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  • 03.06.2013 · IWW-Abrufnummer 131728

    Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht: Beschluss vom 04.12.2012 – 2 W 49/12

    1.
    Im Verfahren betreffend die Bestellung eines Notvorstandes hat das einzelne Vereinsmitglied ein eigenes Antragsrecht und bei Ablehnung seines Antrages auch ein Beschwerderecht.
    2.
    Die zur Vertretung eines Vereins satzungsgemäß erforderlichen Vorstandsmitglieder sind im Sinne des § 29 BGB weggefallen, wenn sämtliche Vorstandsmitglieder sich entweder darauf berufen, sie hätten ihre Ämter wirksam niedergelegt, oder jedenfalls faktisch jegliche Vorstandstätigkeit verweigern.
    3.
    Ein dringender Fall im Sinne des § 29 BGB liegt jedenfalls dann vor, wenn das Registergericht nach § 73 BGB einen Beschluss über die Entziehung der Rechtsfähigkeit gefasst hat und die zur Vertretung nach der Satzung erforderlichen Vorstandsmitglieder weggefallen sind.
    4.
    Wenn die Satzung des betroffenen Vereins eine Gesamtvertretung durch zwei Vorstandsmitglieder vorsieht und sämtliche Vorstandsmitglieder weggefallen sind, hat das Gericht nach § 29 BGB so viele Mitglieder zur Ergänzung des Vorstandes zu bestellen, wie es nach der Satzung zur Vertretung des Vereins erforderlich ist.


    In dem Vereinsregisterverfahren
    betreffend den (...) e. V.,
    beteiligt:
    (...),
    Antragsteller und Beschwerdeführer,
    - Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt (...) -
    hat der 2. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig durch (...) am 4. Dezember 2012
    beschlossen:
    Tenor:
    Auf die Beschwerde des Beteiligten vom 4. Juni 2010 wird der Beschluss des Registergerichts des Amtsgerichts Kiel vom 6. Mai 2010 (dem Beteiligten mitgeteilt mit dem Datum 7. Mai 2010) abgeändert.
    Für den Betroffenen ist ein Notvorstand zu bestellen, dessen Auswahl das Registergericht nach Maßgabe der Gründe dieses Beschlusses zu treffen hat.
    Dem Beteiligten wird für das Verfahren in beiden Rechtszügen Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt (...) bewilligt.
    Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000,00 € festgesetzt.
    Gründe
    I.
    Der Beteiligte als Mitglied und Kassenprüfer des betroffenen Vereins begehrt die Bestellung eines Notvorstandes.
    Der Betroffene ist seit dem 1. Juli 2004 im Vereinsregister des Amtsgerichts Kiel eingetragen. Der Vorstand im Sinne des § 26 BGB besteht satzungsgemäß aus dem 1. Vorsitzenden, dem 2. Vorsitzenden, dem Sportwart und dem Kassenwart. Je zwei Vorstandsmitglieder, darunter einer der beiden Vorsitzenden, vertreten den Verein gemeinsam. Nach § 4 Nr. 2 b der Satzung werden die Vorstandsmitglieder jeweils für die Dauer von zwei Jahren gewählt. Sie bleiben jedoch bis zur Neuwahl der Vorsitzenden im Amt.
    Seit dem 20. September 2006 sind im Vereinsregister die am 11. Juni 2006 gewählten Vorstandsmitglieder eingetragen, nämlich J. P. als 1. Vorsitzender, M. K. als 2. Vorsitzender, D. Z. als Kassenwart und M. Ö. als Sportwart. Als im Jahre 2008 keine Anmeldung über Vorstandsneuwahlen beim Registergericht einging, wandte das Gericht sich an die eingetragenen Vorstandsmitglieder. Der 1. und der 2. Vorsitzende teilten jeweils mit, der Verein sei schon im Sommer 2007 durch Beschluss der Mitgliederversammlung aufgelöst worden.
    Da entgegen § 5 Nr. 1 der Satzung nicht alle stimmberechtigten Mitglieder an der Versammlung teilgenommen hatten, ist die Wirksamkeit des Auflösungsbeschlusses jedoch zumindest zweifelhaft. Einige der Vereinsmitglieder, nach Angaben des Beteiligten die Vorstandsmitglieder, nahmen im Anschluss an den Auflösungsbeschluss die Gründung neuer Billard-Vereine in Angriff und betreiben nun in anderen Vereinen den Billardsport. Beiträge an den Betroffenen wurden durch die Mitglieder seither nicht mehr gezahlt. Die Vorstandsmitglieder entfalteten keine Tätigkeiten zur Verwirklichung des Vereinszwecks mehr.
    Am 6. April 2009 suchte der Beteiligte das Registergericht auf und teilte mit, der Verein sei nicht wirksam aufgelöst. Er selbst gehe davon aus, dass außer ihm noch weitere Mitglieder die Absicht hätten, den Verein fortzuführen. Der Rechtspfleger des Registergerichts hat dem Beteiligten geraten, gemeinsam mit den anderen an der Erhaltung des Vereins interessierten Mitgliedern nach § 37 BGB die Durchführung einer Mitgliederversammlung zu erreichen und in der Versammlung einen neuen Vorstand zu wählen. Dies geschah nicht.
    Mit Schriftsatz vom 26. August 2009, bei Gericht eingegangen am 1. September 2009, hat der Beteiligte einen Antrag auf Bestellung eines Notvorstandes gestellt und die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe beantragt. Der Vorstand des Betroffenen verweigere die Geschäftsführung grundsätzlich und vollständig. Es lägen grundlegende Zerwürfnisse vor. Der Kassenwart sei sehr wahrscheinlich mit der Kasse "untergetaucht". Der Vorstand habe offenbar kein Interesse an der Aufklärung des Sachverhalts und an der Sicherung des Vereinsvermögens. Aufgrund von Fehlinformationen über die angebliche Auflösung des Vereins seien auch die Mietverträge über das Vereinsheim nicht verlängert und der Verein aus dem Dachverband abgemeldet worden. Das Vereinsleben des Betroffenen habe sich weitestgehend auf den neu gegründeten Verein (...) verlagert, dessen Mitglied er selbst nicht sei.
    Es bestehe nun dringender Handlungsbedarf, damit eine Mitgliederversammlung einberufen werden könne. Die Angelegenheit müsse aufgeklärt werden, und die Vorstandsmitglieder hätten ihr Verhalten zu rechtfertigen. Der Mietvertrag über die Spielstätte sei neu abzuschließen und die Mitgliedschaft im Landesverband wieder herzustellen, damit er (der Beteiligte) und die übrigen Mitglieder möglichst rasch wieder trainieren und am Ligabetrieb sowie an Turnieren teilnehmen könnten.
    Das Registergericht wies den Beteiligten mit Schreiben vom 9. Oktober 2009 darauf hin, dass allein die tatsächliche Untätigkeit des Vorstandes nicht die Bestellung eines Notvorstandes rechtfertige und im Übrigen hier kein dringender Fall vorliege. Die Klärung bestehender Zerwürfnisse und die Sicherung des Vereinsvermögens seien nicht im Verfahren nach § 29 BGB zu erreichen. Ferner hat das Registergericht den eingetragenen 1. Vorsitzenden zur Aufklärung aufgefordert und die Durchführung eines Zwangsgeldverfahrens angedroht.
    Mit Schriftsatz vom 16. Oktober 2009 hat der Beteiligte zunächst die Rechtspflegerin des Registergerichts wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Ferner hat er hilfsweise beantragt, den betroffenen Verein im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, ihm Auskunft über die Namen und Anschriften der Mitglieder zu erteilen. Nur auf diese Weise könne er effektiv auf einen Antrag nach § 37 BGB hinwirken. Im Übrigen würde die vorherige Einberufung einer Mitgliederversammlung nach § 37 BGB lediglich eine formalistische Verzögerung bedeuten. Auch habe er schon verschiedene Vereinslokale aufgesucht, um Mitglieder des betroffenen Vereins zu kontaktieren. Diese hätten demgegenüber eine ablehnende Haltung eingenommen. Offenbar sei niemand bereit und in der Lage, dem Vorstand entgegenzutreten. Lediglich drei offizielle bzw. inoffizielle Ehrenmitglieder hätten eine positive Resonanz gezeigt. Selbst im Falle des Erfolgs eines Antrages nach § 37 BGB könne die Mitgliederversammlung des Weiteren für eine Satzungsänderung genutzt werden, um den Verein auch ohne die zurzeit erforderliche Zustimmung des Antragstellers auflösen zu können. Dies würde zu einer Umgehung seiner Rechte führen. Schließlich müsse die Mitgliederversammlung unter Leitung einer dritten Person stattfinden. Wenn er selbst die Sitzungsleitung übernehme, müsse er mit verbalen Angriffen auf seine Person rechnen. Die bisherigen Vorstandsmitglieder würden dagegen versuchen, die Versammlung in ihrem Sinne zu beeinflussen.
    Nachdem der Befangenheitsantrag gegen die Rechtspflegerin zurückgewiesen worden ist, hat diese den 1. Vorsitzenden J. P. am 10. März 2010 zu der Angelegenheit angehört. Dieser hat erklärt, der Verein sei durch Beschluss der Mitgliederversammlung im August 2007 ohne Gegenstimmen bei drei Enthaltungen aufgelöst worden. Dabei sei auch der Beteiligte anwesend gewesen, nicht aber alle damaligen Mitglieder (bei einer Gesamtmitgliederzahl von etwa 30). Der Beteiligte sei nun Mitglied im Verein (...) und habe darüber auch Zugang zu Ligaspielen. Im Beisein der Rechtspflegerin hat J. P. eine Mitgliederliste erstellt. Danach soll der Verein aktuell vier Mitglieder haben, nämlich neben ihm selbst und dem 2. Vorsitzenden M. K. noch den Kassenwart D. Z. und den Beteiligten.
    Der Beteiligte hat Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten und mit Schriftsatz vom 1. April 2010 beanstandet, die von dem 1. Vorsitzenden P. unter dem Druck eines Zwangsgeldverfahrens gefertigte Liste sei nicht ausreichend. Die spärlichen Angaben belegten, dass der Vorstand im Hinblick auf die Vereinsangelegenheiten nicht handlungsfähig und nicht handlungswillig sei. Anscheinend seien ihm lediglich diese Personen bekannt, für die auch keine Anschriften angegeben worden seien. Es sei nicht zumutbar, ihn (den Beteiligten) sich selbst zu überlassen. Er könne zwar an Ligaspielen teilnehmen, aber nur in der Kreisliga und nicht wie zuvor bei dem betroffenen Verein auf dem Niveau der Bezirks- bzw. Landesliga.
    Durch Beschluss vom 6. Mai 2010 hat das Registergericht den Antrag auf Bestellung eines Notvorstandes und auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zurückgewiesen. Weder fehle dem Betroffenen der erforderliche Vorstand, noch sei ein dringender Fall im Sinne des § 29 BGB gegeben. Im Übrigen könne der Beteiligte bei nur vier Vereinsmitgliedern schon als einzelnes Mitglied einen Antrag nach § 37 BGB stellen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe des Beschlusses vom 6. Mai 2010 verwiesen.
    Gegen den am 25. Mai 2010 zugestellten Beschluss hat der Beteiligte mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 4. Juni 2010 "Erinnerung" eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 1. Juli 2010 begründet. Der Vorstand täusche Handlungsfähigkeit und -willigkeit nur vor und könne nicht einmal eine vollständige Mitgliederliste erstellen. Auf die Beschwerdebegründung wird Bezug genommen.
    Das Registergericht hat der "Erinnerung" durch Beschluss vom 5. Juli 2010 nicht abgeholfen und die Akten dem Landgericht Kiel vorgelegt (dortiges Az. 3 T 219/10).
    Der eingetragene 1. Vorsitzende P. hat mit Schreiben an das Landgericht vom 20. September 2010 erklärt, vor der Auflösung hätten zunächst im Rahmen einer turnusgemäßen Mitgliederversammlung der 1. und der 2. Vorsitzende sowie der Sportwart ihre Ämter niedergelegt. Mangels Kandidaten für die Neubesetzung sei eine neue Sitzung einberufen worden mit dem einzigen Tagesordnungspunkt "Auflösung des Vereins". In dieser sei von den anwesenden Mitgliedern einstimmig die Auflösung beschlossen worden. Wegen des Verhaltens des Kassenwartes sei es nicht möglich gewesen, die Sache vollständig abzuschließen. Wenn nun der Kassenwart in Anspruch genommen würde, wäre dies mit Kosten für die ehemaligen Mitglieder verbunden.
    Der Beteiligte hat mit Schriftsatz vom 17. Dezember 2010 erwidert und an seinem Vortrag zur Unwirksamkeit der Auflösung des Vereins und zur Untätigkeit der Vorstandsmitglieder festgehalten.
    Während die 3. Zivilkammer des Landgerichts das Beschwerdeverfahren betrieben hat, ging das Registergericht irrtümlich davon aus, die Akten seien bei der Vorlage an das Landgericht verlorengegangen. Anfragen, die das Registergericht zur Erstellung einer Ersatzakte an den Beteiligten und die Vorstandsmitglieder richtete, blieben unbeantwortet. Nach Anhörung der eingetragenen Vorstandsmitglieder P., Z. und K. entzog das Registergericht durch Beschluss vom 19. Oktober 2011 dem Verein nach § 73 BGB die Rechtsfähigkeit, weil anzunehmen sei, dass die Mitgliederzahl unter drei herabgesunken sei. Die Mitgliederliste vom 10. März 2010 weise zwar noch vier Mitglieder aus. Der 1. Vorsitzende habe jedoch mitgeteilt, er führe den Verein nicht mehr als Vorstandsmitglied und beabsichtige, aus dem Verein auszutreten. Dies gelte auch für den 2. Vorsitzenden. Das Registergericht führte in dem Beschluss weiter aus, der Verein sei schon bei Erstellung der Mitgliederliste ohne Führung und Vereinstätigkeit gewesen, obwohl die Liste noch zwei Vorstandsmitglieder ausgewiesen habe.
    Die gegen den Beschluss vom 19. Oktober 2011 gerichtete Beschwerde des Beteiligten verwarf der Senat durch Beschluss vom 10. April 2012 (2 W 34/12, Abschrift Bl. 233 ff. d. A.), weil dem Beteiligten insoweit kein Beschwerderecht zustand. Zugleich wies der Senat jedoch darauf hin, dass mit der Verwerfung der Beschwerde des Beteiligten nicht zwangsläufig die formelle Rechtskraft des Beschlusses vom 19. Oktober 2011 feststeht. Die Frist für eine Beschwerde des Betroffenen gegen den Entziehungsbeschluss hätte noch nicht zu laufen begonnen, wenn die eingetragenen Vorstandsmitglieder in Wirklichkeit nicht mehr Vereins- und Vorstandsmitglieder sein sollten und damit noch keine wirksame Zustellung an den Verein erfolgt wäre. Auf den Senatsbeschluss vom 10. April 2012 wird Bezug genommen.
    Das Landgericht hat am 25. April 2012 festgestellt, dass die Antragsschrift vom 26. August 2009 zwar vorab per Telefax eingereicht worden ist, dass auch dies jedoch erst am 1. September 2009 geschehen ist. Nach Anhörung des Beteiligten und des eingetragenen 1. Vorsitzenden ist die Sache an das Oberlandesgericht abgegeben worden. Auf Anfrage des Senats hat der Beteiligte mitgeteilt, dass er selbst sowie das Vereinsmitglied H. S. bereit seien, das Amt des Notvorstands zu bekleiden.
    II.
    Das Rechtsmittel ist zulässig (1.) und hat auch in der Sache Erfolg (2.).
    1.
    Die Beschwerde ist gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässig.
    Das Oberlandesgericht ist nach Art. 111, 112 FGG-RG i. V. m. § 119 Abs. 1 Nr. 1b) GVG in der seit dem 1. September 2009 geltenden Fassung zuständig für die Entscheidung über die Erstbeschwerde. Der Antrag vom 26. August 2009 ist erst am 1. September 2009 beim Registergericht eingegangen. Dementsprechend gelten für das Verfahren bereits die zu diesem Datum in Kraft getretenen Vorschriften des FamFG.
    Der Beteiligte hat auch ein Beschwerderecht. Er ist Antragsteller (vgl. § 59 Abs. 2 FamFG). Auch die Voraussetzungen des § 59 Abs. 1 FamFG sind gegeben. Danach steht die Beschwerde demjenigen zu, der durch den Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Dies ist hier der Fall. Für die Bestellung eines Notvorstandes nach § 29 BGB steht dem Beteiligten in seiner Eigenschaft als Vereinsmitglied ein eigenes Antragsrecht zu (vgl. nur OLG Düsseldorf, Rpfleger 2012, S. 213, im Volltext bei [...]; Palandt-Ellenberger, Bürgerliches Gesetzbuch, 71. Auflage, § 29 Rn. 4). Das einzelne Vereinsmitglied hat ein berechtigtes Interesse daran, die Handlungsfähigkeit des Vereins wieder herzustellen, wenn dies nach Maßgabe des § 29 BGB erforderlich ist. Dementsprechend steht einem Vereinsmitglied in Verfahren betreffend die Bestellung eines Notvorstandes auch ein Beschwerderecht zu (BayObLG, NJW-RR 1997, S. 289 f.; OLG Köln, Rpfleger 2002, S. 569 ff.).
    2.
    Die Beschwerde ist auch zumindest nach jetzigem Stand begründet. Da das Beschwerdegericht nach § 65 Abs. 3 FamFG auch neue Tatsachen zu berücksichtigen hat, kann dementsprechend dahinstehen, ob der angefochtene Beschluss schon nach den seinerzeit (Mai 2010) vorliegenden Tatsachen zu Recht ergangen ist.
    Soweit bei einem Verein die erforderlichen Mitglieder des Vorstands fehlen, sind sie bis zur Behebung des Mangels nach § 29 BGB auf Antrag eines Beteiligten in dringenden Fällen durch das Amtsgericht, das für den Sitz des Vereins das Vereinsregister führt, zu bestellen. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.
    a.
    Dem Betroffenen fehlen die zu seiner Vertretung erforderlichen Vorstandsmitglieder.
    Der Wegfall eines Vereinsmitglieds kann zum Beispiel durch Tod, Krankheit, andauernde Abwesenheit, Amtsniederlegung, Amtsablauf, grundsätzliche Verweigerung der Geschäftsführung oder durch rechtliche Verhinderung bei der Mitwirkung in einzelnen Fällen eintreten (vgl. nur Reuter in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage, § 29 Rn. 8 ff.; Weick in: Staudinger, 2005 § 29 BGB Rn. 7; Krafka/Willer/Kühn, Registerrecht, 8. Auflage, Rn. 2265 - jeweils m. w. N.).
    Dagegen ist das Verfahren nach § 29 BGB kein geeignetes Mittel dafür, Differenzen unter verschiedenen Vereinsmitgliedern oder zwischen dem Vorstand und einem Teil der Vereinsmitglieder zu entscheiden (BayObLG, Rpfleger 1983, S. 74, im Volltext bei [...]).
    Hier sind die zur Vertretung des Vereins satzungsgemäß erforderlichen Vorstandsmitglieder - mindestens einer der beiden Vorsitzenden und ein weiteres Vorstandsmitglied - im Sinne des § 29 BGB weggefallen. Die aktuelle Situation des Betroffenen ist zwar ersichtlich aufgrund persönlicher Differenzen innerhalb der Mitgliederschaft entstanden. Gleichwohl handelt es sich nicht um einen Fall, in dem das Verfahren nach § 29 BGB lediglich zur Streitentscheidung zweckentfremdet werden soll. Vielmehr steht in Folge der Differenzen überhaupt kein handlungsfähiger Vorstand mehr zur Verfügung.
    Dabei spricht bereits nach dem Stand der Entscheidung des Amtsgerichts einiges dafür, dass von einer grundsätzlichen Verweigerung der Geschäftsführung durch alle vier eingetragenen Vorstandsmitglieder auszugehen war. Allein der Umstand, dass ein Vorstandsmitglied mit dem Registergericht auf dessen Aufforderung kooperiert, steht einer solchen Feststellung nicht entgegen. Darauf kommt es hier jedoch nicht an.
    Die Vorstandsmitglieder P., K. und Ö. haben nach dem Vorbringen des eingetragenen 1. Vorsitzenden im Beschwerdeverfahren aus ihrer eigenen Sicht überhaupt keinen Anlass mehr, für den Verein und zur Förderung des Vereinszwecks tätig zu werden. Diese drei Vorstandsmitglieder sollen bereits vor dem Auflösungsbeschluss ihre Ämter niedergelegt haben (Schriftsatz des J. P. vom 20. September 2010, Bl. 185 d. A.). Dazu hat der Beteiligte mit Schriftsatz vom 17. Dezember 2010 zunächst nur ausgeführt, der Vortrag des J. P. unterstreiche die Notwendigkeit, einen Notvorstand einzusetzen (Bl. 200 d. A.). Im Schriftsatz vom 8. Juli 2011 hat er dann den Rücktritt bestritten (Bl. 213 f. d. A.).
    Für die Frage, ob ein Notvorstand zu bestellen ist, ist es indes nicht von Bedeutung, ob die Vorstandsmitglieder P., K. und Ö. wirksam zurückgetreten sind oder nicht. Das Gericht hat nicht zu beurteilen, ob sie ihre Tätigkeit für den Verein zu Recht eingestellt haben. Erst recht hat der Senat nicht darüber zu befinden, wer für die eingetretene Situation verantwortlich ist. Zur Bestellung eines Notvorstandes genügt es, dass die noch eingetragenen Vorstandsmitglieder P., K. und Ö. selbst von einem wirksamen Rücktritt ausgehen und daher nicht mehr für die Vertretung und Geschäftsführung des Vereins zur Verfügung stehen.
    Das weitere Vorstandsmitglied, der Kassenwart D. Z., hat zwar offenbar nicht ausdrücklich seinen Rücktritt erklärt. Vielmehr soll er nach dem insoweit im Kern übereinstimmenden Vorbringen des Beteiligten und der weiteren Vorstandsmitglieder seine Aktivitäten eingestellt haben und möglicherweise mit der Kasse "untergetaucht" sein. Darin liegt jedenfalls eine faktische Verweigerung jeglicher Vorstandstätigkeit. Ferner wäre das Vorstandsmitglied Z. in entscheidenden Angelegenheiten schon deshalb an der Vertretung des Vereins gehindert, weil es darum geht, den Verbleib des Vereinsmögens zu klären und den Kassenwart ggf. in Anspruch zu nehmen.
    Im Übrigen ist anzumerken, dass nach den Feststellungen des Registergerichts im Beschluss vom 19. Oktober 2011 über die Entziehung der Rechtsfähigkeit jedenfalls die erforderlichen Vorstandsmitglieder fehlen würden. Danach soll es außer dem Beteiligten, der nicht Vorstandsmitglied ist, noch maximal ein weiteres Vereinsmitglied geben. Aus der am 10. März 2010 erstellten Liste wäre dies der Kassenwart D. Z., wenn der 1. und der 2. Vorsitzende ausgetreten sein sollten. Gemäß § 4 Nr. 2 b der Satzung des Betroffenen endet das Amt eines Vorstandsmitgliedes aber mit der Beendigung der Vereinsmitgliedschaft. Die Feststellungen im hier angefochtenen Beschluss vom 6. Mai 2010 einerseits und im Beschluss vom 19. Oktober 2011 andererseits widersprechen einander insoweit. Das hat die zuständige Rechtspflegerin offenbar erkannt. Laut Vermerk vom 20. Februar 2012 hat sie dem Bevollmächtigten des Beteiligten telefonisch in Aussicht gestellt, über einen neuen Antrag auf Bestellung eines Notvorstandes positiv zu entscheiden, wenn der bereits gestellte Antrag zurückgenommen werde.
    b.
    Des Weiteren liegt jedenfalls nach aktuellem Stand ein dringender Fall im Sinne des § 29 BGB vor. Ein solcher ist gegeben, wenn ein sofortiges Einschreiten erforderlich ist, um Schaden zu vermeiden, oder wenn eine notwendige Handlung nur sofort vorgenommen werden kann und das fehlende Vorstandsmitglied auf satzungsmäßige Weise nicht oder nicht rechtzeitig bestellt werden kann (vgl. nur OLG Frankfurt, Rpfleger 2001, S. 241 f.; Krafka/Willer/Kühn, a. a. O., Rn. 2265, m. w. N.).
    Der Betroffene befindet sich in einer derartigen Situation. Nach dem eigenen Vorbringen des Beteiligten im Schriftsatz vom 16. Oktober 2009 stellt es sich zwar so dar, dass er in erster Linie seine eigenen Interessen verfolgt und unter den weiteren Mitgliedern mit seinem Wunsch nach einer Erhaltung des Vereins gerade nicht auf ernsthafte Resonanz gestoßen ist. Erst in seinem Schriftsatz vom 15. Dezember 2011 (Beschwerde gegen den Beschluss vom 19. Oktober 2011) beruft er sich auf angeblich bestehenden Rückhalt bei anderen Vereinsmitgliedern. Dies bedarf jedoch keiner weiteren Aufklärung.
    Dem Betroffenen droht nämlich schon deshalb Schaden, weil das Registergericht den Beschluss vom 19. Oktober 2011 über die Entziehung der Rechtsfähigkeit gefasst hat. Der Senat hat bereits im Beschluss vom 10. April 2012 ausgeführt, dass der Beschluss vom 19. Oktober 2011 nach den darin getroffenen Feststellungen wohl nicht ohne Bestellung und Anhörung eines Notvorstandes hätte ergehen dürfen. Ferner wäre für die Zustellung des Beschlusses ggf. von Amts wegen ein Notvorstand zu bestellen, damit die Entscheidung formell rechtskräftig werden kann. Jedenfalls nach dem jetzigen Stand des Verfahrens können die Voraussetzungen für die Bestellung eines Notvorstandes auf Antrag des Beteiligten nicht mehr verneint werden.
    c.
    Der Bestellung steht es auch nicht entgegen, dass der Beteiligte zunächst keine bestimmten Personen als Mitglieder des Notvorstandes vorgeschlagen hat. Der Antragsteller kann bestimmte Personen vorschlagen, muss es aber nicht (Krafka/Willer/Kühn, a. a. O., Rn. 2266). Die Auswahl eines zu bestellenden Notvorstandes obliegt dem Gericht. Dieses ist verpflichtet, eine unparteiische Person zu bestellen, und dabei an Anträge der Beteiligten nicht gebunden (OLG München, FGPrax 2007, S. 281 ff.). Unter den vorgeschlagenen Personen kann das Gericht auswählen, aber auch nach pflichtgemäßem Ermessen eine dritte Person bestellen (Krafka/Willer/Kühn, a. a. O.).
    Hier erscheint es wegen der besseren Erkenntnismöglichkeiten vor Ort hinsichtlich des für die Bestellung als Notvorstand in Betracht kommenden Personenkreises als sachgerecht, dass das Amtsgericht die Auswahl trifft. Dabei ist Folgendes zu beachten:
    (1)
    Der Beteiligte selbst kommt als Mitglied des Notvorstandes jedenfalls nicht in Betracht. Er ist nicht unparteiisch. Es ist zu erwarten, dass er als Notvorstand den Schwerpunkt seiner Tätigkeit darin sehen würde, diejenigen Personen zur Rechenschaft zu ziehen, die er als verantwortlich für die aktuelle Situation des Betroffenen ansieht. Der Notvorstand muss dagegen die Interessen des Betroffenen in den Vordergrund stellen und dabei angemessen auf die möglicherweise gegenläufigen Interessen der einzelnen Vereinsmitglieder Rücksicht nehmen.
    (2)
    Für den Betroffenen sind (mindestens) zwei Personen als Mitglieder des Notvorstandes zu bestellen. Die Satzung des Betroffenen sieht eine Gesamtvertretung durch zwei Vorstandsmitglieder vor. Handlungsfähige und handlungsbereite Vorstandsmitglieder sind bei ihm nicht mehr vorhanden.
    Allerdings ist umstritten, ob das Gericht in solchen Fällen zwingend so viele Mitglieder zur Ergänzung des Vorstandes zu bestellen hat, wie es nach der Satzung zur Vertretung des Vereins erforderlich ist (dafür Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein, 19. Auflage, Rn. 299; dagegen Stöber, Handbuch zum Vereinsrecht, 9. Auflage, Rn. 352 Krafka/Willer/Kühn, a. a. O., Rn. 2267 - jeweils unter Berufung auf KG, OLGZ 1965, 332 und OLGZ 1968, 200/207; Stöber ferner unter Berufung auf BayObLG, NJW-RR 1999, S. 1259/1261; OLG Köln, Rpfleger 2002, S. 569/571).
    Für eine Bestellung der nach der Satzung erforderlichen Zahl an Mitgliedern spricht, dass ansonsten ein gerichtlich bestelltes Vorstandsmitglied mehr Befugnisse hätte als ein von der Mitgliederversammlung des betroffenen Vereins gewähltes (Sauter/Schweyer/Waldner, a. a. O.). Außerdem werden die zitierten gerichtlichen Entscheidungen im Wesentlichen zu Unrecht zur Begründung der Gegenauffassung herangezogen, wonach die in der Satzung vorgesehene Gesamtvertretung schon bei der Auswahl des Notvorstandes nicht beachtet werden müsse.
    Das Kammergericht neigt in seiner Entscheidung aus dem Jahre 1965 vielmehr gerade der Auffassung zu, dass bei satzungsmäßiger Gesamtvertretung so viele Vorstandsmitglieder einzusetzen seien, wie an der zur Vertretung erforderlichen Anzahl fehlen (OLGZ 1965, 332, 334). Dies sollte im dort zu entscheidenden Fall lediglich nicht die Konsequenz haben, dass die gleichwohl als alleiniger Notvorstand bestellte Person keine Vertretungsmacht erlangt habe. Die Bestellung sei als rechtsgestaltende Verfügung, wenn sie wirksam geworden und nicht nichtig sei, grundsätzlich für alle Behörden bindend und der Nachprüfung durch andere Gerichte der streitigen und freiwilligen Gerichtsbarkeit entzogen (KG, a. a. O.). In seiner Entscheidung aus dem Jahre 1967 hat das Kammergericht auf die Entscheidung aus dem Jahre 1965 Bezug genommen und wiederum auf die rechtsgestaltende Kraft der Verfügung des Registergerichts abgestellt (OLGZ 1968, 200, 207).
    In beiden Fällen hatte das Kammergericht nicht über die Bestellung des Notvorstandes zu entscheiden, sondern nur über die Vertretungsmacht der bestellten Person in einem anderen Verfahren. Auch wenn man aber mit dem Kammergericht die Vertretungsmacht der bestellten Person bejaht, bedeutet dies nach Auffassung des Senats nicht, dass das Gericht sich schon bei der Bestellung des Notvorstandes bewusst über die Anordnung der Gesamtvertretung in der Satzung hinwegsetzen darf.
    Das Bayerische Oberste Landgericht hat in der zitierten Entscheidung aus dem Jahre 1998 (NJW-RR 1999, S. 1259 ff.) ebenfalls nicht die Auffassung vertreten, bei satzungsmäßig vorgeschriebener Gesamtvertretung müsse nur eine Person als Notvorstand bestellt werden, wenn keine Vorstandsmitglieder mehr vorhanden seien. Die Entscheidung betraf einen Fall, in dem die Satzung einer GmbH die Erteilung von Einzelvertretungsbefugnis vorsah (a. a. O., S. 1261). In einer Entscheidung aus dem Jahre 1989 hat das Bayerische Oberste Landesgericht ausdrücklich ausgeführt, dass in Fällen, in denen die Satzung einen mehrgliedrigen Vorstand vorsehe, so viele Vorstandsmitglieder einzusetzen seien, wie an der zur Beschlussfassung oder Vertretung erforderlichen Anzahl fehlen (BayObLGZ 1989, 298). In dem dort zugrunde liegenden Fall musste danach nur deshalb lediglich eine Person als Notvorstand bestellt werden, weil diese mit der unstreitig noch handlungsfähigen Schriftführerin zusammen vertretungsberechtigt war.
    Da hier alle Vorstandsmitglieder weggefallen sind, ist ein aus zwei Personen bestehender Notvorstand zu bestellen.
    (3)
    Im Übrigen ist dies auch unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Falls sachgerecht und wäre selbst dann geboten, wenn man grundsätzlich auch die Bestellung einer einzelnen, alleinvertretungsberechtigten Person zulassen wollte.
    Es ist hier zunächst unumgänglich, dass jedenfalls ein neutrales und außerhalb des Vereins stehendes Mitglied des Notvorstandes bestellt wird. Dieses muss über die erforderliche Sachkunde verfügen, um die notwendigen Feststellungen zur Wirksamkeit der bisherigen Mitgliederbeschlüsse und der erfolgten Amtsniederlegungen zu treffen sowie sachgerecht über das weitere Vorgehen gegenüber Dritten zu entscheiden. Letzteres ist hier schwierig, da der Verein offenbar mittellos ist und die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 116 S. 1 Nr. 2 ZPO kaum vorliegen werden.
    Außerdem ist es sachgerecht, wenn eine Person aus dem Kreis der Mitglieder des Betroffenen bestellt wird und ihre Kenntnisse über das bisherige Geschehen und über die Mitgliederschaft des Betroffenen einbringt.
    (4)
    Der Beteiligte wird bereits jetzt vorsorglich darauf hingewiesen, dass nur solche Personen als Mitglieder des Notvorstandes bestellt werden können, die zur Übernahme des Amtes bereit sind. Findet sich trotz Ausschöpfung der gebotenen Ermittlungsmöglichkeiten keine geeignete und zur Übernahme des Amtes bereite Person, ist der Antrag auf Bestellung des Notvorstandes im Ergebnis zurückzuweisen (OLG München, FGPrax 2007, S. 281 ff.). Ferner wird der Beteiligte bereits jetzt darauf hingewiesen, dass ein Notvorstand keinen Vergütungsanspruch gegen den Staat erwirbt, sondern nur gegen den Verein (vgl. nur Palandt-Ellenberger, a. a. O., § 29 Rn. 9). Der Beteiligte hat auch keinen Anspruch darauf, dass der Staat die Kosten für den zu bestellenden Notvorstand übernimmt.
    3.
    Dem Beteiligten war auf seinen Antrag nach §§ 76 Abs. 1 FamFG, 114, 115 ZPO Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen. Die Rechtsverfolgung durch den Beteiligten hat hinreichende Aussicht auf Erfolg, und er ist nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage, die Verfahrenskosten aufzubringen. Wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage war ihm nach § 78 Abs. 2 FamFG sein Bevollmächtigter beizuordnen.
    4.
    Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf §§ 131 Abs. 4, 30 Abs. 2 S. 1 KostO. Gründe für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 70 FamFG bestehen nicht.