimmung aufgrund der Verweisung in § 3 Abs. 2 FeV auch für Fahrradfahrer, ohne dass sie eine Fahrerlaubnis beantragt haben oder Inhaber einer solchen Erlaubnis sein müssen. Dies gebietet auch Sinn und Zweck der Norm. Die bisher dazu ergangenen Entscheidungen der Obergerichte weisen (mit einer jedoch inzwischen korrigierten Ausnahme) übereinstimmend und zu Recht darauf hin, dass die Teilnahme am Straßenverkehr in erheblich alkoholisiertem Zustand mit jedem Fahrzeug eine erhebliche Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs darstellt und der Gesetzgeber diese Einschätzung teilt, indem er die Trunkenheitsfahrt mit jedem Fahrzeug in § 316 StGB unter Strafe stellt, soweit eine Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr erreicht worden ist.
Da eine festgestellte Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr den Verdacht eines die Fahreignung ausschließenden Alkoholmissbrauchs begründet, muss daher schon aus Gründen der Gefahrenabwehr den Eignungszweifeln nachgegangen werden, gleichgültig welches Fahrzeug geführt worden ist und unabhängig davon, ob der Fahrzeugführer Inhaber einer Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen ist oder eine solche Erlaubnis anstrebt. Insoweit finden die Grundrechte des Betroffenen, auf die sich die Klägerin in den Vorinstanzen berufen hat, ihre Grenzen in den Rechten Dritter, insbesondere in dem Recht der übrigen Verkehrsteilnehmer auf Leben und körperliche Unversehrtheit, die zu schützen der Staat aufgerufen ist.
Praxishinweis
Die Entscheidung entspricht der h.M. in der obergerichtlichen Rechtsprechung (VGH Kassel VA 11, 49; OVG Bautzen BA 11, 182; OVG Lüneburg NJW 08, 2059; OVG Koblenz NJW 12, 3388). Daher hat das BVerwG die Revision nicht zugelassen. Für klärungsbedürftig hat es auch nicht die von der Klägerin aufgeworfene Frage gehalten, ob die Anwendung des § 13 S. 1 Nr. 2 c FeV auf mit 1,6 Promille alkoholisierte Fahrradfahrer zu einer unzulässigen Ungleichbehandlung im Sinne von Art. 3 Abs. 1 GG gegenüber Fahrern von Inline-Skates und Rollern führe. Letztere unterlägen zwar den Vorschriften für den Fußgängerverkehr gemäß § 24 Abs. 1 S. 1 und 2 StVO, jedoch sei in der FeV keine dem § 24 Abs. 1 S. 1 und 2 StVO entsprechende einschränkende Regelung vorhanden. Tatsächlich würden die zuständigen Fahrerlaubnisbehörden die Regelungen der FeV nicht auf die Fahrer von Inline-Skates und Rollern anwenden.