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  • 25.04.2022 · IWW-Abrufnummer 228801

    LSG Mecklenburg-Vorpommern: Urteil vom 24.02.2022 – L 4 R 73/15

    Ihm missliebige Beschlüsse der Mitgliederversammlung kann ein Vorstand eines eingetragenen Vereins rechtlich nicht verhindern. Dass ein Trainer bzw Vereinssportlehrer zugleich Vorstandsvorsitzender des Vereins ist, ist für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung seiner Trainertätigkeit als selbständig oder abhängig beschäftigt daher ohne Bedeutung.


    Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern

    Urteil vom 24.02.2022


    Tenor:

    1. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
    2. Die Kosten des ersten Rechtszuges trägt der Kläger.
    3. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
    4. Die Revision wird nicht zugelassen.

    Tatbestand

    1
    Streitig ist der versicherungsrechtliche Status des als Trainer für den Kläger tätigen Beigeladenen zu 4) sowie die Nachforderung von Beiträgen zur Gesamtsozialversicherung.

    2
    Der Kläger ist ein eingetragener Verein, dessen Zweck die Förderung und Pflege des Turnsports im Bereich der Hansestadt R. ist. Es werden dabei insbesondere Angebote wie Geräteturnen, rhythmische Sportgymnastik sowie Kinder- und Jugendsport gemacht.

    3
    Der 1962 geborene Beigeladene zu 4) ist nach eigenen Angaben Berufsartist und verfügt nach eigenen Angaben über eine Trainerlizenz (Klasse C). Im streitigen Zeitraum war er zugleich als Übungsleiter tätig (vgl. den „Freier Vertrag als Übungsleiter / Sport“) und erhielt dafür ein Entgelt. Seine Tätigkeit wurde mit öffentlichen Mitteln gefördert. Voraussetzung der Förderung war eine abhängige Beschäftigung. Der Beigeladene zu 4) nutzt einen Pkw, den der Kläger mit einem Anteil von 51 % mitfinanzierte. Er war und ist aktuell Vorsitzender des Klägers. Er ist seit 1999 bei der der Beigeladenen zu 1) und zu 3) versichert und führt Beiträge zur Künstlersozialkasse ab.

    4
    Im Zeitraum vom 15. Juni 2010 bis 06. April 2011 führte die Beklagte beim Kläger eine Betriebsprüfung gemäß § 28p SGB IV durch. Die Prüfung erstreckte sich auf den Zeitraum vom 01. Januar 2006 bis einschließlich 31. Dezember 2009.

    5
    Mit Schreiben vom 27. Dezember 2010 bzw. 27. Dezember 2010 hörte die Beklagte den Beigeladenen zu 4) bzw. den Kläger an. Es sei beabsichtigt, festzustellen, dass der Beigeladene zu 4) seine Tätigkeit als Vereinssportlehrer für den Kläger ab dem 01. Januar 2007 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt habe. Lediglich der Beigeladene zu 4) nahm mit Schreiben vom 09. Januar 2011 Stellung Er führte aus, er sei selbständig tätig. Als Vorsitzender des Klägers sei er auch sein eigener Arbeitgeber. Er könne über sein Engagement, die Intensität seiner Arbeit und den zu betreibenden Zeitaufwand sowie die Art der auszuübenden Arbeiten selbst bestimmen. Soweit er mit dem Kläger über Arbeitsverträge verbunden sei, seien diese lediglich Bedingung zur Bereitstellung von Fördergeldern durch die Hansestadt R. (Sportamt) und dem Landessportbund Mecklenburg- Vorpommern. Es liege bei ihm auch ein unternehmerisches Risiko vor, da die Mitgliederzahlen des Vereins einer ständigen Veränderung unterlägen. Auch sei die Bewilligung von jährlichen Fördergeldern nicht sicher. Er arbeite 50 Stunden in der Woche im Verein, wovon er nur 30 Stunden nach Tarif bezahlt bekomme; über weitere finanzielle Mittel verfüge der Kläger nicht.

    6
    Im Betriebsprüfungsverfahren legte der Kläger u. a. mehrere jeweils für die Dauer eines Kalenderjahres befristete Arbeitsverträge für die Jahre 2007 bis 2010 zwischen ihm und dem Beigeladenen zu 4) vor. Diese waren lediglich durch den Beigeladenen zu 4) sowohl als „Arbeitnehmer“ als auch für den Kläger als „Arbeitgeber“ unterzeichnet. Der erste Vertrag datiert vom 01. Januar 2007. In diesem wurde geregelt, dass der Beigeladene zu 4) beim Kläger ab dem 01. Januar 2007 befristet bis zum 31. Dezember 2007 angestellt wird. Als Arbeitsort wurden R. und die Geschäftsstelle des Klägers sowie die vom Kläger genutzten Sportstätten festgelegt. Die Tätigkeit wurde als Nachwuchstrainer und Vereinssportlehrer bezeichnet. Weiter wurde eine fixe Vergütung von 1.150 EUR monatlich vereinbart; ebenso eine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall nach den gesetzlichen Regelungen. Die wöchentliche Arbeitszeit umfasste 36 Stunden. Die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage und die Festlegung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit richtete sich nach den Weisungen des Arbeitgebers. Der Vertrag sah einen Urlaubsanspruch von 20 Arbeitstagen im Kalenderjahr vor (in den Folgejahren waren es dann 29 Arbeitstage). Der Urlaub war vom Arbeitgeber vor Urlaubsantritt zu genehmigen. Die Vergütung in den Folgejahren belief sich auf 1443 EUR (2008) und zuletzt auf 1859,25 EUR (2009). Als regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit wurden zunächst 36 Stunden (2007) und in den Folgejahren dann 30 Stunden vereinbart. Im Übrigen ist der Regelungsinhalt aller „Arbeitsverträge“ identisch.

    7
    Der Kläger legte im Betriebsprüfungsverfahren u. a. zwei Zuwendungsbescheide für 2007 und 2009 vor, mit welchen Personalkostenzuschüsse für den Vereinssportlehrer, den Beigeladenen zu 4), bewilligt wurden. Weiter legte der Kläger einen als „Freier-Mitarbeiter-Vertrag als Übungsleiter/Sport“ titulierten Vertrag zwischen ihm und dem Beigeladenen zu 4) vom 01. August 2005 vor. Darin heißt es, der Beigeladene zu 4) beginne ab dem 01. August 2005 eine freiberufliche Tätigkeit als nebenberuflicher Übungsleiter. Seine Aufgabenstellung bestehe in der selbständigen Organisation und Durchführung von Trainingseinheiten in den Kinder- und Jugendgruppen des Vereins. Es wurde weiter geregelt, dass der Beigeladene zu 4) die übertragene Tätigkeit selbständig und eigenverantwortlich auszuüben habe. Die erteilten Aufträge habe er mit der Sorgfalt eines ordentlichen Übungsleiters in eigener unternehmerischer Verantwortung auszuführen. Dabei habe er auch die Interessen des Auftraggebers zu berücksichtigen. Der Auftragnehmer ‒ also der Beigeladene zu 4) ‒ unterliege keinem Weisungs- und Direktionsrecht und sei in Bezug auf die Arbeitsausübung frei und nicht in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers eingebunden. Es seien jedoch fachliche Vorgaben des Auftraggebers soweit zu beachten, als dies die ordnungsgemäße Vertragsdurchführung erfordere. Der Auftragnehmer sei nicht verpflichtet, jeden Auftrag persönlich auszuführen; er könne sich vielmehr Erfüllungs- und Verrichtungsgehilfen bedienen. Der Auftragnehmer habe das Recht, auch für andere Auftraggeber tätig zu werden. Ein Ausschließlichkeits- oder Wettbewerbsverbot bestehe nicht. Der Auftragnehmer sei verpflichtet, eigenständig für die Abführung der ihn betreffenden Einkommenssteuer Sorge zu tragen. Als zeitlicher Rahmen der Tätigkeit wurde ein Umfang von ca. fünf Übungsstunden pro Woche á 45 Minuten á 10,00 EUR festgelegt. Der Vertrag wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen.

    8
    Mit dem für den Kläger vom Beigeladenen zu 4) gefertigten und an den Landessportbund Mecklenburg-Vorpommern gerichteten Schreiben vom 24. Januar 2008 wurde mitgeteilt, dass das Bruttogehalt des Beigeladenen zu 4) laut Arbeitsvertrag 1.150 EUR betrage, welches auch monatlich gezahlt werde. Dies jedoch ohne Arbeitgeberanteil, da der Beigeladene zu 4) seine freiberufliche Tätigkeit weiterhin aufrechterhalten wolle und damit kein typisches Angestelltenverhältnis bestehe. Alle Abgaben (Steuer und Sozialabgaben) würden über die Steuerberaterin des Beigeladenen zu 4) abgewickelt und abgeführt.

    9
    Mit den jeweils an den Kläger und den Beigeladenen zu 4) gerichteten Bescheiden vom 18. Januar 2011 stellte die Beklagte fest, dass zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 4) ab dem 01. Januar 2007 ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis besteht. Weiterhin wurde festgestellt, dass der Beigeladene zu 4) beim Kläger als Vereinssportlehrer tätig war und wegen einer abhängigen Beschäftigung grundsätzlich der Versicherungspflicht in der Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung unterliegt. Die Versicherungspflicht beginne rückwirkend zum Zeitpunkt der Aufnahme der Beschäftigung. Von einer Beschäftigung des Beigeladenen zu 4) im sozialversicherungsrechtlichen Sinne (vgl. § 7 Abs. 1 SGB IV) sei hier nach Abwägung aller Umstände auszugehen. Vorliegend habe der Kläger mit dem Beigeladenen zu 4) ab 2007 jeweils für ein Jahr befristete Arbeitsverträge abgeschlossen. In diesen seien Art, Ort und Zeit der Tätigkeit als Vereinssportlehrer, die Vergütung und Urlaubsansprüche geregelt worden. Damit unterliege der Beigeladene zu 4) dem Direktionsrecht des Klägers. Irrelevant sei, dass der Beigeladene zu 4) daneben noch seine Tätigkeit als Berufsartist selbständig ausübe, da die konkrete im Auftrag des Klägers ausgeführte Tätigkeit Gegenstand der statusrechtlichen Prüfung sei. Der Kläger sei Arbeitgeber des Beigeladenen zu 4). Dies ergebe sich insbesondere daraus, dass der Kläger dem Beigeladenen zu 4) Arbeitsentgelt für seine Tätigkeit schulde. Diese abhängige Beschäftigung in einem Verein werde auch durch öffentliche Fördergelder unterstützt. Unerheblich sei auch, dass der Beigeladene zu 4) zugleich als Vorsitzender des Klägers fungiere. Für gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Geschäftsführer von Vereinen würden die allgemein für die Beurteilung der Sozialversicherungspflicht zu beachtenden Grundsätze gelten. Soweit die Geschäftsführer von Vereinen eine Tätigkeit ausübten und dafür Arbeitsentgelt erhielten, seien sie sozialversicherungspflichtig beschäftigt (vgl. hierzu die ständige Rechtsprechung des BSG).

    10
    Dagegen legte der Kläger und der Beigeladene zu 4) am 04. Februar 2011 jeweils Widerspruch ein. Aufgrund eines vereinsinternen Beschlusses vom Dezember 2006 sei die Vereinssportlehrerstelle für den Beigeladenen zu 4) in eine Honorartrainerstelle geändert worden. Die aufgesetzten Arbeitsverträge seien aus finanziellen Gründen auf Beschluss seines Vorstandes im gegenseitigen Einvernehmen mit dem Beigeladenen zu 4) entkräftet bzw. aufgehoben worden; der bis dahin bestehende Honorarvertrag habe hingegen seine Gültigkeit behalten. Der Beigeladene zu 4) habe immer nur selbständig tätig sein wollen. Diese vereinsinterne Regelung sei auch den Fördermittelgebern (Hansestadt R. und Landessportbund Mecklenburg-Vorpommern) bekannt und von diesen nicht beanstandet worden.

    11
    Nach vorheriger Anhörung mit Schreiben vom 06. April 2011 forderte die Beklagte vom Kläger mit dem weiteren Bescheid vom 31. Mai 2011 für die Beschäftigung des Beigeladenen zu 4) im Prüfzeitraum vom 01. Januar 2007 bis zum 31. Dezember 2009 Beiträge zur Gesamtsozialversicherung in Höhe von 25.438,08 EUR nach. Durch Bescheid vom 18. Januar 2011 sei für den Beigeladenen zu 4) eine versicherungspflichtige Tätigkeit ab dem 01. Januar 2007 festgestellt worden; dies berechtige zur Erhebung der im Einzelnen aufgeschlüsselten Beiträge zur Gesamtsozialversicherung.

    12
    Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 21. Juni 2011 „teilweise“ Widerspruch ein. Die Nachforderungen bezüglich zweier genannter Mitarbeiter würden akzeptiert, nicht jedoch in Bezug auf den Beigeladenen zu 4). Der Kläger sehe sich außerstande, die von der Beklagten erhobene Nachforderung zu begleichen. Es drohe die Insolvenz. Zugleich wurde die Aussetzung der Vollziehung beantragt.

    13
    Mit beiden am 04. April 2012 zur Post aufgegebenen Widerspruchsbescheiden vom 30. März 2012 wies die Beklagte die Widersprüche gegen den Statusfeststellungsbescheid vom 18. Januar 2011 zurück. Sie stützte sich dabei im Wesentlichen auf ihre Argumentation aus dem Feststellungsbescheid. Insbesondere führte sie aus, die Abwägung der für und gegen eine abhängige Beschäftigung sprechende Merkmale für die Jahre 2007, 2008 und 2009 habe ergeben, dass der Beigeladene zu 4) in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehe. Nicht nachvollziehbar sei der Vortrag, die Arbeitsverträge seien lediglich geschlossen worden, um öffentliche Fördermittel erhalten zu können, vereinsintern hätten jedoch nur die Honorarverträge gelten sollen. Die Arbeitsverträge seien jedes Jahr nicht nur fortgeschrieben, sondern auch Jahr für Jahr abgeändert worden. Soweit ein davon abweichender Vorstandsbeschluss aus dem Jahr 2006 vorliege, sei dieser nach § 32 SGB I nichtig. Ebenso habe der Beigeladene zu 4) in seinem Selbstauskunftsbogen vom 03. November 2010 ausgeführt, er verrichte die gleichen Arbeiten wie festangestellte Arbeitskräfte. Auch die mehrfach betonte Wochenarbeitszeit von 50 Stunden zuzüglich weiterer Wochenendeinsätze entspreche einer Vollzeittätigkeit. Auch sei der Beigeladene zu 4) trotz seiner Funktion als Vorsitzender des Vereinsvorstandes weisungsabhängig gewesen. Nach den Regelungen der Vereinssatzung könne der Vorstand durch einfache Mehrheit entscheiden. Damit habe die Mehrheit des Vorstandes dem Beigeladenen zu 4) Weisungen erteilen können. Es liege zudem kein für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit notwendiges unternehmerisches Risiko vor. Der Beigeladene zu 4) habe ausschließlich seine eigene Arbeitskraft eingesetzt. Das Risiko seinen Arbeitsplatz zu verlieren, entspreche dem typischen Risiko eines Arbeitnehmers.

    14
    Der Kläger hat diesen, die Statusfeststellung betreffenden Widerspruchsbescheid mit der von ihm am 02. Mai 2012 beim Sozialgericht (SG) Rostock erhobenen Klage angefochten.

    15
    Mit dem am 05. Juni 2012 zur Post aufgegebenen weiteren Widerspruchsbescheid vom 01. Juni 2012 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Beitragsbescheid vom 31. Mai 2011 zurück.

    16
    Dagegen hat der Kläger mittels Faxsendung am 09. Juli 2012 (Montag) ebenfalls beim o. g. SG Klage erhoben. Die Klage ist zunächst unter dem gerichtlichen Geschäftszeichen S 7 R 379/12 geführt worden. Durch Beschluss des SG vom 23. Januar 2014 sind die Rechtsstreitigkeiten des Klägers zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und unter dem gerichtlichen Geschäftszeichen S 7 R 293/12 geführt worden.

    17
    Der Kläger hat insbesondere die Auffassung vertreten, der Beigeladene zu 4) habe zu ihm in keinem abhängigen Beschäftigungsverhältnis gestanden. Letzterer habe eine selbständige Tätigkeit ausgeübt (vgl. die vereinbarten Honorartrainerverträge). Eine Weisungsgebundenheit habe für den Beigeladenen zu 4) in keiner Hinsicht bestanden. Die abgeschlossenen Arbeitsverträge, die lediglich der Erlangung von öffentlichen Fördergeldern gedient hätten, seien nicht gelebt worden.

    18
    Der Kläger hat beantragt,

    19
    den Bescheid der Beklagten vom 18. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. März 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 31. Mai 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01. Juni 2012 aufzuheben.

    20
    Die Beklagte hat beantragt,

    21
    die Klage abzuweisen.

    22
    Sie verteidigt die angegriffenen Bescheide unter Wiederholung und Vertiefung ihrer Ar-gumentation aus den Widerspruchsbescheiden.

    23
    Das SG hat die Klage mit Urteil vom 11. März 2015 abgewiesen.

    24
    Die angegriffenen Bescheide der Beklagten seien rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte habe zutreffend die für und gegen eine abhängige Beschäftigung des Beigeladenen zu 4) sprechenden Merkmale erkannt und abgewogen. Argument für eine abhängige Beschäftigung sei insbesondere die zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 4) geschlossenen Arbeitsverträge für die Jahre 2007 bis 2009. Diese Arbeitsverträge, mit denen der Beigeladene zu 4) als Vereinssportlehrer beim Kläger angestellt worden sei (nur diese Tätigkeit unterliege insoweit der statusrechtlichen Beurteilung im vorliegenden Verfahren), wiesen alle Merkmale auf, die typischerweise eine abhängige Beschäftigung kennzeichneten, was vom SG weiter ausgeführt worden ist.

    25
    Unerheblich für die Statusentscheidung sei, dass der Beigeladene zu 4) im Verhältnis zum Kläger seine Tätigkeit habe weitestgehend weisungsfrei ausüben können. Zutreffend habe die Beklagte darauf hingewiesen, dass gerade bei Tätigkeiten höherer Art die Weisungsbefugnis des Arbeitgebers auch sehr weit zurückgenommen werden könne.

    26
    Auch ändere sich an dieser Bewertung nichts dadurch, dass der Beigeladene zu 4) im Prüfungszeitraum neben seiner Tätigkeit als Honorartrainer auch Vorstandsvorsitzender des Klägers gewesen sei. Zum einen umfasse die statusrechtliche Beurteilung vorliegend nicht seine Tätigkeit als Vereinsvorsitzender, sondern seine Tätigkeit als angestellter Vereinssportlehrer. Zum anderen würden nach der Satzung des Klägers Beschlüsse des Vorstandes durch die Mehrzahl der abgegebenen Stimmen der Vorstandsmitglieder herbei-geführt. Der Beigeladenen zu 4) sei auch insoweit weisungsgebunden.

    27
    Soweit der Kläger vorgetragen habe, ein Vorstandsbeschluss aus dem Jahr 2006 habe geregelt, der Beigeladene zu 4) werde weiterhin als Selbständiger für den Verein tätig, sei dieser Beschluss gemäß § 32 SGB I nichtig und könne zudem für die nach ab 2007 geschlossenen Arbeitsverträge keine Geltung beanspruchen.

    28
    Zutreffend habe die Beklagte festgestellt, dass beim Beigeladenen zu 4) auch keine Merkmale einer selbständigen Tätigkeit vorliegen würden. Insbesondere habe er weder über eine eigene Betriebsstätte verfügt noch sei ein typisches unternehmerisches Risiko gegeben, insbesondere habe der Beigeladene zu 4) kein eigenes Kapital mit dem Risiko des Verlustes eingebracht.

    29
    Soweit der Kläger faktisch im Wesentlichen seine Weisungsbefugnis nicht ausgeübt habe, sei dies der fachlichen Qualifikation des Beigeladenen zu 4) geschuldet, sodass sein Weisungsrecht auf die funktionsgerecht dienende Teilhabe am Arbeitsprozess beschränkt sei, was für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung hinreichend sei. Insoweit könnten auch die Grundsätze der vom BSG entwickelten Rechtsprechung zur sogenannten „Schönwetterselbständigkeit“ von Gesellschaftergeschäftsführern einer GmbH bei Familienbetrieben auf den vorliegenden Fall übertragen werden, was das SG weiterausgeführt worden ist. Es komme insoweit allein auf die bestehende Rechtsmacht des Beigeladenen zu 4) als Vorsitzender des Vorstands an, ihm unliebsame Entscheidungen zu verhindern, denn im Interesse aller Beteiligten sei die Frage der Versicherungspflicht und der Versicherungsfreiheit schon ab Beginn einer Tätigkeit zu klären.

    30
    Gegen die Höhe der nachgeforderten Gesamtsozialversicherungsbeiträge bestünden zudem keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken; solche seien vom Kläger auch nicht vorgetragen worden.

    31
    Gegen dieses dem Kläger am 26. März 2015 zugestellte Urteil richtet sich seine am 14. April 2015 eingelegte Berufung, mit welcher er sein Anliegen weiterverfolgt. Die Berufung wurde auch im Namen des Beigeladenen zu 4) als „Kläger“ und „Berufungskläger zu 2)“ eingelegt.

    32
    Der Kläger meint, zwischen ihm und dem Beigeladenen zu 4), der vom Selbstkontrahierungsverbot gemäß §§ 177, 181 BGB nicht befreit gewesen sei, sei bereits kein wirksamer (mündlicher oder schriftlicher) Arbeitsvertrag geschlossen worden, weil dieser stets nur vom Beigeladenen zu 4) in seiner Funktion als Vorstandsvorsitzender und als „Arbeitnehmer“ allein unterschrieben worden sei. Gemäß § 8 der Satzung werde der Vorstand jedoch stets durch zwei seiner Mitglieder vertreten. Der Mangel der Ernstlichkeit (vgl. § 118 BGB) zum Abschluss eines Arbeitsvertrags sei überdies den Fördermittelgebern bekannt gewesen. Hier komme es allein auf die tatsächlich gewollte und gelebte Rechtsbeziehung an. Tatsächlich habe der Beigeladene zu 4) im Verein alles allein erledigt, und zwar unabhängig von Zuständigkeiten des Vorstandes oder anderer Gremien. Ihm seien nie Weisungen erteilt worden. Es habe vollkommene Handlungs- und Weisungsfreiheit bestanden.

    33
    Der H. R. e. V. sei am 08. März 2005 gegründet worden. Mit Aufnahme seiner ehrenamtlichen Tätigkeit beim Kläger habe der Beigeladene zu 4) angeboten, sein Projekt "Aufbau einer Leistungs- und Showgruppe im Kunstturnen" in Kooperation mit dem H. R. e. V. umzusetzen. Bedingung sei dessen völlige Handlungsfreiheit in all seinen Entscheidungen und Maßnahmen zur Umsetzung des Projektes gewesen. Seit 2009 trage das Projekt den Namen "DTB-Turn-Talentschule R.". Es handele sich um das Aushängeschild des Vereins, der als einziger über ein solches Angebot für turntalentierte Kinder verfüge. Das Projekt des Beigeladenen zu 4) stelle ein eigenständiges eigenverantwortliches Unternehmen im Verein dar, welches sich mit seiner Entwicklung als Kernstück des Vereins profiliert habe. Sämtliche Belange der allgemeinen Sportarbeit im Verein ordneten sich diesem unter bzw. passten sich dem an.

    34
    Für den Fall dass das Urteil des Sozialgerichtes Rostock vom 11. März 2015 (S 7 R 293/12 und S 7 R 294/12) rechtskräftig werde, wäre ein Insolvenzantrag unausweichlich, was gleichbedeutend mit dem Ende des Vereins wäre. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben des Klägers vom 01. Januar 2018 verwiesen.

    35
    Der Kläger beantragt

    36
    das Urteil des Sozialgerichts Rostock vom 11. März 2015 und den Bescheid der Beklagten vom 18. Januar 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. März 2012 sowie den Bescheid vom 31. Mai 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Juni 2012 aufzuheben.

    37
    Der Beklagte beantragt,

    38
    die Berufung zurückzuweisen.

    39
    Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung, insbesondere sei nach Maßgabe des § 7 SGB VI unerheblich, ob wirksame Arbeitsverträge zwischen dem Beigeladenen zu 4) und dem Kläger abgeschlossen wurden. Maßgeblich seien allein die rechtlichen Rahmenbedingungen (vgl. §§ 24 ff BGB). Dem Ausgleich etwaiger wirtschaftlicher Härten dienten schließlich die im § 76 SGB IV verankerten gesetzlichen Möglichkeiten, wie z. B. Stundung oder Ratenzahlung.

    40
    Der Senat hat am 11. Oktober 2021 die Beigeladene zu 3) als zuständige Pflegekasse und den Beigeladenen zu 4) als betroffenen (mutmaßlich) versicherungspflichtig beschäftigten Arbeitnehmer zum Verfahren beigeladen.

    41
    Weiter hat der Senat einen aktuellen Auszug aus dem Vereinsregister vom 03. August 2021 eingeholt, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird.

    42
    Mit Schreiben vom 17. Februar 2022 hat die DRV Bund auf gerichtliche Anfrage mitgeteilt, dass sie auf ihren Anspruch auf Beiladung (als kontoführender Rentenversicherungsträger für den Beigeladenen zu 4)) keinen Gebrauch macht.

    Entscheidungsgründe

    43
    Die form- und fristgerecht erhobene und auch im Übrigen zulässige Berufung (vgl. §§ 143, 144, 151 Abs. 1 SGG) des Klägers hat keinen Erfolg. Zu Recht hat das SG die gegen die streitige Statusentscheidung und die streitige Beitragsfestsetzung gerichtete Anfechtungsklagen abgewiesen. Die angegriffenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Beigeladene zu 4) unterlag der Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung im Zeitraum 01. Januar 2007 bis 31. Dezember 2009 im Rahmen seiner Tätigkeit für den Kläger. Dies lässt sich den angefochtenen Bescheiden der Beklagten mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen (und könnte durch die Beklagte erforderlichenfalls noch ausdrücklich in einem nachfolgenden Bescheid festgestellt werden).

    44
    Zur Vermeidung von Wiederholungen kann zur Begründung im Wesentlichen auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts in der angegriffenen Entscheidung Bezug genommen werden, die sich der Senat nach Prüfung zu eigen macht. Insoweit wird von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen, § 153 Abs. 2 SGG.

    45
    Ergänzend sei lediglich Folgendes ausgeführt:

    46
    Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist § 28p Abs. 1 Satz 1 und Satz 5 Sozialgesetzbuch Viertes Buch ‒ Gemeinsame Vorschriften ‒ (SGB IV). Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit den Gesamtsozialversicherungsbeiträgen stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28a SGB IV) mindestens alle vier Jahre (Satz 1). Die Träger der Rentenversicherung erlassen nach Satz 5 dieser Vorschrift im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte (den sog. Prüfbescheid, vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2015 ‒ B 12 R 11/14 R ‒ juris Rn. 17) zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern. Mit dem letzten Halbsatz ist klargestellt, dass die Zuständigkeit der Träger der Rentenversicherung unabhängig von den eigentlich nach § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV für solche Feststellungen zuständigen Einzugsstellen besteht (vgl. hierzu LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25. Juni 2021 ‒ L 28 BA 122/18 ‒ juris Rn. 26).

    47
    Nach § 28e Abs. 1 SGB IV hat der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag für die bei ihm Beschäftigten, d. h. die für einen versicherungspflichtig Beschäftigten zu zahlenden Beiträge zur Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung (§ 28d Sätze 1 und 2 SGB IV) zu entrichten. Der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung sowie der Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 SGB IV, § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch [SGB V], § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch [SGB XI] als akzessorische Regelung zur gesetzlichen Krankenversicherung [vgl. § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB XI), § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI], § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III). Beschäftigung ist die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Die Bedeutung des Merkmals der Eingliederung in § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV wird auch nicht durch die Änderung von § 611a BGB mit Wirkung vom 1. April 2017 (Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze vom 21. Februar 2017, BGBl I S. 258) in Frage gestellt. Denn schon ausweislich der Gesetzesbegründung zu § 611a BGB sollten Vorschriften, die eine abweichende Definition des Arbeitnehmers, des Arbeitsvertrages oder des Arbeitsverhältnisses vorsehen, um einen engeren oder weiteren Geltungsbereich festzulegen ‒ wie hier § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV ‒ unberührt bleiben (vgl. BT-Drucks. 18/9232 S. 31; BSG, Urteil vom 4. Juni 2019 ‒ B 12 R 2/18 R ‒ Rn. 25). Im Übrigen ist diese Gesetzesfassung erst nach Beendigung des hier streitigen Zeitraums in Kraft getreten.

    48
    Die Tätigkeit des Beigeladenen zu 4) als Trainer bzw. Vereinsportlehrer ist sozialversicherungsrechtlich als Tätigkeit eines Lehrers zu bewerten. Als Lehrtätigkeit sind das Übermitteln von Wissen und die Unterweisung von praktischen Tätigkeiten zu verstehen. Der Begriff der Lehrtätigkeit ist weit auszulegen und umfasst sowohl die Vermittlung von theoretischen Kenntnissen als auch die Unterweisung von körperlichen Tätigkeiten. Eine solche Tätigkeit kann allerdings grundsätzlich sowohl im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses als selbständige Tätigkeit ausgeübt werden. Insbesondere lässt sich einerseits § 2 S. 1 Nr. 1 SGB VI keine prinzipielle „Anerkennung“ selbstständig tätiger Lehrer in dem Sinne entnehmen, dass diese Berufsgruppe generell selbstständig tätig wäre. § 2 S 1 Nr. 2 SGB VI begründet vielmehr über eine mögliche Beschäftigtenpflichtversicherung nach § 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI hinaus Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung auch für selbstständig tätige Lehrer, die im Zusammenhang mit ihrer selbstständigen Tätigkeit keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen.

    49
    § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI enthält keine Vorgaben zu den Lehrinhalten, der Form des Unterrichts (z.B. Ort, Zeit und Anzahl der Teilnehmer), der Qualifikation des Lehrers und einer Leistungskontrolle der Teilnehmer. Die Ausübung der Lehrtätigkeit kann sich auf Inhalte beziehen, die der Wissenschaft (Geistes- oder Naturwissenschaft), der beruflichen Aus- und Fortbildung oder (wie hier) dem Sport- und Freizeitbereich zuzuordnen sind (vgl. Pietrek in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 3. Aufl., § 2 SGB VI (Stand: 10. Januar 2022), juris Rn. 101 sowie beispielsweise zur Rentenversicherungspflicht von Aerobic-Trainern: BSG Urteile vom 22. Juni 2005 - B 12 RA 6/04 R - SozR 4-2600 § 2 Nr. 1 und B 12 RA 14/04 R - Juris sowie vom 27. Juli 2007 - B 12 R 12/06 R - USK 2007-66).

    50
    Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann ‒ vornehmlich bei Diensten höherer Art ‒ eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und gegeneinander abgewogen werden (BSG, Urteil vom 07. Juni 2019 ‒ B 12 R 6/18 R ‒ Rn. 13 m. w. N.)

    51
    Diesen Erfordernissen an die vorzunehmende Gesamtschau ist die Beklagte in ihrem angefochtenen Bescheid mit zutreffendem Ergebnis nachgekommen. Hinsichtlich der für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis bzw. für eine selbständige Tätigkeit sprechenden Umstände sowie zur Feststellung, dass Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung besteht, verweist der Senat zunächst nach eigener Prüfung auf die zutreffenden Ausführungen der Beklagten, insbesondere in den jeweils an den Kläger und den Beigeladenen zu 4) gerichteten Widerspruchsbescheiden vom 30. März 2012, § 153 Abs. 1 i. V. m. § 136 Absatz 3 SGG.

    52
    Soweit der Kläger darzulegen versucht, die Beteiligten hätten wegen der gewollten selbständigen Tätigkeit des Beigeladenen zu 4) zur Erfüllung der Förderungsbedingungen nur dem Anschein nach (unwirksame) Arbeitsverträge geschlossen, kann er damit nicht durchdringen. Für die Beurteilung des rechtlichen Status´ des Beigeladenen zu 4) kommt es bereits nicht darauf an, ob zwischen ihm und dem Kläger im o. g. Zeitraum jeweils ein zeitlich befristeter (gültiger) Arbeitsvertrag geschlossen wurde. Maßgeblich ist vielmehr, ob ein Beschäftigungsverhältnis (welches auch ein Arbeitsvertrag sein kann) vorliegt (vgl. hierzu Segebrecht in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 4. Aufl., § 7 Abs. 1 SGB IV (Stand: 06. September 2021), juris Rn. 52, 54 und 61: „…Auch wenn § 7 SGB IV im Regelfall zwar an ein wirksames Arbeitsverhältnis anknüpft, ist das Vorliegen eines Arbeitsvertrages oder dessen Wirksamkeit aber nicht zwingend (vgl. BT-Drs. 7/4122). Die zivilrechtliche Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts (Arbeits- oder Dienstvertrages usw.), das der Arbeitsleistung zu Grunde liegt, steht der Begründung eines versicherungs- und beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses i. S. v. § 7 SGB IV nicht entgegen. Dabei spielt es nach dem Schutzzweck der Sozialversicherung grundsätzlich keine Rolle, aus welchen Gründen der Arbeitsvertrag unwirksam ist…Der Schutzzweck der genannten Normen würde in sein Gegenteil verkehrt, wenn dem betreffenden Rechtsgeschäft nicht nur die zivilrechtliche Wirksamkeit, sondern …darüber hinaus auch der durch Arbeit regelmäßig vermittelte Sozialversicherungsschutz versagt würde. Das Sozialversicherungsrecht ist insoweit wertneutral…Aus dem Wort „insbesondere“ folgt, dass grundsätzlich eine Beschäftigung vorliegt, wenn ein Arbeitsverhältnis vorliegt; allerdings auch, dass eine Beschäftigung auch dann vorliegen kann, wenn kein Arbeitsverhältnis vorliegt. Der Begriff Beschäftigung ist nicht identisch mit dem Arbeitsverhältnis, sondern grundsätzlich weiter gefasst.“

    53
    Dass hier tatsächlich ein Beschäftigungsverhältnis „gelebt wurde“, folgt schließlich daraus, dass der Beigeladene zu 4) gegen Bezahlung für den Beigeladenen zu 4) als Trainer bzw. Vereinssportlehrer tätig war.

    54
    Auch wenn die Weisungsgebundenheit des Beigeladenen zu 4) ‒ einer Fachkraft mit Trainerlizenz C ‒ bei der Durchführung seiner Dienste eingeschränkt war, ist sie vorliegend keineswegs völlig entfallen. Der Kläger entschied, wer als Mitglied in den Verein aufgenommen und unter welchen Bedingungen im Einzelnen das Training absolviert wurde. Damit war der Beigeladene zu 4) zugleich in die betriebliche Organisation des Klägers eingegliedert, insbesondere weil zur Absolvierung des Trainings in der vereinseigenen Kunstturnhalle und ggf. in kommunalen Sporthallen eine Koordination der einzelnen Sportangebote erforderlich war. Insoweit ist jedenfalls hinsichtlich der Einbindung des Beigeladenen zu 4) in die Organisationsstruktur und in die Arbeitsabläufe des Klägers kein rechtlich bedeutsamer Unterschied im Vergleich zu anderen angestellten Trainern und Übungsleitern ersichtlich.

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    Eine Weisungsfreiheit des Beigeladenen zu 4) folgt überdies nicht daraus, dass er zugleich Vorsitzender des Vorstands des Klägers war und er unter bestimmten Voraussetzungen ihm missliebige Entscheidungen des Vorstands hätte verhindern und damit auch den konkreten Inhalt seiner Tätigkeit als Übungsleiter und Trainer hätte beeinflussen können. Zum einen konnte er ‒ wie bereits Beklagte und Sozialgericht zutreffend ausgeführt haben ‒ Mehrheitsentscheidungen des Vorstands rechtlich nicht verhindern, auch wenn er tatsächlich die Richtung stets bestimmt haben mag. Zum anderen ist der Vorstand nach geltendem Vereinsrecht gegenüber der Mitgliederversammlung weisungsgebunden und rechenschaftspflichtig. Er wird von der Mitgliederversammlung gewählt und ggf. abberufen. Die Bestellung des Vorstands ist grundsätzlich widerruflich, vgl. § 27 Abs. 1 und 2 BGB. Damit besitzt letztlich allein die Mitgliederversammlung als „höchstes Organ“ eines eingetragenen Vereins die Rechtsmacht, die Geschicke des Vereins zu bestimmen. Ihm missliebige Beschlüsse der Mitgliederversammlung kann ein Vorstand rechtlich nicht verhindern.

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    Der Beigeladene zu 1) war auch ersichtlich keinem Unternehmerrisiko ausgesetzt; er setzte kein nennenswertes eigenes Kapital ein, insbesondere stellte er dem Kläger keine ihm selbst gehörende Trainingsstätte zur Verfügung. Überdies wurde das von ihm selbstgenutzte Kraftfahrzeug aus den Beiträgen der Mitglieder des Klägers mitfinanziert, sodass der Beigeladene zu 4) auch nicht nur zum Zwecke einer von ihm gewollten selbständigen Tätigkeit ein Kfz anschaffen musste. Er hatte schließlich auch keine Möglichkeit, durch etwaige Entscheidungen die Höhe seines Verdienstes (beim Kläger) zu beeinflussen. Im Hinblick darauf, dass es lediglich auf eine Betrachtung der konkreten Tätigkeit ankommt, war das vergleichsweise geringe Risiko der Beigeladenen zu 4), dass er nach Ablauf des jeweils befristeten Arbeitsvertrags zukünftig nicht mehr vom Kläger beschäftigt werden würde, für die Frage seines Status´ in der konkreten Tätigkeit irrelevant. Es entsprach vielmehr dem Risiko eines jeden abhängig beschäftigten Arbeitnehmers, seinen Arbeitsplatz zu verlieren.

    57
    Für die rechtliche Beurteilung der Statusfrage ist zudem ohne Bedeutung, dass der Kläger und der Beigeladene zu 4) die subjektive Vorstellung gehabt haben mögen, dass letzterer als Selbständiger tätig wird, oder dass beide Vertragsparteien nicht wollten, dass eine Versicherungs- und Beitragspflicht in allen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung eintritt, da diese Rechtsfolge allein auf objektiven, nicht dispositiven Normen beruht, die den Vorstellungen und Wünschen der Vertragsparteien entzogen sind (vgl. Beschluss des Senats vom 14. Februar 2022 ‒ L 4 BA 21/19 ‒ juris Rn. 33 ).

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    Zusammenfassend überwiegen im Ergebnis der Gesamtabwägung diejenigen Merkmale deutlich, die für eine abhängige Beschäftigung des Beigeladenen zu 4) beim Kläger sprechen. Ausschlaggebend dafür ist in erster Linie die umfangreiche Einbindung des Beigeladenen zu 4) in die Vereins-Organisation (u. a. Nutzung der vereinseigenen Kunstturnhalle, Terminorganisation), die Zahlung einer Vergütung (z. B. auch während der Schulferien) unabhängig davon, ob der Beigeladene zu 4) tatsächlich Trainingseinheiten erbracht hat, insbesondere die Vereinbarung einer Lohnfortzahlung im Krankheitsfall als arbeitnehmertypisches Schutzrecht und der Umstand, dass er ‒ anders als eine entsprechende selbständige Fachkraft ‒ die Trainingseinheiten abweichend vom Wortlaut der Arbeitsverträge tatsächlich höchstpersönlich erbracht hat. In der Konsequenz verblieb dem Beigeladenen zu 4) kein nennenswerter Raum für unternehmerische Entscheidungen. Vor diesem Hintergrund können etwaige für eine Selbständigkeit sprechenden Aspekte den bestehenden Eindruck einer abhängigen Beschäftigung nicht durchgreifend erschüttern.

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    Schließlich sind auch die von der Beklagten festgesetzten Gesamtsozialversicherungsbeiträge der Höhe nach gerechtfertigt. Der Senat hat insoweit die Berechnungen der Beklagten unter Berücksichtigung der nach „Arbeitsvertrag“ gezahlten Vergütung und des geldwerten Vorteils durch Nutzung des vom Kläger anteilig mitfinanzierten Kraftfahrzeugs im relevanten Zeitraum rechnerisch geprüft und unter Anwendung der einschlägigen lohnsteuerrechtlichen Vorschriften (LStR R 31 (9); ab 2008 LStR R 8.1 (9)) bestätigen können.

    60
    Die Kostenentscheidung für den zweiten Rechtszug beruht auf § 193 SGG.

    61
    Hier bewirkt die zunächst vom Beigeladenen zu 4) in seiner Eigenschaft als Versicherter (vgl. § 183 SGG) eingelegte Berufung, dass das Rechtsmittelverfahren insgesamt kostenfrei ist, denn die an die Kostenprivilegierung des Versicherten an Hauptbeteiligter (Kläger oder Beklagter) anknüpfende Kostenfreiheit des jeweiligen Rechtszuges erstreckt sich auch auf einen nicht privilegierten Rechtsmittelführer ‒ hier den Kläger (BSG vom 13. April 2006 ‒ B 12 KR 21/05 B; vom 29. Mai 2006 ‒ B 2 U 391/05 B; vom 29. November 2011 ‒ B 2 U 27/10 R; vom 24. Mai 2012 ‒ B 9 V 2/11 R). Tatsächlich ist der Beigeladene zu 4) zwar erst aufgrund des Beiladungs-Beschlusses des Senats Verfahrensbeteiligter geworden, weshalb seine Berufung gar nicht statthaft war. Der Grundsatz, dass im Regelfall eine Kostenprivilegierung nur durch eine statthafte Berufung herbeigeführt werden kann, tritt in diesem konkreten Einzelfall bei wertender Betrachtung („keine Kostenerhebung bei falscher Sachbehandlung durch das Gericht“) jedoch zurück. Hier liegt eine Ausnahmesituation insoweit vor, als es dem Beigeladenen zu 4) nur durch seine erstinstanzlich fehlerhaft unterbliebene notwendige Beiladung (§ 75 Abs. 2 SGG) verwehrt war, selbst (wirksam) Rechtsmittel gegen das erstinstanzliche Urteil einzulegen. Die Tatsache, dass er ‒ ohne überhaupt Beteiligter des Rechtsstreits gewesen zu sein ‒ tatsächlich Berufung eingelegt hat, lässt darauf schließen, dass er dies im Falle seiner Beiladung durch das Sozialgericht erst Recht getan hätte, womit dann der zweite Rechtszug insgesamt unter das Kostenregime des § 193 SGG und nicht des § 197a SGG gefallen wäre.

    62
    Im ersten Rechtszug gehörten hingegen weder der Kläger noch die Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen, weshalb insoweit eine Kostenentscheidung nach § 197a SGG zu ergehen hatte. Die fehlerhaft auf § 193 SGG gestützte Kostenentscheidung war daher zu korrigieren, wobei die Kosten des ersten Rechtszuges gemäß § 197a SGG i. V. m. §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1 VwGO der Kläger als unterliegende Partei zu tragen hat. Dabei ist für die Kostenberechnung der bereits vom Sozialgericht (nach seiner Rechtsauffassung eigentlich nicht notwendige) Streitwertbeschluss vom 23. März 2015 zugrunde zu legen sein wird, den zu korrigieren kein Anlass bestand.

    63
    Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

    RechtsgebieteSGB, BGB, SGGVorschriften§ 25 Abs. 1 S. 1 SGB II, § 2 Abs. 2 Nr. 1 SGB IV, § 7 Abs. 1 SGB IV, § 28e Abs. 1 SGB IV, § 28p Abs. 1 SGB IV, § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI, § 2 S. 1 Nr. 1 SGB VI, § 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB XI, § 27 Abs. 1 BGB, § 27 Abs. 2 BGB, § 183 SGG, § 193 SGG SGG, § 197a Abs. 1 SGG