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  • · Fachbeitrag · Unfallschadensregulierung

    Kollision mit selbstfahrender Arbeitsbühne: Wer ist wessen Verrichtungsgehilfe?

    Wer seine selbstfahrende Arbeitsbühne „mit Bedienpersonal“ nur für mehrere Stunden an ein anderes Unternehmen zur Erledigung bestimmter Arbeiten vermietet, haftet auch dann nach § 831 BGB für einen unfallursächlichen Fahr- und Bedienfehler seines Mitarbeiters, wenn sich im Unfallzeitpunkt neben dem eigenen Mitarbeiter, dem Führer/Bediener, zwei Mitarbeiter der Mietfirma im Arbeitskorb der Arbeitsbühne befunden haben (OLG Schleswig 17.4.14, 7 U 27/13, Abruf-Nr. 142357).

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Der Kl. will mit seinem Pkw auf der Straße gestanden haben, als er von dem ausschwenkenden Ausleger der Arbeitsbühne getroffen worden sei. Außer dem Unfallhergang war die Frage strittig, ob die Bekl. als Halterin/Betreiberin der selbstfahrenden Arbeitsbühne für den vom Kl. behaupteten Sorgfaltsverstoß deshalb nicht haftet, weil ihr Mitarbeiter, der Führer und Bediener der Arbeitsbühne, alleiniger Verrichtungsgehilfe der Mietfirma gewesen sei. Das LG hat die Klage ohne die beantragte unfallanalytische Klärung abgewiesen. Das OLG hat die gebotene Aufklärung nachgeholt und der Klage (bis auf 5 EUR bei der Pauschale) stattgegeben. Es hat zunächst einen unfallursächlichen Sorgfaltsverstoß des Mitarbeiters der Bekl. festgestellt. Als Bediener der Arbeitsbühne hätte er auf die im Schwenkbereich befindlichen Verkehrsteilnehmer und damit auch auf den Pkw des Kl. achten müssen. An seinem Status als Verrichtungsgehilfe der Bekl. habe sich nichts dadurch geändert, dass die Arbeitsbühne an ein anderes Unternehmen vermietet gewesen sei, deren Mitarbeiter das „Wo“ des Einsatzes bestimmt hätten. Von einer vollständigen Ausgliederung des eigenen Mitarbeiters aus dem Unternehmen der Bekl. für die Dauer der auf einige Stunden beschränkten Mietzeit könne unter diesen Umständen keine Rede sein.

     

    Praxishinweis

    Verkehrsunfälle mit selbstfahrendem Baugerät sind an der Tagesordnung. Da für eine Haftung nach dem StVG wegen § 8 Nr. 1 StVG meist kein Raum ist, rückt mit § 831 BGB eine Vorschrift ins Zentrum, die seit der Schadenersatzrechtsreform 2002 nur noch marginale Bedeutung hat. Ob ein Geschäftsherrn-/Verrichtungsgehilfenverhältnis besteht, beurteilt sich nach den tatsächlichen Umständen (BGH 3.6.14, VI ZR 394/1399). Die Qualifikation als Verrichtungsgehilfe setzt Abhängigkeit und Weisungsgebundenheit voraus (BGH a.a.O., dort auch zur primären und sekundären Darlegungslast). Das OLG Schleswig unterscheidet zwischen einem Weisungsrecht zum „Wie“ der Bedienung (insoweit Weisungsbefugnis der Bekl.) und dem „Wo“ des Einsatzes (insoweit Mieterin). Das eröffnet die Möglichkeit, auch die Mieterin als Geschäftsherrin aus § 831 BGB in Anspruch zu nehmen. Die Bekl. jedenfalls wäre gut beraten gewesen, den ihr obliegenden Entlastungsbeweis für fehlendes Auswahl-/Überwachungsverschulden oder für fehlende Kausalität zu führen.

     

    Einsender | Rechtsanwalt Nils Jönsson, Lübeck

    Quelle: Ausgabe 09 / 2014 | Seite 147 | ID 42860661