05.08.2015 · IWW-Abrufnummer 145062
Landesamt für Steuern und Finanzen Sachsen: Verfügung vom 15.05.2014 – S 7100 - 447/1 - 213
Eine Verwaltungsanweisung äußert sich zur umsatzsteuerlichen Beurteilung der Überlassung von Fahrzeugen (Werbemobilen) an soziale Institutionen, Sportvereine und Kommunen
LSF Sachsen
15.5.2014
S 7100 - 447/1 - 213
Werbemobil
§§:[UStG] § 3, § 10 Abs. 2 Satz 2, § 13 Abs. 1 Nr. 1, § 15
SIS 15 08 65
Zitiert in ... / geändert durch ...
OFD Niedersachsen 30.3.2015, SIS 15 10 12, Sponsoring, Werbemobile: Eine Verfügung der OFD ...
1. Sachverhalt
Werbefirmen erfüllen oftmals ihre Aufträge gegenüber ihren Kunden (i.d.R. gewerbliche Unternehmen) durch das Anbringen von Werbeflächen auf Fahrzeugen.
Hierfür übergibt die Werbefirma verschiedenen Institutionen (soziale Einrichtungen, Vereine, Verbände, Kommunen, Interessenverbände etc.) ein entsprechend mit Werbeflächen versehenes Fahrzeug (sog. Werbemobil) zur Nutzung.
Folgende Fallgestaltungen sind bekannt:
a) die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des Fahrzeugs entspricht der Vertragslaufzeit; nach Vertragsende wird das Eigentum auf die Institution übertragen
b) die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des Fahrzeugs ist länger als die Vertragslaufzeit; nach Vertragsende wird das Eigentum auf die Institution übertragen
c) nach Vertragsende wird das Fahrzeug an die Werbefirma zurückgegeben.
Den Fahrzeugbrief behält die Werbefirma zurück.
Die Institution verpflichtet sich im Gegenzug, das Fahrzeug bis zum Vertragsende möglichst werbewirksam und häufig zu nutzen sowie die Werbung zu dulden. Für die Gebrauchsüberlassung sind keine Zahlungen an die Werbefirma zu leisten. Die Zulassung sowie die Versicherung des Fahrzeugs erfolgt durch die Institution im eigenen Namen; sie hat auch die laufenden Kfz-Kosten zu tragen.
2. Umsatzsteuerliche Würdigung der Leistungen der Werbefirma
Mit Übergabe des Fahrzeugs an die betreffende Institution erbringt die Werbefirma im Fall a) eine Lieferung i.S. des § 3 Abs. 1 UStG bereits zu Beginn des Nutzungszeitraums.
Da der Vertrag bei vertragsmäßiger Erfüllung während der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des Fahrzeugs nicht gekündigt werden kann und mit deren Ablauf das bürgerlich rechtliche Eigentum auf die Institution übergeht, hat diese bereits zu Beginn der Vertragslaufzeit die Verfügungsmacht an dem Fahrzeug erlangt. Eine der Lieferung vorangehende sonstige Leistung (Fahrzeugüberlassung) liegt nicht vor. Die für das Leasing entwickelten Grundsätze können für die Beurteilung sinngemäß herangezogen werden (vgl. Abschn. 3.5 Abs. 5 bis 7 UStAE sowie Anhang 21 EStH).
Ob in den Fällen b) und c) eine Lieferung oder sonstige Leistung vorliegt, richtet sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse des Einzelfalls, d.h. den konkreten vertraglichen Vereinbarungen und deren tatsächlicher Durchführung unter Berücksichtigung der Interessenlage der Beteiligten. Eine Lieferung kommt dann in Betracht, wenn sich die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des Fahrzeugs und die Grundmietzeit annähend decken, oder zwar die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer erheblich länger als die Grundmietzeit ist, jedoch dem Nutzenden ein Recht auf Mietverlängerung oder Kauf zusteht und bei Ausübung der Option nur ein geringer Mietzins oder Kaufpreis zu entrichten ist (BFH-Urteil vom 16.4.2008, XI R 56/06, Tz. 2 b) aa), BStBl 2008 II S. 909 = SIS 08 25 75).
Die Lieferung erfolgt im Rahmen eines tauschähnlichen Umsatzes, wenn das Entgelt in der Werbeleistung besteht, die die Institution mit der Duldung der Anbringung der Werbeflächen auf dem Fahrzeug und dessen werbewirksamen Einsatzes an die Werbefirma erbringt (§ 3 Abs. 12 Satz 2 UStG).
Beim tauschähnlichen Umsatz gilt der Wert eines jeden Umsatzes als Entgelt für den anderen Umsatz. Der Wert des anderen Umsatzes wird durch den subjektiven Wert für die tatsächlich erhaltene und in Geld ausdrückbare Gegenleistung bestimmt. Der subjektive Wert der Werbeleistung bestimmt sich nach dem Betrag, den der leistende Unternehmer hierfür aufgewendet hat (Abschn. 10.5 Abs. 1 UStAE). Das sind die Anschaffungskosten des Fahrzeugs ohne die Kosten für die Anbringung der Werbung.
Die Umsatzsteuer für die Lieferung in Sachverhalt a) entsteht bei der Besteuerung nach vereinbarten Entgelten gem. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 UStG bereits mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem das Fahrzeug an die Institution übergeben wurde (Vertragsbeginn).
Dies gilt auch für die Fälle b) und c), wenn das Fahrzeug nach den Leasinggrundsätzen ertragsteuerlich der Institution zuzurechnen ist. Ist in diesen Fällen das Fahrzeug jedoch ertragsteuerlich der Werbefirma zuzurechnen, erbringt die Werbefirma eine sonstige Leistung gem. § 3 Abs. 9 UStG - Fahrzeugüberlassung (Dauerleistung). Der subjektive Wert der Werbeleistung - die Anschaffungskosten für das Fahrzeug - ist entsprechend der vereinbarten Vertragslaufzeit auf die monatliche Nutzung aufzuteilen und gem. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG fortlaufend zu besteuern.
Eine im Rahmen eines tauschähnlichen Umsatzes erbrachte sonstige Leistung (Fahrzeugüberlassung gegen Werbeleistung) kann als Entgelt oder Teilentgelt i.S. des § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG angesehen werden. Der wirtschaftliche Wert der Leistung fließt jeweils fortlaufend den Beteiligten zu. Eine Vereinnahmung der Anzahlung durch den Leistungsempfänger ist in diesen Fällen nicht dadurch ausgeschlossen, dass diese Leistung selbst noch nicht als ausgeführt i.S. des § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 UStG gilt (Abschn. 13. 5 Abs. 2 UStAE ).
Die Anzahlung besteht hier in der sonstigen Leistung (Werbeleistung), deren wirtschaftlicher Wert jeweils fortlaufend zufließt und bereits vor Ablauf der vertraglich vereinbarten Nutzungsdauer des Fahrzeugs (Vollendung der Leistung) zu einer Entgeltvereinnahmung führt (vgl. Abschn. 13.5 Abs. 2 UStAE).
3. Umsatzsteuerliche Würdigung der Leistungen der Institution
Die Institution erbringt mit dem Einsatz des Fahrzeugs im Straßenverkehr während der Nutzungsüberlassung (Dauerleistung) eine sonstige Leistung - Werbeleistung - gem. § 3 Abs. 9 UStG.
Bei Vereinen begründet die Werbeleistung einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, wenn der Verein aktiv an der Werbemaßnahme mitwirkt (BMF-Schreiben vom 18.2.1998, BStBl 1998 I S. 212 = SIS 98 07 22). Dies ist dann der Fall, wenn er vertraglich verpflichtet ist, das Fahrzeug über den zu eigenen Zwecken notwendigen Umfang hinaus einzusetzen oder es werbewirksam abzustellen, Pressekonferenzen zu veranstalten und Kontakte zwischen potentiellen Werbeträgern und dem Werbeunternehmen herzustellen. Wirkt der Verein nicht aktiv an der Werbemaßnahme mit, liegt grundsätzlich kein Leistungsaustausch vor.
Die Institution erhält als Gegenleistung für ihre Werbeleistung im Fall a) bereits zu Beginn der Vertragslaufzeit die Lieferung des Fahrzeugs. Entgelt für die Werbeleistung ist der gemeine Wert der Fahrzeuglieferung (§ 10 Abs. 2 Satz 2 UStG). Aus Vereinfachungsgründen bestehen keine Bedenken, den Einkaufspreis des Fahrzeugs zu Grunde zu legen. Die Umsatzsteuer für die Werbeleistung entsteht nach vereinbarten Entgelten gem. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG bereits mit Ablauf des Voranmeldungszeitraumes, in dem die Anzahlung auf die Lieferung des Fahrzeugs vereinnahmt wurde. Dies gilt auch für die Fälle b) und c), wenn das Fahrzeug ertragsteuerlich der Institution zuzurechnen ist.
Ist in den Fällen b) und c) das Fahrzeug jedoch ertragsteuerlich der Werbefirma zuzurechnen, ist die monatliche Fahrzeugüberlassung das Entgelt für die monatliche Werbeleistung, die gem. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG fortlaufend zu besteuern ist. Aus Vereinfachungsgründen ist der Einkaufspreis des Fahrzeugs zu Grunde zu legen, der entsprechend der Vertragslaufzeit auf die monatliche Nutzung aufzuteilen ist.
Eine im Rahmen eines tauschähnlichen Umsatzes erbrachte sonstige Leistung (Werbeleistung gegen Fahrzeugüberlassung) kann als Entgelt oder Teilentgelt i.S. des § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG angesehen werden. Der wirtschaftliche Wert der Leistung fließt jeweils fortlaufend den Beteiligten zu. Eine Vereinnahmung der Anzahlung durch den Leistungsempfänger ist in diesen Fällen nicht dadurch ausgeschlossen, dass diese Leistung selbst noch nicht als ausgeführt i.S. des § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 UStG gilt (Abschn. 13. 5 Abs. 2 UStAE).
Der Institution ist unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG ein Vorsteuerabzug aus der Fahrzeuglieferung grundsätzlich zu gewähren, wenn die unternehmerische Nutzung des Fahrzeugs mindestens 10 % beträgt (§ 15 Abs. 1 Satz 2 UStG). Der Vorsteuerabzug ist gem. § 15 Abs. 2 UStG ausgeschlossen, soweit die Institution das Fahrzeug für steuerfreie Umsätze verwendet.
Wird das Fahrzeug sowohl für den unternehmerischen (wirtschaftliche Tätigkeit) als auch für den nichtunternehmerischen Bereich (nichtunternehmerische Tätigkeiten im engeren Sinne und unternehmensfremde Tätigkeiten) der jPdöR oder des Vereins genutzt (teilunternehmerische Nutzung) besteht ab dem 1.1.2013 eine Berechtigung zum Vorsteuerabzug nur im Umfang der beabsichtigten Verwendung für die unternehmerische - wirtschaftliche - und die unternehmensfremde Tätigkeit. Nur insoweit kann das Fahrzeug dem Unternehmensvermögen zugeordnet werden. Die auf die Eingangsleistungen entfallende Steuer ist entsprechend dem Verwendungszweck in einen abziehbaren und nicht abziehbaren Anteil aufzuteilen (Abschn. 15.19 Abs. 3 UStAE). In Höhe der unternehmensfremden Nutzung ist eine unentgeltliche Wertabgabe zu besteuern. Erhöht sich in der Folgezeit der Umfang der Nutzung für nichtwirtschaftliche Tätigkeiten i.e.S., ist eine unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 9 a Nr. 1 UStG zu versteuern. Ändern sich die Verhältnisse durch Erhöhung der unternehmerischen Tätigkeit, kann eine Vorsteuerberichtigung nach § 15 a UStG im Billigkeitswege in Betracht kommen.