· Fachbeitrag · Unfallschadensregulierung
Stundenverrechnungssätze: Verweis ohne Kostenvoranschlag unbeachtlich
Der Geschädigte, der vom Haftpflichtversicherer des Schädigers auf eine preisgünstigere Reparaturmöglichkeit verwiesen wird, muss ohne weitere eigene Kalkulation und ohne weitere Nachfrage in der Lage sein, festzustellen, dass die Reparatur in der anderen Werkstatt insgesamt günstiger durchgeführt werden kann. Das setzt die Vorlage eines Kostenvoranschlags der Alternativwerkstatt voraus (AG München 20.8.13, 343 C 1379/13, Abruf-Nr. 133110). |
Sachverhalt, Entscheidungsgründe
Das AG hat den Anspruch auf Ersatz restlicher Reparaturkosten anerkannt. Ein konkretes Alternativangebot hat der bekl. VR nicht vorgelegt. Deshalb sah sich die Richterin außerstande zu prüfen, ob die dem Kl. benannte Werkstatt insgesamt preisgünstiger arbeitet. Ihrer Meinung nach kann ein Geschädigter die Günstigerprüfung nur anhand eines konkreten Angebots in Form eines Kostenvoranschlags vornehmen. Niedrigere Stundenverrechnungssätze allein seien nicht aussagekräftig. Es komme auch auf die Arbeitswerte und Aufschläge an. Erforderlich sei eine Gesamtbetrachtung, was von denjenigen Gerichten, die die gängige Verweispraxis akzeptierten, nicht genügend berücksichtigt werde. Durch das Verlangen eines Kostenvoranschlags werde der Schädiger/Versicherer keineswegs unangemessen belastet. So wie man das vom Geschädigten vorgelegte Schadengutachten den „Rechnungskontrollsachverständigen“ vorlege, könne man das ebenso gut bei der Alternativwerkstatt tun.
Praxishinweis
Das AG sieht sich in Übereinstimmung mit der Spruchpraxis der 43. Zivilkammer des LG Berlin (zuletzt VA 13, 56). Es verkennt dabei nicht, dass beim LG Berlin auch versicherungsfreundlicher judiziert wird (zum heillosen Berliner Durcheinander s. VA 13, 57 und Balke, SVR 13, 226). Durch BGH VA 13, 110 = NJW 13, 2817 geklärt ist die Frage, bis zu welchem Zeitpunkt der Verweis spätestens erfolgen muss (Verweis noch im Prozess möglich). Im Gegensatz zum BGH stehen manche Instanzgerichte weiterhin auf dem Standpunkt, nach Beginn einer Eigenreparatur sei es zu spät.
Offen ist die Inhaltsfrage. Mit gutem Grund und aus einschlägiger Erfahrung aus anderen Verfahren verlangt das AG München mehr als nur die Vorlage eines Prüfgutachtens (elektronischer Prüfbericht) mit Benennung von Referenzwerkstätten. Zu wünschen ist, dass der BGH auch zur Inhaltsproblematik alsbald Stellung nimmt. In der Logik seiner „Noch-im-Prozess-Entscheidung“ (VA 13, 110) läge es, auf ein konkretes Werkstattangebot bzw. einen Kostenvoranschlag entgegen AG München (und anderen Gerichten) zu verzichten.
Einsender | Rechtsanwalt Michael R. Müller, München