06.06.2006 · IWW-Abrufnummer 061568
Finanzgericht Köln: Urteil vom 17.02.2006 – 11 K 827/03
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln
11. Senat
Urteil
Aktenzeichen: 11 K 827/03
Tenor:
Die Umsatzsteuerbescheide 1996 bis 1999 vom 21.10.2002 sowie die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 16.1.2003 werden aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung gegen Sicherheitsleistung durch die Klägerin in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Kläger ist ein als gemeinnützig anerkannter Sportverein. Die Umsatzsteuer für die Streitjahre wurde zunächst erklärungsgemäss festgesetzt.
Aufgrund einer Kontrollmitteilung wurde dem Beklagten bekannt, dass die Firma GmbH, , dem Verein in den Streitjahren jeweils Trikots mit Werbeaufdruck zur Verfügung gestellt hatte. Der Beklagte stellte sich auf den Standpunkt, dem Verein seien aus der Zurverfügungstellung der Trikots Werbeeinnahmen im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs zugeflossen, die bei der Umsatzsteuer mit dem Regelsteuersatz zu erfassen seien. Er erließ daher am 2002 Änderungsbescheide für die Streitjahre, in denen er die erklärten Umsätze um die (Netto-)Beträge erhöhte, die die Firma GmbH im jeweiligen Streitjahr für die Trikots bezahlt hatte.
Mit der hiergegen gerichteten Klage wendet sich der Kläger nach erfolglosem Einspruchsverfahren (Einspruchsentscheidung vom 2003) gegen die Annahme einer steuerbaren Werbeleistung gegen Entgelt.
Er macht geltend, die Firma GmbH habe die Sporttrikots mit der Werbeaufschrift der Jugendabteilung des Vereins geschenkt, ohne dass eine Gegenleistung für die Überlassung der Trikots vereinbart oder erbracht worden sei. Es sei keine Vereinbarung mit dem Verein über Werbemaßnahmen oder ein Werbevertrag geschlossen worden. Vertragliche Beziehungen in mündlicher oder schriftlicher Form bestünden nicht. Es sei weder vereinbart worden, dass die Trikots zwingend getragen werden müssten, noch sei eine andere Verpflichtung eingegangen worden. Auch die Höhe des Kaufpreises der Sportbekleidung sei nicht bekannt gewesen. Die Jugendabteilung sei froh, wenn sie Trikots geschenkt erhalte. Dadurch werde der Spielbetrieb aufrechterhalten.
Eine Werbeleistung liege im Streitfall nicht vor. Die Jugendabteilung des Amateur-Sportvereins entfalte keinerlei Werbewirksamkeit. Dies sei auch jeder Firma bekannt, die entsprechende Trikots schenke; sie wolle insofern lediglich den Jugendsport im Rahmen eines Sponsoring unterstützen. Dass der Sponsor damit rechne, dass die Trikots tatsächlich getragen würden, könne eine Vereinbarung nicht ersetzen. In der Jugendabteilung, für die die Trikotagen des Sponsors bestimmt gewesen seien, spielten Jugendliche in einem Alter von 5 bis 18 Jahren. Die Spiele fänden im Erftkreis sowie in den angrenzenden Kreisen statt. Der Sponsor sei ein Unternehmen der .................... , welches Deutschland- und wahrscheinlich auch europaweit tätig sei. Die Firma habe die Trikots in einem Sportgeschäft gekauft und anschließend dem Verein geschenkt, ohne dass eine Gegenleistung vereinbart und eine Werbeverpflichtungen eingegangen worden sei.
Soweit in der Rechtsprechung steuerpflichtige Werbeleistungen bejaht worden seien, seien die Fälle mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Mit dem BFH-Urteil vom 1.8.2002 (V R 21/01, BStBl1i 2003, 438) sei über einen Sachverhalt entschieden worden, in dem eine Firma einem Ballonverein einen Ballon mit Werbeaufdruck zur Verfügung gestellt habe; allerdings sei dort die Vereinbarung getroffen worden, dass 30 Sport- und Aktionsfahrten in einem bestimmten Interessengebiet durchzuführen seien. Dass dabei eine Gegenleistung gegeben sei, dürfte außer Frage stehen. Dem BFH-Urteil vom 9.12.1981 (I R 215/78, BStB11I1983, 27) habe ein Sachverhalt zugrunde gelegen, in dem ein Spitzenverband des Sports sich gegen Entgelt verpflichtet habe, die Spieler der Nationalmannschaft bei bestimmten sportlichen Veranstaltungen in Sportschuhen eines bestimmten Herstellers auftreten zu lassen. Auch hier liege eine Verpflichtung zugrunde, die eine Gegenleistung begründe. Dies sei im Streitfall gerade nicht der Fall gewesen, so dass die Rechtsprechung nicht anzuwenden sei. Im Ergebnis liege mangels Gegenleistung und mangels Werbeleistung kein umsatzsteuerpflichtiger Vorgang vor.
Der Kläger beantragt,
die geänderten Umsatzsteuerbescheide 1996,1997,1998 und 1999 vom 2002 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2003 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Kläger habe als Unternehmer Werbeleistungen an die Firma .................... GmbH gegen Entgelt ausgeführt. Der Kläger habe sich als Unternehmer betätigt, weil er durch zahlreiche Spiele mit den Spielertrikots Werbeleistungen erbracht und als Gegenleistung die Trikots zur Nutzung erhalten habe. Er sei daher nachhaltig zur Erzielung von Einnahmen tätig geworden. Der Kläger habe steuerbare Werbeleistungen gegen Entgelt erbracht und zwar in der Gestalt tauschähnlicher Umsätze (§ 3 Abs. 12 UStG). Das Entgelt für seine sonstige Leistung (Werbeleistung) habe in der Nutzungsüberlassung der von der Firma GmbH unentgeltlich zur Verfügung gestellten Spielertrikots bestanden.
Im Streitfall lägen zwar keine schriftlichen Vereinbarungen über die Nutzung der Trikots vor. Aber selbst wenn der Kläger eine derartige konkrete Verpflichtung gegenüber der Firma GmbH nicht eingegangen sein sollte, liege auch ohne eine solche Verpflichtung insoweit eine sonstige Leistung des Klägers vor. Darüber hinaus sei nicht nachvollziehbar, dass eine derartige Verpflichtung nicht bestanden haben sollte. Die Hingabe von Trikots mit Werbeaufschrift erfolge in der Regel in der Erwartung, dass diese auch genutzt würden. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung würden die Trikots dann auch tatsächlich genutzt, und zwar nicht nur von einigen Spielern, sondern von der gesamten Mannschaft, da der Verein ein einheitliches Erscheinungsbild auf der Spielfläche darstellen müsse. Im übrigen würden die Äußerungen des Klägers angezweifelt. Denn durch die unentgeltlich zur Verfügung gestellten Trikots habe er entsprechende Kosten für die Anschaffung von Trikots gespart.
Bemessungsgrundlage für die Umsatzbesteuerung der sonstigen Leistung des Klägers seien die bei der Firma GmbH als Betriebsausgaben geltend gemachten Anschaffungskosten der Trikots. Die Werbeleistungen unterlägen dem allgemeinen Steuersatz nach § 12 Abs. 1 UStG, weil die Einnahmen im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes erzielt worden seien. Hierbei sei zu beachten, dass nach § 67 a Abs. 1 AG die Werbung nicht zu den sportlichen Veranstaltungen gehöre, bei denen es sich um einen Zweckbetrieb handeln könne, der gem äss § 12 Abs. 2 Nr. 8 a UStG dem ermäßigten Steuersatz unterliege.
Bei der Firma GmbH handelt es sich nach den Angaben auf ihrer Homepage um ein Unternehmen der Gruppe, dessen Tätigkeiten in der Instandsetzung von Komponenten in der , dem Service, Vertrieb und Handel von anlagen bzw. -einzelteilen sowie der Neukonstruktion und Erstellung von aggregaten bestehen. Auf die diesbezüglichen Ausdrucke (BI. 39,40 FG-Akte), die den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung übergeben wurden, wird verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Der Kläger hat durch die Nutzung der von der Firma GmbH zur Verfügung gestellten Trikots mit Werbeaufdruck keine steuerbaren Werbeleistungen gegen Entgelt erbracht.
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt.
Eine Dienstleistung ist nur dann steuerpflichtig, wenn zwischen dem geleisteten Dienst und der erhaltenen Gegenleistung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger muss ein Rechtsverhältnis bestehen, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden (vgl. EuGH-Urteil vom 21.3.2002 Rs. C-174/00, Kennemer Golf & Country Club, UR 2002, 320, BFH-Urteile vom 1.8.2002 V R 21/01, BStBl1i 2003, 438, vom 13.11.1997 V R 11/97, BStB11I1998, 169, und vom 30.1.1997 V R 133/93, BStB11I1997, 335).
Diese Voraussetzungen können grundsätzlich erfüllt sein, wenn ein gemeinnütziger Sportverein, dem ein Unternehmer Gegenstände mit Firmenaufschriften zur Verfügung gestellt hat, sich verpflichtet, diese im Rahmen seiner satzungsmäßigen sportlichen Tätigkeit zu Werbezwecken einzusetzen. Der Verein erbringt durch die Nutzung dieser Gegenstände eine sonstige Leistung im Sinne des § 3 Abs. 9 UStG gegen Entgelt. Die sonstige Leistung besteht in diesen Fällen in der Benutzung der mit dem entsprechenden werbewirksamen Firmenaufdruck versehenen Gegenstände, durch die die Öffentlichkeit auf das betreffende Unternehmen und dessen Produkte aufmerksam gemacht wird. Der Verein erbringt damit eine Dienstleistung in Form einer Werbeleistung, für die er als Gegenleistung die betreffenden Gegenstände erhält (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 1.8.2002 V R 21/01, BStBl1i 2003, 438).
Im Streitfall kann indessen das Bestehen eines auf den Austausch gegenseitiger Leistungen gerichteten Rechtsverhältnisses zwischen dem Kläger und der Firma GmbH nicht festgestellt werden.
Schriftliche Vereinbarungen über die Überlassung der Trikots und deren Nutzung liegen nicht vor. Der Kläger bestreitet, sich im Gegenzug für die Überlassung der Trikots zu deren Benutzung bei den Spielen der Jugendmannschaften verpflichtet zu haben. Er hat hierzu in der mündlichen Verhandlung erläutert, zu der Schenkung der Trikots sei es ohne sein Zutun - gekommen, weil der Inhaber des ortsansässigen Sportgeschäfts der Firma GmbH dies vorgeschlagen habe.
Auch bei einer derartigen Konstellation kann der erforderliche unmittelbare Zusammenhang zwischen dem Erhalt von Trikots mit Werbeaufdruck einerseits und der Erbringung einer Dienstleistung andererseits angesichts der mit der Nutzung der Trikots im Rahmen der sportlichen Veranstaltungen verbundenen Werbewirkung generell nicht ausgeschlossen werden. Die Zuwendung von Trikots mit Werbeaufdruck erfolgt in der Erwartung, dass diese bei den sportlichen Veranstaltungen des Vereins benutzt werden und durch den Werbeaufdruck in der Öffentlichkeit auf die Firma und ihre Produkte aufmerksam gemacht wird. Dass die Überlassung der Trikots nicht nur zur Förderung der sportlichen Zwecke, sondern auch mit dem Ziel der Werbung für die zuwendende Firma erfolgt, ist aufgrund des Werbeaufdrucks ersichtlich. Werden die Trikots bei sportlichen Veranstaltungen von den Spielern getragen, nimmt der Verein deshalb konkludent das Angebot der Nutzung gegen Ausführung einer Werbeleistung an. Einer darüber hinausgehenden ausdrücklichen Verpflichtungserklärung des Vereins, die Spieler die Trikots bei bestimmten Veranstaltungen tragen zu lassen, bedarf es für die Annahme eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen der Dienstleistung (Werbeleistung) und dem erhaltenen Entgelt (Trikots) nicht.
Im Streitfall besteht aber die folgende Besonderheit: Es ist nicht erkennbar, dass mit der Verwendung der Trikots bei den Spielen der Jugendmannschaften eine Werbewirkung für die Fa. GmbH verbunden sein bzw. erwartet werden konnte. In der mündlichen Verhandlung ist seitens des Klägers klargestellt worden, dass die fraglichen Trikots für die Bambini sowie die D- bis F-Jugendmannschaften bestimmt waren, die in der Kreisliga spielten; die A- bis C-Jugendmannschaften, die in der Verbandsliga spielten, erhielten keine Trikots. Bei der Prüfung, ob durch das Tragen der Trikots eine Werbeleistung erbracht wurde, ist zu berücksichtigen, dass die Spiele der fraglichen Mannschaften - abgesehen von Angehörigen der Spieler und betreuenden Vereinsmitgliedern - wenig bis gar kein Publikum anziehen. Auch Berichte in den Medien mit Bildern dieser Mannschaften stellen eine Ausnahme dar. Zusammen mit der räumlichen Begrenzung durch das Spielen in der Kreisliga schränkt dieser Umstand die Öffentlichkeitswirkung einer entsprechenden Werbemaßnahme erheblich ein. Dies mag die Wirksamkeit der Werbung für einen ortsansässigen Einzelhändler, der seine Kunden aus dem näheren Umfeld akquiriert, entscheidend beeinträchtigen. Im Streitfall ergeben sich zusätzlich aber weitere Beschränkungen der Werbewirksamkeit aus dem Geschäftsgegenstand der Firma GmbH. Deren Tätigkeiten und Produkte zielen ersichtlich nicht auf den Bedarf von "Otto Normalverbraucher" ab. Ferner beschränkte sich das Leistungsangebot weder auf den örtlichen oder regionalen Bereich noch hatte es dort seinen Schwerpunkt. Anhaltspunkte dafür, dass die Firma davon ausging bzw. ausgehen konnte, dass sich unter den (wenigen) zu erwartenden Zuschauern Personen befinden würden, die als potentielle Kunden durch die Werbeaufschrift angesprochen werden könnten, bestehen deshalb nicht. In der Benutzung der Trikots bei den Spielen eine Werbeleistung zu sehen, erscheint unter diesen Umständen eher lebensfremd.
Die Änderungsbescheide waren deshalb aufzuheben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 151 Abs. 1 und 3, 155 FGO in Verbindung mit § 709 ZPO.