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  • 26.01.2016 · IWW-Abrufnummer 146232

    Sozialgericht Stuttgart: Beschluss vom 01.04.2015 – S 2 AS 790/15 ER

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Az.: S 2 AS 790/15 ER

    SOZIALGERICHT STUTTGART

    Beschluss

    in dem Rechtsstreit

    xxx

    Die 2. Kammer des Sozialgerichts Stuttgart
    hat am 1.4.2015 durch
    die Richterin am Sozialgericht ......

    ohne mündliche Verhandlung beschlossen:

    Der Antrag wird abgelehnt.

    Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

    Gründe

    I.

    Die Antragstellerin wendet sich im Wesentlichen noch gegen die Absenkung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Sie begehrte zudem die Gewährung von (höheren) Kosten der Unterkunft und Heizung.

    Die 1958 geborene, erwerbsfähige Antragstellerin bezieht vom Antragsgegner Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II.

    Mit Bescheid vom 4.11.2014 waren ihr Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Dauer vom 1.11.2014 bis 30.4.2015 bewilligt worden.

    Mit Schreiben vom 20.11.2014 wurde die Antragstellerin zu einem Gespräch am 27.11.2014 um 10.00 Uhr beim Antragsgegner eingeladen. Man wolle mit der Antragstellerin ihre aktuelle persönliche Situation besprechen. In dem Schreiben wies der Antragsgegner darauf hin, dass bei Nichterscheinen ohne wichtigen Grund das Arbeitslosengeld II um 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs für die Dauer von drei Monaten gemindert werde.

    Zu diesem Termin ist Antragstellerin nicht erschienen.

    Mit Schreiben vom 28.11.2014 ist die Antragstellerin zur beabsichtigten Sanktion vom Antragsgegner angehört worden.

    Die Antragstellerin erklärte daraufhin am 22.12.2014, dass sie am 21.11.2014 bei einem Bewerbungsgespräch in Pforzheim gewesen sei. Das Ergebnis sei vielversprechend gewesen. Sie habe außerdem einige Arztbesuche gehabt und sei für ihr Ehrenamt tätig gewesen. Sie habe die Einladung daher übersehen.

    Mit dem Sanktions- und Änderungsbescheid vom 13.1.2015 minderte der Antragsgegner dann im Zeitraum vom 1.2.2015 bis 30.4.2015 die Leistungen der Antragstellerin um 10 Prozent des maßgebenden Regelsatzes, mithin um 39,90 Euro, da die Antragstellerin trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen zu dem Meldetermin am 27.11.2014 nicht erschienen sei. Der vorangegangene Bewilligungsbescheid vom 4.11.2015 werde insoweit für die Dauer vom 1.2.2015 bis 30.4.2015 nach § 48 SGB X aufgehoben.

    Gegen diesen Bescheid wurde bislang beim Antragsgegner kein Widerspruch erhoben.

    Mit Schreiben vom 4.2.2015, eingegangen bei Gericht am selben Tag hat die Antragstellerin einen Antrag auf „Einstweilige Verfügung“ gestellt. Sie hat vorgetragen, dass sie beantrage, dass der Antragsgegner die Sanktion zurückziehe. Die Kürzungen des Lebensunterhaltes für Bezieher von Arbeitslosengeld II seien unrechtmäßig.

    Der Antragsgegner hat mit Schreiben vom 6.2.2015 erwidert, dass der Sanktionsbescheid rechtmäßig sei. Ein wichtiger Grund habe nicht vorgelegen. Die Antragstellerin sei ordnungsgemäß über die Rechtsfolgen belehrt worden. Man beantrage, den Antrag abzulehnen.

    Die Antragstellerin hat zudem am 9.3.2015 mitgeteilt, dass sie umgezogen sei. Der Antragsgegner übernehme jedoch die Miete nicht.

    Der Antragsgegner hat daraufhin am selben Tag mitgeteilt, dass selbstverständlich die Mietkosten übernommen würden. Er hat den Änderungsbescheid vom 9.3.2015 vorgelegt, mit dem ab 1.2.2015 (anteilig) monatlich Kosten der Unterkunft in Höhe von 560,00 Euro bewilligt worden sind.

    Mit Schreiben vom 19.3.2015 hat die Antragstellerin weiter mitgeteilt, dass im Februar 22,50 Euro zu wenig und im März 45,00 Euro zu wenig bewilligt worden seien. Es handle sich hierbei um die Grundservicepauschale, die sie laut Mietvertrag ebenfalls zu tragen habe. Bezüglich des Sanktionsbescheides hat sie ergänzend vorgetragen, dass sie den Termin wegen ihres Ehrenamtes verpasst habe. Zudem sei eine Einladung nicht bindend. Der Brief hätte mit „Vorladung“ überschrieben sein müssen. Die Sanktion verstoße zudem gegen das Grundgesetz, da der Staat verpflichtet sei, dem Hilfebedürftigen ein menschenwürdiges Existenzminimum zu gewähren.

    Der Antragsgegner hat am 25.3.2015 den Änderungsbescheid vom selben Tag vorgelegt. Mit diesem ist der Antragstellerin ab 15.2.2015 die monatliche Grundservicepauschale in Höhe von monatlich 45,00 Euro bewilligt worden.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten im vorliegenden Verfahren sowie die vom Antragsgegner vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

    II.

    Der Antrag hat keinen Erfolg.

    1. Soweit die Antragstellerin sich gegen den Sanktionsbescheid wendet, kann dahinstehen, ob der Antrag bereits unzulässig (geworden) ist. Er ist zumindest unbegründet.

    Der Antrag der Antragstellerin ist dahingehend auszulegen, dass mit ihm die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs/ einer Klage gegen den Bescheid vom 13.1.2015 angeordnet werden soll.
    Widerspruch und Klage gegen den Absenkungsbescheid vom 13.1.2015 entfalten nämlich nach § 86 a Abs. 2 Nr. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 39 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) nicht bereits von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 31.07.2006, Az. L 13 AS 1709/06 ER-B). Wird die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs bzw. der Klage gegen den Absenkungsbescheid gemäß § 86 b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG angeordnet, erreicht die Antragstellerin die von ihr begehrte vorläufige Weitergewährung der Regelleistung in bisher bewilligter Höhe.

    Nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache in Fällen wie dem vorliegenden, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage gemäß § 86 a Abs. 2 SGG keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; sofern der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden ist, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen (§ 86 b Abs. 1 Satz 2 SGG). Ein solcher Antrag ist begründet, wenn eine Interessenabwägung ergibt, dass dem privaten Interesse des Antragstellers an der Herstellung der aufschiebenden Wirkung gegenüber dem (durch den Antragsgegner vertretenen) Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung der Vorrang zu geben ist. Dabei ist zu beachten, dass der Gesetzgeber grundsätzlich die sofortige Vollziehung angeordnet hat. Davon abzuweichen besteht nur Anlass, wenn im Einzelfall gewichtige Argumente für eine Umkehr des gesetzgeberisch angenommenen Regelfalls sprechen, d.h. besondere Umstände vorliegen, die ausnahmsweise das Privatinteresse des vom Verwaltungsakt Belasteten in den Vordergrund treten lassen (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 86b Rn. 12 c m.w.N.). Ein wesentliches Kriterium bei der Interessenabwägung ist die nach vorläufiger Prüfung der Rechtslage zu bewertende Erfolgsaussicht des Rechtsbehelfs in der Hauptsache (Keller, a.a.O., § 86 b Rn. 12, 12 e), wobei beachtet werden muss, dass für die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsaktes ein besonderes Interesse erforderlich ist, das über jenes hinausgeht, das den Verwaltungsakt selbst rechtfertigt (BVerfG, B.v. 30.10.2009 - 1 BvR 2395/09 -). Hat die Hauptsache offensichtlich Aussicht auf Erfolg, ist die aufschiebende Wirkung in der Regel anzuordnen, weil am Vollzug eines rechtswidrigen Bescheides in der Regel kein öffentliches Interesse besteht (Keller, a.a.O., § 86 b Rn. 12 f). Bei einem als rechtmäßig zu beurteilenden Bescheid hingegen ist das öffentliche Interesse am Vollzug regelmäßig vorrangig. Sind die Erfolgsaussichten nicht in dieser Weise abschätzbar, d.h. ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen, so ist jedenfalls in Fällen, in denen wie vorliegend, existenzsichernde Leistungen in Frage stehen und damit die Wahrung der Würde des Menschen berührt wird, eine Folgenabwägung vorzunehmen, die auch Fragen des Grundrechtsschutzes einbezieht (vgl. BVerfG, B.v. 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 -).

    Unter Anwendung dieser Kriterien hat der vorliegende Antrag keinen Erfolg, denn das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin überwiegt nicht das Vollzugsinteresse des Antragsgegners.

    Es kann vorliegend dahinstehen, ob dem Antrag bereits deshalb das Rechtsschutzbedürfnis fehlt, weil der Bescheid vom 13.1.2015 bestandskräftig geworden ist. Denn einem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz fehlt es grundsätzlich am Rechtschutzinteresse, wenn das im Eilverfahren durchzusetzende Interesse im Hauptsachverfahren nicht mehr durchgesetzt werden kann, weil der streitbefangene Verwaltungsakt in Bestandskraft erwachsen ist (vgl. LSG Baden- Württemberg, Beschlüsse vom 26.03.2008, Az.: L 8 AS 364/08 ER-B; vom 22.01.2008. Az.: L 8 AS 4919/07 ER-B und vom 05.12.2007, Az.: L 4481/07 ER-B; SG Düsseldorf, Beschluss vom 19.01.2007, Az.: S 28 SO 57/06 ER). Gegen den Bescheid vom 13.1.2015 hat die Antragstellerin beim Antragsgegner keinen Widerspruch erhoben. Dass Gericht kann dahinstehen lassen, ob ggf. das Schreiben der Antragstellerin an das Gericht vom 4.2.2015, mit dem sie die Überprüfung des Sanktionsbescheides begehrt, als Widerspruch gegen den Bescheid vom 13.1.2015 zu werten ist.

    Denn zumindest hätte der Rechtsbehelf in der Hauptsache keinen Erfolg, da der Absenkungsbescheid vom 13.1.2015 nach vorläufiger Prüfung rechtmäßig ist. Der Antragsgegner hat zu Recht den maßgebenden Regelbedarf der Antragstellerin im Zeitraum vom 01.02.2015 bis 30.4.2015 um 10 Prozent gemindert.

    Gemäß § 32 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 2, § 31 b SGB II in der ab dem 1. April 2011 geltenden Fassung mindert sich das Arbeitslosengeld II jeweils um 10 Prozent des für den betreffenden Hilfesuchenden nach § 20 SGB II maßgebenden Regelbedarfs, wenn dieser trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen einer Aufforderung zur Meldung beim zuständigen Leistungsträger ohne wichtigen Grund nicht nachkommt. Dabei mindert sich der Auszahlungsanspruch mit Beginn des Kalendermonats, der auf das Wirksamwerden des betreffenden feststellenden Verwaltungsaktes folgt, für die Dauer von drei Monaten.

    Die Antragstellerin ist unstreitig nicht zum Meldetermin erschienen. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin war aus dem Einladungsschreiben vom 20.11.2014 aber klar erkennbar, dass sie verpflichtet ist, zu diesem Termin zu erscheinen. Denn die Meldeaufforderung war mit einer ordnungsgemäßen Rechtsfolgenbelehrung versehen. Die Wirksamkeit einer solchen Rechtsfolgenbelehrung setzt nach der Rechtsprechung des BSG voraus, dass sie im Einzelfall konkret, richtig und vollständig ist und zeitnah im Zusammenhang mit dem jeweils geforderten Verhalten erfolgt, sowie dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in verständlicher Form erläutert, welche unmittelbaren und konkreten Auswirkungen sich aus der Weigerung des geforderten Verhaltens für ihn ergeben, wenn für diese kein wichtiger Grund vorliegt. Diese strengen Anforderungen ergeben sich aus der Funktion der Rechtsfolgenbelehrung, den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen hinreichend über die gravierenden Folgen des Nichterscheinens ohne wichtigen Grund zu informieren und ihn in allgemeiner Form vorzuwarnen; denn nur eine verständliche Rechtsfolgenbelehrung kann die mit den Sanktionen verfolgte Zweckbestimmung, das Verhalten des Hilfebedürftigen zu steuern, verwirklichen (vgl. BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 30/09 R - RdNr 22 ff und BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 14 AS 53/08 R - RdNr 19 ff, BSGE 105, 297, jeweils m.w.N.).

    Diesen Anforderungen genügt die im Einladungsschreiben enthaltene Rechtsfolgenbelehrung. Sie bezieht sich ausdrücklich nur auf die konkreten Rechtsfolgen bei Meldeversäumnis, sodass die Antragstellerin die Konsequenzen eines Meldeversäumnis auch hinsichtlich der Höhe der Minderung erkennen konnte.

    Die Antragstellerin hatte auch keine wichtigen Gründe für ihr Nichterscheinen zu den Meldeterminen. Nach § 32 Abs. 1 Satz 2 SGB II scheidet eine Sanktionierung wegen der Verwirklichung eines Sanktionstatbestandes aus, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige einen wichtigen Grund für sein Verhalten "nachweist". Wichtige Gründe iS des § 32 Abs. 2 Satz 1 SGB II können alle Umstände des Einzelfalls sein, die unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Hilfebedürftigen in Abwägung mit etwa entgegenstehenden Belangen der Allgemeinheit das Verhalten des Hilfebedürftigen rechtfertigen.

    Die von der Antragstellerin vorgetragenen Gründe, genügen diesen Kriterien nicht. Dass sie den Termin aufgrund ihres Ehrenamtes verpasst hat, ist nicht ausreichend. Die Antragstellerin war durch ihr Ehrenamt nämlich nicht zwangsläufig durch äußere, unabwendbare oder schwerwiegende Umstände gehindert, sich am vorgesehenen Tag beim Antragsgegner am angegebenen Ort zu melden. Es ist zwar begrüßenswert, dass die Antragstellerin ehrenamtlich engagiert. Dieses Amt übt sie jedoch freiwillig aus. Dagegen ist sie als Bezieherin von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes verpflichtet, jederzeit an der Beseitigung ihrer Hilfebedürftigkeit mitzuwirken und sich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stellen. Hierzu gehören gerade auch „vorbereitende Maßnahmen“, wie Termine beim Antragsgegner wahrzunehmen, um die aktuelle berufliche Situation zu besprechen. Auch das von ihr erwähnte vorherige Bewerbungsgespräch, dass vielversprechend gewesen sei, entbindet die Antragstellerin nicht von der Verpflichtung, beim Antragsgegner zu erscheinen. Sie hätte im Gegenteil gerade hiervon bei dem Gespräch berichten können.

    Soweit die Antragstellerin weiter vorträgt, die Minderung des Arbeitslosengeldes II verstoße gegen das Grundgesetz und Menschenrechte, führt dies zu keinen anderen Ergebnis. Das Gericht hat keine verfassungsrechtlichen Bedenken bezüglich der Absenkung des für die Antragstellerin maßgebenden Regelsatzes um 10 Prozent für die Dauer von drei Monaten.
    Die für eine Verletzung der Meldepflicht vorgesehenen Sanktionen sind wegen der damit verbundenen Absenkung des Leistungsniveaus vorliegend allein an dem aus Art 1 Abs 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip des Art 20 Abs 1 GG hergeleiteten Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums zu messen (BVerfG Urteil vom 9.2.2010, Az: 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09; BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 7.7.2010, Az:1 BvR 2556/09 -). Die gesetzlich geregelten Absenkungsmöglichkeiten sind als ein dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit staatlichen Handelns genügender Ausdruck der verfassungsrechtlich bestehenden Selbsthilfeobliegenheit als Kehrseite der Gewährleistungspflicht des Staates anzusehen (vgl. BSG Urteil vom 09.11.2010, AZ: B 4 AS 27/10 R,).

    Die Verfassungsmäßigkeit des geltenden Sanktionsrechts ergibt sich schließlich auch daraus, dass der Gesetzgeber selbst bei einem - hier nicht vorliegenden - vollständigen Wegfall der Leistungen eine "letzte Grundversorgung" sicherstellt. Durch ein differenziertes Regelungssystem wahrt der Gesetzgeber das Existenzminimum des Betroffenen (LSG Berlin- Brandenburg, Urteil vom 28.8.2013, Az: L 34 AS 224/13).

    Der Antragsgegner hat mit dem Sanktionsbescheid auch den ursprünglichen Bewilligungsbescheid vom 4.11.2014 für die Dauer der Sanktion nach § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) aufgehoben, so dass auch dieser Bescheid der Antragstellerin. daher keinen Leistungsanspruch auf weitere 39,90 Euro Regelbedarf einräumt (vgl. zum Erfordernis einer Aufhebung BSG vom 17.12.2009, B 4 AS 30/09 R und vom 15.12.2010, B 14 AS 92/09 R; Knickrehm/Hahn in Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, Rdnr. 7 zu § 31b mwN).

    2. Soweit die Antragstellerin (weitere) Kosten der Unterkunft und Heizung begehrt, ist der Antrag zumindest unzulässig geworden. Ein solcher Antrag wäre als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Sinne des § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG statthaft . Die Antragstellerin begehrte hier die Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis, nämlich die Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung von (weiteren) Kosten der Unterkunft und Heizung für die neue Unterkunft. Statthaft wäre somit ein Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung im Sinne der genannten Norm.

    Nachdem der Antragsgegner jedoch mit den Bescheiden vom 9.3.2015 und vom 25.3.2015 die vollen Kosten der Unterkunft und Heizung übernommen hat, fehlt der Antragstellerin das auch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Die Antragstellerin ist klaglos gestellt worden und nicht mehr beschwert. Dass weitere Kosten der Unterkunft und Heizung von der Antragstellerin begehrt werden, ist nicht ersichtlich.

    Jede Rechtsverfolgung, auch im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, setzt aber ein Rechtsschutzbedürfnis voraus. Dieses ist zu verneinen, wenn - wie hier - die begehrte gerichtliche Entscheidung die rechtliche oder wirtschaftliche Stellung der Antragsteller nicht verbessern würde (vgl. BSG, Urteil vom 24.06.1998, Az. B 9 SB 17/97 R).

    Der Antrag war daher abzulehnen.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG in entsprechender Anwendung.

    Rechtsbehelfsbelehrung

    Dieser Beschluss kann mit der Beschwerde an das Landessozialgericht Baden-Württemberg angefochten werden (§ 172 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
    Die Beschwerde ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Beschlusses schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle beim Sozialgericht Stuttgart, Theodor-Heuss-Str. 2, 70174 Stuttgart, einzulegen (§ 173 S. 1 SGG). Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist beim Landessozialgericht Baden-Württemberg, Hauffstr. 5, 70190 Stuttgart - Postfach 10 29 44, 70025 Stuttgart -, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird (§ 173 S. 2 SGG).