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  • 28.11.2017 · IWW-Abrufnummer 197893

    Finanzgericht Berlin-Brandenburg: Urteil vom 13.09.2017 – 2 K 2164/15

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Berlin-Brandenburg

    Urt. v. 13.09.2017

    Az.: 2 K 2164/15

    In dem Rechtsstreit
    des ... e.V.,
    vertreten durch die Vorstandsmitglieder ...,
    Kläger,
    bevollmächtigt: ...,
    gegen
    das Finanzamt ...,
    Beklagter,

    wegen Umsatzsteuervorauszahlung Juni 2014

    hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg - 2. Senat - aufgrund mündlicher Verhandlung vom 13. September 2017 durch
    den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht ...,
    den Richter am Finanzgericht ... und
    den Richter am Finanzgericht ...
    sowie die ehrenamtlichen Richter ...

    für Recht erkannt:

    Tenor:

    Unter Änderung des Bescheids vom 09.08.2017 wird die Umsatzsteuer für Juni 2014 auf ... € festgesetzt.

    Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

    Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

    Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abzuwenden, wenn der Kläger nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

    Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig.

    Gegen das Urteil wird die Revision zugelassen.

    Tatbestand

    Streitig ist, ob dem Kläger im Rahmen der Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für Juni 2014 der Vorsteuerabzug in vollem Umfang zusteht, weil er, wie er geltend macht, ausschließlich zum Vorsteuerabzug berechtigende steuerbare Leistungen gegenüber seinen Mitgliedern für deren Mitgliederbeiträge erbringe.

    Der Kläger ist der Berufsverband der ... [Wirtschaftsbranche]. Er wurde im Jahr ... gegründet .... Der Kläger hat die Rechtsform eines eingetragenen Vereins - e. V. - mit Sitz in B. Er unterhält ... Geschäftsstellen, u.a. in .... Mit der Aufnahme seiner Tätigkeit ging der Kläger davon aus, vollständig unternehmerisch tätig zu sein.

    Die Mitglieder des Klägers sind vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmen und Verbände der ... [Wirtschaftsbranche]. Die Mitgliedschaft ist freiwillig. Eine Mitgliedschaft entbindet nicht von Pflichtmitgliedschaften in Berufskammern, z. B. der IHK.

    Nach ... seiner Satzung (beschlossen in der Mitgliederversammlung vom ...) ist der Kläger die Interessenvertretung der ... [Wirtschaftsbranche] auf Bundesebene und in ... internationalen Organisationen .... Er hat die Aufgabe, seine Mitglieder in ... politischen sowie fachlichen Fragen ... zu vertreten und bei ihren wirtschaftlichen Zielen zu unterstützen, soweit sich diese nicht auf den Bereich eines angeschlossenen Landesverbandes beschränken. Der Kläger ... führt unter seinen Mitgliedern und mit anderen Organisationen der ... [Wirtschaftsbranche] fortlaufend einen Meinungs- und Erfahrungsaustausch durch. Der Kläger verfolgt nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Interessen. Er vertritt keine Individual- oder Mehrheitsinteressen einzelner oder mehrerer Mitglieder, die nicht mit den Interessen der gesamten ... [Wirtschaftsbranche] im Einklang stehen. Insbesondere ist es ihm untersagt, die Interessen eines oder mehrerer Mitglieder gegenüber einem Wettbewerber unmittelbar oder mittelbar zu vertreten bzw. durchzusetzen. Ziel der Verbandsarbeit des Klägers ist nach ... der Satzung die Verbesserung der politischen und gesellschaftlichen Wahrnehmung und der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Unternehmen der ... [Wirtschaftsbranche] in Deutschland.

    Die einzelnen Handlungsfelder des Klägers sind im Anhang ... zur Satzung festgeschrieben. Danach verfolgt der Kläger ... [Lobbyarbeit für die Wirtschaftsbranche] ..., aktive Mitarbeit in Prozessen zur Gestaltung von Gesetzen ..., Fortbildungsveranstaltungen ..., ... [Öffentlichkeitsarbeit für die Wirtschaftsbranche] ....

    Ordentliche Mitglieder des Klägers können die Unternehmen (juristische und natürliche Personen) der ... [Wirtschaftsbranche] sowie Wirtschafts-, Arbeitgeber- und Fachverbände ... auf Bundeslandebene ... werden. ... Jedes Mitglied hat nach ... der Satzung das Recht zur ordentlichen Kündigung.

    Die Finanzierung des Klägers erfolgt nach ... der Satzung durch Mitgliedsbeiträge, zu deren Zahlung die Mitglieder ... entsprechend der Beitragsordnung verpflichtet sind. Nach der ... Beitragsordnung verstehen sich die Mitgliedsbeiträge netto und werden zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer in Rechnung gestellt. Die Mitgliedsbeiträge ... errechnen sich nach den wirtschaftlichen Verhältnissen der Mitglieder ....
    Der Kläger ist nicht als gemeinnützig im Sinne der §§ 51 ff. Abgabenordnung - AO - anerkannt. Bei der Berechnung der Umsatzsteuer für das Jahr 2014 unterliegt er der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz - UStG -. Wie in der Beitragsordnung vorgesehen, stellte der Kläger seinen Mitgliedern hinsichtlich der Mitgliedsbeiträge durchweg Rechnungen mit gesondertem Ausweis einer Umsatzsteuer von 19 %.

    Ausweislich der am 14.08.2014 beim Beklagten eingegangenen und nachfolgend verarbeiteten Umsatzsteuer-Voranmeldung für Juni 2014 beliefen sich die ... steuerpflichtigen Umsätze zu 19 % auf xxx.xxx € sowie die hierzu berechnete Umsatzsteuer sich auf insgesamt ... €. Der Kläger gab an, dass sich die abziehbare Vorsteuer auf ... € belaufe, wodurch sich eine Umsatzsteuer-Vorauszahlung i.H.v. ... € ergebe. Ausweislich des Kontennachweises für den Juni 2014 setzten sich die Umsätze von xxx.xxx € aus Mitgliedsbeiträgen (xxx.xxx,xx € sowie xx.xxx €), der Rest i.H.v. x.xxx,xx € aus den Erlösen wb. Kosten 19 % i.H.v. x.xxx,xx € abzüglich Erlöse Kongress xx € i.H.v. -xxx €, Exkursionen i.H.v. xxx € sowie Verrechnung sonstige Sachbezüge Kfz 19 % i.H.v. xxx,xx € zusammen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Anl. 7, Bl. 49 - 52 der Streitakte verwiesen.

    Mit Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für Juni 2014 vom 01.07.2015 setzte der Beklagte die Umsatzsteuer auf ... € fest, wobei er den geltend gemachten Vorsteuerabzug in voller Höhe versagte. Er berücksichtigte dabei ... keine steuerpflichtigen Umsätze.

    Aufgrund der in Rechnungen über Mitgliedsbeiträge vom Kläger offen ausgewiesenen Umsatzsteuern berücksichtigte der Beklagte ferner Umsatzsteuern nach § 14c UStG von xx.xxx,xx €. In einer Anlage zum Bescheid hieß es, die in Abschnitt 1.4 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses - UStAE - enthaltenen Verwaltungsanweisungen für den Bereich "Mitgliederbeiträge" seien weiterhin gültig. Danach fehle es an einem Leistungsaustausch zwischen einer Vereinigung und dem einzelnen Mitglied, soweit die Vereinigung zur Erfüllung ihrer den Gesamtbelangen sämtlicher Mitglieder dienenden satzungsgemäßen Gemeinschaftszwecke tätig werde und dafür echte Mitgliederbeiträge erhebe, die dazu bestimmt seien, ihr die Erfüllung dieser Aufgaben zu ermöglichen. Seien Mitgliederbeiträge eines Berufsverbandes nach Abschnitt 1.4 UStAE als nicht steuerbar zu beurteilen, könne einem dieser Beurteilung widersprechenden Antrag des Verbandes nicht gefolgt werden. Eine Berufung auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union - EuGH - im Hinblick auf die Steuerbarkeit von Mitgliederbeiträgen, die im Übrigen nur die Umsatzbesteuerung von Leistungen im Sportbereich tätiger Vereine betreffe, sei in der Regel nicht möglich. Denn im Hinblick auf die Frage nach der Steuerbarkeit von Mitgliederbeiträgen gehe es um die richtlinienkonforme Auslegung des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG (wann liege ein Leistungsaustausch vor) und nicht um die mangelhafte Umsetzung einer Vorschrift der Richtlinie 2006/112/EG des Rates über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem - MwStSystRL - in das nationale Recht (wie das z. B. bei den Vorschriften des Artikels 132 l und m MwStSystRL der Fall sei). Auf das Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 11.10.2007 V R 69/06 (Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFHE - 219, 287) werde verwiesen. Berufsverbände könnten sich demnach - wenn die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen würden - nur auf das Unionsrecht im Hinblick auf die Steuerbefreiung des Artikels 132 Buchst. l MwStSystRL berufen. Selbst wenn die Grundsätze der BFH-Rechtsprechung zur Steuerbarkeit von Mitgliedsbeiträgen bei der umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung von Beiträgen für Berufsverbände angewandt würden, wäre zunächst in jedem Einzelfall zu klären, ob diese tatsächlich für Leistungen erhoben würden, die der Berufsverband im Rahmen seiner satzungsgemäßen Zwecke im konkreten Individualinteresse der Mitglieder erbringe. Dies setze voraus, dass die Leistungen, die zwar grundsätzlich auch im gemeinen Interesse der Mitglieder erbracht würden, auch von den einzelnen Mitgliedern individuell in Anspruch genommen werden könnten (z. B. die Nutzung von Sportanlagen, Leistungen eines Haus-, Grundbesitz- oder Mietervereins). Rechtsprechung des BGH oder EuGH zu dieser konkreten Frage gebe es nicht. Jedoch habe der BFH z. B. in seinem Urteil vom 26.10.2000 V R 12/00 ausgeführt, dass die Leistung einer GmbH, die Zahlungen von ihren Gesellschaftern (Gebietskörperschaften aus der Region) für die Förderung des Fremdenverkehrs in der Region erhalte, nicht der Umsatzbesteuerung unterliege. Gemäß § ... der Satzung des Klägers vertrete dieser ausdrücklich keine Individualinteressen der Mitglieder. Sollte ein Teil der Mitgliedsbeiträge auf potenzielle Individualleistungen entfallen, werde er um eine detaillierte Darstellung von Art und Umfang dieser Leistung gebeten. Die klassische Lobbyarbeit eines Berufsverbandes reiche für die Umsatzsteuerbarkeit der Mitgliedsbeiträge nicht aus. Die auf die Mitgliedsbeiträge erhobene Umsatzsteuer sei gemäß § 14c UStG zu Unrecht ausgewiesen und müsse entsprechend abgeführt werden. Ein Vorsteuerabzug sei zu versagen.

    Gegen den Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für Juni 2014 vom 01.07.2015 hat der Kläger Sprungklage erhoben, der der Beklagte zugestimmt hat. Zur Begründung der Klage macht der Kläger geltend, er sehe seine Aufgabe darin, seine Mitglieder in sozial-, wirtschafts- und branchenpolitischen sowie fachlichen Fragen national und international zu vertreten und bei ihren wirtschaftlichen Zielen zu unterstützen. Die Mitglieder könnten bei Bedarf auf ein umfassendes, durch die Mitgliedsbeiträge finanziertes Leistungsangebot des Klägers zurückgreifen. So hätten die ordentlichen Mitglieder einen Anspruch auf eine laufende Unterrichtung sowie Beratung und Unterstützung in allen Angelegenheiten, die zu den satzungsgemäßen Aufgaben des Klägers gehörten. Konkret biete der Kläger seinen Mitgliedern eine Beratung im Zusammenhang mit Rechts- und Normungsfragen, Lizenzen, ...-Kennzeichnungen und ...-Produktdeklaration (...) an. Mithilfe eines Infodienstes per E-Mail (...), der auf neue Artikel im internen online-Mitgliederbereich verweise, informiere der Kläger seine Mitglieder über Neuigkeiten. Insofern werde auf Anl. 5 (Bl. 35 - 48 der Streitakte) verwiesen.

    Über den online-Mitgliederbereich hätten die Mitglieder auch einen passwortgeschützten Zugang auf eine online-Datenbank, aus der sämtliche Informationen abgerufen werden könnten. Um den unterschiedlichen Mitgliedern mit den unterschiedlichen Betriebsgrößen die aktive Teilnahme an den Verbandsaktivitäten zu ermöglichen, führe der Kläger regelmäßig Veranstaltungen durch. Die unterschiedlichen Veranstaltungsformen umfassten Kongresse, auf denen in Unternehmerforen und Bankenforen über spezifische Einzelthemen informiert werde, ferner Regionalkonferenzen zu konkreten Themen (z. B. ...), Arbeitskreise (...) sowie Seminare. Außerdem führe der Kläger mit seinen Mitgliedern und mit anderen Organisationen der ... [Wirtschaftsbranche] fortlaufend einen Meinungs- und Erfahrungsaustausch durch. Über den online-Bereich könnten einzelne Positionen, Meinungsbilder sowie aktuelle Marktinformationen von den Mitgliedern abgefragt werden. Mittels eines Umfragetools hole der Kläger die verschiedenen Meinungen seiner Mitglieder ein und nutze die gewonnenen Informationen, um Fachinformationen mit konkreten Kennzahlen zu unterlegen. Nur die Mitglieder erhielten schlussendlich einen umfassenden Zugang zu den gewonnenen Erkenntnissen. Zudem sei der Kläger selbst Mitglied in verschiedenen weiteren Organisationen und bringe dort die - mit Hilfe der eigenen Mitgliederbefragung erarbeiteten - Interessen seiner Mitglieder ein. Andere Einrichtung, z. B. ... hätten teilweise eher allgemeinpolitische Zielsetzungen. Die Tätigkeit des Klägers sei dagegen wesentlich stärker unternehmens- bzw. mitgliederbezogen. Durch den Meinungs- und Erfahrungsaustausch werde gewährleistet, dass der Kläger die Bedürfnisse seiner Mitglieder und einen entsprechenden Handlungsbedarf erkenne. Zugleich erbringe er jedoch eine Vermittlungsleistung zwischen den verschiedenen Mitgliedern. Diese könnten das vom Kläger bereitgestellte Netzwerk nutzen, um die Probleme der Branche gemeinsam zu erörtern und zu lösen. Der Kläger biete sich darüber hinaus gegenüber seinen Mitgliedern an, als Sprachrohr in Richtung anderer Verbände, Wirtschaft, Gesellschaft und Politik zu fungieren, um den einzelnen Mitgliedern Gehör zu verschaffen. Neben Pressekampagnen würden vom Kläger z. B. Image-, Nachwuchs-, Job- sowie Werbe- und Marketingkampagnen durchgeführt. Hierdurch ersparten sich die Mitglieder eigene teure Kampagnen. Über einen ... kommuniziere der Kläger die von seinen Mitgliedern benannten Themen auch in Richtung Politik und Verwaltung. Über seine konkreten Tätigkeiten informiere der Kläger in unregelmäßigen Abständen seine Mitglieder und zwecks Mitgliederakquise einen größeren Adressatenkreis mittels eines Newsletters ... und stelle in diesem Zusammenhang Informationen in abgespeckter Form zur Verfügung (Anl. 6, Bl. 41 - 48 der Streitakte).

    Die Mitglieder würden dem Kläger in Erwartung eines individualisierten Nutzens beitreten. Von ca. xxxx Betrieben der Branche in Deutschland seien nur etwa xxx Mitglieder des Klägers. Er vermeide Tätigkeiten, bei denen ein Trittbrettfahrereffekt möglich sei. Einige Mitglieder erhofften sich durch fundierte Analysen der marktwirtschaftlichen Situation der Branche die Grundlage für eigene, zukunftsweisende unternehmerische Entscheidungen. Andere Mitglieder verfolgten den Netzwerkgedanken und nutzten die vom Kläger vermittelten Kontakte, um neue Kunden oder Lieferanten zu gewinnen. Es gehe den Mitgliedern darum, einen Mehrwert für sich zu erhalten, für den sie sonst anderweitige Aufwendungen tätigen müssten. Sie wollten eigene Aufgaben zentral durch den Kläger erledigen lassen und zahlten hierfür pauschale Entgelte in Form ihrer Mitgliedsbeiträge. In der Gesamtschau komme dem Kläger die Funktion eines Dienstleisters zu. Seien die Mitglieder mit den Leistungen des Klägers nicht zufrieden, können sie von ihrem Kündigungsrecht Gebrauch machen. Die Beziehungen zwischen dem Kläger und seinen Mitgliedern seien damit grundsätzlich synallagmatischer Natur. Die tatsächliche Tätigkeit des Klägers entspreche durchweg seinen satzungsgemäßen Vorgaben und dem geschilderten Leistungsangebot.

    Der Kläger stelle seinen Mitgliedern ordnungsgemäße Rechnungen über die Mitgliedsbeiträge aus, die auch die gesetzliche Mehrwertsteuer auswiesen und vereinnahme die gezahlten Mitgliedsbeiträge. Er gehe davon aus, dass die Mitglieder aus diesen Rechnungen den Vorsteuerabzug geltend machten. Von der vereinnahmten Umsatzsteuer im Juni 2014 in Höhe von insgesamt xx.xxx,xx € habe der Kläger die Vorsteuer aus allgemeinen Aufwendungen der Geschäftsstelle im gleichen Zeitraum i.H.v. ... € in Abzug gebracht. Hierzu gehörten auch Aufwendungen für die Miete über Räume der Geschäftsstelle, für die der Vermieter seinerseits zur Umsatzsteuer optiert habe. Dabei sei der Kläger von seiner vollständigen Unternehmereigenschaft ausgegangen und habe dementsprechend sämtliche Vorsteuern in Abzug gebracht, ohne eine Aufteilung vorzunehmen.

    Der EuGH habe in seiner Entscheidung vom 21.03.2002 C-174/00, Kennemer Golf- & Countryclub (Amtliche Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshof der Europäischen Union - Slg - 2002, I-3293-3331) in Bezug auf einen Sportverein klargestellt, Art. 2 Nr. 1 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) - Sechste EG-Richtlinie - (entspricht Art. 2 Abs. 1c MwStSystRL) sei dahingehend auszulegen, dass die pauschalen Jahresbeiträge der Mitglieder die Gegenleistung für die von diesem Verein erbrachten Dienstleistungen darstellten, auch wenn diejenigen Mitglieder, die die Einrichtung des Vereins nicht oder nicht regelmäßig nutzten, verpflichtet seien, ihren Jahresbeitrag zu zahlen. Der satzungsmäßige Zweck des als gemeinnützig anerkannten Vereins habe in der Ausübung und Förderung von Sport und Spiel, insbesondere des Golfsports bestanden. Hierfür habe der Verein unter anderem einen Golfplatz und ein Clubhaus besessen, zu denen er den Mitgliedern Zugang verschafft habe. Der EuGH habe einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen den Beiträgen der Mitglieder und den vom Verein erbrachten Leistungen angenommen, die darin bestünden, den Mitgliedern dauerhaft Sportanlagen und damit verbundene Vorteile zur Verfügung zu stellen, und nicht darin, dass auf ihr Verlangen gezielte Leistungen erbracht würden oder konkret erbracht worden seien. Auch der BFH habe mit Urteil vom 20.03.2014 V R 4/13 ausdrücklich entschieden, dass ein Verein, der seinen Mitgliedern dauerhaft Sportanlagen und damit verbundene Vorteile zur Verfügung stelle, entgeltliche Leistungen erbringe, die die Mitglieder durch ihre Jahresbeiträge vergüteten. Folge dieser BFH-Rechtsprechung sei deshalb, dass sich Sportvereine auf ihre - vollständige - Unternehmereigenschaft berufen könnten. Die bisherigen Entscheidungen würden zwar ausnahmslos Sportvereine betreffen. Der BFH habe aber noch keine Gelegenheit gehabt, sich zur Unternehmereigenschaft von Berufsverbänden zu äußern. Die Situation stelle sich dort ähnlich dar. Anders als das deutsche Umsatzsteuerrecht sehe das Unionsrecht allerdings eine zwingende (und nicht umgesetzte) Mehrwertsteuerbefreiung für bestimmte Einrichtungen, darunter Berufsverbände, vor. Eine Mehrwertsteuerbefreiung verstehe sich nur vor dem Hintergrund, dass die zu befreienden Leistungen ohne die Befreiung mehrwertsteuerpflichtig seien. Hierzu müssten sie zwangsläufig zuvor als entgeltliche Leistungen eines Steuerpflichtigen im Sinne der Art. 2 Abs. 1, 9 Abs. 1 und 24 Abs. 1 MwStSystRL gewertet worden sein.

    Der EuGH wende diese Steuerbefreiung nicht nur auf Gewerkschaften, sondern ausdrücklich auch auf Berufsverbände an. Im Umkehrschluss heiße dies, dass Berufsverbände grundsätzlich umsatzsteuerbare Leistungen an ihre Mitglieder erbringen würden. Insofern werde auf das EuGH-Urteil vom 12.11.1998 C-149/97, Institut of Motorindustrie (Slg 1998, I-7035-7082), Tz. 23 verwiesen. Demnach reiche es für die Annahme einer entgeltlichen Leistung aus, wenn der Berufsverband ein Leistungsspektrum anbiete, auf das die Mitglieder Einfluss nehmen könnten. Ob tatsächlich eine Leistung beansprucht werde, spiele dabei keine Rolle, da der Verband für seine Inanspruchnahme bereit stehe und entsprechende Ressourcen vorhalte. Auch die Rechtsprechung des BFH zu Werbegemeinschaften bestätige die hier vertretene Auffassung zur Unternehmereigenschaft von Berufsverbänden (vergleiche BFH-Urteil vom 04.07.1985 V R 107/76, Bundessteuerblatt - BStBl - II 1986, 153).

    Der Kläger erbringe an seine Mitglieder entgeltliche Leistungen und sei insoweit vollständig unternehmerisch tätig. Seine Mitglieder hätten einen sich aus der Satzung und damit aus einem konkreten Rechtsverhältnis ergebenden individuellen Anspruch (§ 5 Nr. 1 der Satzung) auf eine laufende Unterrichtung sowie Beratung und Unterstützung durch den Kläger in allen Angelegenheiten, die zu den satzungsgemäßen Aufgaben (§ 2 der Satzung) gehörten. Der Kläger erbringe ein Bündel konkreter Einzelleistungen, deren Nutzen und wirtschaftlicher Gehalt den einzelnen Mitgliedern unmittelbar und nicht nur indirekt zugutekomme. Die Mitglieder erhielten ein vielfältiges Leistungsangebot, das gerade Anlass für die Mitgliedschaft gegeben habe. Ein vom Beklagten herangezogener Vergleich mit Zahlungen von Kommunen an eine gemeinsame Wirtschaftsförderungsgesellschaft treffe vorliegend nicht zu, da unter anderem die Mitglieder des Klägers keine öffentlichen Körperschaften seien.

    Auch verfolge der Kläger keine allgemeinpolitischen Zwecke im Sinne eines Wirtschaftsförderungsvereins. Die geschilderten Tätigkeiten des Klägers würden allein zur Befriedigung der individuellen Bedürfnisse der Mitglieder des Klägers erbracht. Der Kläger habe im Jahre 2014 Gesamteinnahmen von ca. x,xxx Millionen € gehabt, von denen ca. x,xxx Millionen € (ca. 78 %) auf die regelmäßigen Mitgliedsbeiträge entfallen und vollständig der Umsatzsteuer unterworfen worden seien. Von den verbleibenden 0,xxx Millionen € entfalle der größte Teil auf Einnahmen aus Berufsverbandsveranstaltungen (ca. 0,xxx Millionen €), die ebenfalls vollständig der Umsatzsteuer unterworfen worden seien. An Sonderumlagen seien lediglich xx.xxx € (weniger als 1 % der Einnahmen) vereinnahmt und der Umsatzsteuer unterworfen worden. Echte (EU-)Zuschüsse habe es lediglich i.H.v. x.xxx € gegeben. Wegen der weiteren Einzelheiten werde auf den Jahresabschluss 2014 (Anl. K 9, Bl. 94 - 106 der Streitakte) sowie auf die Umsatzsteuer-Jahreserklärung 2014 (Anl. K 10, Bl. 107 - 113 der Streitakte) verwiesen.

    Der Kläger trage etwa Informationen aus Recht, Politik und Wirtschaft sowie über Veranstaltungen zusammen. Diese Informationen würden in einem exklusiven, nur für Mitglieder zugänglichen Informationsdienst zusammengefasst werden (Anl. K 12, Bl. 120 der Streitakte). Ergänzend könnten die Mitglieder auf das gesammelte Fachwissen der Mitarbeiter des Klägers zugreifen. Daneben erstelle der Kläger einen sogenannten ..., der sich an politische Entscheidungsträger richte und die Wünsche und Vorstellungen der Mitgliedsunternehmen transportiere. Neben der proaktiven Beratung der Mitglieder durch den Informationsdienst stünden Mitarbeiter des Klägers den Mitgliedern für individuelle Anfragen in den Bereichen Recht (keine individuelle Rechtsberatung), Politik, Normung, Wirtschaft sowie Fachthemen zur Verfügung. Dies könne auch aus dem Organigramm des Klägers nachvollzogen werden. In der Politik nehme der Kläger die jeweiligen, in Fachkreisen gebildeten Auffassungen der Mitglieder auf und vermittle diese. Dabei gehe es nicht um die Allgemeininteressen der von ihm vertretenen ... [Wirtschaftsbranche] schlechthin.

    Während des gerichtlichen Verfahrens hat der Beklagte unter dem 09.08.2017 einen geänderten Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für Juni 2014 erlassen, in dem er die Umsatzsteuer auf ... € festgesetzt worden ist (Bl. 243 f. der Streitakte). Er hat dabei 2 % der erklärten Vorsteuern (xxx,xx €) als abzugsfähig berücksichtigt, weil entsprechend dem eingereichten Kontennachweis für den Juni 2014 ca. 2 % der Gesamteinnahmen des Klägers von xxx.xxx,xx € umsatzsteuerpflichtig seien.

    Der Kläger beantragt,

    den Bescheid vom 09.08.2017 zu ändern und die Umsatzsteuer für Juni 2014 statt auf bisher ... € gemindert um ... € auf ... € festzusetzen; hilfsweise die Revision zuzulassen sowie die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen; hilfsweise die Revision zuzulassen.

    Der Beklagte führt aus, seine Zustimmung zur Sprungklage begründe sich darin, dass er an die gültigen Verwaltungsanweisungen gebunden sei.

    Gemäß 1.4 Abs. 1 UStAE fehle es an einem Leistungsaustausch mit dem einzelnen Mitglied, soweit eine Vereinigung zur Erfüllung ihrer den Gesamtbelangen sämtlicher Mitglieder dienenden satzungsgemäßen Gemeinschaftszwecke tätig werde und dafür echte Mitgliedsbeiträge erhebe, die dazu bestimmt seien, ihr die Erfüllung dieser Aufgaben zu ermöglichen. Erbringe die Vereinigung dagegen Leistungen, die den Sonderbelangen der einzelnen Mitglieder dienten, und erhebe sie dafür Beiträge entsprechend der tatsächlichen oder vermuteten Inanspruchnahme ihrer Tätigkeit, liege ein Leistungsaustausch vor. Voraussetzung für die Annahme echter Mitgliedsbeiträge sei, dass die Beiträge gleich hoch seien und nach einem - wie vorliegend - für alle Mitglieder verbindlichen Bemessungsmaßstab gleichmäßig errechnet würden. Selbst wenn die Mitgliedsbeiträge nach der wirtschaftlichen Lage bzw. der Größe des Unternehmens berechnet würden, so gelte doch ein einheitlicher Berechnungsmaßstab für alle Mitglieder, welcher in der Beitragsordnung festgehalten werde. Bewirke eine Vereinigung Leistungen, die zum Teil den Einzelbelangen, zum Teil den Gesamtbelangen der Mitglieder dienten, seien die Beitragszahlungen in Entgelte für steuerbare Leistungen und echte Mitgliederbeiträge aufzuteilen (1.4 Abs. 7 UStAE).

    Da somit Mitgliederbeiträge eines Berufsverbandes nach 1.4 UStAE als nicht steuerbar zu beurteilen seien, könne einem dieser Beurteilung widersprechender Antrag des Klägers nicht gefolgt werden. Eine Berufung auf das EuGH-Urteil vom 21.03.2002 C-174/00, Kennemer Golf- & Countryclub (Slg 2002, I-3293-3331) im Hinblick auf die Steuerbarkeit von Mitgliederbeiträgen sei in der Regel nicht möglich. Ein Berufsverband entfalte - im Gegensatz zu einem Sportverein - seine Aktivitäten grundsätzlich nicht nur gegenüber seinen Mitgliedern, sondern gegenüber Dritten.

    Diese Aktivitäten stellten für das Mitglied keine unmittelbar verbrauchbaren Vorteile dar, sondern wirkten eher mittelbar. Der Kläger führe in seiner Klageschrift entsprechend aus, dass er keine Individual- oder Mehrheitsinteressen einzelner oder mehrerer Mitglieder vertrete. Es sei ihm insoweit auch untersagt, die Interessen eines oder mehrerer Mitglieder gegenüber einem Wettbewerber unmittelbar oder mittelbar zu vertreten bzw. durchzusetzen. Der Kläger vertrete vielmehr die Gesamtbelange sämtlicher Mitglieder gegenüber Dritten, sodass seine Leistungen den Mitgliedern allenfalls mittelbar zugutekämen. Im Übrigen gehe es im Hinblick auf die Frage nach der Steuerbarkeit von Mitgliedsbeiträgen um die richtlinienkonforme Auslegung des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG und nicht um die mangelhafte Umsetzung einer Vorschrift der MwStSystRL in das nationale Recht (wie das z. B. bei den Vorschriften des Artikels 132 Buchst. l und m MwStSystRL der Fall sei). So führe der BFH in seinem Urteil vom 11.10.2007 V R 69/06 (BFHE 219, 287) Folgendes aus: "Im Ergebnis zu Recht geht das FG davon aus, dass der Kläger sowohl mit der Einräumung der Benutzungsmöglichkeiten der Golfsportanlage an seine Mitglieder gegen Entrichtung des Mitgliedsbeitrages als auch mit der entgeltlichen Erteilung von Golfunterricht steuerbare Leistungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG erbracht hat. Dies ergibt sich bereits aus der Auslegung des nationalen Rechts, ohne dass es auf einen Anwendungsvorrang der Gemeinschaft, auf den sich der Kläger berufen müsste, ankäme." Berufsverbände könnten sich demnach - wenn die entsprechenden Voraussetzungen vorlägen - nur auf das Unionsrecht im Hinblick auf die Steuerbefreiung des Artikels 132 Buchst. l MwStSystRL berufen. Selbst wenn die Grundsätze der BFH-Rechtsprechung zur Steuerbarkeit von Mitgliederbeiträgen bei der umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung von Beiträgen für Berufsverbände angewandt werden würden, wäre zunächst in jedem Einzelfall zu klären, ob die Beiträge tatsächlich für Leistungen erhoben würden, die der Berufsverband im Rahmen seiner satzungsgemäßen Zwecke im konkreten Individualinteresse der Mitglieder erbringe. Dies setze voraus, dass die Leistungen, die zwar grundsätzlich auch im gemeinsamen Interesse der Mitglieder erbracht würden, auch von den einzelnen Mitgliedern individuell in Anspruch genommen werden könnten (z. B. die Nutzung von Sportanlagen oder die Leistungen eines Haus-, Grundbesitz- oder Mietervereins). Wie der Kläger zutreffend ausführe, gebe es bisher keine Rechtsprechung des BFH oder des EuGH zu dieser konkreten Frage. Wie die Mitgliedsbeiträge bei Berufsverbänden umsatzsteuerlich zu würdigen seien, sei höchstrichterlich noch nicht geklärt worden. Jedoch habe der BFH z. B. in seinem Urteil vom 26.10.2000 V R 12/00 (HFR 2001, 481) ausgeführt, dass die Leistungen einer GmbH, die Zahlung von ihren Gesellschaftern (Gebietskörperschaften aus der Region) für die Förderung des Fremdenverkehrs in der Region erhielten, nicht der Umsatzbesteuerung unterlägen. Es sei mithin entscheidend, ob sich der Vorteil für das einzelne Mitglied nur mittelbar daraus ergebe, dass es einer geförderten Gruppe angehöre, oder, ob es darüber hinaus individuelle Vorteile erlange. In dem Aufsatz von Karen Möllenkamp "Auswirkungen des EuGH-Urteils Kennemer Golf- & Countryclub auf Mitgliedsbeiträge von Berufsverbänden" (Umsatzsteuerrundschau - UR - 2003, 173 - 181) werde in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass zu den typischen satzungsmäßigen Tätigkeiten, mit denen die allgemeinen wirtschaftlichen Interessen des Berufsverbandes gefördert würden, folgende Tätigkeiten gehörten,

    • Information der Mitglieder des Berufsstandes über neue Gesetzesvorhaben und Initiativen der öffentlichen Stellen, die für den vertretenen Berufsverband von allgemeinem Interesse seien.
    • Erarbeitung von Stellungnahmen zu Gesetzesvorhaben, Initiativen, die für den Berufsverband von allgemeinem Interesse seien.
    • Der Berufsverband erbringe auch insoweit keine Leistung, als er allen Mitgliedern im gleichen Umfang öffentliches Gehör verschaffe.

    Die Mitgliedsbeiträge, welche mit diesen Leistungen im Zusammenhang stünden, könnten daher nicht der Umsatzsteuer unterworfen werden (vgl. auch BFH-Urteil vom 24.09.2014 V R 54/13, HFR 2015, 399). Gemäß § ... der Satzung des Klägers vertrete dieser keine Individual- oder Mehrheitsinteressen einzelner oder mehrerer Mitglieder, die nicht mit den Interessen der gesamten ... [Wirtschaftsbranche] im Einklang stünden.

    Insbesondere sei es ihm untersagt, die Interessen eines oder mehrerer Mitglieder gegenüber einem Wettbewerber unmittelbar oder mittelbar zu vertreten bzw. durchzusetzen. Der Kläger habe vielmehr die Aufgaben einer Interessensvertretung übernommen, wobei er die Interessen seiner Mitglieder vertrete und diese bei ihren wirtschaftlichen Zielen unterstütze, soweit sich diese nicht auf den Bereich eines angeschlossenen Landesverbandes beschränkten (§ 2 Nr. 1 und 2 der Satzung). Der Kläger wolle damit die politische und gesellschaftliche Wahrnehmung und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Unternehmen der ... [Wirtschaftsbranche] in Deutschland verbessern. Er verfolge demnach die allgemeinen Interessen seiner Mitglieder. Er erbringe jedoch keine - mit Ausnahme der Rechtsberatung - Individualleistungen, welche eine Umsatzsteuerbarkeit der Mitgliedsbeiträge auslösen würden. Auch dem Anhang ... zur Satzung seien keine entsprechenden Individualleistungen zu entnehmen, sondern lediglich Aufgaben, die den Gesamtbelangen der Mitglieder dienten und auch Nichtmitgliedern zugutekämen, auch wenn dies nicht vorrangiges Ziel des Klägers sei und vermieden werden solle. Zum Beispiel werde der Kläger mit seinen Tätigkeiten im Zusammenhang mit ... im gleichen Maße gegenüber Mitgliedern wie auch gegenüber Nichtmitgliedern tätig. Dies gelte auch für die weiteren im Anhang ... zur Satzung enthaltenen Tätigkeiten des Klägers. Allein die Öffentlichkeitsarbeit komme nur den Mitgliedern bzw. dem Kläger als solchen zugute. Gleichwohl würden mit diesen Tätigkeiten keine Individualleistungen gegenüber den einzelnen Mitgliedern begründet. Gemäß der Klageschrift gehörten zu den Mitgliedern des Klägers die Unternehmen der ... [Wirtschaftsbranche] Deutschlands sowie Wirtschafts-, Arbeitgeber- und Fachverbände der ... [Wirtschaftsbranche] auf Bundeslandebene (sogenannte Landesverbände). Der Streitfall sei daher nicht vollumfänglich mit dem vom Kläger angeführten EuGH-Urteil vom 12.11.1998 C-149/97, Institut of Motorindustrie (Slg 1998, I-7035-7082) vergleichbar, bei dem es um eine Vereinigung als freiwilliger Zusammenschluss von Beschäftigten im Kraftfahrzeug-Einzelhandel gegangen sei. Der EuGH habe in seiner Entscheidung ausgeführt, als Einrichtung im Sinne von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. l der Sechsten EG-Richtlinie sei eine Organisation zu verstehen, deren Hauptziel die Verteidigung der gemeinsamen Interessen ihrer Mitglieder sei, unabhängig davon, ob es sich dabei um Arbeitnehmer, Arbeitgeber, Angehörige freier Berufe oder Personen handele, die eine bestimmte wirtschaftliche Tätigkeit ausübten. Erfasst würden von den Ausführungen danach Zusammenschlüsse von Einzelpersonen. Ob der vom EuGH entschiedene Fall mit dem vorliegenden Streitfall, bei dem Mitglieder des Klägers nicht lediglich natürliche Personen seien, vergleichbar sei, könne dem Urteil nicht entnommen werden. Die Ausführungen des EuGH dazu, dass es sich bei den Mitgliedern um Arbeitnehmer, Arbeitgeber, Angehörige freier Berufe oder Personen handele, die eine bestimmte wirtschaftliche Tätigkeit ausübten, würden vielmehr darauf schließen lassen, dass hiervon eben keine juristische Person erfasst werden sollten. Ebenso beträfen das EuGH-Urteil vom 21.03.2002 C-174/00, Kennemer Golf- & Countryclub (Slg 2002, I-3293-3331) sowie nachfolgende Rechtsprechung des BFH Sportvereine, deren Mitglieder natürliche Personen seien, nicht hingegen juristische Person, welchen ein Vorsteuerabzug zustehen würde, wenn die Mitgliedsbeiträge der Umsatzbesteuerung unterworfen würden. Der Kläger könne sich daher nicht mit Erfolg auf die Grundsätze dieser Urteile berufen. Außerdem gestehe der Kläger zu, dass auch Dritte Vorteile aus seiner Tätigkeit ziehen könnten. Dies ergebe sich auch daraus, dass der Kläger im Wettbewerb zu anderen Berufsverbänden der ... [Wirtschaftsbranche] trete, sowie aus dem Satzungszweck des Klägers. Soweit danach die wirtschaftlichen Ziele des Klägers auf Bundes- oder Landesebene umgesetzt würden, komme sie auch den Mitgliedern der anderen Berufsverbände der ... [Wirtschaftsbranche] bzw. den Nichtmitgliedern zugute. Der Kläger werde daher nicht ausschließlich gegenüber seinen Mitgliedern tätig. Die Mitglieder zahlten ihre Mitgliederbeiträge, um den Kläger in die Lage zu versetzen, überhaupt tätig werden zu können. Ohne diese Beiträge könne der Kläger seine satzungsmäßigen Zwecke nicht verfolgen. Dass damit auch Vorteile für die Mitglieder verbunden sein könnten bzw. diese Ziele über den Kläger verwirklichen wollten, liege im Wesen eines Berufsverbandes begründet. Soweit der Kläger danach die allgemeinen Interessen seiner Mitglieder verfolge, handele es sich insoweit um sogenannte echte, nicht steuerbare Mitgliedsbeiträge. Nur wenn der Kläger mit seinen Leistungen den Sonderbelangen seiner Mitglieder diene und hierfür z. B. ein gesondertes Entgelt erhebe, handele es sich um sogenannte unechte und umsatzsteuerbare Mitgliedsbeiträge.

    Dem Gericht haben die von dem Beklagten für den Kläger geführten Steuerakten (1 Band Umsatzsteuervoranmeldungen für Juni 2014, 1 Band Umsatzsteuerakten, 1 Band Körperschaftsteuerakten I, 1 Band Bilanzen sowie 1 Band Gesellschaftsverträge) vorgelegen.

    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist begründet.

    Der Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für Juni 2014 vom 09.08.2017 ist rechtwidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO. Dem Kläger steht der mit der Klage begehrte vollständige Vorsteuerabzug zu.

    Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann ein Unternehmer die gesetzlich geschuldete Umsatzsteuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Unterhält ein Steuerpflichtiger sowohl einen unternehmerischen wie auch einen nichtunternehmerischen Bereich und sind beide Bereiche in dem Sinne voneinander abgegrenzt, dass der nichtunternehmerische Bereich nicht dem unternehmerischen Bereich dient, so kommt ein Abzug von Vorsteuern nur in Betracht, wenn sie aus empfangenen Leistungen resultieren, die direkt und unmittelbar oder im Sinne einer sachgemäßen wirtschaftlichen Zuordnung analog § 15 Abs. 4 UStG dem unternehmerischen Bereich zuzurechnen sind (BFH-Beschlüsse vom 29.06.2010 V B 160/08, Entscheidungssammlung des Bundesfinanzhofs -BFH/NV- 2010, 1876; vom 14.04.2008 XI B 171/07, BFH/NV 2008, 1215). Der Unternehmer ist danach zum Vorsteuerabzug berechtigt, soweit er Leistungen für sein Unternehmen (§ 2 Abs. 1 UStG, Art. 9 Abs. 1 MwStSystRL) und damit für seine wirtschaftlichen Tätigkeiten zur Erbringung entgeltlicher Leistungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, Art. 2 Abs. 1 MwStSystRL) zu verwenden beabsichtigt (BFH-Urteil vom 24.09.2014 V R 54/13, BFH/NV 2015, 364, m.w.N.).

    Für die Abgrenzung eines unternehmerischen von einem nichtunternehmerischen Bereich ist allein darauf abzustellen, ob und inwieweit vom Steuerpflichtigen entgeltliche Lieferungen oder Dienstleistungen erbracht werden oder ernsthaft beabsichtigt sind (vgl. etwa BFH-Beschluss vom 29.06.2010 V B 160/08, BFH/NV 2010, 1876; BFH-Urteil vom 22.04.2015 XI R 10/14, BStBl II 2015, 862; BFH-Urteil vom 16.09.2015 XI R 27/13, BFH/NV 2016, 252).

    Ausgehend davon ist der Kläger zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt, weil er nachgewiesen hat, dass er insgesamt unternehmerisch (wirtschaftlich) tätig ist und damit nur wirtschaftliche Interessen verfolgt. Der Kläger ist neben seiner unternehmerischen und wirtschaftlichen Tätigkeit nicht auch nichtunternehmerisch tätig geworden. Die geltend gemachten Vorsteuern betreffen nach dem eingereichten Kontennachweis (Bl. 51 f. der Streitakte) Eingangsleistungen, die vollumfänglich einer wirtschaftlichen Tätigkeit zugeordnet werden können. Denn nicht nur die vom Beklagten als Entgelte für steuerbare Umsätze behandelten Einnahmen aus besonderen Veranstaltungen, sondern auch sämtliche vom Kläger vereinnahmten Mitgliedsbeiträge, die sich für Juni 2014 auf xxx.xxx,xx € belaufen, stellen im Rahmen eines Leistungsaustausches erhaltene Entgelte aus steuerbaren Umsätzen dar.

    Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG unterliegen der Umsatzsteuer Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Ebenso regeln Art. 2 Abs. 1 MwStSystRl bzw. dessen Vorläufervorschrift Art. 2 Nr. 1 der Sechsten EG-Richtlinie, dass Lieferungen von Gegenständen sowie Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt tätigt, der Mehrwertsteuer unterliegen. Aus diesen Vorgaben hat die Rechtsprechung des EuGH namentlich in dem auf Mitgliedsbeiträge bezogenen EuGH-Urteil vom 21.03.2002 C-174/00, Kennemer Golf- & Countryclub (Slg 2002, I-3293-3331) sowie in weiteren Entscheidungen abgeleitet, dass Besteuerungsgrundlage einer Dienstleistung alles das ist, was als Gegenleistung für einen geleisteten Dienst empfangen wird, und dass eine Dienstleistung nur dann steuerpflichtig im Sinne der EU-Richtlinien und steuerbar nach der Terminologie des UStG - nachfolgend nur: steuerbar - ist, wenn zwischen dem geleisteten Dienst und der erhaltenen Gegenleistung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht (vgl. etwa schon EuGH-Urteile vom 08.03.1988 C-102/86, Apple and Pear, Slg 1988, 1443-1470, Rn. 11 und 12, und vom 03.03.1994 C-16/93, Tolsma, Slg. 1994, I-743, Rn. 13 ). Eine Leistung ist somit dann steuerbar, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Dienstleistung darstellt (vgl. EuGH-Urteil vom 03.03.1994 C-16/93, Tolsma, Slg. 1994, I-743, Rn. 14, BFH-Urteil vom 27.11.2008 V R 8/07, BStBl II 2009, 397) Steuerbar sind danach z.B. auch Leistungen, die gegen Gewährung von Aufwendungsersatz erfolgen. Der Leistungsempfänger muss identifizierbar sein. Er muss einen Vorteil erhalten, der zu einem Verbrauch im Sinn des gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts führt. Deshalb kann es an einem Leistungsaustausch fehlen, wenn etwa Zahlungen lediglich der Förderung der Tätigkeit des Empfängers allgemein - etwa aus strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder allgemeinpolitischen Gründen - dienen und nicht Gegenwert für eine Leistung des Zahlungsempfängers an den Geldgeber sind. Die Zahlung wird in diesen Fällen zur Förderung des leistenden Unternehmers und nicht im überwiegenden Interesse des Leistungsempfängers geleistet. Auch der Umstand, dass etwa Zahlungen aus öffentlichen Kassen aus haushaltsrechtlichen Gründen an die Erfüllung der Auflage einer zweckentsprechenden Verwendung oder eine Erfolgskontrolle geknüpft werden (Zweckbestimmung), führt allein nicht zu einem Leistungsaustausch. Anders ist es jedoch, wenn Zahlungen zur Ausführung bestimmter Leistungen im Interesse des Zahlenden geleistet werden. Keine Besonderheiten gelten auch für die Beantwortung der Frage, ob im Verhältnis Gesellschaft und Gesellschafter oder eines Vereins zu seinen Mitgliedern entgeltliche Leistungen i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG vorliegen. Es kommt deshalb allein darauf an, dass ein Leistungsaustausch im Sinne dieser Vorschrift vorliegt, weil ein individueller Leistungsempfänger vorhanden ist, der aus der Leistung einen Vorteil zieht, der Gegenstand eines Leistungsaustauschs sein kann und nach dem der Leistungserbringung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis konkret bestimmbar ist (etwa BFH-Urteile vom 20.03.2014 V R 4/13, BFH/NV 2014, 147 [BFH 11.07.2013 - VI R 62/12], vom 27.11.2008 V R 8/07, BStBl II 2009, 397). Einem Leistungsaustausch steht nicht entgegen, dass eine Vereinigung für alle Mitglieder gleichartige Leistungen erbringt (vgl. BFH-Urteil vom 09.05.1974 V R 128/71, BStBl II 1974, 530) oder mit einer Leistung gleichzeitig für alle Mitglieder tätig wird (vgl. BFH-Urteil vom 04.07.1985 - V R 107/76, BStBl II 1986, 153).

    Vorliegend erfüllt der Kläger mit seinem sich an alle Mitglieder richtenden Leistungsangebot die Voraussetzungen eines steuerbaren Leistungsaustauschs. Dabei kann der Senat sowohl aus den vom Kläger gegebenen Darlegungen und Unterlagen feststellen, dass die tatsächliche Tätigkeit den in der Satzung und den Anlagen hierzu vorgegebenen Zweck entspricht, wogegen auch seitens des Beklagten keine Zweifel geltend gemacht worden sind. Satzungsmäßige Zwecke der Verbandsarbeit des Klägers sind zum einen die Vertretung gemeinsamer Belange seiner Mitglieder, der in ihm zusammengeschlossenen Unternehmen und Verbände der ... [Wirtschaftsbranche] in Deutschland, nach außen im Rahmen der Förderung der politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wahrnehmung und Verbesserung der Rahmenbedingungen. Er erbringt hierdurch durchaus konkret bestimmbare Leistungen für seine Mitglieder, die für diese von individuellem Vorteil sind. Dies wird insbesondere deutlich, soweit die Mitgliedsbeiträge auch für klassische Öffentlichkeitsarbeit im Auftrag der Mitglieder (Pressekampagnen, Image-, Nachwuchs-, Job- sowie Werbe- und Marketingkampagnen). Zum anderen werden den einzelnen Mitgliedern gegenüber im unmittelbaren Innenverhältnis Leistungen erbracht, die aus der Zurverfügungstellung einer Struktur aus Informations-, Beratungs- und Kommunikationsangeboten bestehen, zu denen kraft Mitgliedschaft ein abrufbarer Zugang verschafft wird. Hierzu gehören Angebote wie ...brief, ... Informationsdienst, laufende Unterrichtung sowie Beratung und Unterstützung in allen Angelegenheiten, die zu den satzungsgemäßen Aufgaben des Klägers gehören, Beratung im Zusammenhang mit Rechts- und Normungsfragen, Lizenzen, ...-Kennzeichnungen und ...-Produktdeklaration (...), ..., online-Datenbank, Veranstaltungen, Meinungs- und Erfahrungsaustausch, Mitgliederbefragung, Netzwerk. Im Einzelnen wird zum Leistungsangebot auf die mit Schriftsatz der Klägervertreter vom 19.07.2017 übersandten Anlagen zu den diversen Tätigkeiten des Klägers (Streitakte Bl. 162 ff.), den Jahresabschluss 2014 (Streitakte Bl. 137 ff.) und die entsprechenden Vorträge des Klägers in den im Klageverfahren übermittelten Schriftsätzen verwiesen. Die von den Mitgliedern mit ihren Beiträgen bezahlte Verbandsarbeit des Klägers ist damit in allen ihren Ausprägungen den individuellen Vorteilen der Mitglieder wirtschaftlich förderlich und kommt diesen nicht nur mittelbar zugute. Das Tätigkeitsangebot ist insoweit Leistungen vergleichbar, wie sie ansonsten auch externe Dienstleister wie Werbeagenturen, Lobbyisten, Interessenvertreter, Networker, technische und wissenschaftliche Berater, Marktanalisten u.a. im Interesse Ihrer Auftraggeber gegen Entgelt erbringen könnten.
    Auch dass nicht jedes Mitglied des Klägers gleichermaßen von seinen jeweiligen Tätigkeiten profitiert und nicht im gleichen Umfang die Leistungsangebote abrufen dürfte, steht der Annahme von entgeltlichen Leistungen nicht entgegen. Entscheidend ist vielmehr, dass vergleichbar dem Sachverhalt im EuGH-Urteil vom 21.03.2002 C-174/00, Kennemer Golf- & Countryclub (Slg 2002, I-3293-3331) den Mitgliedern als Gegenleistung für ihre Mitgliedsbeiträge die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Leistungsangebote ermöglicht wurde. Die Leistungen des Vereins in der Rechtssache des EuGH bestanden darin, dass er seinen Mitgliedern dauerhaft die Nutzungsmöglichkeit von Sportanlagen und damit verbundene bestimmbare und konkrete Vorteile zur Verfügung stellte. Auch wenn die Mitglieder diese Nutzungsmöglichkeiten nicht für gezielte Leistungen in Anspruch nehmen mussten, bestand nach Auffassung des EuGH jedenfalls dadurch, dass den Mitgliedern Gelegenheit zur Inanspruchnahme verschafft wurde, ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den Jahresbeiträgen der Mitglieder des Sportvereins und den von diesem Verein erbrachten Leistungen. Die vorgenannte EuGH-Entscheidung und die sich anschließende Rechtsprechung zur Steuerbarkeit von Mitgliedsbeiträgen ist nicht auf Sportvereine begrenzt.

    Allerdings haben sowohl der EuGH wie auch der BFH steuerbare Leistungen von Tätigkeiten abgegrenzt, die in der Wahrnehmung nur allgemeiner Interessen bestehen (so unter anderem EuGH-Entscheidung vom 12.02.2009 C-515/07, VNLTO, Slg 2009, I-839-882 m.w.N. auf Rechtsprechung des EuGH; BFH-Urteil vom 24.09.2014 V R 54/13, BFH/NV 2015, 364). Die Entscheidungen führen sogar ausdrücklich aus, die Wahrnehmung der allgemeinen Interessen der Mitglieder eines Vereins sei keine der Mehrwertsteuer unterliegende Tätigkeit (so etwa das BFH-Urteil vom 24.09.2014 V R 54/13, BFH/NV 2015, 364, Rn. 28). Vorliegend meint der Senat jedoch, dass der Kläger, auch soweit er satzungsgemäße Zwecke wie Öffentlichkeitsarbeit, Verbesserung der politischen und gesellschaftlichen Wahrnehmung und der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die in ihm organisierten Unternehmen und Verbände der Deutschen ... [Wirtschaftsbranche] wahrnimmt, steuerbare Leistungen an seine Mitglieder erbringt. Denn auch wenn sich derartige Leistungen von denen abgrenzen lassen, bei denen den Mitgliedern individuell etwa Beratungen erteilt, Informationen gewährt oder Zugang zu Veranstaltungen und Online-Plattformen verschafft werden, erfolgt vorliegend doch auch die Wahrnehmung der allgemeinen Interessen gegenüber den Mitgliedern als individuellen Leistungsempfängern, die aus den Leistungsangeboten unmittelbar Vorteile ziehen können, die Gegenstand eines Leistungsaustauschs sein können, und aufgrund eines der Leistungserbringung zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses, wie es einerseits hinsichtlich der vom Kläger zu verfolgenden Tätigkeiten und Zwecke in den §§ ... der Satzung sowie der Anlage ... hierzu und andererseits hinsichtlich der von den Mitgliedern hierfür zu erbringenden Beiträge in den §§ ... der Satzung sowie der Beitragsordnung für die Zeit der freiwilligen Mitgliedschaft bestimmt wird. Somit erfüllen auch die letztgenannten Tätigkeiten des Klägers die Voraussetzungen eines steuerbaren Leistungsaustausches bzw. wirtschaftlicher Tätigkeiten eines Steuerpflichtigen, die sich auch nach der Rechtsprechung des EuGH auf einen weiten Bereich erstrecken und bei denen es sich um einen objektiv festgelegten Begriff handelt und die unabhängig von ihrem Zweck und ihrem Ergebnis betrachtet wird (so etwa EuGH-Entscheidung vom 12.01.2006 C-354/03, C-355/03 und C-484/03, Optigen u.a., Slg 2006, I-483-524). Insbesondere lässt sich vorliegend nicht feststellen, dass einzelne Tätigkeiten des Klägers lediglich der Förderung Dritter dienten, wie es etwa im Sachverhalt des BFH-Urteils vom 24.09.2014 V R 54/13 (BFH/NV 2015, 364) der Fall war, bei dem die satzungsmäßigen Zwecke des dort klagenden Vereins die Steigerung der Zusammenarbeit, Entwicklungsdynamik und der Anstoß innovativer Projekte am Wissenschafts- und Technologiestandort eines Bundeslandes waren, sodass durch die Vereinstätigkeit nicht unmittelbar die Belange der an dem Verein beteiligten Unternehmen gefördert wurden. Dem entsprechend beruhte in dem dortigen Sachverhalt die Finanzierung der Vereinsarbeit auch wesentlich auf Spenden, Zuschüssen und öffentlichen Fördermitteln, während im hier vorliegenden Fall Zuschüsse nur in einem völlig unwesentlichen Umfang von etwa 0,1 % die Gesamtfinanzierung des Klägers abdecken. Ebenso ist vorliegend auch nicht feststellbar, dass die Tätigkeit des Klägers teilweise allgemeinpolitischen Zielen, regionaler Strukturförderung oder Bildungsarbeit dienen würde. Der Fall stellt sich somit anders dar, als die Sachverhalte des BFH-Urteils vom 24.09.2014 V R 54/13 (BFH/NV 2015, 364) wie auch der EuGH-Entscheidung vom 12.02.2009 C-515/07, VNLTO (Slg 2009, I-839-882). Zudem beruhten die in beiden Entscheidungen aufgestellten Rechtssätze zur Abgrenzung steuerbarer von nichtsteuerbaren bzw. nichtwirtschaftlichen Umsätzen wesentlich auf verfahrensrechtlichen Bindungen an zuvor festgestellte Sachverhalte. So war zum einen dem EuGH in der Sache VNLTO vom vorlegenden niederländischen Gericht vorgegeben worden, dass die dortige Klägerin VNLTO im Rahmen der Wahrnehmung allgemeiner Interessen der Mitglieder nicht besteuerte Tätigkeiten durchführe. An diese Beurteilung der Vorlage sah sich der EuGH gebunden (ausdrücklich: Rn. 30 der Entscheidung). Und zum anderen kam auch in der BFH-Entscheidung vom 24.09.2014 V R 54/13 (BFH/NV 2015, 364) zum Ausdruck, dass der BFH an die erstinstanzliche Würdigung des Finanzgerichts gebunden war, dass der dortige Kläger in der Wahrnehmung allgemeiner Interessen keine seinen Mitgliedern unmittelbar dienlichen Tätigkeiten erbrachte, sondern nichtwirtschaftliche und damit nichtunternehmerische Interessen verfolgte (so Rn. 28 und 30 der Entscheidung). Nicht entnehmen lässt sich beiden Entscheidungen, dass Vereinigungen zwangsläufig in einem Bereich der Wahrnehmung allgemeiner Interessen ihrer Mitglieder nichtunternehmerische bzw. nichtwirtschaftliche Tätigkeiten ausführen müssen, auch wenn dabei Zwecke wie etwa Öffentlichkeitsarbeit und Verbesserung wirtschaftlicher Rahmenbedingungen zugunsten der Mitglieder verfolgt werden, wie es den Vereinigungen kraft Satzung vorgegeben ist und wofür die Mitglieder unter anderem auch ihre Beiträge entrichten.

    Im vorliegenden Fall ist aus der Satzung des Klägers nebst Anlagen und seinem schriftsätzlichen wie auch dem in der mündlichen Verhandlung gehaltenen Vortrag hinreichend ersichtlich, dass sämtliche Leistungen des Klägers konkret und unmittelbar den Interessen der Mitglieder zugutekommen. Es bestehen dabei keine Anhaltpunkte dafür, dass die tatsächlichen Tätigkeiten des Klägers von seiner satzungsgemäßen Bestimmung abweichen.

    Gerade die regelmäßige Medien- bzw. Pressearbeit, die der Kläger leistet, wird gegenüber den Mitgliedern als konkret bestimmbare Leistung erbracht. Der Kläger dient damit den Sonderbelangen seiner Mitglieder. Zu diesen gehören ferner satzungsgemäß u.a. auch spezielle Zielsetzungen wie ... [Lobbyarbeit für die Wirtschaftsbranche] ..., aktive Mitarbeit in Prozessen zur Gestaltung von Gesetzen ..., ... [Öffentlichkeitsarbeit für die Wirtschaftsbranche] ....

    Dass mit den Mitgliedsbeiträgen lediglich der Förderung der Tätigkeit des Klägers allgemein - aus strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder allgemeinpolitischen Gründen - und nicht vorrangig konkret bestimmbaren Individualinteressen der Mitglieder gedient wäre, kann der Senat nicht feststellen, da die Tätigkeiten des Klägers im Gegensatz hierzu auf die gesonderten Interessen der deutschen ... [Wirtschaftsbranche] und der Mitglieder abgestellt sind.

    Auch ist vorliegend eine Vertretung von Individualinteressen von Mitgliedern durch den Kläger nur dann ausgeschlossen, wenn sie den Interessen anderer Mitglieder zuwiderliefe. Im Ergebnis erlangen - selbst bei allgemeiner Lobbyarbeit - die Mitglieder für die von ihnen entrichteten Mitgliedsbeiträge durch die Arbeit des Klägers verbrauchsfähige Vorteile, die sich wesentlich dadurch bestimmen lassen, dass ihnen das Gesamtangebot der Leistungen des Klägers zur Verfügung gehalten wird - ähnlich dem Angebot eines Sportvereins durch Zurverfügungstellung von Sportstätten wie etwa im EuGH-Urteil vom 21.03.2002 C-174/00, Kennemer Golf- & Countryclub (Slg 2002, I-3293-3331).

    Die Mitglieder des Klägers können aus dem ihnen für die Mitgliedsbeiträge zur Verfügung gestellten umfassenden Leistungspaket einzelne Segmente je nach persönlicher Interessenlage nutzen (etwa auch vergleichbar Abonnements für Kulturpakete oder Abonnements von Privatsendern mit breitem Programmangebot). Der Klägervertreter führt zudem überzeugend aus, dass die Mitglieder über die interne Willensbildung durchaus Einfluss auf die Inhalte der Leistungsangebote insgesamt nehmen können und dass die Mitgliedschaft letztlich freiwillig ist, sodass das Mitglied das Rechtsverhältnis, dem die Leistungen zugrunde liegen, wie bei anderen Leistungsaustauschverhältnissen auch frei vereinbart.

    Die vom Beklagten herangezogenen, ihn bindenden Regelungen des Abschnitts 1.4 Abs. 1 UStAE entfalten weder Bindung für das Gericht noch entsprechen sie der nach dem EuGH-Urteil vom 21.03.2002 C-174/00, Kennemer Golf- & Countryclub (Slg 2002, I-3293-3331) und der nachfolgenden höchstrichterlichen Rechtsprechung gebotenen Beurteilung steuerbarer Leistungen von Vereinigungen gegenüber ihren Mitgliedern.

    Auch Anhaltspunkte dafür, dass mehr als nur unwesentliche Anteile der Vorsteuern auf Tätigkeiten entfielen, die nichtwirtschaftlich oder im Sinne des § 15 Abs. 2 und 4 UStG nicht steuerpflichtig wären und eine Vorsteueraufteilung veranlassen würden, bestehen nicht. Dies gilt insbesondere auch hinsichtlich der im Jahresabschluss für das Jahr 2014 ausgewiesenen echten (...)Zuschüsse von x.xxx €, die sich gegenüber den Gesamteinnahmen lediglich auf ca. 0,1 % beliefen.

    Soweit der Beklagte bislang die vom Kläger als steuerpflichtig erklärten Mitgliedsbeiträge zu Unrecht nicht als Entgelte für steuerpflichtige Umsätze behandelt hat, ergeben sich durch die nunmehr gebotene Versteuerung zu 19 % keine steuerlichen Auswirkungen. Denn hierfür entfällt der Ansatz der Steuer, die der Beklagte als nach § 14c UStG geschuldet berücksichtigt hat.

    Die Kostenfolge ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO.

    Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung - ZPO - i.V.m. §§ 151 Absatz 3, 155 FGO.

    Die Entscheidung über die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren folgt aus § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO.

    Die Revision hat der Senat zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, § 115 Abs. 2 FGO.