· Nachricht · Unfallschadensregulierung
Zur Anwendung der BVSK-Honorartabelle bei der Ermittlung der Erforderlichkeit von Sachverständigenkosten
von RA Felix Rostowski, Kiel
(LG Kiel 19.12.14, 1 S 59/14; 1 S 65/14, Abruf-Nr. 144064) |
Praxishinweis
Zutreffend hatte bereits das Amtsgericht im Rahmen der Schätzung i.S.v. § 287 ZPO die BVSK-Honorarbefragung als Schätzungsgrundlage angewendet, da keine anderweitige Vergütungsvereinbarung getroffen worden war. Nach Ansicht der Instanzgerichte war nicht auf das „Gesprächsergebnis“ der Beklagten abzustellen. Begründet wird dies damit, dass die Tabellenwerte der BVSK-Befragung regelmäßig und unter wissenschaftlichen Standards erhoben werden und von vielen Gerichten anerkannt werden. Die Praxis zeigt, dass es sich mittlerweile um absolute Einzelentscheidungen handelt, soweit die BVSK-Befragung nicht zur Schätzung herangezogen wird. Dies mag allerdings in vielen Fällen auch andere Ursachen haben, z.B. die ausdrückliche Vereinbarung einer anderen Vergütung oder Einzelfallfaktoren.
Das Landgericht bezieht sich, wie der BGH, auf die Indizwirkung der Rechnung. Solange diese Indizwirkung nicht durchbrochen ist, muss das Gericht von der Üblichkeit des Rechnungsbetrags ausgehen, wenn der Korridor der Üblichkeit nicht verlassen wird.
Das Amtsgericht hatte zunächst eine Korrektur der Bemessung dadurch vorgenommen, dass eigene Werte im unteren Bereich des Korridors errechnet wurden. Diese Vorgehensweise hat das Landgericht unter Bezugnahme auf die aktuelle BGH-Rechtsprechung zutreffend abgelehnt. Argument dafür waren vor allem die Interessen des schadenersatzberechtigten Geschädigten und die Praktikabilität und Rechtssicherheit. Abrechnungspraxis und die damit verbundene Entwicklung dürfen nicht im Risikobereich des Geschädigten liegen.
Das Landgericht erkennt auch die Missbrauchsmöglichkeit durch rechnerische Interpolierung. So könnten Streitigkeiten um die Abrechnung bewusst verzögert werden, um neue Erkenntnisse über die Preisentwicklung zu berücksichtigen. Das gilt insbesondere auch hinsichtlich der Nebenkosten, wobei zusätzliche Aufwands-, Personal- oder Abschreibungsanteile enthalten sein können. Nach Ansicht des Landgerichts spricht alles für eine Pauschalierung, um der Vermeidung von unverhältnismäßigen Streitigkeiten hinsichtlich des konkreten Kostenanfalls vorzubeugen. Abzustellen ist dabei auf die Perspektive des Geschädigten.
Das Landgericht hat den Hinweis auf die ganz erheblichen Unterschiede der Sachverständigenbüros aufgegriffen. Höherer Aufwand rechtfertigt dabei auch ein höheres Honorar. Anderenfalls würden die Foto-, Fahrt- und Schreibarbeiten möglicherweise an externe Unternehmen abgegeben werden, was die Üblichkeit der Vergütung wohl verschieben würde. Das wäre allein zur Dokumentation des erforderlichen Aufwandes nicht sachgerecht.
Hinsichtlich der „Kalkulationskosten“ nimmt das Landgericht eine strikte Trennung zwischen Grundhonorar und Nebenkosten vor. Es nähme der Rechnung die Indizwirkung, wenn das Grundhonorar nachträglich bis zur Grenze der Unüblichkeit aufgestockt werden könnte.
Anders verhält es sich jedoch bei externen Leistungserbringungen des Sachverständigen, die nicht zum Grundhonorar hinzuzuzählen sind und auch nicht in der BVSK-Honorarbefragung auftauchen. Ein Beispiel ist die Achsvermessung. In vielen Fällen wird die Achsvermessung in einer Autowerkstatt vorgenommen, die dann eine separate Rechnung ausstellt, die anschließend auch anstandslos gezahlt wird. Investiert jedoch ein Sachverständigenbüro die enormen Kosten, um einen eigenen Messstand zu unterhalten, darf nichts anderes gelten. Soweit diese von der Gutachtenerstellung abgrenzbare externe Leistungserbringung separat in der Rechnung ausgewiesen wird, muss auch diese vollumfänglich zu erstatten sein. Allein der Gesichtspunkt, dass beide Positionen übersichtlich in einer Rechnung aufgeführt sind, darf nicht zum Nachteil gereichen.