07.02.2012 · IWW-Abrufnummer 120354
Landessozialgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 22.12.2011 – L 1 AL 90/10
Ein Vorstandsvorsitzender eines Vereins, der eine Profifußballmannschaft unterhält, kann einen wichtigen Grund zur vorzeitigen Beendigung seines Anstellungsverhältnisses haben, wenn er andauernden Beschimpfungen und Protesten seitens des Fanumfeldes ausgesetzt ist. Die Feststellung einer Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe ist dann nicht gerechtfertigt.
L 1 AL 90/10
Tenor:
1. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 28.07.2010 - S 9 AL 184/08 - und der Sperrzeitbescheid der Beklagten vom 19.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.06.2008 aufgehoben sowie der Bewilligungsbescheid vom 19.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.06.2008, der Bescheid vom 09.06.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.06.2008 und der Bescheid vom 08.07.2008 abgeändert.
2. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Arbeitslosengeld auch für den Zeitraum vom 01.05. bis 23.07.2008 in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
3. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Feststellung einer Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe und die Minderung der Anspruchsdauer seines Anspruchs auf Arbeitslosengeld (Alg).
Der 1963 geborene Kläger hat eine Ausbildung zum Bankkaufmann abgeschlossen, war zunächst in diesem Beruf tätig und dann seit 1998 als Journalist sowie von 1999 bis Ende 2006 als Redakteur bei einem Verlag und einer Zeitung beschäftigt.
Ab 01.01.2007 wurde er mit Anstellungsvertrag (geändert durch Vertrag vom 23.01.2008) zum Vorsitzenden des Vorstandes des Vereins S S von 1899 e.V. (Verein) bestimmt und war für die Gesamtorganisation und insbesondere für die kaufmännische Seite zuständig. Der Vertrag war befristet bis zum 30.06.2009, endete jedoch zum 31.12.2008, falls der Verein nicht die sportliche Qualifikation für die "eingleisige dritte Liga" erreichte. Er verlängerte sich um jeweils ein Jahr, wenn er nicht mit einer Frist von mindestens 6 Monaten zum Ablauf gekündigt wurde (§ 2 Abs. 1). Die Bestellung des Klägers zum Vorsitzenden des Vorstandes konnte durch Beschluss des Aufsichtsrates jederzeit widerrufen werden, unbeschadet seiner Entschädigungsansprüche aus diesem Vertrag. Der Widerruf galt als Kündigung des Anstellungsvertrages zum nächstzulässigen Zeitpunkt (§ 2 Abs. 3). Nach einer Kündigung des Vertrages war der Verein berechtigt, den Kläger von seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung freizustellen (§ 2 Abs. 4).
Der Verein als Sportverein unterhielt in den Jahren 2007 und 2008 eine Profi-Fußballmannschaft, die in der Spielzeit 2007/2008 um die Qualifikation für die eingleisige dritte Profi-Fußballliga spielte. Nach der Satzung bestand der Vorstand aus mindestens drei Personen und der Vorsitzende des Vorstandes wurde vom Aufsichtsrat mit einer Mehrheit von 2/3 seiner Stimmen bestellt. Der Aufsichtsrat hatte dafür zu sorgen, dass die Anstellungsverträge der hauptamtlichen Vorstandsmitglieder mit deren Amtsperiode endeten. Eine stillschweigende Verlängerung des Amtes ohne entsprechenden Aufsichtsratsbeschluss war ausgeschlossen. Der Aufsichtsrat konnte eine außerordentliche Mitgliederversammlung mit dem Ziel einberufen, den Vorstand vorzeitig abzuberufen, sofern nach seiner Auffassung ein wichtiger Grund vorlag. Bestand mit dem Vorstandsmitglied ein Anstellungsverhältnis, so durfte dieses sein Amt nur dann niederlegen, wenn es sich dabei auf einen wichtigen Grund berief. Erfolgte die Amtsniederlegung aus einem wichtigen Grund, den der Verein zu vertreten hatte, so war der Vorstand nicht genötigt, das Anstellungsverhältnis fristlos zu kündigen. Die Vertretung des Vereins gegenüber dem Vorstand und seinen Mitgliedern oblag dem Aufsichtsrat, der dabei von seinem Vorsitzenden und einem weiteren Mitglied des Aufsichtsrats vertreten wurde. Der Vorstand entschied eigenverantwortlich über die ideellen, sportlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Belange des Vereins, soweit diese Befugnisse nicht satzungsgemäß anderen Vereinsorganen vorbehalten waren. Ihm oblag die Darstellung des Vereins in der Öffentlichkeit (§ 11 der Satzung).
Der Aufsichtsrat - bestehend aus 7 Mitgliedern - hatte die Aufgabe, die Wahrnehmung der Vereinsaufgaben durch den Vorstand zu kontrollieren. Er bestellte den Vorstand und berief ihn ab (§ 10 der Satzung).
Über das Vermögen des Vereins wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Siegen am 27.06.2008 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Verein besteht nach wie vor weiter.
Im Jahr 2008 war Vorsitzender des Aufsichtsrats Herr H und neben dem Kläger waren weitere Vorstandsmitglieder Herr Z, zuständig für den sportlichen Bereich und Herrn R, zuständig für den Finanzbereich. Die Profi-Fußballmannschaft erreichte im Jahr 2008 nicht die Qualifikation für die dritte Liga. In der Spielzeit 2007/2008 kam es insbesondere zum Saisonende seit ca. März 2008 zu Fanprotesten, die sich gegen den Trainer der Mannschaft und gegen den Vorstand richteten. Nach einer gemeinsamen Sitzung des Vorstandes mit dem Aufsichtsrat im April 2008, in welcher auch über die Möglichkeit und das Erfordernis eines Trainerwechsels gesprochen, jedoch kein übereinstimmendes Ergebnis erzielt worden war, beriet der Aufsichtsrat alleine.
Der Vorsitzende des Aufsichtsrats kam ein bis zwei Tage später auf den Kläger zu und teilte diesem und Herrn R mit, dass sie zurücktreten sollten. Da beide einen Rücktritt ablehnten, entwarf der Vorsitzende des Aufsichtsrats einen Aufhebungsvertrag, den er dem Kläger vorlegte und der am 25.04.2008 von beiden unterschrieben wurde. Hierin wurde vereinbart, dass der Anstellungsvertrag vom 01.01.2007 auf Veranlassung des Vereins mit Wirkung zum 30.04.2008 sein Ende finde. Dem Kläger sollte das Arbeitsentgelt einschließlich einer offenen Provisionsforderung bis 30.04.2008 gezahlt werden. Für den Verlust des Arbeitsplatzes sollte der Kläger eine Abfindung in Höhe von 50.000,00 € brutto, fällig und zahlbar in fünf gleichen monatlichen Raten, erstmals mit dem 10.06.2008, erhalten. Der Kläger erklärte gemäß einer Vereinbarung in dem Anstellungsvertrag zeitgleich mit gesonderter schriftlicher Erklärung gegenüber dem Aufsichtsrat seinen sofortigen Rücktritt vom Vorstandsamt zum Wohle des Vereins. Aufgrund der Insolvenz des Vereins erhielt der Kläger lediglich einen geringen Teil der Abfindungszahlung aus der Insolvenzmasse. Seit 15.08.2008 war der Kläger selbstständig als Sportjournalist und Sportredakteur tätig und erhielt von der Beklagten ab diesem Tag einen Gründungszuschuss bewilligt.
Der Kläger meldete sich am 29.04.2008 arbeitslos und beantragte am 10.05.2008 die Gewährung von Alg. Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 19.05.2008 den Eintritt einer Sperrzeit vom 01.05. bis 23.07.2008 fest, da der Kläger das Beschäftigungsverhältnis durch Abschluss eines Aufhebungsvertrages selbst gelöst habe, ohne hierfür einen wichtigen Grund zu haben. Die Anspruchsdauer mindere sich um 90 Tage. Mit weiterem Bescheid vom 19.05.2008 bewilligte die Beklagte Alg ab dem 18.10.2008 und lehnte die Gewährung von Alg für den Zeitraum vom 01.05. bis 23.07.2008 wegen einer Sperrzeit und vom 01.05. bis 17.10.2008 wegen des Ruhens aufgrund des Erhalts der Abfindung ab.
Mit einem dritten Bescheid vom 19.05.2008 stellte die Beklagte das Ruhen des Anspruchs wegen des Erhalts der Abfindung vom 01.05. bis 17.10.2008 fest. Dieser Bescheid wurde durch Bescheid vom 09.06.2008 aufgehoben, ein Ruhenszeitraum nunmehr vom 01.05. bis 21.09.2008 festgestellt und mit Schreiben vom 08.07.2008 zeigte die Beklagte gegenüber dem Insolvenzverwalter des Vereins an, dass sie vorläufig Leistungen nach § 143a Abs. 1 und 3 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) zahle und dass Ansprüche des Klägers auf das geschuldete Arbeitsentgelt auf sie übergingen.
Den Widerspruch des Klägers, der sich ausdrücklich nur gegen die Sperrzeit und die Minderung der Anspruchsdauer richtete, wies die Beklagte am 05.06.2008 zurück.
Mit Bescheid vom 09.06.2008 bewilligte die Beklagte Alg ab 22.09.2008 und lehnte die Gewährung von Alg für den Zeitraum vom 01.05. bis 23.07.2008 wegen einer Sperrzeit und vom 01.05. bis 21.09.2008 wegen des Ruhens bei Entlassungsentschädigung ab. Der Widerspruch des Klägers wurde am 24.06.2008 zurückgewiesen. Mit Bescheid vom 08.07.2008 bewilligte die Beklagte Alg ab 24.07.2008 nach einem täglichen Bemessungsentgelt von 176,67 € in Höhe von 72,21 € täglich und lehnte die Gewährung von Alg für den Zeitraum vom 01.05. bis 23.07.2008 wegen der Sperrzeit ab.
Der Kläger hat am 08.07.2008 Klage gegen die Bescheide vom 19.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.06.2008 vor dem Sozialgericht Koblenz (SG) erhoben und sich auch gegen den Bescheid vom 09.06.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.06.2008 sowie den Änderungsbescheid vom 08.07.2008 gewandt. Das SG hat die Klage durch Urteil vom 28.07.2010 abgewiesen. Der Alg-Anspruch habe wegen des Eintritts einer Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe geruht. Ein wichtiger Grund für die Zustimmung des Klägers zu der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses durch den Aufhebungsvertrag sei nicht gegeben. Eine fristlose Kündigung durch den Verein wäre nicht gerechtfertigt gewesen. Es habe die Möglichkeit bestanden, die Bestellung des Klägers zum Vorsitzenden des Vorstandes zu widerrufen und ihn von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freizustellen. Damit wäre er körperlichen Angriffen und Bedrohungen seitens der Fans im Stadion nicht mehr ausgesetzt gewesen. Der Abschluss des Aufhebungsvertrages sei auch weder für ihn noch für den Verein in finanzieller Hinsicht mit erheblichen Vorteilen verbunden gewesen.
Gegen das ihm am 13.08.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 07.09.2010 Berufung eingelegt. Er verweist auf die besonderen Umstände mit persönlichen Bedrohungen vor Abschluss des Aufhebungsvertrages, die Bedeutung des Vorstandsvorsitzenden im Profi-Fußball und die ihm ansonsten entstandenen Nachteile für sein berufliches Fortkommen. Ein wichtiger Grund zur vorzeitigen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses sei deshalb gegeben gewesen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 28.07.2010 - S 9 AL 184/08 - sowie den Sperrzeitbescheid der Beklagten vom 19.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.06.2008 aufzuheben, den Bewilligungsbescheid vom 19.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.06.2008 sowie den Bescheid vom 09.06.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.06.2008 und den Bescheid vom 08.07.2008 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm Arbeitslosengeld in gesetzlicher Höhe auch für den Zeitraum vom 01.05. bis 23.07.2008 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat die Satzung des Vereins beigezogen und der Berichterstatter hat im Termin zur Beweisaufnahme vom 16.09.2011 den Kläger gehört sowie die Zeugen A H, D R und M R vernommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Er war Gegenstand der Beratung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist begründet. Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Gewährung von Alg in gesetzlicher Höhe auch im Zeitraum vom 01.05. bis 23.07.2008 zu. Eine Sperrzeit in diesem Zeitraum ist nicht eingetreten, da der Kläger für die Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses zum 30.04.2008 einen wichtigen Grund hatte. Der Bescheid vom 19.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.06.2008 ist aufzuheben, da er rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt.
Zutreffend hat das SG dargelegt, dass neben dem Bescheid vom 19.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.06.2008, mit welchem eine Sperrzeit und die Minderung der Anspruchsdauer verfügt worden ist, auch der Bewilligungsbescheid vom 19.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.06.2008 und der Bewilligungsbescheid vom 09.06.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.06.2008 - dieser schon aufgrund der Klageerhebung - sowie der weitere Änderungsbescheid vom 08.07.2008 - dieser gemäß § 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) - Gegenstand des Verfahrens sind. Die Bewilligungsbescheide bilden nämlich eine rechtliche Einheit mit dem Sperrzeitbescheid (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 15.12.2005 - B 7a AL 46/05 R -, SozR 4-4300 § 144 Nr. 12). Der Kläger hat auch zutreffend neben der Anfechtungsklage eine Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 und 4, 56 SGG) erhoben, da sein Ziel, einerseits die Sperrzeit in dem festgestellten Zeitraum und die Minderung der Anspruchsdauer zu beseitigen und andererseits seinen Leistungsanspruch für den hier maßgebenden Zeitraum durchzusetzen, nur auf diesem Wege verwirklicht werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 29.04.1998 - B 7 AL 56/97 R -, SozR 3-4100 § 119 Nr. 15 RdNr. 14).
Die Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit im Zeitraum vom 01.05. bis 23.07.2008 liegen nicht vor. Nach § 144 Abs. 1 Sätze 1 und 2 Nr. 1 SGB III ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit, wenn der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe).
Ein versicherungswidriges Verhalten des Klägers war gegeben. Verstöße gegen geschriebene oder ungeschriebene Haupt- und Nebenpflichten aus seinem Anstellungsvertrag sind nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich. Allerdings hat er sein Beschäftigungsverhältnis durch seine Zustimmung zu dem Aufhebungsvertrag zum 30.04.2008 gelöst, obwohl das Beschäftigungsverhältnis ohne diese Vereinbarung jedenfalls bis 31.12.2008 fortbestanden hätte. Hierdurch hat er seine Arbeitslosigkeit ab dem 01.05.2008 grob fahrlässig herbeigeführt, denn er hatte keine konkreten Anhaltspunkte für einen sicheren Anschlussarbeitsplatz.
Eine Sperrzeit ist jedoch nicht eingetreten, da dem Kläger für sein Verhalten ein wichtiger Grund zur Seite stand. Ob ein wichtiger Grund für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses angenommen werden kann, ist unter Berücksichtigung des Grundgedankens der Sperrzeitregelung zu beurteilen, da sich die Versichertengemeinschaft gegen Risikofälle wehren muss, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten hat oder an deren Behebung er unbegründet nicht mithilft. Im Ergebnis soll eine Sperrzeit nur dann gegeben sein, wenn dem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung seiner Interessen mit den Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten zugemutet werden kann. Dies ist nicht nach den subjektiven Vorstellungen des Arbeitslosen zu beurteilen, sondern ein wichtiger Grund im Sinne des Sperrzeitrechts muss objektiv gegeben sein (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG, Urteil vom 12.07.2006 - B 11a AL 55/05 R -, SozR 4-4300 § 144 Nr. 14). Es müssen also Umstände vorliegen, die sich auf die Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses beziehen und grundsätzlich entweder der beruflichen oder der persönlichen Sphäre des Arbeitnehmers entspringen müssen (BSG, Urteil vom 14.09.2010 - B 7 AL 33/09 R -, SozR 4-4300 § 144 Nr. 21).
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hatte der Kläger für sein zur Lösung des Beschäftigungsverhältnisses und zur Arbeitslosigkeit führendes Verhalten einen wichtigen Grund. Allerdings kann der wichtige Grund - jedenfalls im vorliegenden Fall - nicht bereits in dem Interesse an dem Erhalt der Abfindung gesehen werden, da eine Beschäftigungslosigkeit zum 01.05.2008 nicht drohte (vgl. BSG, Urteil vom 12.07.2006 - B 11a AL 47/05 R -, SozR 4-4300 § 144 Nr. 13). Der Anstellungsvertrag des Klägers war befristet bis zum 30.06.2009 und der als Zeuge gehörte Aufsichtsratsvorsitzende des Vereins H hat nicht bekundet, dass dem Kläger zum gleichen Zeitpunkt eine fristlose Kündigung gedroht hätte. Auch ist nicht ersichtlich, dass dem Kläger ohne Zustimmung zu dem Aufhebungsvertrag konkrete Nachteile für sein weiteres berufliches Fortkommen entstanden wären. Allerdings lagen besondere Umstände vor, die eine Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses gerechtfertigt haben. Solche Umstände ergaben sich zur Überzeugung des Senats daraus, dass der Kläger als Vorsitzender des Vorstands in besonderer Weise auch für die sportlichen Belange der Profi-Fußballmannschaft des Vereins verantwortlich war und sich zum Zeitpunkt des Abschlusses des Aufhebungsvertrages Gründe ergeben hatten, die eine für ihn nicht mehr zumutbare Situation dargestellt hatten.
Die aufgrund der unbefriedigenden sportlichen Situation der Profi-Fußballmannschaft entstandenen Spannungen zwischen Fans und dem Vorstand des Vereins hatten bei dem Kläger zwar noch nicht zu der Entwicklung eines Krankheitszustandes geführt und von Seiten der Mitarbeiter des Vereins wurde auch kein psychischer Druck (Mobbing) gegenüber dem Kläger ausgeübt (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 21.10.2003 - B 7 AL 92/02 R -, SozR 4-4300 § 144 Nr. 4). Jedoch war eine für den Kläger unzumutbare Situation entstanden, die keine gemeinsame Basis für eine weitere Zusammenarbeit mit dem Verein mehr erwarten ließ. Für den Verein war es im Jahr 2008 aus wirtschaftlichen Gründen von großer Bedeutung - ebenso wie für die Werbepartner und die Fans - die Qualifikation für die dritte Liga zu erreichen. Der Kläger sowie die Zeugen haben berichtet, dass die Stimmung im Verein und im Umfeld abhängig von den wöchentlichen Spielergebnissen war. Im Übrigen führte das schwierige und gewaltbereite Fan-Umfeld zu Angriffen auf den Vorstand, d.h. auch gegenüber dem Kläger. Konkrete Beschimpfungen ("Vorstand raus") ergeben sich aus den vorgelegten Auszügen aus der Homepage des Vereins vom April 2008, aus den Berichten über die Anbringung von Plakaten in der Innenstadt von S und den auf einer Mauer in der Nähe des Stadions aufgesprühten Parolen. Der Kläger wurde bereits im Herbst 2007 in seiner Eigenschaft als Vorstandsvorsitzender beschimpft, wobei dies im Frühjahr 2008 noch zunahm. Es kam im April 2008 sogar zu einer Bedrohungssituation, als eine Anzahl von gewaltbereit erscheinenden Fans sich vor der Geschäftsstelle versammelte und verlangte, mit ihm zu diskutieren. Der Sicherheitsbeauftragte des Vereins diskutierte damals mit dem Kläger, ob es nicht sinnvoll sei, dass der Vorstand bei Heimspielen nicht im Stadion anwesend sei. Der Aufsichtsratsvorsitzende H hat bekundet, dass die Schuld an der sportlichen Erfolglosigkeit der Profi-Mannschaft bei dem Kläger als Vorstandsvorsitzendem und bei Herrn R gesehen wurde. Diese Situation habe ihn dann bewogen, auf beide zuzugehen, sie aus der Schusslinie zu nehmen und durch Abschluss des Aufhebungsvertrages einen Neuanfang im Verein zu erreichen. Die Zeugen H und R haben angegeben, dass es zu der damaligen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses keine Alternative gegeben habe. Da der Kläger in seiner Funktion verantwortlich für Spielerverkäufe und den Abschluss von Spielerverträgen war, er auch nahe an der Mannschaft und am Vereinsgeschehen sowie für die Kommunikation mit den Fanclubs zuständig war, war nachvollziehbar, dass ein Verbleib des Klägers in seiner Funktion als Vorsitzender des Vorstandes für ihn nicht mehr zumutbar war. Es wäre auch nicht ausreichend gewesen, sein Amt als Vorsitzender des Vorstands niederzulegen und das Anstellungsverhältnis weiter bestehen zu lassen. Da dann der auch vom Aufsichtsrat geforderte "Neuanfang" nicht gewährleistet worden wäre, hätte er sich weiteren Anfeindungen der Fans ausgesetzt. Der Kläger hat auch (zunächst) in der Sitzung mit Vorstand und Aufsichtsrat versucht, eine gemeinsame Lösung zu finden, allerdings hat sich anschließend der Aufsichtsrat gegen ihn gestellt und nach Aussage des Zeugen R im Hintergrund auf eine Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses hingewirkt, weshalb eine Drucksituation entstanden war, die f ür den Kläger eine nicht mehr zumutbare Situation geschaffen und ihn im Sinne des Sperrzeitrechts berechtigt hatte, das Beschäftigungsverhältnis zum 30.04.2008 zu beenden.
Da eine Sperrzeit damit nicht eingetreten ist, ruhte der Anspruch auf Alg für den hier streitigen Zeitraum nicht. Die Dauer des Anspruchs auf Alg minderte sich nicht gemäß § 128 Abs. 1 Nr. 4 SGB III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Revisionszulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.