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  • 31.03.2006 · IWW-Abrufnummer 060960

    Hessisches Finanzgericht: Urteil vom 12.09.2005 – 6 K 3097/00

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    HESSISCHES FINANZGERICHT

    Geschäftsnummer:
    6 K 3097/00

    URTEIL

    IM NAMEN DES VOLKES

    In dem Rechtsstreit XXX

    w e g e n Umsatzsteuer 1992-1994

    hat der 6. Senat des Hessischen Finanzgerichts
    nach mündlicher Verhandlung
    in der Sitzung vom 12. September 2005

    unter Mitwirkung XXX

    für Recht erkannt:

    Die Umsatzsteuerbescheide 1992 - 1994 vom 23.12.1998 werden unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 23.6.2000 dahingehend geändert, dass die Umsatzsteuer 1992 (wie erklärt) auf Euro,
    die Umsatzsteuer 1993 auf Euro
    und die Umsatzsteuer 1994 auf Euro
    festgesetzt wird.

    Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

    Tatbestand:

    1. Der Kläger ist ein Verein, der seit dem 25.6.1982 im Vereinsregister eingetragen ist. Zweck des Vereins ist es, der Tierwelt besonderen Schutz vor Grausamkeit und Quälerei zu verschaffen. Er nimmt zum einen allgemeine Tierschutzaufgaben wahr. Nach seiner Satzung führt er wissenschaftliche Veranstaltungen durch und klärt die Bevölkerung über die Belange des Tierschutzes auf. Er unterhält kostenlose Informationsblätter , betreut Infostände in ca. 200 Städten, verteilt über 1 Mio Flugblätter und Plakate (Tätigkeitsbericht 1989, zusammengefasst vom FA Bl.38 Vereinsakte). Er gibt Stellungnahmen in Rund-funk- und Fernsehsendungen ab und führt Unterschriftsaktionen gegen Tiermissbrauch durch. Daneben unterhält er ein Haustierzentralregister, um entlaufene oder gestohlene Tiere an den Eigentümer zurück führen zu können. Hierdurch soll u.a. verhindert werden, dass an herrenlosen Tieren illegale Tierversuche durchgeführt werden. Die Gesamtanzahl der Registrierungen betrug in den drei Streitjahren ca. 120.000 Tiere. Jährlich werden ca. 3.500 - 5.000 verlorene Tiere zurückvermittelt. Der Verein finanziert sich durch Spenden und die Mitgliedsbeiträge der Vereinsmitglieder.

    2. Der Verein ist nicht als gemeinnützig anerkannt. Der Kläger hatte am 22.7.1982 einen Antrag auf Anerkennung als gemeinnützig gestellt, der am 12.10.1982 vom FA abgelehnt wurde mit der Begründung, in der Führung eines Haustierregisters liege keine Förderung der Allgemeinheit, sondern eine Förderung der Interessen der Tierhalter. Zwar wurde dem Verein ab dem 1.1.1990 eine vorläufige Bescheinigung über die Anerkennung als gemeinnütziger Verein für 18 Monate erteilt. Nachdem das FA weitere Unterlagen angefordert hatte, zog der Verein am 10.6.1993 seinen Antrag auf Anerkennung zurück.

    3. Bis zum Jahre 1983 wurde für die Registrierung eines Tieres, für die Erstellung eines Tierausweises und einer SOS Plakette von jedem Tierhalter 20 DM pro Eintragung erhoben. Ab 1984 finanziert sich der Verein lediglich aus freiwilligen Spenden der Fördermitglieder. Das in der Zeitschrift ?X? abgedruckte Formular zur Registrierung des Tieres enthält folgenden Hinweis:

    ?Die Eintragung von Haustieren, einschließlich der Bereitstellung von Tierausweis und Halsband - Plakette, ist beim Haustierzentralregister kostenlos. Ebenso die Suche und Rückmeldung verschwundener Tiere. Damit sind die wichtigsten Aufgaben des Haustierzentralregisters für jeden Tierbesitzes kostenlos. Tierschutz darf nicht am Geldbeutel scheitern. ...Dennoch: Irgendwie muß das Haustierzentralregister das finanzieren. Laufende Kosten für Suchaktionen, Büromaterial, Computereinsatz, Mieten, Informationsschriften, Porto, Öffentlichkeitsarbeit, all dies kann nur durch groß-zügige Spenden hochherziger Tierfreunde ermöglicht werden. Das Haustierzentralregister ist schließlich keine Behörde, die aus Steuermitteln finanziert wird. Wenn Sie auch der Meinung sind, dass man im Tierschutzrecht mehr handeln als reden sollte, ...besteht eine der wirkungsvollsten Möglichkeiten darin, das Haustierzentralregister zu fördern. Für Ihren Spende danken Ihnen all jene Tiere, die mit Hilfe des Registers wieder nach Hause gelangen...?

    Soweit der Kläger Überweisungsformulare versandte, enthielten die Anschreiben und Formulare folgenden Text: ?Ihre Spende ist zweckgebunden und betrifft auch die Registrierung Ihres Tieres ? oder ?Ihre Hilfe kommt allen Tieren, letztlich auch Ihrem Tier zu Gute?.

    4. Die Umsatzsteuer wurde vom FA zunächst antragsgemäß von 1984 bis 1988 mit DM veranlagt.

    5. In der Folgezeit stieg das Spendenaufkommen stark an von ca. DM in 1984 bis zu ca. DM in 1992. Hierbei sind unter der Gesamtzahl der Spender von denen, die eine Tierregistrierung vorgenommen haben 30%, die gespendet haben. 70 % haben die Tierregistrierung ohne Spende genutzt (Tabelle Anlage 1). Auch sind Spender vorhanden, die trotz des Todes ihres Tieres weiter gespendet haben. Die Spenden sind der Höhe nach sehr unterschiedlich. Sie betragen nach den in den Akten vorhandenen Kontrollmitteilungen zwischen 14 und 600 DM. Die Selbstkosten für eine Registrierung werden von dem Kläger mit ca. 10 DM angegeben.

    6. In ihren Steuererklärungen für die Streitjahre 1992 - 1994 erklärte der Kläger steuerbare Umsätze für einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb durch Veräußerung von Büchern, tierversuchsfreien Kosmetikartikeln und bedruckten T-Shirts. Einnahmen aus Spenden wurden als nicht steuerbar angesehen.

    7. Nach einer Beanstandung des Rechnungshofes änderte das FA seine Rechtsauffassung und unterwarf im Veranlagungszeitraum 1992 (wie zuvor auch schon für 1989 und 1990) die eingenommenen Spenden und Mitgliedsbeiträge der Umsatzsteuer (USt Bescheid 1992 vom 13.1.1997). Zudem veranlasste das FA eine Betriebsprüfung für die Veranlagungszeiträume 1992 - 1994. Hierbei gelangte der Prüfer zu dem Ergebnis, dass der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb nicht nur den Bücherverkauf, sondern auch den Betrieb des Haustierzentralregisters umfasse, weil der Verein erwarte, dass die Tierhalter für die Registrierung ein Entgelt entrichteten. Ein Zweckbetrieb sei nicht gegeben, weil der Verein zu anderen Vereinen in größerem Umfang in Wettbewerb trete. Es fehle auch die Selbstlosigkeit (§ 55 AO), weil eine eigene Opferwilligkeit der Vereinsmitglieder fehle. Der 1. Vorsitzende beziehe vom Verein eine Aufwandsentschädigung von DM jährlich und von der ihm zu 100 % gehörenden Gesellschaft B, die ausschließlich für den Verein tätig werde, ein Gehalt von
    DM. Zudem erhalte er Miete für die ihm gehörenden Lager- und Büroräume.

    8. Das FA folgte dem Prüfer und erließ am 1.12.1998 einen Änderungsbescheid für USt 1992 bzw. Erstbescheide für USt 1993 und 1994, in denen es die als ?Spenden? bezeichnete Beträge in Höhe von

    Spenden Abzüge Brutto Netto + erklärt Entgelte
    1992
    1993
    1994


    besteuerte. Hierbei nahm es einen geschätzten Abzug von ca. 10 % für Spenden ohne Gegenleistung vor. Für 1992 minderte es die zuvor wegen der Erfassung der Spenden als steuerbare Leistung festgesetzte Umsatzsteuer, weil es zusätzliche Vorsteuerbeträge anerkannte.

    9. Gegen die Änderungsbescheide hat der Kläger fristgerecht Einspruch eingelegt und nach zurückweisender Einspruchsentscheidung vom 23.6.2000 Klage erhoben.

    Zur Begründung der Klage wird ausgeführt:

    a) Bei den eingegangenen Spenden fehle es an einem Leistungsaustausch. Nach der Rechtsprechung des EuGH werde eine Dienstleistung gegen Entgelt nur dann erbracht, wenn zwischen Leistenden und Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis bestehe. Mit der Annahme des kostenlosen Eintragungsangebotes gingen die Empfänger keine eigene Leistungsverpflichtung ein. Zudem sei erforderlich, dass die empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die Dienstleistung bilde. Das sei nicht der Fall, weil die Spenden in stark wechselnder Höhe erbracht würden. Die Spende sei von den Spendern nicht als Äquivalent der Leistung erbracht worden. Der Kläger habe auch nicht erkennbar in Erwartung einer Gegenleistung gehandelt, weil er stets betont habe, die Leistung kostenlos zu erbringen. Ein Spendenaufruf mit dem Hinweis, die Spende komme dem Tierschutz und auch dem eigenen Tier zu Gute, sei nicht geeignet, den Eindruck zu erwecken, eine Registrierung erfolge in Erwartung der Gegenleistung. Durch die Änderung der früheren, bis 1983 geübten Praxis, für die Eintragung 20 DM pro Tier zu verlangen, komme im Gegenteil zum Ausdruck, dass gerade keine Gegenleistung mehr erwartet werde. Es fehle auch an einem unmittelbaren Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung (EuGH Urteil Rs 102/86, UStR 1989, 275), weil die Zahlungen lediglich den Zweck verfolgten, den Empfänger allgemein in die Lage zu versetzen, seine satzungsmäßigen Aufgaben zu erfüllen. Es gebe Tierhalter, die registrieren ließen, ohne zu spenden (ca. 70%) und anderseits Spender ohne Registrierung. Der Anteil der Registrierer ohne Spende sei inzwischen im Jahre 2005 auf 93,6% angestiegen, so dass lediglich 6,4% die gesamte Kostenlast trügen. Es fehle auch der zeitliche Zusammenhang zwischen Registrierung und Spende, weil nur 8% der Spender innerhalb von 2 Monaten nach Registrierung gespendet hätten.

    b) Sollte entgegen der Rechtsauffassung des Klägers gleichwohl ein Leistungsaustausch anzunehmen sein, sei die Bemessungsgrundlage zu mindern. An einem Zusammenhang zwischen der Spende und der Registrierung fehle es bei den Nichtregistrierten Spendern, bei den Spendern, deren Tier zuvor verstorben sei, und bei den Spenden aus Sammelbüchsen in Tierarztpraxen. Weiterhin müssten für diejenigen Spenden, deren Motivation darin bestand, sowohl für den Tierschutz als auch für die Registrierung zu spenden, ein geschätzter Anteil von 50% des verbleibenden Spendenaufkommens abgezogen werden. Von der verbleibenden Summe müsse schließlich ein weiterer Anteil ausgesondert werden, der darin bestehe, dass die Registrierungsspenden auch zum Teil für die Registrierung anderer Tierbesitzer geleistet würden, die nicht gespendet hätten. Eine Leistungsaustausch bestehe aber nur für das Entgelt für die eigene Registrierung. Nach Schätzung des Klägers sind von den gesamten Spendeneingängen im Ergebnis 85,7 % abzuziehen.

    Übersicht über die Kürzungen wegen Spenden ohne Zusammenhang mit Eintragung im Tierregister und Spenden mit gemischter Motivation (Bl.31 gelb):

    Kürzungen laut Klage Spendensumme
    1: für Spenden ohne Tierregistrierung
    2. für Spenden nach Tod des Tieres
    3. für gemischte Spendenmotivation, 50% für Tierschutz
    4. für Fremdregistrierungen
    Rest steuerbarer Anteil für die Registrierung
    1992
    1993
    1994


    c) Die verbleibende Bemessungsgrundlage sei auch nicht mit dem Regelsteuersatz, sondern mit dem ermäßigten Steuersatz zu besteuern, weil es sich um Leistungen für Körperschaften handele, die unmittelbar gemeinnützige Ziele (Pflege des Tierschutzes) verfolgten (§ 12 Nr.8 a UStG). Auf die bisher fehlende formelle Anerkennung komme es nicht an. Es müsse daher für umsatzsteuer-rechtliche Zwecke eine eigenständige Entscheidung getroffen werden. Entgegen der Behauptung des FA nehme er auch neben der Betreuung des Registers in nicht unerheblichem Umfang allgemeine Tierschutzaufgaben wahr. Nach Nr.16 der Anlage 7 der EStR gehöre zu den gemeinnützigen Zwecken auch die Förderung des Tierschutzes. Die Gemeinnützigkeit sei auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil der 1.Vorsitzende eine angemessene Aufwandsentschädigung erhalte.

    Der Kläger beantragt,
    1. die Umsatzsteuerbescheide 1992-1994 vom 23.12.1998 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 19.6.2000 dahingehend abzuändern, dass die Umsatzsteuer erklärungsgemäß für 1992 auf DM, für 1993 auf DM und für 1994 auf DM festgesetzt wird,

    2. hilfsweise, für den Fall des Unterliegens die Revision zuzulassen.

    Das FA beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    a) Ein Leistungsaustausch sei gegeben. Hierzu genüge es, wenn der Unternehmer auch ohne rechtliche Verpflichtung eine Leistung erbringe, die eine Gegenleistung erwarten lasse, weil die Leistung üblicherweise vergütet werde (Hinweis auf BFH Beschluss vom 10.7.1997 V B 152/96, BFH/NV 1998, 345). Die Spendenaufrufe seien so abgefasst, dass der Empfänger den Eindruck haben müsse, für die Tier - Registrierung einen gewissen Betrag zahlen zu müssen. Hierfür spreche auch, dass auf den Überweisungsträgern z.B. der Aufdruck: ?Zweckgebundene Spende, Betrifft Tier Micky? enthalten sei. Ca. 30 % der Spender hätten ein Tier registriert. Dies sei eine Anzahl, die nicht mehr unbedeutend sei. Ein steuerbarer Leistungsaustausch sei nur dann ausgeschlossen, wenn der Stpfl. eine eindeutige Trennung der Motive nachweise. Für Spenden ohne Gegenleistung ( keine Registrierung, Spende trotz verstorbene Tieres, Sammelbüchse) habe das FA bereits einen ca. 10 - prozentigen Abschlag geschätzt. Eine weitere Minderung von Spenden die möglicherweise sowohl für den Tierschutz als auch für die Eintragung geleistet worden sind (Mischmotivation) oder für eigene und fremde Registrierungen komme nicht in Betracht.

    b) Der begünstigte Steuersatz sei nicht anzuwenden. Der Kläger sei nicht gemeinnützig tätig, weil das Unterhalten eines Tierregisters mit dem Ziel, entlaufene Tiere wiederzufinden, kein steuerbegünstigter Zweck sei. Zwar sei der Tierschutz nach § 10b Abs.1 EStG Nr.16 als besonders förderungswürdig anerkannt. Es würden aber vorliegend nur persönliche Motive der Tierbesitzer befriedigt, weil es vorrangig nicht um die Verhinderung von Tierversuchen, sondern um das Wiederfinden der Haustiere gehe. Das Betreiben eines Tierschutzregisters sei im Tierschutzgesetz nicht geregelt. Weitere Tätigkeiten des Vereins träten dagegen in den Hintergrund. Der Kläger diene nicht dem Tierschutz, sondern der Einkunftserzielung des 1. Vorsitzenden über sein Gehalt von DM jährlich sowie sein Geschäftsführergehalt von DM bei der B, die ausschließlich für den Verein tätig werde sowie für die Geschäftsraummiete.

    Mit Beschluss vom 24.8.1999 6 V 2468/99 hat der Senat die Vollziehung der Bescheide ausgesetzt.

    Entscheidungsgründe:

    Die Klage ist begründet. Der Senat folgt nicht der Rechtsauffassung des FA, wonach die Spenden an den Verein (abzüglich eines geschätzten Betrages von ca. 10 %) als Gegenleistung für die Haustiereintragung anzusehen sind, weil ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung nicht feststellbar ist.

    1. Gem. § 1 Abs.1 Satz 1 UStG ist eine sonstige Leistung steuerbar, wenn sie ?gegen Entgelt? ausgeführt worden ist. Nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 3.3.1994 Rs C-16/93, EuGHE 1994, 743 -Straßenmusikant-) sowie des BFH (Beschluss vom 10.7.1997 V B 152/96, BFH/NV 1998, 357 -Vortragstätigkeit-) wird eine Dienstleistung nur dann gegen Entgelt ausgeführt, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden und die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die vom Leistungsempfänger erbrachte Dienstleistung bildet. Wie der EuGH bereits entschieden hat fehlt es im Falle eines Drehorgelspielers, der auf öffentlichen Plätzen Musik in der Erwartung einer Spende darbietet, zum einen an einem Rechtsverhältnis zwischen Leistendem und Leistungsempfänger, weil die Passanten nicht um die Musikdarbietung gebeten hätten; zum anderen hat der EuGH selbständig darauf abgestellt, dass zwischen Leistung und Entgelt kein unmittelbarer Zusammenhang besteht, weil einige Passanten bei der musikalischen Darbietung zuhörten, ohne eine Spende zu erbringen, andere Passanten hingegen zum erhebliche Beträge spendeten, ohne beim musikalischen Vortrag vorher verweilt zu haben. Hieraus ergebe sich, dass die Passanten aus anderen Motiven als zur Bezahlung einer Leistung -- nämlich aus Mitleid - - gespendet hätten. Diese Zahlungen seien aus völlig freien Stücken erfolgt und seien der Höhe nach nicht bestimmbar.

    2. Vorliegend fehlt es ebenfalls an dem erforderlichen unmittelbarem Zusammenhang zwischen Tiereintragung und Spende und damit an der Entgeltlichkeit der Leistung. Denn es ist nicht feststellbar, dass die von dem Kläger empfangene Zahlung den tatsächlichen Gegenwert für die vom Leistungsempfänger erbrachte Dienstleistung bildet:

    a) Eine Entgeltlichkeit zwischen dem Kläger und den Tierhaltern ist nicht ausdrücklich vereinbart worden. Der Kläger hat in ihren Broschüren vielmehr stets darauf hingewiesen, dass die Eintragung der Tiere im Haustierregister und die Rückführung der Tiere unentgeltlich sei.

    b) Eine Entgeltlichkeit ist auch nicht entgegen den schriftlichen Verlautbarungen konkludent oder verdeckt vereinbart worden. Dies wäre nach den Gesamtumständen z.B. anzunehmen, wenn ?freiwillige? Spenden in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang im Anschluss an eine Dienstleistung oder einen Vereinsbeitritt in einer großen Anzahl von Fällen erfolgen und Nichtspendern die Dienstleistung die Mitgliedschaft anschließend wieder entzogen würde (vgl. BFH Urteil vom 13.12.1978 I R 64/77, BStBl II 1979, 488 für den Fall von Eintrittspenden im Golfclub, wonach jedoch ein moralischer Druck allein nicht ausreicht, die Freiwilligkeit der Spende zu verneinen und ihr Entgeltscharakter beizumessen). Derartige Anhaltspunkte für eine verdeckte Entgeltspflicht bestehen nicht und können auch nicht darin gesehen werden, dass der Kläger in seinen Anschreiben darauf hingewiesen hat, dass seine Tätigkeit Kosten verursache und der Verein ohne freiwillige Spenden nicht existieren könne, denn ein Hinweis darauf, dass eine Leistung kostenfrei in Anspruch genommen werden kann, jedoch eine Spende wünschenswert sei, begründet noch keine Entgeltspflicht. Vielmehr spricht der Umstand, dass die weitaus überwiegende Anzahl von 70 % der im Haustierregister eingetragenen Tiereigentümer keinerlei Spende erbracht hat (im Jahre 2005 bereits ca. 96%) dafür, dass eine (verdeckte) Pflicht zur Entgeltzahlung tatsächlich nicht bestand.

    c) Schließlich können auch die Spenden der verbleibenden 30% der Tiereigentümer nicht als Gegenleistung für die Eintragung im Haustierzentralregister deshalb angesehen werden, weil der Kläger eine Spende erwartet hat. Wie der EuGH ausgeführt hat, könne entgegen der Rechtsauffassung der deutschen und niederländischen Regierung die Erwartung von Spenden (auch bei einem Rechtsverhältnis) allein keine Entgeltlichkeit begründen, wenn es an einem unmittelbaren Zusammenhang zwischen Leistung und Entgelt fehlt. Dieser fehle, wenn die Zahlungen ?aus freien Stücken erfolgen und sich ihre Höhe praktisch nicht bestimmen läßt?. Das Motiv der Zahlung müsse in der Abgeltung der Leistung liegen und die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die vom Leistungsempfänger erbrachte Dienstleistung bilden. Diese ?Äquivalentsfeststellung? vermag der Senat im Streitfall nicht zu treffen. Denn als Motiv für die Spende kommt nicht nur die Eintragung im Register, sondern auch die Förderung des allgemeinen Tierschutzgedankens in Betracht, weil der Kläger in seinen kostenlos verteilten Schriften ständig darauf hinweist, dass er sich in einer Vielzahl von Aktivitäten für den allgemeinen Tierschutz einsetzt, in dem er sich z.B. gegen Tierversuche wendet (?Keine Tierqual um der Mode Willen?, ?Kosmetik ohne Tierversuche?). Gerade daraus, dass die Höhe der Spenden nach den in den Akten befindlichen Kontrollmitteilungen stark schwankt und zwischen 14 DM und 600 DM pro Spender liegt (z.B. 50 DM, 100 DM, 600 DM, 51DM, 41DM, 50 DM, 14 DM, 55 DM, 15 DM , 57DM, 20 DM, 600 DM , 400 DM, 50 DM, 200 DM , 20 DM, 240 DM...), was in den drei Streitjahren bei Spendern mit Tiereintragung und einem Spendenaufkommen von DM zu einem durchschnittlichen Spendenbetrag von 141,59 DM (Tabelle Anlage 2) führt bei Eintragungskosten von ca. 10 DM, ergibt sich, dass bei der Bemessung der Spende nicht die Abgeltung der Eintragung, sondern die Förderung des allgemeinen Tierschutzes im Vordergrund stand. Dies entspricht dem Text der Spendenformulare, in denen stets darauf hingewiesen wurde, dass die zweckbestimmten Spenden dem Tierschutz und letztlich ?auch? dem eingetragenen Tier zugute komme. Der Senat vermag daher nicht die -- für die Steuerbarkeit der Leistung erforderliche-- Feststellung zu treffen, dass die 30 % der spendenden Tierhalter, die nach der Eintragung eine Spende geleistet haben, die Spende im wesentlichen als Äquivalent der Dienstleistung angesehen haben. Hierin unterscheidet sich der Streitfall wesentlich vom Sachverhalt, der dem BFH Beschluss vom 10.7.1997 (V B 152/96, BFH/NV 1998, 357) zugrunde gelegen hat, denn im Falle eines Vortragenden, der im Anschluss an den Vortrag regelmäßig Zahlungen erhielt, ist ein anderes Motiv als die Abgeltung des Vortrags nicht ersichtlich.

    d) Für eine Aufteilung der Spenden nach geschätzter Motivationslage (steuerbare Spende nur wegen der Dienstleistung, nicht steuerbare Spende nur für allgemeinen Tierschutz, teilweise steuerbare Spende für Eintragung und allgemeinen Tierschutz) fehlen Aufteilungsmaßstäbe, weil der Vergütungsanteil für die Dienstleistung weder bestimmt noch bestimmbar ist. Auch der EuGH hat eine Aufteilung der Spenden beim Drehorgelspieler in steuerbare Spenden für die Musikdarbietung, nicht steuerbare Spenden aus Mitleid und teilweise steuerbare Spenden bei gemischter Motivlage nicht vorgenommen (gegen eine Aufteilung auch Klenk in Sölch / Ringleb, UStG, § 1 Tz.188 und BFH Urteil vom 20.8.1992 V R 2/88, BFH/NV 1993,204). Etwas anderes kann nur gelten, wenn der steuerbare Anteil den Schwerpunkt der Leistung bildet, was aber vorliegend bei einem Dienstleistungswert von ca. 10 DM und durchschnittlichen Spenden in einer Höhe von 141 DM nicht festgestellt werden kann.

    Mangels hinreichend sicher feststellbarem unmittelbaren Zusammenhangs zwischen Spende und möglicher Gegenleistung, für den die Finanzverwaltung die Feststellungslast trägt, war der Klage statt zu geben.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 FGO.

    RechtsgebietUStGVorschriften§ 1 UStG