· Nachricht · Kraftfahrzeugrennen
Flucht vor der Polizei kann Alleinrennen sein
| Das OLG Stuttgart hat entschieden, dass auch Fälle der sogenannten „Polizeiflucht“ unter den seit 13.10.17 geltenden § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB fallen können (4.7.19, 4 Rv 28 Ss 103/19, Abruf-Nr. 210866 ). |
Der Angeklagte war vor einer Polizeistreife geflüchtet. Dabei überfuhr er mehrere rote Ampeln, schnitt an unübersichtlichen Stellen die Kurven und überschritt die Geschwindigkeitsbegrenzungen um bis zu 110 km/h. Die Polizeibeamten haben die Verfolgung wegen des Risikos für sich selbst und andere Verkehrsteilnehmer schließlich abgebrochen.
Das OLG hat die Verurteilung wegen eines Verstoßes gegen § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB nicht beanstandet. Das AG hatte nach Auffassung des OLG fehlerfrei festgestellt, dass der Angeklagte in der Absicht handelte, eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen, wie es der Tatbestand des § 315d in Abs. 1 Nr. 3 StGB voraussetzt. Dies verlangt nicht die Absicht, das Fahrzeug mit objektiv höchstmöglicher Geschwindigkeit zu führen oder es bis an die technischen bzw. physikalischen Grenzen auszufahren. Ausreichend sei vielmehr das Abzielen auf eine relative, eine nach den Sicht-, Straßen- und Verkehrsverhältnissen oder den persönlichen Fähigkeiten des Fahrers mögliche Höchstgeschwindigkeit.
Die Absicht, eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen, muss auch nicht Haupt- oder Alleinbeweggrund für die Fahrt sein. Wenn die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen im Einzelfall festgestellt werden, kann in den Fällen der „Polizeiflucht“ eine Strafbarkeit nach § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB vorliegen. Dafür spricht sowohl der Gesetzeswortlaut als auch die Gesetzesbegründung. Es kommt auf den Schutzzweck der Vorschrift und die intendierte Abgrenzung zwischen Fahrten mit Renncharakter ‒ und damit abstrakt höherem Gefährdungspotenzial ‒ und bloßen Geschwindigkeitsüberschreitungen an. Danach sind die Motive unerheblich, die die Absicht ausgelöst haben, eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen (zum neuen § 315d StGB s. VA 19, 127).