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  • 01.06.2023 · IWW-Abrufnummer 235558

    Finanzgericht Münster: Urteil vom 23.03.2023 – 5 K 2867/20 U

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Münster

     
    Tenor:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

    1
    Tatbestand:

    2
    Streitig ist, ob Umsätze aus dem Betrieb von Mitarbeiterkantinen/-cafeterien in Krankenhäusern dem ermäßigten Steuersatz gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Umsatzsteuergesetz (UStG) unterliegen.

    3
    Die Klägerin in der Rechtsform einer GmbH erfüllt die Voraussetzungen für die Anerkennung als gemeinnützige Körperschaft im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 9 Körperschaftsteuergesetz (KStG). Gegenstand und Zweck ihres Unternehmens sind die Förderung der Gesundheits-, Behinderten- und Altenhilfe, die Förderung und Unterstützung persönlich hilfsbedürftiger Personen im Sinne von § 53 Abgabenordnung (AO) sowie die Förderung der Wissenschaft, Forschung und Bildung. In den Streitjahren betrieb die Klägerin insbesondere folgende Krankenhäuser:

    4
    -          I, E,

    5
    -          II, E,

    6
    -          III, X,

    7
    -          IV, O.

    8
    In diesen Krankenhäusern betreibt die Klägerin jeweils eigene Mitarbeiterkantinen/-cafeterien (nachfolgend nur: Mitarbeiterkantinen), in denen den Mitarbeitern Speisen und Getränke zu im Rahmen der Sachbezugsverordnung subventionierten Preisen angeboten werden. Diese Kantinen sind ausschließlich den Mitarbeitern des jeweiligen Krankenhauses vorbehalten und können von sämtlichen Mitarbeitern unabhängig von ihrem jeweiligen Tätigkeitsbereich und einer etwa bestehenden Rufbereitschaft aufgesucht werden. In geringem Umfang verzehren die Mitarbeiter ihr Essen nicht in der Kantine, sondern im Stationsbereich.

    9
    Für die Krankenhausbesucher werden in den jeweiligen Häusern getrennt eigene Besucher-Cafeterien durch fremde dritte Pächter betrieben.

    10
    Die Klägerin ordnete ihre Mitarbeiterkantinen seit jeher dem steuerbegünstigten Zweckbetrieb „Krankenhaus“ zu. Für frühere Jahre hatten die Klägerin und der Beklagte die Umsätze aus den Mitarbeiterkantinen als „eng mit dem Betrieb des Krankenhauses verbundene Umsätze“ eingestuft und als steuerfrei behandelt. Später ‒ auch in den Streitjahren 2012 bis 2016 ‒ unterwarf die Klägerin die Umsätze dem ermäßigten Umsatzsteuersatz gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG. In einer Umsatzsteuersonderprüfung sowie zwei weiteren Großbetriebsprüfungen wurde die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nicht beanstandet.

    11
    Zuletzt waren die Umsatzsteuern 2012 bis 2016 auf ./. 189.091,05 € (für 2012, mit Bescheid vom 27.03.2018), ./. 61.080,16 € (für 2013, mit Bescheid vom 08.05.2018), ./. 19.230,79 € (für 2014, mit Bescheid vom 08.05.2018), 303.862,76 € (für 2015, mit Festsetzung vom 17.05.2017) und 298.346,79 € (für 2016, mit Bescheid vom 26.04.2018) festgesetzt.

    12
    Das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung J führte bei der Klägerin ab dem 30.04.2018 für die Jahre 2012 bis 2016 eine Betriebsprüfung durch. Unter Tz. 2.9 ihres Prüfungsberichts vom 19.12.2018 stellten die Prüfer fest, dass die Umsätze aus dem Betrieb einer Cafeteria nach den Ausführungen des BMF-Schreibens vom 11.12.2006 an die Deutsche Krankenhausgesellschaft keine mit dem Betrieb eines Krankenhauses eng verbundenen Umsätze darstellen würden unabhängig davon, ob diese nur für Patienten und Personal oder auch für Besucher zugänglich sei. Das BMF schließe somit hinsichtlich der Personalbeköstigung die Möglichkeit der ermäßigten Besteuerung nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG als Zweckbetrieb aus. Auf die gleichlautenden Ausführungen der OFD Karlsruhe vom 31.01.2017 (S 7172 ‒ Karte 2) in den Tz. 2.8.1 bzw. 2.8.2 werde ergänzend hingewiesen. Nach den Grundsätzen der Abschnittsbesteuerung scheide hier ein Vertrauensschutz der Klägerin aus. Durch die Umqualifizierung in regelbesteuerte Umsätze ergäben sich insoweit Umsatzsteuererhöhungen in Höhe von 22.977,05 € (2012), 22.549,06 € (2013), 24.945,08 € (2014), 24.873,43 € (2015) und 23.440,34 € (2016).

    13
    Zur Umsetzung der Prüfungsfeststellungen zur Umsatzsteuer erließ der Beklagte nach § 164 Abs. 2 AO geänderte Umsatzsteuerbescheide vom 24.05.2019 für 2014 und vom 05.06.2019 für 2012, 2013, 2015 und 2016. Er setzte die Umsatzsteuer auf ./. 141.570,89 € (2012), ./. 38.531,15 € (2013), 8.457,52 € (2014), 328.736,21 € (2015) und 321.787,00 € (2016) fest. Den Vorbehalt der Nachprüfung hob der Beklagte jeweils auf.

    14
    Ihre hiergegen gerichteten Einsprüche begründete die Klägerin dahingehend, dass die von den Besucher-Cafeterien getrennt betriebenen und nicht öffentlich zugänglichen Mitarbeiterkantinen steuerbegünstigte Zweckbetriebe darstellen würden und die Umsätze hieraus dem ermäßigten Steuersatz unterlägen. Sie dienten letztlich dem Wohle der Patienten, da es für den Betrieb eines Krankenhauses unerlässlich sei, dass die medizinischen Mitarbeiter auch in den Pausen ständig erreichbar seien. Dies sei nicht gewährleistet, wenn sie ihre Pausen außerhalb der Häuser verbringen würden.

    15
    Der Beklagte erließ im Laufe des Rechtsbehelfsverfahrens am 03.08.2020 nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geänderte Umsatzsteuerbescheide für 2012 bis 2015, mit denen er die Umsatzsteuer auf ./. 142.355,33 € (2012), ./. 39.336,23 € (2013), 7.631,80 € (2014) und 327.889,85 € (2015) herabsetzte und am 23.07.2020 einen nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geänderten Umsatzsteuerbescheid für 2016, mit dem er die Umsatzsteuer auf 320.920,00 € herabsetzte. Mit diesen geänderten Festsetzungen berücksichtigte der Beklagte die Umsätze aus dem Verzehr von Mahlzeiten, die nicht in der Kantine, sondern im Stationsbereich eingenommen werden, nunmehr mit dem ermäßigten Steuersatz. Diese Bescheide wurden Gegenstand des laufenden Rechtsbehelfsverfahrens.

    16
    Mit Einspruchsentscheidung vom 22.09.2020 wies der Beklagte die Einsprüche wegen Umsatzsteuer 2012 bis 2016 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, dass die Umsätze aus dem Betrieb der Mitarbeiterkantinen dem Regelsteuersatz unterfielen, weil die Voraussetzungen zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG nicht erfüllt seien.

    17
    Die Klägerin unterhalte mit ihren Mitarbeiterkantinen einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 Alt. 1 UStG lägen nicht vor, da die Klägerin mit den Umsätzen zu anderen Unternehmern, die vergleichbare Leistungen anbieten würden, in Wettbewerb trete, auch wenn hier nur die Mitarbeiter Zugang zu den Kantinen hätten. Weder sei entscheidend, ob die Klägerin aus den zusätzlichen Einnahmen geringe oder keine Gewinne erzielt habe, noch ob der Klägerin die Einnahmen verblieben seien. Die Umsätze seien für den Satzungszweck der Klägerin nicht unerlässlich gewesen.

    18
    Auch die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 Alt. 2 UStG lägen nicht vor. Der Verkauf von Gastronomieleistungen möge zwar der Verwirklichung der satzungsmäßigen Zwecke der Klägerin gedient haben, doch würden diese mit den Leistungen nicht selbst verwirklicht. Die streitgegenständlichen Umsätze würden vielmehr in erster Linie den Zwecken der Kantinenbesucher dienen und seien damit keine originär gemeinnützigen Leistungen.

    19
    Der Betrieb der Mitarbeiterkantinen stelle auch keinen mit dem Betrieb des jeweiligen Krankenhauses eng verbundenen Umsatz dar unabhängig davon, ob die Kantinen nur für Patienten oder nur für Personal oder auch für Besucher zugänglich seien.

    20
    Die Klägerin hat am 12.10.2020 Klage wegen Umsatzsteuer 2012 bis 2016 erhoben, zu deren Begründung sie vertiefend ausführt:

    21
    Die Mitarbeiterkantinen würden ausschließlich dem Betrieb der Krankenhäuser dienen. Mit diesen verwirkliche sie, die Klägerin, die Voraussetzungen für einen steuerbegünstigten Zweckbetrieb im Sinne von § 67 AO unmittelbar selbst, da die Mitarbeiterkantinen letztlich dem Wohle der Patienten dienten. Die medizinischen Mitarbeiter müssten auch in den Pausen bei Bedarf ständig abrufbar und damit unverzüglich verfügbar sein. Dies wäre nicht gewährleistet, wenn diese ihre Pausen außerhalb der Häuser verbringen würden, wobei es eine arbeitsrechtliche Verpflichtung für die Mitarbeiter, ihre Pausen im Gebäude bzw. der Kantine des Krankenhauses zu verbringen, nicht gebe.

    22
    Dass die Mitarbeiterkantinen ausschließlich dem Betrieb der Krankenhäuser dienen würden, zeige sich auch darin, dass sie während der Covid19-Pandemie selbst für Zeiten des „Lockdowns“ nicht hätten geschlossen werden müssen. Die Coronaschutzverordnung habe insoweit deutlich zwischen den Betriebskantinen in Krankenhäusern und allen anderen Betriebskantinen unterschieden. So sei in § 14 Abs. 1 „Gastronomie“ der Coronaschutzverordnung geregelt gewesen, dass zwar der Betrieb von Restaurants, Gaststätten, Imbissen, Kneipen, Cafés, Kantinen, Mensen und anderen gastronomischen Einrichtungen untersagt sei, jedoch u.a. Betriebskantinen ausnahmsweise dann zur Versorgung der Beschäftigten betrieben werden dürften, wenn sonst die Arbeitsabläufe nicht aufrechterhalten werden könnten. Weil diese Voraussetzungen vorgelegen hätten, seien nach Abstimmung mit den Ordnungsämtern die Betriebskantinen in Krankenhäusern auch trotz des „Lockdowns“ weiterbetrieben worden.

    23
    Da die Mitarbeiterkantinen nicht der Öffentlichkeit zugänglich seien, sei auch ein Wettbewerb mit anderen vergleichbaren Unternehmen ausgeschlossen, sodass sie dem steuerbegünstigten Zweckbetrieb „Krankenhaus“ zuzuordnen und somit die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 1 UStG erfüllt seien.

    24
    Die Rückausnahme für Zweckbetriebe nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG greife vorliegend nicht ein, weil die Mitarbeiterkantinen neben dem bereits genannten fehlenden Wettbewerb mit anderen Unternehmen und nicht zur Erzielung zusätzlicher Einnahmen unterhalten würden. Dass keine Einnahmeerzielungsabsicht im Vordergrund stehe, sei auch dadurch bestätigt, dass die Betriebsprüfung für die Mitarbeiterkantinen ein ausgeglichenes Ergebnis geschätzt habe. Tatsächlich seien in den Mitarbeiterkantinen sogar Verluste entstanden.

    25
    Die Argumentation des Beklagten habe sich im Laufe des Verfahrens geändert. Anfangs habe der Beklagte steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe angenommen. In der Einspruchsentscheidung habe er die Mitarbeiterkantinen hingegen offensichtlich selbst dem Zweckbetrieb „Krankenhaus“ zugeordnet, weil er die Nichtanwendung des ermäßigten Steuersatzes ausschließlich über die für Zweckbetriebe geltende Rückausnahme des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG begründet habe.

    26
    Die Klägerin beantragt,

    27
    die Umsatzsteueränderungsbescheide für 2012 bis 2015 vom 03.08.2020 und den Umsatzsteueränderungsbescheid für 2016 vom 23.07.2020, sämtlich in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.09.2020, dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer auf ./. 164.547,94 € (2012), ./. 61.080,21 € (2013), ./. 16.487,56 € (2014), 303.862,78 € (2015) und 298.346,66 € (2016) herabgesetzt wird,

    28
    hilfsweise, die Revision zuzulassen.

    29
    Der Beklagte beantragt,

    30
    die Klage abzuweisen.

    31
    Die Mitarbeiterbeköstigung sei dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb im Sinne von §§ 64 i.V.m. 14 AO zuzurechnen. Durch die Leistungen gegenüber dem Personal würden keine steuerbegünstigten Satzungszwecke verwirklicht. Denn die entgeltliche Abgabe von Speisen und Getränken an andere Personen als Patienten (hier Mitarbeiter) stelle eine von den ärztlichen und pflegerischen Leistungen losgelöste wirtschaftliche Betätigung dar. Der Zweck eines Krankenhauses bestehe nicht darin, die Mitarbeiter zu beköstigen. Die an Mitarbeiter eines steuerbefreiten Zweckbetriebs zu subventionierten Preisen abgegebenen Mahlzeiten würden teilentgeltliche Sachzuwendungen an diese darstellen. Die Aufwendungen seien als Lohnbestandteil Betriebsausgaben des steuerbefreiten Zweckbetriebs und könnten ertragsteuerlich bei keinem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb steuermindernd berücksichtigt werden. Denn der Umstand, dass es im betrieblichen Interesse des Krankenhauses liege, wenn Mitarbeiter auch während der Pausenzeiten kurzfristig erreichbar seien, begründe insoweit die Gewährung eines Sachbezugs für den Zweckbetrieb Krankenhaus, der bei der Einkommensermittlung der Mitarbeiterkantinen bis zur Höhe der ortsüblichen Preise zuzurechnen sei.

    32
    In umsatzsteuerlicher Hinsicht führe die Abgabe portionierter Speisen und Getränke in dazu bereitgestellten Räumlichkeiten unabhängig davon, ob diese Räumlichkeiten nur für Patienten und Personal oder auch für Besucher zugänglich seien, als sonstige Leistung zur Anwendung des Regelsteuersatzes und stelle insbesondere keinen mit dem Betrieb eines Krankenhauses eng verbundenen Umsatz dar.

    33
    Die Sache ist am 23.03.2023 vor dem Senat mündlich verhandelt worden. Es wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.

    34
    Entscheidungsgründe:

    35
    I. Die Klage ist unbegründet.

    36
    Die Umsatzsteueränderungsbescheide für 2012 bis 2015 vom 03.08.2020 und der Umsatzsteueränderungsbescheid für 2016 vom 23.07.2020, sämtlich in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.09.2020, sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung ‒ FGO).

    37
    Der Beklagte hat die streitigen Umsätze der Klägerin aus dem Betrieb der Mitarbeiterkantinen zu Recht als steuerpflichtig behandelt und dem Regelsteuersatz unterworfen.

    38
    1. Die steuerbaren Umsätze der Klägerin aus dem Betrieb der Mitarbeiterkantinen sind nicht gemäß § 4 Nr. 14 UStG steuerfrei. Insbesondere scheidet eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG aus. Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig.

    39
    a. Nach § 4 Nr. 14 Buchst. b Satz 1 UStG sind steuerfrei Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen einschließlich der Diagnostik, Befunderhebung, Vorsorge, Rehabilitation, Geburtshilfe und Hospizleistungen sowie damit eng verbundene Umsätze, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts erbracht werden. Nach § 4 Nr. 14 Buchst. b Satz 2 UStG sind die in Satz 1 bezeichneten Leistungen auch steuerfrei, wenn sie von einer privaten Einrichtung z.B. im Rahmen einer Zulassung bzw. eines Vertrags nach dem Sozialgesetzbuch erbracht werden.

    40
    Nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) befreien die Mitgliedstaaten von der Steuer „Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen sowie damit eng verbundene Umsätze, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder unter Bedingungen, welche mit den Bedingungen für diese Einrichtungen in sozialer Hinsicht vergleichbar sind, von Krankenanstalten, Zentren für ärztliche Heilbehandlung und Diagnostik und anderen ordnungsgemäß anerkannten Einrichtungen gleicher Art durchgeführt beziehungsweise bewirkt werden“.

    41
    Von den Begriffen der „Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen“ werden einem therapeutischen Zweck dienende Leistungen, die zur Diagnose, Behandlung und, so weit wie möglich, Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen erbracht werden, erfasst (vgl. EuGH, Urteile vom 08.06.2006, C-106/05, L.u.P, UR 2006, 464, Rz. 27; vom 10.06.2010, C-262/08, CopyGene, UR 2010, 526, Rz. 28; BFH, Urteile vom 05.11.2014, XI R 11/13, BFH/NV 2015, 297, Rz. 19; vom 26.07.2017, XI R 3/15, BStBl II 2018, 793, Rz. 17).

    42
    Durch die vorgesehene Befreiung der mit der Krankenhausbehandlung und mit der ärztlichen Heilbehandlung „eng verbundenen Umsätze“ wird insbesondere gewährleistet, dass der Zugang zu solchen Behandlungen nicht durch die höheren Kosten versperrt wird, die entstünden, wenn die Behandlungen selbst oder die eng mit ihnen verbundenen Umsätze der Mehrwertsteuer unterworfen wären (EuGH, Urteil vom 11.01.2001, C-76/99, HFR 2001, 386, Rz. 23).

    43
    Von der Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL sind Dienstleistungen und Lieferungen gemäß Art. 134 Buchst. a MwStSystRL ausgeschlossen, wenn sie zur Ausübung der Tätigkeiten, für die die Steuerbefreiung gewährt wird, nicht unerlässlich sind.

    44
    b. Die Umsätze der Klägerin aus dem Betrieb der Mitarbeiterkantinen sind selbst weder Krankenhausbehandlungen oder ärztliche Heilbehandlungen im genannten Sinne noch damit eng verbundene Umsätze. Die medizinischen Leistungen gegenüber den Patienten werden unabhängig von einer etwaigen Mitarbeiterverpflegung erbracht. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass der Zugang zu den ärztlichen Krankenhausbehandlungen durch höhere Kosten versperrt würde, die entstehen, wenn die Umsätze aus dem Betrieb der Mitarbeiterkantinen der Mehrwertsteuer unterworfen werden. Im Übrigen werden insoweit die Mitarbeiter und nicht die Patienten mit Umsatzsteuer belastet. Die letztlich unabhängig von den Krankenhausbehandlungen erfolgende Mitarbeiterverpflegung stellt schließlich auch keine unerlässliche Leistung zur Erreichung der mit der Behandlung in den Krankenhäusern der Klägerin verfolgten therapeutischen Ziele dar.

    45
    2. Die Umsätze aus dem Betrieb der Mitarbeiterkantinen der Klägerin unterliegen entgegen der Auffassung der Klägerin nicht dem ermäßigten Steuersatz.

    46
    a. Der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG findet ‒ was zwischen den Beteiligten ebenfalls unstreitig ist ‒ keine Anwendung.

    47
    (1) Nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG ermäßigt sich die Steuer auf 7 Prozent für „die Lieferungen“ der in der Anlage 2 des UStG bezeichneten Gegenstände.

    48
    Nach § 3 Abs. 1 UStG sind Lieferungen eines Unternehmers Leistungen, durch die er oder in seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht). Demgegenüber sind sonstige Leistungen nach § 3 Abs. 9 UStG Leistungen, die keine Lieferungen sind. § 3 Abs. 1 und 9 UStG beruhen unionsrechtlich auf Art. 14 Abs. 1, Art. 24 Abs. 1 MwStSystRL, wonach als Lieferung eines Gegenstands die Übertragung der Befähigung gilt, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen; als Dienstleistung gilt jede Leistung, die keine Lieferung eines Gegenstands ist.

    49
    Ob bestimmte Umsätze Lieferungen von Gegenständen oder Dienstleistungen sind, richtet sich nach ihrem Wesen; dieses ist im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu ermitteln (EuGH, Urteil vom 02.05.1996, C-231/94, Faaborg-Gelting Linien, BStBl II 1998, 282, Rz. 12). Dazu ist nicht nur die quantitative, sondern auch die qualitative Bedeutung der Dienstleistungselemente im Vergleich zu den Elementen der Lieferung zu bestimmen (vgl. EuGH, Urteile vom 10.03.2011, C-497/09 u.a., Bog, BStBl II 2013, 256, Rz. 61 und 62; vom 22.04.2021, C-703/19, Dyrektor Izby Administracji Skarbowej w Katowicach, HFR 2021, 732, Rz. 48 und 49).

    50
    Die Abgabe von Nahrungsmitteln und Getränken zum sofortigen Verzehr ist das Ergebnis einer Reihe von Dienstleistungen vom Zubereiten bis zum Darreichen dieser Speisen, wobei dem Gast zugleich eine organisatorische Gesamtheit zur Verfügung gestellt wird, die u.a. einen Speisesaal als auch das Mobiliar und das Geschirr umfasst (vgl. EuGH, Urteile vom 02.05.1996, C-231/94, Faaborg-Gelting Linien, BStBl II 1998, 282, Rz. 13; vom 22.04.2021, C-703/19, Dyrektor Izby Administracji Skarbowej w Katowicach, HFR 2021, 732, Rz. 52). Wenn die Abgabe von Nahrungsmitteln nur mit der Bereitstellung behelfsmäßiger Vorrichtungen (d.h. ganz einfacher Verzehrtheken ohne Sitzgelegenheit, die nur einer beschränkten Zahl von Kunden den Verzehr an Ort und Stelle im Freien ermöglichen) einhergeht und dadurch nur ein geringfügiger personeller Einsatz erforderlich ist, stellen diese Elemente geringfügige Nebenleistungen dar, die am Vorliegen einer Lieferung nichts ändern können (vgl. EuGH, Urteile Bog, vom 10.03.2011, C-497/09 u.a., Bog, BStBl II 2013, 256, Rz. 70; vom 22.04.2021, C-703/19, Dyrektor Izby Administracji Skarbowej w Katowicach, HFR 2021, 732, Rz. 53; vgl. zum Ganzen BFH, Beschluss vom 15.09.2021, XI R 12/21 (XI R 25/19), BStBl II 2022, 417). Dagegen führt z. B. die Abgabe von standardisiert zubereiteten Speisen durch einen Imbissstand zum Verzehr an einem Tisch mit Sitzgelegenheiten zu einem dem Regelsteuersatz unterliegenden Restaurationsumsatz; die Schwelle zum Restaurationsumsatz ist überschritten, weil die Bereitstellung von Geschirr, Besteck oder Mobiliar (Tische mit Sitzgelegenheit) ‒ im Unterschied zur bloßen Bereitstellung einer behelfsmäßigen Infrastruktur ‒ einen gewissen personellen Einsatz erfordert, um das gestellte Material herbeizuschaffen, zurückzunehmen und gegebenenfalls zu reinigen (vgl. BFH, Urteil vom 26.10.2006, V R 58, 59/04, BStBl II 2007, 487; Beschluss vom 14.03.2018, V B 142/17, BFH/NV 2018, 732; vgl. zum Ganzen BFH, Beschluss vom 15.09.2021, XI R 12/21 (XI R 25/19), BStBl II 2022, 417).

    51
    (2) Nach diesen Grundsätzen erbringt die Klägerin im Rahmen ihrer Kantinenbetriebe nicht nur bloße Speisenlieferungen, die nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Anlage 2 UStG ermäßigt zu besteuern wären. Bei einer Gesamtbetrachtung stehen bei den Umsätzen aus dem Betrieb der Mitarbeiterkantinen bereits durch die Bereitstellung von Mobiliar (Tische mit Sitzgelegenheiten), Geschirr und Besteck im Falle des Verzehrs vor Ort die erbrachten Leistungselemente / Dienstleistungselemente im Vergleich zu den Elementen einer Lieferung von Speisen im Vordergrund, so dass die Leistungen insgesamt als sonstige Leistungen anzusehen sind. Hierdurch verbietet sich bezogen auf die noch streitbefangenen Umsätze die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Anlage 2 UStG, für die eine Qualifizierung als Lieferungen erforderlich wäre.

    52
    b. Die Umsätze der Klägerin aus dem Betrieb der Mitarbeiterkantinen unterliegen auch nicht dem ermäßigten Steuersatz gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG.

    53
    (1) Gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 1 UStG ist auf Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke gemäß §§ 51 bis 68 AO verfolgen, der ermäßigte Steuersatz anzuwenden (Grundsatz). Das gilt nicht für Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden (Ausnahme nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 2 UStG). In § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG ist eine Rückausnahme (also die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes) für im Rahmen eines Zweckbetriebs ausgeführte Leistungen geregelt, wenn der Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden (1. Alternative), oder wenn die Körperschaft mit diesen Leistungen ihrer in den §§ 66 bis 68 AO bezeichneten Zweckbetriebe die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke selbst verwirklicht (2. Alternative).

    54
    Unionsrechtlich sieht Art. 98 Abs. 1 MwStSystRL vor, dass die Mitgliedstaaten einen oder zwei ermäßigte Steuersätze regeln können. Die ermäßigten Steuersätze sind aber nur auf die Lieferungen und Dienstleistungen der im Anhang III genannten Kategorien anwendbar (Art. 98 Abs. 2 MwStSystRL). Nach Anhang III Nr. 15 MwStSystRL besteht für die Mitgliedstaaten die Befugnis, für die steuerpflichtigen Leistungen der „von den Mitgliedstaaten anerkannte[n] gemeinnützige[n] Einrichtungen für wohltätige Zwecke und im Bereich der sozialen Sicherheit“ einen ermäßigten Steuersatz anzuwenden. Insoweit hat der EuGH festgestellt, „dass die Mitgliedstaaten nach dem Wortlaut der Nr. 15 nicht auf alle gemeinnützigen Leistungen einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz anwenden dürfen, sondern nur auf diejenigen, die von Einrichtungen erbracht werden, die sowohl gemeinnützig als auch für wohltätige Zwecke und im Bereich der sozialen Sicherheit tätig sind“ (EuGH, Urteil vom 17.06.2010, C-492/08, Kommission/Frankreich, UR 2010, 662, Rz. 43; BFH, Urteile vom 10.08.2016, V R 11/15, BStBl II 2018, 113, Rz. 22; vom 08.03.2012, V R 14/11, BStBl II 2012, 630, Rz. 15).

    55
    Abweichend von dem dargestellten unionsrechtlich zulässigen Rahmen erstreckt sich die nationale Regelung aufgrund der Verweisung auf die §§ 51-68 AO auf alle Leistungen gemeinnütziger Körperschaften, ohne dass dabei eine Einschränkung auf die Leistungen vorzunehmen ist, die Körperschaften erbringen, die ‒ wie nach der Richtlinie erforderlich ‒ für wohltätige Zwecke oder solche „im Bereich der sozialen Sicherheit“ tätig sind, so dass die nationale Vorschrift insoweit richtlinienwidrig ist (vgl. z.B. BFH, Urteile vom 18.08.2005 V R 42/03, BStBl II 2006, 44, unter II.4.; vom 27.04.2006 V R 53/04, BStBl II 2007, 16, unter II.4.b; vom 08.03.2012 V R 14/11, BStBl II 2012, 630, Rz. 19 f.; vom 24.09.2014 V R 11/14, BFH/NV 2015, 528, HFR 2015, 528, Rz. 46).

    56
    Die unionsrechtliche Harmonisierung der Steuersatzermäßigungen ist aber bei der Auslegung der abgabenrechtlichen Begriffe zu berücksichtigen, auf die § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG verweist. Dies gilt auch für die Auslegung der Zweckbetriebsdefinitionen der §§ 65 ff. AO und damit insbesondere bei der Bestimmung der Reichweite der Steuersatzermäßigung (BFH, Urteil vom 10.08.2016, V R 11/15, BStBl II 2018, 113, Rz. 23). Die Begriffe, die ‒ unmittelbar oder mittelbar ‒ gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Sätze 2 und 3 UStG zur Anwendung des Regelsteuersatzes führen, sind weit und die Begriffe, die zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes führen, eng auszulegen (BFH, Urteile vom 08.03.2012, V R 14/11, BStBl II 2012, 630, Rz. 30; vom 20.03.2014, V R 4/13, BFH/NV 2014, 1470, HFR 2014, 822, Rz. 25; vom 24.09.2014, V R 11/14, BFH/NV 2015, 528, HFR 2015, 528, Rz. 44 f.). Dieses Gebot beruht zum einen darauf, dass Vorschriften, die den Regelsteuersatz einschränken, im Hinblick auf ihren Ausnahmecharakter eng und Vorschriften, die im Rahmen einer sog. Rückausnahme die Geltung des Regelsteuersatzes (wieder) anordnen, weit auszulegen sind (vgl. z.B. EuGH, Urteil vom 18.01.2001, C-83/99, Kommission/Spanien, HFR 2001, 385 m.w.N. zur EuGH-Rechtsprechung; BFH, Urteil vom 29.01.2009, V R 46/06, BStBl II 2009, 560). Darüber hinaus ergibt sich das Gebot einer den Anwendungsbereich des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG einschränkenden Auslegung aus der fehlenden Vereinbarkeit von § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 1 UStG mit dem Unionsrecht (BFH, Urteile vom 08.03.2012, V R 14/11, BStBl II 2012, 630, Rz. 30; vom 24.09.2014, V R 11/14,BFH/NV 2015, 528, Rz. 44 - 46).

    57
    (2) Bei Anwendung vorstehender Grundsätze unterliegen im Streitfall die Umsätze aus dem Betrieb der Mitarbeiterkantinen der Klägerin nicht dem ermäßigten Steuersatz gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG.

    58
    (a) Zwar ist die Klägerin eine als gemeinnützig anerkannte Körperschaft und damit eine Körperschaft, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke verfolgt, so dass ihre steuerpflichtigen Leistungen gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 1 UStG grundsätzlich ermäßigt besteuert werden. Denn die Klägerin verfolgt mit ihren Krankenhäusern ihre satzungsgemäßen Zwecke der Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens (§ 52 Abs. 2 Nr. 3 AO).

    59
    (b) Doch scheidet die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf die Umsätze aus dem Betrieb der Mitarbeiterkantinen gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 2 UStG aus, da die streitigen Umsätze im Rahmen eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs i.S. von § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 2 UStG i.V.m. §§ 64, 14 AO erbracht werden.

    60
    Der Begriff des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs, der in § 14 AO definiert wird als selbständige nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden und die über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht, ist weit auszulegen und umfasst jegliche unternehmerische Tätigkeit nach § 2 Abs. 1 UStG (BFH, Urteil vom 20.03.2014, V R 4/13, BFH/NV 2014, 1470, Rz. 26). Die Absicht, Gewinn zu erzielen, ist dabei nicht erforderlich (§ 14 Satz 2 AO).

    61
    Der Betrieb der Mitarbeiterkantinen stellt einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb im Sinne von § 14 AO dar. Denn hierdurch betätigt sich die Klägerin unternehmerisch. Sie erzielt mit der über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgehenden selbständigen und nachhaltigen Tätigkeit Einnahmen, auch wenn ‒ wie die Klägerin ausführt ‒ eine Gewinnerzielungsabsicht fehlt.

    62
    (c) Die Rückausnahme nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG, wonach bei Erfüllung weiterer Voraussetzungen ein Zweckbetrieb ermäßigt besteuert werden kann, greift im Streitfall nicht, so dass es bei der Regelbesteuerung verbleibt.

    63
    (aa) Bei dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb „Mitarbeiterkantine“ handelt es sich nicht um einen Zweckbetrieb im Sinne der §§ 65 ‒ 68 AO.

    64
    (aaa) Die Mitarbeiterkantinen sind nicht (unselbständiger) Bestandteil des Zweckbetriebs Krankenhaus i.S.v. § 67 AO.

    65
    Nach § 67 Abs. 1 AO ist ein Krankenhaus, das in den Anwendungsbereich des Krankenhausentgeltgesetzes oder der Bundespflegesatzverordnung fällt, ein Zweckbetrieb, wenn mindestens 40 Prozent der jährlichen Belegungstage oder Berechnungstage auf Patienten entfallen, bei denen nur Entgelte für allgemeine Krankenhausleistungen (§ 7 des Krankenhausentgeltgesetzes, § 10 der Bundespflegesatzverordnung) berechnet werden. Ein Krankenhaus, das nicht in den Anwendungsbereich des Krankenhausentgeltgesetzes oder der Bundespflegesatzverordnung fällt, ist nach § 67 Abs. 2 AO ein Zweckbetrieb, wenn mindestens 40 Prozent der jährlichen Belegungstage oder Berechnungstage auf Patienten entfallen, bei denen für die Krankenhausleistungen kein höheres Entgelt als nach Absatz 1 berechnet wird.

    66
    Die Vorschrift enthält keine Definition des Krankenhauses. Sie knüpft jedoch an das Sozialrecht an, so dass § 2 Nr. 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) und § 107 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) erläuternd heranzuziehen sind (BFH, Urteil vom 06.04.2005, I R 85/04, BStBl II 2005, 545). Danach gehören zu den Krankenhäusern im Sinne des § 67 AO alle „Einrichtungen, in denen durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistung Krankheiten, Leiden oder Körperschäden festgestellt, geheilt oder gelindert werden sollen oder Geburtshilfe geleistet wird und in denen die zu versorgenden Patienten untergebracht und verpflegt werden können“. § 107 Abs. 1 SGB V enthält neben weiteren Voraussetzungen eine ähnliche Definition: Krankenhäuser sind Einrichtungen, die „mit Hilfe von jederzeit verfügbarem ärztlichem Pflege-, Funktions- und medizinisch-technischem Personal darauf eingerichtet sind, vorwiegend durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistung Krankheiten der Patienten zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten, Krankheitsbeschwerden zu lindern oder Geburtshilfe zu leisten, und in denen die zu versorgenden Personen untergebracht und verpflegt werden.“

    67
    Zu dem Zweckbetrieb Krankenhaus gehören alle Einnahmen und Ausgaben, die mit den ärztlichen und pflegerischen Leistungen an die Patienten als Benutzer des jeweiligen Krankenhauses zusammenhängen (vgl. BFH, Urteil vom 31.07.2013, I R 82/12, BStBl II 2015, 123, Rz. 17 m.w.N.). Mit den ärztlichen und pflegerischen Leistungen des Krankenhausbetriebs hängen die Einnahmen auch dann in einem ausreichenden Maße zusammen, wenn sie zwar nicht unmittelbar auf einer ärztlichen oder pflegerischen Leistung, aber auf einer typischerweise von einem Krankenhaus gegenüber seinen Patienten erbrachten Leistung beruhen (BFH, Urteil vom 06.04.2005, I R 85/04, BStBl II 2005, 545). Ausgehend von dem Zweck des § 67 AO, die Sozialversicherungsträger als Kostenträger für ihre Versicherten steuerlich zu entlasten (BVerfG, Beschluss vom 31.05.2007, 1 BvR 1316/04, BFH/NV 2007, Beilage 4, 449, unter IV.3.b; Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 67 AO Rz 1), handelt es sich jedenfalls solange um eine typischerweise gegenüber den Patienten erbrachte Leistung, als das Krankenhaus zur Sicherstellung seines Versorgungsauftrages von Gesetzes wegen zu dieser Leistung befugt ist und der Sozialversicherungsträger als Kostenträger für seine Versicherten deshalb grundsätzlich zahlen muss (vgl. BFH, Urteil vom 31.07.2013, I R 82/12, BStBl II 2015, 123).

    68
    Eine wirtschaftliche Betätigung mit anderem Gegenstand ist hingegen ein selbständiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (BFH, Urteil vom 06.04.2005, I R 85/04, BStBl II 2005, 545, Rz. 22).

    69
    Nach Maßgabe dieser Grundsätze scheidet eine Zuordnung der Leistungen der Mitarbeiterkantinen zum Zweckbetrieb Krankenhaus (§ 67 AO) aus. Bei der Beköstigung der Mitarbeiter handelt es sich nicht um Leistungen, die mit den ärztlichen und pflegerischen Leistungen des jeweiligen Krankenhausbetriebs in einem ausreichenden Maße zusammenhängen. Es handelt sich weder um unmittelbare ärztliche oder pflegerische noch um typischerweise von einem Krankenhaus gegenüber seinen Patienten erbrachte Leistungen. Die Leistungen der Kantinen werden gerade nicht gegenüber den Patienten, sondern gegenüber den Mitarbeitern der Krankenhäuser erbracht. Ein „ausreichender Zusammenhang“ mit den ärztlichen und pflegerischen Leistungen lässt sich auch nicht daraus ableiten, dass ‒ wie die Klägerin schriftsätzlich vorgetragen hat ‒ die medizinischen Mitarbeiter auch in den Pausen bei Bedarf ständig abrufbar und damit unverzüglich verfügbar sein müssten. Denn wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung selbst klargestellt hat, bezieht sich die ständige Verfügbarkeit und Erreichbarkeit grundsätzlich nicht auf das Pflegepersonal, sondern nur auf die Ärzte, die aber zahlenmäßig nur einen kleineren Teil der Belegschaft der jeweiligen Krankenhäuser ausmachen. Außerdem gehört zur Krankenhausbelegschaft auch eine Vielzahl von nicht-medizinischen Mitarbeitern (z.B. die Verwaltungsmitarbeiter, die Reinigungskräfte, etc.).. Darüber hinaus besteht für alle Mitarbeiter des Krankenhauses ‒ auch für die Ärzte ‒ keine arbeitsrechtliche Verpflichtung, ihre Pausen im Gebäude des Krankenhauses zu verbringen bzw. die Mitarbeiterkantinen zu nutzen. Der Senat verkennt dabei nicht, dass die Klägerin mit den Kantinen ihren Mitarbeitern ein gegebenenfalls kostengünstiges Angebot unterbreitet, ihre (kurzen) Pausenzeiten im Krankenhaus zu verbringen und z.B. dadurch auch die sozialen Kontakte unter den Mitarbeitern zu stärken, jedoch führt dies nicht zu einem „ausreichenden Zusammenhang“ mit den ärztlichen bzw. pflegerischen Leistungen gegenüber den Patienten. Die Klägerin erfüllt mit diesem Angebot nicht ihren Versorgungsauftrag; insoweit besteht auch keine Kostenübernahme durch den Sozialversicherungsträger. Schließlich bedingt der Betrieb eines Krankenhauses nicht zugleich den Betrieb einer Mitarbeiterkantine. Die Mitarbeiter können sich auch bei anderen Unternehmen, die Speisen und Getränke abgeben, oder sich mit selbst mitgebrachten Speisen und Getränken versorgen.

    70
    (bbb) Die selbständigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe „Mitarbeiterkantinen“ der Klägerin in ihren Krankenhäusern stellen auch keine Zweckbetriebe i.S.v. § 68 Nr. 2 AO dar.

    71
    Die insoweit allein in Betracht kommende Vorschrift des § 68 Nr. 2 Buchst. b AO findet im Streitfall keine Anwendung.

    72
    § 68 Nr. 2 Buchst. b AO lautet:

    73
    „Zweckbetriebe sind auch:

    74
    […]

    75
    2. a) landwirtschaftliche Betriebe und Gärtnereien, die der Selbstversorgung von Körperschaften dienen und dadurch die sachgemäße Ernährung und ausreichende Versorgung von Anstaltsangehörigen sichern,

    76
    b) andere Einrichtungen, die für die Selbstversorgung von Körperschaften erforderlich sind, wie Tischlereien, Schlossereien,

    77
    wenn die Lieferungen und sonstigen Leistungen dieser Einrichtungen an Außenstehende dem Wert nach 20 Prozent der gesamten Lieferungen und sonstigen Leistungen des Betriebs - einschließlich der an die Körperschaften selbst bewirkten - nicht übersteigen,

    78
    […].“

    79
    Selbstversorgungsbetriebe sind Betriebe, die der Befriedigung der Bedürfnisse der Körperschaften dienen (vgl. Krüger, in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, § 68 AO Rz. 2). Es kommt darauf an, ob die Körperschaft auf die Leistungen der Einrichtung angewiesen ist (vgl. Unger, in Gosch, AO/FGO, § 68 AO Rz. 11). Von § 68 Nr. 2 Buchst. b AO werden auch nur solche Einrichtungen umfasst, die den in der Vorschrift genannten Handwerksbetrieben vergleichbar sind; Handelsbetriebe fallen hingegen nicht darunter (vgl. BFH, Urteile vom 29.01.2009, V R 46/06, BStBl II 2009, 560; vom 18.10.1990, V R 76/89, BStBl II 1991, 268). Die Steuerbegünstigung des § 68 Nr. 2 AO erfasst dabei nur Einrichtungen der steuerbegünstigten Körperschaft, die nicht regelmäßig ausgelastet sind und deshalb wegen der nicht vollständigen Auslastung gelegentlich Leistungen an Außenstehende erbringen. Gleichzeitig dürfen sie nicht über Jahre hinweg Leistungen an Dritte ausführen und hierfür personell entsprechend ausgestattet sein (BFH, Urteil vom 29.01.2009, V R 46/06, BStBl II 2009, 560). Bei Krankenhäusern kann dem Grunde nach zu den Einrichtungen zur Selbstversorgung insoweit z.B. ein Wäschereibetrieb gehören (vgl. BFH, Urteil vom 18.10.1990, V R 35/85, BStBl II 1991, 157). Der Begriff der Außenstehenden ist im Gesetz nicht näher definiert. Nach dem Sinnzusammenhang der Vorschrift sind Außenstehende andere als die Körperschaft (als Selbstversorger) selbst, deren Angehörige oder die begünstigten Benutzer (BFH, Urteil vom 18.10.1990, V R 35/85, BStBl II 1991, 157, Rz. 56).

    80
    Hiervon ausgehend handelt es sich bei den Mitarbeiterkantinen um keine Selbstversorgungsbetriebe im Sinne des § 68 Nr. 2 Buchst. b AO. Die Krankenhäuser sind ‒ wie bereits ausgeführt ‒ nicht auf die Leistungen der Mitarbeiterkantinen angewiesen, um ihren Versorgungsauftrag zu erfüllen. Mit den Mitarbeiterkantinen werden anders als bei der Versorgung der Patienten mit Speisen und Getränken gerade keine Bedürfnisse der Körperschaft, des jeweiligen Krankenhauses mit der Aufgabe der Patientenversorgung, sondern nur die Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter befriedigt. Auch der Umstand, dass ‒ wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat ‒ (nur) die Ärzte der Krankenhäuser ständig verfügbar und erreichbar sein müssen, spricht für diese rechtliche Beurteilung. Denn zum einen handelt es sich bei den rufbereiten Ärzten bzw. Mitarbeitern ‒ wie ausgeführt ‒ nur um den kleineren Teil der Belegschaft und zum anderen bestand auch für sie keine arbeitsrechtliche Verpflichtung, ihre Pausen im Gebäude des Krankenhauses bzw. in der Mitarbeiterkantine zu verbringen. Die sich in Rufbereitschaft befindlichen Ärzte und sonstigen Mitarbeiter können sich ‒ wie die anderen, nicht rufbereiten, Mitarbeiter ‒ auch bei anderen Unternehmen, die Speisen und Getränke abgeben, oder mit selbst mitgebrachten Speisen und Getränken versorgen.

    81
    Darüber hinaus wären die Mitarbeiter als Außenstehende im Sinne des § 68 Nr. 2 Buchst. b AO anzusehen, so dass die Leistungen der Mitarbeiterkantinen ausschließlich an Außenstehende erfolgen und dadurch die in § 68 Nr. 2 Buchst. b AO angeführte „unschädliche“ Grenze von 20 % überschritten wäre. Es werden nicht nur gelegentlich, sondern ausschließlich Leistungen an Außenstehende erbracht. Die Mitarbeiter gehören ‒ wie ausgeführt ‒ nicht zur Körperschaft (als Selbstversorger) selbst und auch nicht zu deren Angehörigen oder begünstigten Benutzern. Denn zu den letztgenannten Personengruppen gehören bei Krankenhäusern nur die Patienten. Dass die Mitarbeiter unter die „Außenstehenden“ im Sinne des § 68 Nr. 2 Buchst. b AO fallen (a.A.: Hummel in: Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz Kommentar, § 12 Abs. 2 Nr. 8 [Ermäßigter Steuersatz: Gemeinnützige Einrichtungen], Rz. 289), ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der vom Gesetzgeber typisierten 20%-Grenze. Denn Sinn und Zweck dieser Grenze ist es, Selbstversorgungsbetriebe auch über ihren eigentlichen Zweck hinaus zu Zweckbetrieben zu erklären, wenn sie nur in geringem Umfang Leistungen an Außenstehende erbringen. Damit nimmt der Gesetzgeber zugleich typisierend an, dass in diesen Fällen der Selbstversorgungsbetrieb in keinem größeren Umfang in einen Wettbewerb mit privatwirtschaftlichen Anbietern tritt. Die Regelung trägt auf diese Weise der Tatsache Rechnung, dass der eigene Bedarf nicht genau abgeschätzt werden oder die Produktion die Erwartungen übertreffen kann (FG Nürnberg, Urteil vom 04.08.2006, II 112/2004, EFG 2007, 459; Seer in: Tipke/Kruse, AO/FGO, Rz. 5). Diese Zweckrichtung hat der V. Senat des BFH auch zum Anlass genommen, den Anwendungsbereich der Norm über den Wortlaut hinaus dahin einzuschränken, dass auch innerhalb der 20 %-Grenze Leistungen an Außenstehende zweckbetriebsschädlich sind, wenn sie nicht nur gelegentlich, sondern über Jahre hinweg dauerhaft geleistet werden (BFH, Urteil vom 29.01.2009, V R 46/06, BStBl II 2009, 560, Rz. 39). Wird mit der 20%-Grenze der deutlich untergeordnete Anteil an Leistungen, mit denen der Selbstversorgungsbetrieb somit in den Wettbewerb mit privatwirtschaftlichen Anbietern tritt, abgebildet, müssen die an Mitarbeiter erbrachten Verpflegungsleistungen in den Anwendungsbereich der Umsätze der 20%-Grenze fallen. Denn hinsichtlich der Mitarbeiter tritt die Klägerin mit dem Betrieb ihrer Mitarbeiterkantinen in einen (potentiellen) Wettbewerb mit privatwirtschaftlichen Anbietern, da die Mitarbeiter sich zumindest zwischen einer Verpflegung in der Mitarbeiterkantine, einer Verpflegung durch Lieferdienste, ggf. auch einer Verpflegung in ortsnah vorhandenen Restaurants, Imbissen etc. und einer Verpflegung durch selbst mitgebrachte (gekaufte oder selbst zubereitete) Speisen und Getränke entscheiden können.

    82
    (ccc) Schließlich stellen die Mitarbeiterkantinen der Klägerin auch keine Zweckbetriebe i.S.v. § 65 AO dar.

    83
    Hiernach ist ein Zweckbetrieb gegeben, wenn

    84
    „1. der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen,

    85
    2. die Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können und

    86
    3. der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist.“

    87
    Diese Voraussetzungen liegen insgesamt nicht vor.

    88
    § 65 Nr. 2 AO setzt voraus, dass der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb sich von der Verfolgung des steuerbegünstigten Zwecks nicht trennen lässt, sondern vielmehr das unentbehrliche und einzige Mittel zur Erreichung des steuerbegünstigten Zwecks ist (BFH, Urteil vom 26.08.2011, V R 5/19, BFH/NV 2022, 166). Diese Voraussetzung liegt im Streitfall nicht vor, da der Zweck der Körperschaft in Form der Erbringung von Krankenhausbehandlungen auch ohne das Betreiben der Mitarbeiterkantinen erreicht werden kann und damit dafür nicht unerlässlich ist. Der jeweilige Krankenhausbetrieb der Klägerin ist nicht von dem Betreiben der Mitarbeiterkantine abhängig. Denn ‒ wie ausgeführt ‒ können sich die Mitarbeiter, auch die Ärzte und sonstigen Mitarbeiter mit Rufbereitschaft, bei anderen Unternehmen mit Speisen und Getränken oder sich selbst versorgen.

    89
    Sinn und Zweck des § 65 Nr. 3 AO liegen im Schutz des Wettbewerbs. Durch steuerliche Regelungen sollen weder Marktzutrittsschranken errichtet oder Wettbewerber vom Markt verdrängt werden noch soll in sonstiger Weise der Wettbewerb beeinträchtigt werden. Diesem umfänglichen Wettbewerbsschutz unterliegt daher auch der potentielle Wettbewerb (BFH, Urteile vom 23.11.1988, I R 11/88, BStBl II 1989, 391; vom 13.08.1986, II R 246/81, BStBl II 1986, 831). Eine Wettbewerbssituation scheidet nur dann aus, wenn der Markt für die angebotene Leistung so eingegrenzt ist, dass eine Wettbewerbsbeeinträchtigung steuerpflichtiger Unternehmen ausgeschlossen werden kann (BFH, Urteil vom 29.10.2008, I R 51/07, BStBl. II 2009, 1022). Nach Maßgabe dieser Grundsätze liegt die Voraussetzung des § 65 Nr. 3 AO nicht vor. Die Klägerin tritt mit ihren Mitarbeiterkantinen in ‒ ggf. auch nur potentiellen ‒ Wettbewerb mit örtlichen Restaurants, Imbissen, Lieferdiensten etc., als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar wäre (§ 65 Nr. 3 AO).

    90
    Im Übrigen dient der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb der Mitarbeiterkantine in seiner Gesamtrichtung auch nicht dazu, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Klägerin zu erfüllen (§ 65 Nr. 1 AO). Im Streitfall sind die Mitarbeiterkantinen auf die ortsnahe Verpflegung der Mitarbeiter ausgerichtet. Damit zielt der Geschäftsbetrieb auf die Befriedigung des Grundbedürfnisses Essen und Trinken der Mitarbeiter ab, nicht aber auf die Erbringung ärztlicher und pflegerischer Leistungen am Patienten, dem steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zweck der Klägerin.

    91
    (bb) Darüber hinaus wären im Streitfall, auch wenn die Mitarbeiterkantinen hier als Zweckbetrieb im Sinne der §§ 65-68 AO anzusehen wären, die weiteren Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG nicht erfüllt.

    92
    (aaa) Die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 erste Alternative UStG wären nicht gegeben. Die Mitarbeiterkantinen der Klägerin dienen vorrangig zur Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden.

    93
    Zusätzliche Einnahmen in diesem Sinne liegen bereits dann vor, wenn die Körperschaft diese im Zusammenhang mit Leistungen erzielt, die für die Verwirklichung ihres steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecks nicht unerlässlich sind. Vorrangig zur Erzielung dieser Einnahmen im Sinne des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 erste Alternative UStG dient ein Zweckbetrieb insbesondere, wenn es sich um den einzigen Tätigkeitsgegenstand des Zweckbetriebs handelt (vgl. u.a. BFH, Urteil vom 26.08.2021, V R 5/19, BFH/NV 2022, 166). Dagegen kommt es weder darauf an, dass die Körperschaft aus den zusätzlichen Einnahmen Gewinne erzielt, noch, dass Einnahmen der Körperschaft verbleiben (BFH, Urteil vom 08.03.2012, V R 14/11, BStBl. II 2012, 630).

    94
    Nach Maßgabe dieser Grundsätze erzielt die Klägerin durch die Mitarbeiterkantinen zusätzliche Einnahmen im Sinne des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 erste Alternative UStG, da es sich bei der Abgabe von Speisen und Getränken nicht um eine für die Förderung der Gesundheitshilfe durch die medizinische und pflegerische Arbeit am Patienten ‒ dem steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zweck ‒ unerlässliche Leistung handelt. Der Zweck der Körperschaft in Form der Erbringung von Krankenhausbehandlungen kann auch ohne Unterhaltung einer Kantine für die Mitarbeiter erreicht werden (siehe hierzu bereits unter I.2.b.(2)(c)(aa). Die Mitarbeiterkantinen dienten auch vorrangig der Erzielung dieser Einnahmen, da es der einzige Tätigkeitsgegenstand dieses wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs der Klägerin war. Darüber hinaus stehen die Leistungen der Klägerin an ihre Mitarbeiter auch in unmittelbarem Wettbewerb zu Leistungen dritter Unternehmer, zumindest der von Lieferdiensten und auch der in den Krankenhäusern ebenfalls befindlichen Besucher-Cafeterien.

    95
    (bbb) Es lägen auch die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 zweite Alternative UStG nicht vor. Die Klägerin verwirklicht mit den Leistungen aus dem Betrieb der Mitarbeiterkantinen nicht selbst ihre steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke. Wie bereits unter I.2.b.(2)(c)(aa) ausgeführt, lässt sich der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb Mitarbeiterkantine von der Verfolgung des steuerbegünstigten Zwecks trennen. Der Betrieb des jeweiligen Krankenhauses bedingt nicht den Betrieb der jeweiligen Mitarbeiterkantine.

    96
    II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

    97
    III. Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der in § 115 Abs. 2 FGO benannten Zulassungsgründe vorliegt.