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  • · Fachbeitrag · Trunkenheitsfahrt

    Vorsatz bei der Trunkenheitsfahrt

    Zu den Anforderungen an die Beweiswürdigung bei Prüfung des bedingten Vorsatzes bei einer Trunkenheitsfahrt (BGH 9.4.15, 4 StR 401/14, Abruf-Nr. 176629).

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Das LG hatte den Angeklagten u.a. wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr gem. § 316 StGB verurteilt. Festgestellt worden war vom LG eine BAK von 1,24 Promille und die Einnahme von Cannabinoiden. Außerdem war der Angeklagte mit nicht angepasster Geschwindigkeit mehrfach über ein privates Hofgelände gefahren, wobei er sein Fahrzeug wiederholt mit Handbremse und quietschenden Reifen wendete. Dabei war er auch auf einen im Innern eines geöffneten Werktores stehenden Zeugen zugefahren. Die Revision des Angeklagten hatte Erfolg.

     

    Es gibt keinen naturwissenschaftlich oder medizinisch gesicherten Erfahrungssatz, dass derjenige, der eine Alkoholmenge trinkt, die zu einer die Grenze der absoluten Fahruntüchtigkeit übersteigenden BAK führt, seine Fahruntüchtigkeit auch erkennt. Bei Prüfung der Frage, ob ein Fahrzeugführer den Tatbestand des § 316 StGB bedingt vorsätzlich verwirklicht hat, ist aber eine solche BAK ein gewichtiges Beweisanzeichen für das Vorliegen vorsätzlichen Handelns. Der Tatrichter ist durch § 261 StPO nicht gehindert anzunehmen, dass eine BAK umso eher für eine vorsätzliche Tat spricht, je höher sie ist. Er muss sich jedoch bewusst sein, dass er sich lediglich auf ein (widerlegbares) Indiz stützt, das zwar gewichtig ist, aber im Einzelfall der ergänzenden Berücksichtigung anderer Beweisumstände bedürfen kann. Nicht vereinbar mit den vorgenannten Grundsätzen ist die obergerichtliche Rechtsprechung, die annimmt, dass bei weit über dem Grenzwert zur absoluten Fahruntüchtigkeit liegenden Blutalkoholwerten sich die Erkenntnis- und Kritikfähigkeit in einer den Vorsatz ausschließenden Weise verringere und (erneut) vorsatzausschließender Glaube an die Fahrtüchtigkeit eintritt (so etwa KG VRS 126, 95; OLG Brandenburg VA 10, 9). Denn diese Auffassung beruht auf einem nicht vorhandenen Erfahrungssatz.