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  • 06.10.2011 · IWW-Abrufnummer 113228

    Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 30.03.2011 – 7 K 2463/10 GE

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Düsseldorf

    7 K 2463/10 GE

    Tenor:
    Unter Änderung des Bescheides vom 31.03.2009 in der Form der Einspruchsentscheidung vom 17.06.2010 wird die Grunderwerbssteuer auf 15.072 EUR herabgesetzt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtstreits hat die Klägerin zu tragen.

    T a t b e s t a n d:

    Die Klägerin wurde durch Beschluss vom 4. 12. 2006 von den Mitgliedern der A-abteilung des ehemaligen Vereins "A e.V." gegründet.

    In dem ursprünglichen Club A e.V. wurden vornehmlich die Sportarten A, B., C und D betrieben; die Sportarten C und D wurden bereits vor vielen Jahren eingestellt. Die Sportarten A und B wurden nach § 2 Ziff. 2 der Satzung in den dafür zuständigen Abteilungen ausgeübt. Die Abteilungsvorsitzenden gehörten nach § 11 der Satzung dem Hauptvorstand des Vereins an. Der Abteilungsvorstand verwaltete nach § 13 Nr. 2 der Satzung die Abteilung des Vereins mit all ihren Einrichtungen. § 17 der Satzung enthielt folgende Regelung:

    Ziff. 6: "Wollen ein oder mehrere Abteilungen des Vereins, wenn ein rechtswirksamer Beschluss über die Auflösung des Vereins vorliegt, selbstständig weiter bestehen und ihren Sportbetrieb fortführen, so haben sie innerhalb eines Monats nach Auflösungsbeschluss ... dies ... der Abteilungsversammlung anzuzeigen. In diesem Fall verbleibt ihnen oder ihr das im Innenverhältnis buchmäßig erfasste Abteilungsvermögen. Auch das nach der Liquidation noch vorhandene Vereinsvermögen ist der oder den fortbestehenden Abteilungen zu übertragen ... Eine Vermögensübertragung ist jedoch nur dann zu tätigen, wenn die jeweils selbstständig fortbestehenden Abteilungen die eigene Rechtsfähigkeit erlangen ..."

    Die beiden Sportabteilungen A und B hatten räumlich getrennt liegende Sportanlagen. Beide Abteilungen regelten ihre Angelegenheiten weitestgehend selbständig. Eine mit Vereinsleben gefüllte übergeordnete Organisation existierte nicht. Beide Abteilungen führten getrennte Kassen und Bankkonten. Jede Abteilung finanzierte ihre Aufgaben selbständig. Anfang der 90er Jahre erstellte die A-abteilung eine neue A-halle auf dem Grund und Boden des Gesamtvereins für ca. 1,5 Mio. DM. Die Finanzierung, Leistung von Zinsen und Tilgung erfolgte ausschließlich durch die A-abteilung. Kredite wurden durch die Abteilungen jeweils getrennt finanziert und zurückgezahlt. Das vorhandene Vermögen wurde getrennt geführt und verwaltet. Einnahmen und Ausgaben wurden in getrennten Buchführungen erfasst. Mitgliederversammlungen wurden getrennt durchgeführt. Gewinnermittlungen und Steuererklärungen erstellte der steuerliche Berater aufgrund der von der A-abteilung vorgelegten Zahlen. Einnahmen und Ausgaben der B-abteilung wurden zunächst irrtümlich nicht erklärt.

    Am 4. 12. 2006 fand um 18 Uhr eine außerordentliche Mitgliederversammlung des Vereins "A e.V." statt, bei der die Auflösung des Gesamtvereins beschlossen wurde. Am selben Tag um 20 Uhr fanden seitens der bisherigen B- und der bisherigen A-abteilung Gründungsversammlungen statt zur Gründung zweier neuer rechtsfähiger Vereine. Hierbei wurde beschlossen, dass die A-abteilung nach Auflösung des Gesamtvereins selbständig weiter besteht und den Sportbetrieb A fortführt. Zugleich wurde eine neue Vereinssatzung für die Klägerin beschlossen. Innerhalb der satzungsmäßigen Frist von einem Monat teilten die Vereine dem Liquidator des aufgelösten Gesamtvereins mit, dass die neuen Vereine die bestehenden Sportbetriebe weiterführen wollten. Die Auflösung des alten Vereins wurde am 15. 2. 2007, die Klägerin wurde am 4. 7. 2007 in das Vereinsregister eingetragen.

    Der A e.V. war Eigentümer der Grundstücke in Z-Stadt Flur Flst. 1 und 2. Durch notariell beurkundeten Übertragungsvertrag vom 14. 5. 2008 zwischen der Klägerin als Erwerberin, vertreten durch ihren Vorstand, zugleich handelnd als Vertreter ohne Vertretungsmacht für Herrn X, Rechtsanwalt, als alleinvertretungsberechtigten Liquidator des Club A e.V., als Veräußerer, übertrug der Veräußerer der Klägerin gemäß Tz. I.2 des Vertrages "im Rahmen der Liquidation gemäß § 17 Abs. 6 der Satzung" den vorbezeichneten Grundbesitz. Die Genehmigung zum Vertrag ging am 6. 6. 2008 bei dem Notar ein. Auf Anfrage des Beklagten teilte die Klägerin mit, die aktuelle Darlehensbelastung liege bei ca. 470.000 EUR. Die Darlehen seien auch für den Bau und Erwerb von Betriebsvorrichtungen aufgenommen worden. Alle Vermögenswerte sowie Rechte und Pflichten der früheren TA-abteilung seien von der Klägerin übernommen worden, Vergleichbares sei bei der B-abteilung erfolgt. Die Mitglieder der jeweiligen Abteilungen seien jeweils von den neuen Vereinen weitergeführt worden.

    Der Beklagte setzte mit Bescheid vom 31. 3. 2009 Grunderwerbsteuer nach einer Bemessungsgrundlage von 470.000 EUR (= Höhe der übernommenen Verbindlichkeiten) in Höhe von 16.450 EUR fest. Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein. Ein Rechtsträgerwechsel sei nicht erfolgt. Der Beklagte wies den Einspruch am 17. 6. 2010 zurück. Er führte aus, die Übertragung des Grundbesitzes falle unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG. Die Steuer sei nach Maßgabe der übernommenen Verbindlichkeiten festzusetzen, § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG. §§ 3 und 4 GrEStG seien nicht gegeben. Die Gegenleistung müsse zwar aufgeteilt werden, soweit sie auf Betriebsvorrichtungen entfalle. Insoweit habe die Klägerin aber keine Nachweise erbracht.

    Hiergegen richtet sich die Klage.

    Die Klägerin trägt vor:

    Seinerzeit – 2006 – sei zunächst die A-, dann die B-abteilung an die steuerlichen Berater herangetreten. Der B-platz habe umfassend saniert werden müssen. Die Mitglieder der A-abteilung seien nicht bereit gewesen, dafür die Finanzierung oder Haftung mitzutragen. Auch ein Umbau des Vereinshauses der B-abteilung habe angestanden. Anfang der 90er Jahre hätten sich die Mitglieder der B-abteilung gegen eine Mitfinanzierung der neuen A-halle ausgesprochen. Dies habe dazu geführt, dass in 2006 Überlegungen angestellt worden seien, die selbständigen, nicht rechtsfähigen Abteilungen durch zwei neue völlig selbständige Vereine weiterzuführen. Nach der Satzung sei nur der tatsächlich vollzogene Weg zur Verselbständigung der Abteilungen möglich gewesen. Wäre der bestehende Verein nur durch die A-abteilung fortgeführt und die B-abteilung ausgegliedert worden, wäre keine Grunderwerbsteuer angefallen. Diese Möglichkeit sei aber nach der Satzung nicht gegeben. Die Besteuerung des jetzt verwirklichten Sachverhalts widerspreche dem Willen des Gesetzgebers. Beide neuen Vereine seien gemeinnützig tätig. Ein Rechtsträgerwechsel liege zudem nicht vor. Der Rechtsgedanke des § 6 GrEStG sei heranzuziehen.

    Die Klägerin reichte eine Gewinnermittlung nebst Kontennachweis für 2006 ein. Die zum 31.12.2006 ausgewiesenen Darlehen seien durch den Neubau einer A-halle Anfang der 90er Jahre, durch Umschuldung von Kontokorrentkrediten, durch Anschaffung oder Erneuerung von Betriebsvorrichtungen sowie Finanzierung laufender Verluste entstanden. Die genaue Entwicklung der Darlehen könne nicht dargestellt werden. Nach Rücksprache mit der Bank seien folgende Entwicklungen wahrscheinlich:

    Darl.-Nr. 1, Saldo 31. 12. 2006: 320.392,15 EUR

    Finanzierungsgrund sei vermutlich der Hallenneubau sowie Krediterhöhungen durch Umschuldung von KK-Krediten nach Ablauf der Zinsfestschreibungszeiträume

    Darl.-Nr. 2, Saldo 31. 12. 2006: 25.205,17 EUR

    Finanzierungsgrund seien vermutlich Mehrkosten des Hallenneubaus nach erfolglosem Rechtsstreit mit dem Architekten

    Darl.-Nr. 3, Saldo 31. 12. 2006: 16.123,36 EUR

    Finanzierungsgrund seien vermutlich Mehrkosten durch nicht geplante Gründungskosten des Hallenneubaus

    Darl.-Nr. 4, Saldo 31. 12. 2006: 96.620,64 EUR

    Es handle sich um Umschuldungskosten von KK-Krediten in 2006.

    Ebenso sei die Überziehung des Girokontos 5 (Stand 31. 12. 2006: 20.141,20 EUR) in den letzten Jahren durch hohe Instandhaltungen und erwirtschaftete Verluste entstanden. Insgesamt entfielen ca. 120.000 EUR Restschulden auf die Finanzierung des Hallenneubaus. Die Werte für übernommenen Grund und Boden beliefen sich auf ca. 1.000.000 EUR, für Betriebsvorrichtungen für Hallen- und Freiplätze auf ca. 100.000 EUR. Damit könne die Steuer nur um ca. 10 % reduziert werden. Aufwendungen für ein evtl. Gutachten stünden dazu außer Verhältnis.

    Die Klägerin beantragt,

    den Grunderwerbsteuerbescheid vom 31. 3. 2009 aufzuheben.

    Der Beklagte beantragt Klageabweisung.

    Er bezieht sich auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung. Einer Reduzierung der Bemessungsgrundlage um 10 % für Betriebsvorrichtungen werde zugestimmt.

    E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

    Die Klage ist nur teilweise begründet, soweit sich die Beteiligten über einen Abschlag von 10 % auf die Bemessungsgrundlage aufgrund der Übernahme von Betriebsvorrichtungen einig sind; im Übrigen ist die Klage unbegründet.

    Zu Recht hat der Beklagte den Übergang des Vereinsvermögens auf die Klägerin der Grunderwerbsteuer unterworfen.

    Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG unterliegt der Grunderwerbsteuer ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet. Der Übertragungsvertrag vom 14. Mai 2008 stellt ein solches anderes Rechtsgeschäft i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG dar. Denn darin wurde der Klägerin als Erwerberin der Grundbesitz Flur Flst. 1 und 2 im Rahmen der Liquidation des Vereins A e.V. übertragen, Tz. I.2, und dementsprechend in Tz. IV die Auflassung erklärt.

    Soweit der Vertreter der Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, es fehle an einem Rechtsgeschäft, so ist darauf hinzuweisen, dass laut S. 2 der notariellen Urkunde vom 14. Mai 2008 ein "Übertragungsvertrag" zwischen der Klägerin und dem Liquidator des alten Vereins abgeschlossen wurde; ein solcher Vertrag stellt unzweifelhaft ein (zweiseitiges) Rechtsgeschäft dar. Darüber hinaus erfasst jedenfalls § 1 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG die Auflassung als grunderwerbsteuerbaren Rechtsvorgang, § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG den Übergang des Eigentums, wenn weder ein anspruchsbegründendes Rechtsgeschäft noch eine Auflassung vorausgegangen sind.

    Eine Steuervergünstigung greift vorliegend nicht zu Gunsten der Klägerin ein.

    Nach § 3 Nr. 2 GrEStG sind zwar Grundstücksschenkungen unter Lebenden iS des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes von der Besteuerung ausgenommen. Eine Schenkung unter Lebenden iS des § 7 ErbStG liegt jedoch nicht vor. Zwar erfasst § 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG den Erwerb bei Auflösung eines Vereins, dessen Zweck auf die Bindung von Vermögen gerichtet ist. Um einen solchen Zweckverein handelte es sich aber bei dem Verein A e.V. nicht. Ebenso kommt § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG nicht in Betracht. Danach gilt als Schenkung unter Lebenden jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert ist. An einer freigebigen Zuwendung fehlt es indes, wenn die Zuwendung auf einer Verpflichtung beruht. Im Streitfall enthielt § 17 Ziff. 6 der Satzung des alten Vereins gerade einen Anspruch der Vereinsmitglieder, bei Liquidation und Fortführung des Sportbetriebs durch die jeweiligen Abteilungen diesen das Vereinsvermögen zu übertragen.

    §§ 5 und 6 GrEStG greifen nicht ein; diese Befreiungsvorschriften gelten nur bei Übergang auf eine Gesamthand bzw. von einer Gesamthand. Hier wurde aber von dem Liquidator des ursprünglichen eingetragenenen Vereins, einer juristischen Person, auf die Klägerin, wiederum eine juristische Person, Grundbesitz übertragen.

    Gemäß § 8 Abs. 1 GrEStG bemisst sich die Steuer nach dem Wert der Gegenleistung. Nach Tz. II des Vertrages vom 14. Mai 2008 hat die Klägerin die Belastungen des Grundstücks übernommen. Diese beliefen sich nach der eingereichten Aufstellung der Klägerin auf 478.481 EUR. Soweit die Gegenleistung sich auf Betriebsvorrichtungen (§ 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 GrEStG) bezieht, entfällt allerdings die Grunderwerbsteuerbarkeit. Die Beteiligten haben übereinstimmend den Anteil der übernommenen Betriebsvorrichtungen mit 10 % angesetzt, so dass sich folgende Bemessungsgrundlage und tenorierte Steuer ergibt:

    Gegenleistung 478.481 EUR

    ./. 10 % 47.848 EUR

    Bemessungsgrundlage 430.633 EUR

    x 3,5 % 15.072 EUR.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1, 137 S. 1 FGO. Soweit die Grunderwerbsteuer reduziert wurde, beruht dies auf dem erst im Klageverfahren von der Klägerin dargelegten Anteil der Betriebsvorrichtungen.

    Die Revision war nicht zuzulassen, da ein Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 FGO nicht ersichtlich ist.