· Fachbeitrag · Sachverständiger
Geeignetes Beweismittel bei unsicheren Schlüssen
Ein Sachverständiger ist nicht schon dann ein völlig ungeeignetes Beweismittel i.S. des § 244 Abs. 3 S. 2 StPO, wenn er absehbar aus den Anknüpfungstatsachen keine sicheren und eindeutigen Schlüsse zu ziehen vermag. Als Beweismittel eignet er sich vielmehr schon, wenn seine Folgerungen die unter Beweis gestellte Behauptung als mehr oder weniger wahrscheinlich erscheinen lassen und hierdurch unter Berücksichtigung des sonstigen Beweisergebnisses Einfluss auf die Überzeugungsbildung des Gerichts erlangen können (BGH 1.12.11, 3 StR 284/11, Abruf-Nr. 120457). |
Praxishinweis
Die Entscheidung ist im Strafverfahren ergangen, kann aber auch im Bußgeldverfahren eine Rolle spielen, wenn es dort um die Täteridentifizierung geht. Das LG hatte die Ablehnung des Beweisantrags darauf gestützt, dass es an dem notwendigen Vergleichsbildmaterial fehle, das ohne Mitwirkung der Angeklagten auch nicht beschafft werden könne. Der BGH weist darauf hin, dass der Tatrichter die Frage, ob eine sachverständige Begutachtung auf der verfügbaren tatsächlichen Grundlage zur Klärung der Beweisbehauptung geeignet sei, in Zweifelsfällen im Wege des Freibeweises - etwa durch eine Befragung des Sachverständigen zu den von ihm für eine Begutachtung benötigten Anknüpfungstatsachen - klären müsse (BGH NStZ 07, 476). In diesen Fällen darf nicht übersehen werden, dass ein anthropologischer Sachverständiger ggf. in der Lage ist, aus einem Vergleich des vorhandenen Bildmaterials mit den in der Hauptverhandlung anwesenden Angeklagten sowie mit Lichtbildern und Messungen, deren Herstellung der Angeklagte gem. § 81b StPO zu dulden habe, zumindest Wahrscheinlichkeitsaussagen zu dessen Identität zu treffen.