05.08.2015 · IWW-Abrufnummer 145064
Oberfinanzdirektion Niedersachsen: Verfügung vom 26.02.2015 – S 7109 - 5 St 171
Umsatzsteuerliche Behandlung von Sachlotterien
OFD Niedersachsen
Verfügung vom 26.2.2015, Az. S 7109 – 5 – St 171
Zur Vergabe von Sachpreisen bei einer öffentlichen Lotterie, Ausspielung oder Tombola (Sachlotterie) gilt Folgendes:
1. Verkauf der Lose
Der Veranstalter erbringt mit dem Verkauf der Lose Lieferungen (BFH v. 10.12.1959 – V 317/57 U, BStBl. III 1960, 77 = BeckRS 1959, 21005277). Die Losverkäufe sind umsatzsteuerpflichtig, wenn sie nicht unter das Rennwett- und Lotteriegesetz (RennwettLottG) fallen oder von der Rennwett- und Lotteriesteuer befreit sind oder diese Steuer nicht erhoben wird (§ 4 Nr. 9 Buchst. B UStG). Die Entscheidung trifft in Niedersachsen das für die Rennwett- und Lotteriesteuer zuständige Finanzamt Hannover Nord. Zu den umsatzsteuerpflichtigen Veranstaltungen gehören insbesondere:
• Von den Ordnungsämtern genehmigte Sachlotterien zu ausschließlich gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken, bei denen der Gesamtpreis der einzelnen Lotterien den Wert von 40.000,00 € nicht übersteigt (§ 18 Nr. 2a RennwettLottG),
• Sachlotterien auf Volksfesten, Jahrmärkten und bei ähnlichen Gelegenheiten, bei denen die Gestehungskosten eines Gewinns höchstens 60,00 € betragen, mindestens 50 % der Gesamteinsätze an die Spieler zurückfließen und mindestens 20 % der Gewinnentscheide zu Gewinnen führen. Derartige Sachlotterien sind nicht erlaubnispflichtig und fallen nicht unter das RennwettLottG (§ 5a Spielverordnung, § 17 RennwettLottG).
Werden die vorstehenden Grenzen überschritten, sind die Lotterien und Ausspielungen steuerbar und –pflichtig nach dem RennwettLottG und folglich von der Umsatzsteuer befreit.
Bei umsatzsteuerpflichtigen Sachlotterien ist das umsatzsteuerliche Entgelt für die Losverkäufe der Gesamtbetrag der Einlöse abzüglich der enthaltenen Umsatzsteuer. Eine Begrenzung der Bemessungsgrundlage auf den beim Veranstalter nach Ausgabe der Sachgewinne verbleibenden Anteil der Erlöse, ist nicht zulässig. Eine Begrenzung erfordert neben gesetzlichen Vorschriften über Gewinnausschüttungen auch technische Einrichtungen, die die für die Sachgewinne verwendeten Beträge gegenständlich von den übrigen Erlösen trennen (EuGH v. 5.5.1994 – C-21/92, Kamp, BStBl. II 1994, 548 = BeckRS 2004, 74989, und BFH v. 18.8.2005, V R 42/02, BStBl. II 2007, 137 = DStR 2005, 1855). Daran fehlt es aber.
Die Losverkäufe unterliegen dem ermäßigten Steuersatz, wenn der Gesamtpreis der Lose je genehmigter Sachlotterie zu ausschließlich gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken 40.000,00 € nicht überschreitet (§ 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. A UStG iVm Abschn. 12.9 Abs. 14 UStAE). Die übrigen Losverkäufe unterliegen dem Regelsteuersatz.
2. Abgabe der Sachgewinne
Die Abgabe eines Sachgewinns erfolgt unentgeltlich außerhalb eines Leistungsaustausches. Der Loskäufer erwirbt mit dem Los keinen Gewinnanspruch, sondern lediglich eine Gewinnaussicht. Der Lospreis ist daher keine Gegenleistung für einen Sachgewinn.
3. Vorsteuerabzug
Der Veranstalter ist nicht zum Vorsteuerabzug aus dem Erwerb der Sachgewinne berechtigt, soweit deren Abgabe tatbestandlich eine unentgeltliche Wertabgabe iSv § 3 Abs. 1 Buchst. B Nr. 3 oder Abs. 9a Nr. 2 UStG ist. Sind die bestandlichen Voraussetzungen einer unentgeltlichen Wertabgabe nicht erfüllt, ist für den Vorsteuerabzug die Gesamttätigkeit des Veranstalters maßgeblich (Abschn. 15.15 UStAE).
Die Abgabe des Sachgewinns erfolgt aus unternehmerischen Gründen. Handelt es sich um einen höherwertigen Gegenstand, zB einen Laptop oder ein Auto, fällt die Abgabe der Art nach unter § 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG. Da der Veranstalter bereits bei Leistungsbezug beabsichtigt, den Gegenstand als Sachgewinn abzugeben, ist er nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Dementsprechend unterbleibt eine Wertabgabenbesteuerung. Handelt es sich um ein Geschenk von geringem Wert (bis 35,00 € netto, Abschn. 3.3 Abs. 11 UStAE), fällt die Abgabe der Art nach nicht unter § 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG. Der Sachgewinn kann keinem steuerbaren Ausgangsumsatz zugeordnet werden. Für den Vorsteuerabzug ist die Gesamttätigkeit des Veranstalters maßgebend. Dabei ist zunächst zu prüfen, ob der Leistungsbezug einer bestimmen Gruppe von Ausgangsumsätzen wirtschaftlich zugeordnet werden kann (Abschn. 15.15 Abs. 2 UStAE). Wirtschaftlich kann die Eingangsleistung den Umsätzen aus dem Verkauf der Lose zugeordnet werden. Bei einer umsatzsteuerpflichtigen Lotterie ist der Veranstalter daher zum Vorsteuerabzug berechtigt, bei einer umsatzsteuerfreien Lotterie ist ein Vorsteuerabzug nicht zulässig. Gleiches gilt, wenn der Sachgewinn in einer sonstigen Leistung zB einer Reise oder einer Eintrittsberechtigung zu einem Konzert besteht. Die Abgabe erfolgt aus unternehmerischen Gründen und fällt der Art nach nicht unter § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG. Im Gegensatz zu § 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG erfasst § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG Wertabgaben aus unternehmerischen Gründen nicht.
Das bisherige Karteiblatt (Kontroll-Nr. 944) ist durch diese Neufassung zu ersetzen.