30.03.2007 · IWW-Abrufnummer 071098
Bundesgerichtshof: Urteil vom 29.09.1982 – I ZR 88/80
1. Die unternehmerische Tätigkeit einer von einem Idealverein gegründeten und betriebenen AG ist dem Verein nicht als eigener wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb iS des BGB § 21, BGB § 22 zuzurechnen, wenn die AG den bei ihr Versicherten und ihren sonstigen Gläubigern alle mit der Rechtsform einer solchen Gesellschaft verbundenen Sicherheiten bietet.
2. Zur Frage der vereinsrechtlichen Zulässigkeit unternehmerischen Handelns im Rahmen des sogenannten Nebenzweckprivilegs bei der Gewährung von Leistungen durch den Idealverein an die AG im Zusammenhang mit der von dieser betriebenen Versicherungstätigkeit.
3. Werbetätigkeiten, die der Idealverein im Mitgliederkreis und bei der Mitgliederwerbung zugunsten der AG entfaltet, sind nicht wettbewerbswidrig, wenn sie im Rahmen der Vereinssphäre liegen und durch die Bestimmungen der Vereinssatzung gedeckt sind (Anschluß BGH, 1971-06-21, KZR 8/70, BGHZ 56, 327 - Feld und Wald I/Verbandszeitschrift).
4. Es ist kein wettbewerbsrechtlich unzulässiger Einsatz von Ruf und Ansehen, wenn ein in der Öffentlichkeit bekannter Idealverein zur Verfolgung seiner satzungsgemäßen Ziele in vereinsrechtlich zulässiger Weise die von ihm gegründete Verkehrsrechtsschutzversicherung als sein Tochterunternehmen am Wettbewerb teilnehmen läßt und sich dieses darauf beschränkt, allein Vereinsmitglieder auf dem Gebiet des Verkehrsrechtsschutzes zu versichern.
BGH 1. Zivilsenat
29. September 1982
I ZR 88/80
Die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 20. März 1980 wird auf Kosten der Klägerinnen zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Klägerinnen sind Rechtsschutzversicherer, die das Versicherungsgeschäft auch auf dem Gebiet des Verkehrsrechtsschutzes betreiben. Sie stehen in Konkurrenz mit der Beklagten zu 3, der A-Rechtsschutz-Versicherungs-AG, die der Beklagte zu 1, der A-A D A-C e.V. im Jahre 1977 gegründet hat und die seit dem 1. Januar 1978 - ausschließlich für A-Mitglieder und in bestimmtem Umfang auch für deren Ehegatten und Kinder - Verkehrsrechtsschutz anbietet. Alleinaktionär der Beklagten zu 3 ist der Beklagte zu 1. Dieser hat neben der Beklagten zu 3 noch drei weitere Unternehmen gegründet, die A-Verlags-GmbH, die die Monatszeitschrift A- Motorwelt herausgibt, die A-Schutzbrief-AG, die an A-Mitglieder sogenannte Inlandsschutzbriefe verkauft, und die A-Reise-GmbH, die sich mit der Vermittlung von Reisen befaßt. Der Beklagte zu 2, der A-Gau-Niederrhein e.V., ist eine der mitgliederstärksten Untergliederungen des Beklagten zu 1.
Der Beklagte zu 1 ist bei einer Mitgliederzahl von 6,6 Mio (Stand: Juni 1981) der größte Automobilclub der Bundesrepublik. Nach § 2 seiner Satzung ist sein Zweck
"die Wahrnehmung und Förderung der Interessen des Kraftfahrwesens und des Motorsports. In diesem Sinn wird er sich insbesondere für Fortschritte im Verkehrswesen, vor allem auf dem Gebiet des Straßenverkehrs, der Verkehrssicherheit und der Verkehrserziehung sowie für den Tourismus und den Schutz der motorisierten Verkehrsteilnehmer auch als Verbraucher einsetzen. Er wird auf die Verkehrspolitik Einflu ß nehmen, im übrigen sich aber jeder parteipolitischen Betätigung enthalten. Er verfolgt diese seine Zwecke und Ziele in ständigem Austausch von Erfahrungen mit seinen Mitgliedern und setzt sich für diese und deren Aufklärung und Beratung ein, wobei er auch ihre Interessen als Verbraucher wahrnimmt. Er vertritt die Interessen des deutschen Kraftfahrwesens und des Motorsports auch dem Ausland gegenüber und wahrt die Interessen seiner Mitglieder durch Mitarbeit in den einschlägigen internationalen Verbänden in Zusammenarbeit mit ausländischen Kraftfahrvereinigungen."
Die Klägerinnen haben beanstandet, daß ihnen die Beklagten in unlauterer Weise Konkurrenz machten. Die Beklagten zu 1 und 2 betrieben auf dem Gebiete des Verkehrsrechtsschutzes im Zusammenwirken mit der Beklagten zu 3 unter Mißbrauch der Rechtsform eines Idealvereins Versicherungsgeschäfte und beabsichtigten, darüber hinaus auch andere Zweige von Rechtsschutzversicherungen, insbesondere Familienrechtsschutz, anzubieten. Das verstoße gegen die Bestimmungen der §§ 21 und 22 BGB, da Idealvereine wie die Beklagten zu 1 und 2 nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet sein dürften. Die Gründung der Beklagten zu 3 und deren Einschaltung in die Abwicklung von Versicherungsgeschäften bezwecke lediglich eine Umgehung dieses Verbots. Die Beklagte zu 3 sei nur der Rechtsform nach selbständig. Tatsächlich sei es der Beklagte zu 1, der das Versicherungsgeschäft betreibe. Er sei gegenüber der Beklagten zu 3 herrschendes Unternehmen im Sinne des § 17 AktG. Ihm gehörten deren sämtliche Anteile. Vorstand und Aufsichtsrat der Beklagten zu 3 seien mit Abteilungsleitern und anderen Funktionären des Beklagten zu 1 besetzt. Dieser habe die Gründung der Beklagten zu 3 vorbereitet und ermöglicht. Er habe mit erheblichen finanziellen Aufwendungen eine Marktsondierung zur Ermittlung der Chancen einer eigenen Rechtsschutzversicherung durchgeführt, mit Mitteln des Vereinsvermögens das Aktienkapital von 2 Mio DM übernommen und zum Organisationsfonds der neugegründeten Gesellschaft einen weiteren Betrag von 5 Mio DM eingezahlt. Seither unterstützten er und seine Untergliederungen, unter ihnen der Beklagte zu 2, ohne leistungsgerechtes Entgelt die Beklagte zu 3 in vielfältiger Weise, insbesondere durch mietweise Überlassung von Verwaltungs- und Geschäftsräumen, durch Tätigkeiten des Personals des Beklagten zu 1 bei der Beratung und dem Abschluß von Versicherungsverträgen, durch die Überlassung der EDV-Anlagen des Beklagten zu 1 zur Mitbenutzung, durch die Zurverfügungstellung der Mitgliederkartei des Beklagten zu 1, durch redaktionelle Werbung für die Beklagte zu 3 in der A-Zeitschrift "Motorwelt", durch Anzeigen der Beklagten zu 3 in der "Motorwelt" zu ermäßigten Insertionskosten, durch Überlassung der Bezeichnung "AC" und des "A"-Emblems sowie schließlich durch die Entlastung der Beklagten zu 3 von ihrer nach § 17 der Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB) bestehenden Verpflichtung, im Falle der Ablehnung von Versicherungsleistungen die Versicherten von Kosten freizustellen, welche diesen durch die Inanspruchnahme eines Anwalts dann entstehen, wenn sie dem ablehnenden Bescheid entgegentreten wollen. In solchen Fällen verweise die Beklagte zu 3 ihre Versicherungsnehmer an Anwälte des Beklagten zu 1.
Mit diesem bewußten und planmäßigen Verstoß gegen die Vorschriften der §§ 21 und 22 BGB handelten die Beklagten in mehrfacher Hinsicht wettbewerbswidrig im Sinne des § 1 UWG. Einmal verschafften sie sich damit einen unzulässigen Vorsprung vor den Klägerinnen und anderen Rechtsschutzversicherern, der sich weder aus dem Gesichtspunkt der Vereinsautonomie noch im Hinblick auf die satzungsgemäßen Zwecke des Beklagten zu 1 rechtfertigen lasse. Soweit der Beklagte zu 1 zur Erreichung seiner Zwecke als Idealverein berechtigt sei, sich wirtschaftlich zu betätigen, seien die dafür zulässigen Grenzen bei weitem überschritten. Auch mißbrauche er die einem Idealverein zukommenden Vorteile, darunter solche steuerlicher Art. Darüber hinaus laufe die unzulässige Betätigung der Beklagten auf einen Verdrängungs- oder Behinderungswettbewerb gegenüber anderen Rechtsschutzversicherern hinaus, wie sich an der Entwicklung der Beklagten zu 3 ablesen lasse. Innerhalb der ersten 5 Monate nach Aufnahme der Versicherungstätigkeit habe diese einen Policenbestand von 100.000, innerhalb weiterer 4 Monate einen solchen von 250.000 erlangt. Von den 24 Rechtsschutzversicherern in der Bundesrepublik habe sie damit in kurzer Zeit an Bedeutung und Versichertenzahl 14 übertroffen. Sie biete Rechtsschutz für eine Jahresprämie von 65,-- DM an, während andere Versicherungen, die nicht mit den der Beklagten zu 3 zukommenden Mitteln arbeiten könnten, 90,-- bis 96,-- DM fordern müßten. Durch dieses krasse Unterbieten der Prämien sei die Gefahr der Ausschaltung von Mitbewerbern und damit die ernstliche Gefahr einer erheblichen Schädigung der Interessen der Allgemeinheit und des Leistungswettbewerbs gegeben. Wettbewerbswidrig sei das Verhalten der Beklagten aber auch im Hinblick auf die Ausnutzung der Beziehungen des ADAC zu den Vereinsmitgliedern zu Wettbewerbszwecken. Das gelte vor allem für den Bereich der Werbung und für die Informationstätigkeiten, die der Beklagte zu 1 in Mitgliederkreisen und bei der Werbung von Mitgliedern entfalte. Solche Tätigkeiten hätten keinerlei sachlichen Bezug mehr zu den ideellen Vereinszwecken der Beklagten zu 1 und 2. Sie seien satzungswidrig. Besonders zu mißbilligen sei es dabei, daß mit dem Verstoß gegen Gesetz und Satzung eine Ausnutzung des Vertrauens einhergehe, das dem ADAC in der Öffentlichkeit entgegengebracht werde. Im Hinblick auf die im Allgemeininteresse liegende verkehrspolitische Betätigung des ADAC und mit Rücksicht auf dessen zahlreiche Maßnahmen zur Verkehrserziehung und Hilfeleistung im Straßenverkehr nehme der Beklagte zu 1 im Ansehen der Bevölkerung eine Vertrauensstellung ein, die derjenigen staatlicher Einrichtungen nicht nachstehe. Von einem solchen Verein erwarte die Öffentlichkeit nicht, daß er seine quasi-hoheitliche Stellung zu erwerbswirtschaftlichen Zielen ausnutze. Wenn die Beklagten zu 1 und 2 im Zusammenwirken mit dem Beklagten zu 3 gleichwohl zu privaten Versicherern in Konkurrenz träten, so liege darin ein wettbewerbswidriger Autoritätsmißbrauch, mit dem die Beklagten in unzulässiger Weise eine tatsächlich nicht bestehende Leistungsfähigkeit und Objektivität als Versicherer vortäuschten und psychischen Druck auf die potentiellen Versicherungsnehmer ausübten, deren Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt werde.
Die Klägerinnen haben beantragt,
I. den Beklagten zu 1 zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu DM 500.000,-- zu unterlassen, die Rechtsschutzversicherung durch ein Unternehmen zu betreiben, das sich im Mehrheitsbesitz des Beklagten zu 1 befindet oder von diesem in anderer Form beherrscht ist, wenn
1. finanzielle und/oder sächliche und/oder personelle Mittel des Beklagten zu 1 und/oder der als A-Gaue eingetragenen Vereine zum Zwecke der Werbung, Vermittlung, Verwaltung und/oder Abwicklung von Rechtsschutzversicherungen zur Verfügung gestellt werden, insbesondere dadurch, daß
a) Personen, die der Leitung des A und/ oder der A-Gaue angehören oder deren Arbeitnehmer sind, für das Rechtsschutzversicherungsunternehmen tätig werden, und/oder
b) Einrichtungen des A und/oder seiner Gaue, wie Mitgliederkartei, Datenverarbeitungsanlagen, Geschäftsstellen, Büroräume, die Vereinszeitschrift "A-Motorwelt" dem Rechtsschutzversicherungsunternehmen zur Verfügung gestellt werden, insbesondere ohne wirtschaftlich voll entsprechendes Entgelt, und/oder
c) Namen oder andere Kennzeichen des Beklagten zu 1 dem Rechtsschutzversicherungsunternehmen zur Verfügung gestellt werden und/oder wenn
2. das Rechtsschutzunternehmen als "A-Rechtsschutzversicherungs- Aktiengesellschaft" oder in sonstiger Weise unter Benutzung des Kennzeichens "A" oder als Tochtergesellschaft des Beklagten zu 1 bezeichnet wird und/oder die Leistungen der Rechtsschutzversicherung ausdrücklich oder sinngemäß als Vereins- oder Clubleistung des Beklagten zu 1 bezeichnet werden, insbesondere wenn dies durch eine der nachstehend wiedergegebenen Formulierungen geschieht:
a) "A-Verkehrsrechtsschutz"
b) "Aus einer Umfrage: Neun von zehn A- Mitgliedern erwarten von ihrem Club Verkehrs-Rechtsschutz"
c) "Eine Umfrage hat ergeben: Neun von zehn A-Mitgliedern erwarten von ihrem Club einen Verkehrs-Rechtsschutz. Jetzt gibt es ihn: A-Verkehrs-Rechtsschutz für DM 65,-- im Jahr"
d) "Jetzt können A-Mitglieder ohne finanzielles Risiko auf ihr Recht pochen: Mit dem neuen A-Verkehrs-Rechtsschutz für nur DM 65,-- im Jahr - exclusiv für Club- Mitglieder"
e) "Neue A-Leistung ab 1.1.1978: Verkehrs- Rechtsschutz für die Mitglieder"
f) "Ab 1. Januar 1978 wird der A seinen Mitgliedern eine neue Leistung bieten: Den Verkehrs-Rechtsschutz"
g) "Neue Leistung für Club-Mitglieder: A-Verkehrs-Rechtsschutz ab 2. Januar 1978"
h) "Der Verkehrs-Rechtsschutz des A ..." i) "Als neue wichtige Leistung können A-Mitglieder jetzt für DM 65,-- Jahresbeitrag auch einen Verkehrs- Rechtsschutz bei der A-Rechtsschutzversicherungs- AG abschließen"
II. den Beklagten zu 2 zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu DM 500.000,-- zu unterlassen, seine finanziellen, sächlichen und/oder personellen Mittel sowie seine Verwaltungs- und Betriebsorganisation einschließlich Gebäude, Gebäudeteile oder Betriebsräume, in denen der Beklagte zu 2 seine Vereinstätigkeit und/oder seine Verwaltungstätigkeit für den Beklagten zu 1 ausübt, der Beklagten zu 3 zum Zwecke der Werbung für Rechtsschutzversicherungen und/oder die Vermittlung und/oder die Abwicklung von Rechtsschutzversicherungen zur Verfügung zu stellen;
III. die Beklagte zu 3 zu verurteilen,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu DM 500.000,-- zu unterlassen,
a) sich im geschäftlichen Verkehr zur Kennzeichnung ihres auf Ausübung von Rechtsschutzversicherungstätigkeit gerichteten Geschäftsbetriebes und/oder ihrer Leistungen der Bezeichnung A zu bedienen und/oder
b) sich finanzieller, sächlicher und/oder personeller Mittel sowie der Verwaltungs- und Betriebsorganisation des Beklagten zu 1 bzw. der als A-Gaue eingetragenen Vereine einschließlich der Mitgliederkartei, der Vereinszeitschrift "A-Motorwelt" (insbesondere in der Form nicht voll bezahlter Anzeigen) sowie der Gebäude, Gebäudeteile, oder Betriebsräume, in denen der Beklagte zu 1 bzw. die als A-Gaue eingetragenen Vereine ihre Vereinstätigkeit ausüben, zum Zwecke der Werbung für Rechtsschutzversicherungen und/oder der Vermittlung und/ oder der Abwicklung von Rechtsschutzversicherungen zu bedienen;
2. die Löschung des Firmenbestandteils "A" in ihrer Firma "A-Rechtsschutzversicherungs- Aktiengesellschaft" im Handelsregister beim Amtsgericht München (HRB 54 6 21) zu bewilligen und herbeizuführen;
3. den Klägerinnen über den Umfang der im Antrag zu III 1 bezeichneten Handlungen Auskunft zu erteilen, insbesondere unter Angabe des Umfanges der ausgeübten Geschäftstätigkeit im Hinblick auf den zahlenmäßigen Bestand der bei der Beklagten zu 3 vorhandenen Policen (aufgeschlüsselt nach Art der jeweils abgeschlossenen Rechtsschutzversicherung) sowie unter Angabe des Umfangs der betriebenen Werbung, wobei die Angaben über die Werbung nach Kalendervierteljahren sowie nach Bundesländern und Werbeträgern aufzuschlüsseln sind und unter Angabe der Zahl der Adressaten sowie der Häufigkeit erfolgter Direktaussendungen;
IV. festzustellen, daß die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, den Klägerinnen allen denjenigen Schaden zu ersetzen, der den Klägerinnen durch die in den Anträgen I 2 und III 1 bezeichneten Handlungen der Beklagten entstanden ist und künftig noch entstehen wird.
Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt und dazu vorgetragen: Der Vorwurf wettbewerbswidrigen Verhaltens sei unbegründet. Die Klägerinnen hätten ihre Machtstellung in der Rechtsschutzversicherung zu Lasten der Kraftfahrer durch überhöhte Prämienforderungen jahrzehntelang ausgenutzt. Der Beklagte zu 1 habe sich im Interesse seiner Mitglieder darum bemüht, durch Verhandlungen insbesondere mit den Klägerinnen zu 1 und 3 zu einer angemessenen Prämiengestaltung zu gelangen. Erst nachdem das gescheitert sei, habe er in Form einer Aktiengesellschaft die Beklagte zu 3 gegründet, die ausschließlich A-Mitgliedern Verkehrsrechtsschutz anbiete, ohne daß beabsichtigt sei, das Versicherungsgeschäft auf andere Zweige von Rechtsschutzversicherungen auszudehnen. Damit sei dafür Sorge getragen, daß seitens der Beklagten keine Tätigkeit ausgeübt werde, die zu den vereinsrechtlichen Bestimmungen des BGB oder anderen gesetzlichen Vorschriften oder den Bestimmungen der Satzung in Widerspruch stehe. Es sei unrichtig, wenn behauptet werde, daß der Beklagte zu 1 die Beklagte zu 3 beherrsche. Zwischen den Vorständen der Beklagten bestehe keine Personalunion. Im übrigen seien Mehrfachfunktionen überall üblich, auch im Verhältnis der Klägerinnen zu ihren Konzernmüttern. Die Leistungen der Beklagten zu 1 und 2 an die Beklagte zu 3 würden von dieser kostendeckend vergütet. Insoweit bestehe ein umfassendes, ordnungsgemäßes Abrechnungssystem. Die günstige Prämiengestaltung der Beklagten zu 3 beruhe nicht auf einer unzulässigen Verwendung von Vereinsmitteln der Beklagten zu 1 und 2, sondern darauf, daß die Beklagte zu 3, anders als die Klägerinnen, ausschließlich im Bereich des Verkehrsrechtsschutzes kalkuliere und auf eine aufwendige Vertriebsorganisation verzichte. Soweit die Beklagten zu 1 und 2 die Beklagte zu 3 unterstützten, werde das durch § 2 der Satzung des Beklagten zu 1 gedeckt, nach der die Beklagten zu 1 und 2 verpflichtet seien, für die Interessen der motorisierten Verkehrsteilnehmer einzutreten. Der Vorwurf eines Verdrängungswettbewerbs sei unbegründet. Von den rund 25 Mio Kraftfahrzeugbesitzern in der Bundesrepublik kämen als Versicherungsnehmer der Beklagten zu 3 nur Mitglieder des A in Betracht. Dementsprechend gering sei das Prämienaufkommen der Beklagten zu 3 im Verhältnis zu dem der Klägerinnen. 1978 habe die Beklagte zu 3 182.263 Policen vergeben, was einem Prämienaufkommen von 14,2 Mio DM entspreche. Demgegenüber habe der Policenbestand der Klägerinnen im Jahre 1977 bei über 9 Mio und das Prämienaufkommen bei mehr als 900 Mio DM gelegen. Dieses Verhältnis habe sich in der Folgezeit nicht wesentlich zu Ungunsten der Klägerinnen geändert. Die Umsatzzahlen der Beklagten zu 3 seien vielmehr rückläufig. Schließlich treffe auch der Vorwurf des Autoritätsmißbrauchs nicht zu. Es sei nicht unlauter, wenn das Ansehen, das sich der ADAC durch die Förderung von Interessen der Kraftfahrer erworben habe, der Beklagten zu 3 zu Gute komme. Deren Tätigkeit liege im Rahmen der Satzungen der Beklagten zu 1 und 2 und diene ausschließlich dem Schutz und den Interessen von A-Mitgliedern.
Die Klägerinnen sind in beiden Vorinstanzen unterlegen. Mit der Revision verfolgen sie das Klagebegehren weiter. Die Beklagten beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der Vorwurf wettbewerbswidrigen Verhaltens könne gegen die Beklagten nicht zu Recht erhoben werden, auch wenn das Sachvorbringen der Klägerinnen als zutreffend unterstellt werde. Unbegründet sei einmal der Vorwurf eines leistungsfremden Verdrängungs- oder Behinderungswettbewerbs. Es sei nicht ersichtlich, daß die Beklagten durch Prämienunterbietung Mitbewerber vom Markt zu verdrängen suchten, um sodann, nach Ausschaltung der Mitbewerber, die Prämien wieder zu erhöhen. Neben der Beklagten zu 3 gebe es eine Reihe weiterer Versicherungen, die Verkehrsrechtsschutz zu günstigeren Bedingungen und Preisen als die Klägerinnen gewährten. Daß diese Bedingungen und Preise auf einer falschen Kalkulation oder sonst sachwidrigen Erwägungen aufbauten, könne nicht angenommen werden. So erblickten auch die Klägerinnen selber die von ihnen behauptete wettbewerbswidrige Leistungsverfälschung nicht in erster Linie in der Prämiengestaltung der Beklagten zu 3, sondern in einem Verstoß der Beklagten gegen die §§ 21 und 22 BGB, nach denen sich Idealvereine wie die Beklagten zu 1 und 2 grundsätzlich nicht erwerbswirtschaftlich betätigen dürften. Indessen liege ein wettbewerbsrechtlich erheblicher Gesetzesverstoß insoweit nicht vor.
Es sei unzutreffend, wenn die Klägerinnen meinten, der Beklagte zu 1 sei nach Art einer Holding-Gesellschaft der eigentliche Betreiber des Versicherungsgeschäfts und sei als solcher bestrebt, sich unter Mißachtung der für einen Idealverein geltenden gesetzlichen Bestimmungen Vorteile vor Mitbewerbern zu verschaffen. Die von den Klägerinnen als verletzt angeführten Vereinsvorschriften, insbesondere die gesetzlichen Regelungen über die Erlangung und den Verlust der Rechtsfähigkeit bei Idealvereinen einerseits und bei wirtschaftlichen Vereinen andererseits, stellten weder wettbewerbsrelevante Vorschriften dar, noch dienten sie dem Schutz der Allgemeinheit. Es handele sich bei ihnen um wertneutrale Ordnungsvorschriften, bei deren Mißachtung ein Wettbewerbsverstoß nur unter besonderen, hier nicht vorliegenden Voraussetzungen in Betracht komme. So fehle es bereits an einer Gleichheit der Wettbewerbslage (par condicio concurrentium), da die vereinsrechtlichen Vorschriften, deren Mißachtung hier in Rede stehe, auf die in der Rechtsform der Aktiengesellschaft am Rechtsverkehr teilnehmenden Klägerinnen keine Anwendung fänden. Darüber hinaus fehle es aber auch an der Erlangung eines unzulässigen Wettbewerbsvorsprungs durch die Beklagten. Die Unterstützung der Beklagten zu 3 durch die Beklagten zu 1 und 2 sei wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Klägerinnen hätten als Mitbewerber keinen Anspruch darauf, daß sich die Beklagte zu 3 nicht solcher Mittel bediene, die ihr die Beklagten zu 1 und 2 zur Verfügung stellten. Es liege im Wesen einer freien Marktwirtschaft, daß sich jeder Wettbewerber Kapital und sonstige Unterstützung dort und in der Weise legal beschaffe, wo und wie es ihm günstig erscheine. Insoweit sei die Grenze des Erlaubten vorliegend nicht überschritten.
Auch von einem wettbewerbsrechtlich unzulässigen Mißbrauch der Rechtsform des eingetragenen Vereins durch die Beklagten zu 1 und 2 könne nicht ausgegangen werden. Dafür sei entscheidend, daß ein Mißbrauch der Vereinsautonomie, der sich aus der Sicht der Allgemeinheit als Verstoß gegen die guten Sitten darstelle, auszuschließen sei. Unlautere Mittel und Methoden im Wettbewerb seien nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes im Falle einer wirtschaftlichen Tätigkeit eines Vereins dann nicht gegeben, wenn die wirtschaftliche Betätigung ihren sachlichen Grund im wesentlichen im Rahmen der vereinsautonomen Satzung bei der Erfüllung des Vereinszwecks finde. So liege es hier. Nach der Satzung entspreche es dem wohlverstandenen Interesse der Mitglieder, wenn ihnen der ADAC aus dem Gedanken der Nützlichkeitshilfe einen günstigen Versicherungsschutz über die Beklagte zu 3 zur Verfügung stelle. Das sei ein Akt der Fürsorge gegenüber den Mitgliedern, der mit Rücksicht auf die Bestimmungen der Satzung des Beklagten zu 1 nicht als Mißbrauch der Vereinsautonomie angesehen werden könne. Den Hinweisen der Klägerinnen auf Steuervorteile eingetragener Vereine komme dabei keine Bedeutung zu. Auch die Beklagten zu 1 und 2 unterlägen wie andere Vereine der Steuerpflicht. Soweit Mitgliederbeiträge steuerfrei seien, begründe dieser Umstand allein den Vorwurf der Wettbewerbswidrigkeit nicht, da es den Beklagten zu 1 und 2 nicht verwehrt werden könne, ihre Mittel im Interesse der Mitglieder einzusetzen. Darüber hinaus sei bei der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung des Verhaltens der Beklagten zu berücksichtigen, daß die wirtschaftliche Tätigkeit eines Vereins, soweit sie der Erreichung des satzungsgemäßen Vereinszwecks diene, jedenfalls dann nicht als wettbewerbswidrig angesehen werden könne, wenn dadurch - wie hier - der allgemeine Wettbewerb auf dem einschlägigen Gebiet nur in begrenztem Umfang berührt werde. Die Beklagte zu 3 gewähre ausschließlich A- Mitgliedern Versicherungsschutz. Sie habe sich daher in ihrer geschäftlichen Tätigkeit erhebliche Beschränkungen auferlegt, die zur Folge hätten, daß ihr der weite Markt auf dem hier einschlägigen Gebiet verschlossen bleibe, während sich die Klägerinnen werbend an jeden Kraftfahrer wenden könnten.
Schließlich sei die Klage auch nicht unter dem von den Klägerinnen herangezogenen Gesichtspunkt des Autoritätsmißbrauchs begründet. Der Einsatz von Ansehen und Vertrauen sei nicht per se sittenwidrig, sondern nur dann, wenn der Verkehr in seiner Entschließungsfreiheit dadurch unzulässig beeinflußt w ürde. Davon könne vorliegend keine Rede sein. Der Verkehr prüfe die wirtschaftlichen Angebote des A, beispielsweise die Angebote der ADAC-Reise GmbH, wie die von anderen Wettbewerbern. Das gelte ebenso für den Verkauf von Straßenkarten, Warndreiecken, Warnleuchten, Schneeketten und anderem Bedarf des Straßenverkehrs. Es bestehe kein Grund zu der Annahme, daß dies im Falle der Versicherungstätigkeit des A anders sei. Auch soweit sich die Beklagten auf dem Gebiet der Verkehrsrechtsschutzversicherung an Personen wendeten, die noch nicht Mitglied des A seien, orientierten sich diese allein an der angebotenen Leistung. Die Verwendung der Bezeichnung "A" wirke sich bei den angesprochenen Verkehrskreisen lediglich insofern aus, als sie hinsichtlich der Leistungsfähigkeit der Beklagten zu 3 an das Ansehen des ADAC dächten. Wettbewerbsrechtlich sei das unbedenklich. Es könne den Beklagten nicht verwehrt werden, auf den Ruf des A und ihre eigenen Leistungen hinzuweisen, auch nicht im Zusammenhang mit dem Versicherungsangebot der Beklagten zu 3.
II. Die Revision hat keinen Erfolg.
1. Ein Wettbewerbsverstoß der Beklagten durch Rechtsbruch oder Mißbrauch der Rechtsform des Idealvereins scheidet schon deshalb aus, weil die Tätigkeiten der Beklagten zu 1 und 2 im Zusammenhang mit den Versicherungsgeschäften der Beklagten zu 3 unter vereinsrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden sind. Insoweit fehlt es bereits an einem Gesetzesverstoß, der für sich allein oder im Zusammenwirken mit weiteren Umständen das beanstandete Verhalten als unlauter erscheinen lassen könnte (vgl. Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 13. Aufl., Einl. Rdn. 114; § 1 Rdn. 534 ff, 559; Schricker, Gesetzesverletzung und Sittenverstoß, S. 34 ff, 239 ff, 274 ff).
a) Die Gründung der Beklagten zu 3 durch den Beklagten zu 1 und das Betreiben des Versicherungsgeschäfts durch diese steht zu den hier heranzuziehenden Vorschriften des Vereinsrechts (§§ 21, 22 BGB) nicht in Widerspruch. Insoweit ist entscheidend, daß die Beklagte zu 3 das Rechtsschutzversicherungsgeschäft in der Rechtsform der Aktiengesellschaft betreibt, d.h. als eine rechtsfähige Person des Handelsrechts, die gegenüber den Beklagten zu 1 und 2 juristisch und organisatorisch selbständig ist. Dem entspricht die tatsächliche Ausgestaltung des Geschäftsbetriebs der Beklagten zu 3 hinsichtlich der bei ihr Versicherten. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts stehen diese nur mit ihr in versicherungsvertraglicher Beziehung, und nur sie wird beim Eintritt des Versicherungsfalls tätig.
Die rechtliche und organisatorische Trennung der Beklagten zu 3 von den Beklagten zu 1 und 2 schließt es aus, die Geschäftstätigkeit der Beklagten zu 3 vereinsrechtlich als eine eigene unternehmerische Bet ätigung des Beklagten zu 1 anzusehen, d.h. als einen eigenen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb des Beklagten zu 1 im Sinne der §§ 21 und 22 BGB, der mit den Zwecken eines Idealvereins möglicherweise nicht zu vereinbaren wäre. Den Vorschriften der §§ 21 und 22 BGB liegt der gesetzgeberische Gedanke zugrunde, aus Gründen der Sicherheit des Rechtsverkehrs, insbesondere des Gläubigerschutzes, Vereine mit wirtschaftlicher Zielsetzung auf die dafür zur Verfügung stehenden handelsrechtlichen Formen zu verweisen und die wirtschaftliche Betätigung von Idealvereinen zu verhindern, soweit es sich nicht lediglich um eine untergeordnete, den idealen Hauptzwecken des Vereins dienende wirtschaftliche Betätigung im Rahmen des sogenannten Nebenzweckprivilegs handelt (RGZ 133, 170, 174, 175; BGHZ 45, 395, 397, 398). Diese gesetzgeberischen Erwägungen tragen der Tatsache Rechnung, daß bei einer nach außen gerichteten wirtschaftlichen Betätigung Gläubigerinteressen in besonderem Maße berührt werden und daß diese Interessen in den für juristische Personen des Handelsrechts und andere Kaufleute geltenden Vorschriften eine weit stärkere Berücksichtigung gefunden haben als in den Bestimmungen des Vereinsrechts. Denn während sich bei einem Idealverein Gläubigerschutzbestimmungen auf die Vorschriften über die Konkursantragspflicht des Vorstands und die Liquidation des Vereins beschränken (vgl. § 42 Abs. 2, §§ 51 - 53 BGB), unterliegt eine juristische Person des Handelsrechts wie die Beklagte zu 3 in erster Linie im Interesse der Gläubiger zwingenden Vorschriften über eine Mindestkapitalausstattung, über Bilanzierungs-, Publizitäts- und Prüfungspflichten sowie über die - unbeschränkbare - Vertretungsmacht ihrer organschaftlichen und bevollmächtigten Vertreter (siehe für die Aktiengesellschaft §§ 7, 36 Abs. 2, 37, 57 ff, 82, 148 ff, 162 ff AktG). Darauf beruht es, daß nach den §§ 21 und 22 BGB ein Verein, dessen Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist (Idealverein), bereits durch Eintragung in das Vereinsregister Rechtsfähigkeit erlangt und daß der Erwerb der Rechtsfähigkeit durch einen wirtschaftlichen Verein nur ausnahmsweise in Betracht kommt, wenn es für diesen wegen der besonderen Umstände des Einzelfalls unzumutbar ist, sich in einer der für rechtsfähige wirtschaftliche Zusammenschlüsse bundesgesetzlich bereitstehenden Rechtsformen wie beispielsweise der AG oder GmbH zu organisieren und auf diese Weise Rechtsfähigkeit zu erlangen (BVerwGE 58, 26 = NJW 1979, 2261).