Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 24.05.2022 · IWW-Abrufnummer 229374

    Kammergericht Berlin: Beschluss vom 16.12.2021 – 22 W 57/21

    Lehnt das Registergericht die Löschung von Vorstandsmitgliedern wegen angeblichen Rücktritts eines eingetragenen Vereins nach § 395 FamFG ab, ist eine hiergegen gerichtete Beschwerde eines Vereinsmitgliedes unzulässig, weil es an einer unmittelbaren Rechtsbeeinträchtigung fehlt (Abweichung zu OLG Düsseldorf, Beschluss vom 9. Februar 2016, I-3 Wx 5/16).


    Kammergericht Berlin

    Beschluss vom 16.12.2021


    Tenor:

    1. Die Beschwerde des Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 7. April 2021 wird als unzulässig verworfen.
    2. Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 5.000 €.
    3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

    Gründe
    I.

    Der Beteiligte zu 1) ist ein seit dem 6. Januar 1992 in das Vereinsregister des Amtsgerichts Charlottenburg eingetragener Kleingartenverein, der Beteiligte zu 2) dessen Vereinsmitglied. Mit Schreiben vom 21. Dezember 2020 begehrte der Beteiligte zu 2) die Löschung der beiden im Vereinsregister im Jahr 2014 und 2016 eingetragenen Vorstandsmitglieder Herrn K und Frau R von Amts wegen. Zur Begründung führte der Beteiligte zu 2) aus, dass die entsprechende Eintragung fehlerhaft sei, da auf einer Vorstandssitzung am 26. Juli 2020 sämtliche Vorstandsmitglieder ihren Rücktritt erklärt haben sollen. Das entsprechende Protokoll der Sitzung könne angefordert werden. Eine Anmeldung des Ausscheidens könne durch die zurückgetretenen Vorstandsmitglieder nicht mehr erfolgen. Zugleich beantragte er die Bestellung eines Notvorstandes.

    Dieses Schreiben hat das Amtsgericht u.a. als Anregung auf Einleitung eines Löschungsverfahrens nach § 395 FamFG ausgelegt. Die Einleitung hat es aber mit einem Beschluss vom 7. April 2021 zurückgewiesen. Die im Jahr 2016 erfolgten Eintragungen seien nicht zu beanstanden, da der Eintragung keine Mängel hinsichtlich wesentlicher Voraussetzungen entgegenstehen. Aus den eingereichten Schriftsätzen der Beteiligten ergebe sich, dass das Vorstandsmitglied Kirsch die Niederlegung seines Amtes bestreitet. Außerdem fehle es an einem unterschriebenen Protokoll der Sitzung vom 26. Juli 2020. Daneben hat das Amtsgericht mit gleichem Beschluss die Bestellung des Notvorstands abgelehnt.

    Der Beteiligte zu 2) hat gegen den Beschluss vom 7. April 2021 Beschwerde eingelegt. Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt, wobei das Verfahren bezüglich der abgelehnten Bestellung eines Notvorstandes unter dem Aktenzeichen 22 W 54/21 geführt wird.

    II.

    1. Die Beschwerde ist bereits unzulässig.

    a) Zwar ist die Beschwerde grundsätzlich statthaft. Die Entscheidung des Registergerichts, die Eintragung der im Jahr 2014 und 2016 eingetragenen Vereinsmitglieder nicht zu löschen, stellt eine beschwerdefähige Endentscheidung im Sinn von § 58 Abs. 1, § 38 Abs. 1 Satz 1 FamFG dar (vgl. BGH, Beschluss vom 24. April 2012 - II ZB 8/10 -, juris Rn. 12, 13). Denn das Amtsgericht hat damit in dem auf Anregung des Rechtsbeschwerdeführers eingeleiteten Löschungsverfahren - wie für § 58 Abs. 1, § 38 Abs. 1 Satz 1 FamFG erforderlich, aber auch ausreichend - eine den Verfahrensgegenstand erledigende ablehnende Sachentscheidung getroffen.

    b) Allerdings fehlt es dem Beteiligten zu 2) an der nach § 59 Abs. 1 FamFG erforderlichen Beschwerdebefugnis.

    aa) Nach § 59 Abs. 1 FamFG steht demjenigen die Beschwerde zu, der durch einen gerichtlichen Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Es muss sich um die unmittelbare Beeinträchtigung eines eigenen materiellen Rechts handeln (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Juli 2014 - II ZB 18/13 -, juris, Rn. 12; BayObLG, Beschluss vom 14. Januar 1993 - 3Z BR 5/93 -, juris, Rn. 5; Müther in Bork/Jacoby/Schwab, 3. Aufl. 2018, § 59 FamFG, Rn. 7; Meyer-Holtz in Keidel, 20. Aufl. 2020, § 59 FamFG, Rn. 9). Die tatsächlichen Grundlagen der Rechtsbeeinträchtigung, bei denen es sich um doppelrelevante Tatsachen handelt, die sowohl für die Zulässigkeit als auch für die Begründetheit der Beschwerde entscheidend sind, sind schlüssig vorzutragen (vgl. BGH, Beschluss vom 24. April 2012 - II ZB 8/10 -, juris, Rn. 15).

    bb) Der Beteiligte zu 2) hat eine Beeinträchtigung in einem eigenen Recht nicht schlüssig dargelegt. Insbesondere ist er als Vereinsmitglied nicht unmittelbar in seinen Mitgliedschaftsrechten beeinträchtigt.

    (1) Eine Beschwerdebefugnis folgt nicht bereits aus der Zurückweisung der Anregung des Beteiligten zu 2) auf Einleitung eines Löschungsverfahrens. Das Verfahren nach § 395 FamFG ist auf Antrag einer berufsständischen Organisation oder von Amts wegen einzuleiten. Vereinsmitgliedern wird insoweit kein eigenes Antragsrecht eingeräumt, aus dem eine Rechtsbeeinträchtigung hergeleitet werden könnte (vgl. Senat, Beschluss vom 17. Juli 2020 - 22 W 8/20 -, juris, Rn. 7).

    Aus der vom Beteiligten zu 2) zitierten Entscheidung des OLG Düsseldorf (Beschluss vom 09. Februar 2016 - I-3 Wx 5/16 -, juris, Rn. 30) folgt aus Sicht des Senats nichts Anderes. Die Entscheidungen sowie Kommentarstellen, auf die sich das OLG stützt, betreffen den Fall, dass Beschwerden gegen eine Eintragung als Anregung auf Einleitung eines Amtslöschungsverfahrens nach § 395 FamFG auszulegen sind. Wird der Anregung nicht entsprochen, ist die Beschwerde mit dem Ziel der Anweisung an das Registergericht auf Einleitung eines Amtslöschungsverfahrens statthaft (so auch OLG Hamm, Beschluss vom 01. Juli 2010 - I-15 W 261/10 -, Rn. 3, juris). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor, da das Amtsgericht bereits unter Anhörung der Beteiligten eine Sachentscheidung getroffen hat. Soweit der Beteiligte zu 2) aus der zitierten Entscheidung des OLG Düsseldorf allgemein eine Beschwerdebefugnis des einzelnen Vereinsmitglieds gegen Eintragungen im Register herleiten will, obwohl dies dort nicht näher begründet wurde, folgt der Senat dem nicht (vgl. bereits Beschluss vom 17. Juli 2020, - 22 W 8/20 -, juris, Rn. 7).

    (2) In Bezug auf die Eintragungen im Vereinsregister ist ein Vereinsmitglied, soweit es nicht selbst etwa als Vorstandsmitglied im Register ausgewiesen werden soll oder ihm ein betroffenes Sonderrecht zusteht, allenfalls mittelbar beeinträchtigt, weil etwa sein in der Mitgliederversammlung ausgeübtes Stimmrecht unbeachtet geblieben ist (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 20. November 2019 - 27 W 76/19 -, juris, Rn. 2 und 3; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22. August 1997 - 3 Wx 302/95 -, ZIP 1997, 2084, 2085 für die AG; Heinemann in Keidel, aaO, § 395 FamFG, Rn. 44a; Stöber/Otto, Handbuch des Vereinsrechts, 12. Aufl. 2021, Rn. 1657). Eine Rechtsbeeinträchtigung ist aber dann angenommen worden, wenn das Vereinsmitglied die Löschung eines Beschlusses der Mitgliederversammlung des Vereins begehrt, gegen welchen er wegen Verstoßes gegen das Gesetz oder die Satzung Widerspruch erhoben hat oder den er auch im Klagewege durch Anfechtungs- oder Feststellungsklage angreifen könnte (vgl. bereits KG, Beschluss vom 21. November 1966 - 1 W 2437/66 -, NJW 1967, 933, 934, beck-online; KG, Beschluss vom 22. März 2005 - 1 W 263/04 -, juris, Rn. 7; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 19. Dezember 2001 - 3 W 272/01 -, juris, Rn. 3).

    Eine unmittelbare Beeinträchtigung des Stimmrechts liegt hier nicht vor, weil der Beteiligte zu 2) sein Recht auf Mitbestimmung bei der Auswahl eines Vorstands allein im Rahmen der Wahlen auf der Mitgliederversammlung ausüben kann. Dieses Recht wird durch die Eintragung nicht beeinträchtigt. Die Verletzung eines in einer Mitgliederversammlung erst künftig auszuübenden Stimmrechts stellt keine unmittelbare Beeinträchtigung dar; schon, weil diese Beeinträchtigung viel zu vage ist. Zudem begehrt der Beteiligte zu 2) die Löschung der im Register eingetragenen Vorstandsmitglieder nicht wegen eines entgegenstehenden Beschlusses der Mitgliederversammlung, sondern wegen behaupteter Rücktrittserklärungen vom Vorstandsamt. Eine Beeinträchtigung weiterer Mitgliedsrechte ist nicht ersichtlich. Auf die Einhaltung der Satzung sowie der Verfahrensvorschriften hat der Beteiligte zu 2) als einzelnes Mitglied keinen Anspruch. Etwaige Ansprüche gegen den Vorstand auf Durchführung oder Unterlassung bestimmter Geschäftsführungsmaßnahmen wegen nicht ordnungsgemäßer Geschäftsführung stünden dem Beteiligten zu 1) zu. Die Entscheidung darüber, ob ein solcher Anspruch gegen den Vorstand durchgesetzt werden soll, liegt bei der Mitgliederversammlung (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 12. Dezember 2017 - 20 W 20/17 -, juris, Rn. 59; Grunewald, ZIP 1989, 962, 964; Leuschner in Münchener Kommentar, 9. Aufl. 2021, § 38 BGB, Rn. 16; Neudert/Waldner in Sauter/Schweyer/Waldner, 21. Aufl. 2021, Rn. 334a - 335), nicht jedoch beim einzelnen Vereinsmitglied.

    (3) Soweit der Beteiligte zu 2) darlegt, dass er effektiven Rechtsschutz nicht anders erlangen könne und daraus eine Beschwerdebefugnis nach § 59 Abs. 2 FamFG folge, scheitert diese Ansicht schon daran, dass der Beteiligte zu 2) als Vereinsmitglied grundsätzlich zivilprozessual gegen den Beteiligten zu 1) vorgehen kann. Außerdem ist der Beteiligte zu 2) auf seine Minderheitenrechte nach § 37 Abs. 1 BGB zu verweisen, wonach die Einberufung einer Versammlung zum Zwecke der Abberufung des alten Vorstands und Wahl eines neuen Vorstands durch eine Minderheit möglich ist. Der Satzung in § 9 Absatz 1 zufolge ist dafür ein Quorum von einem Drittel der Mitglieder erforderlich.

    2. Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht. Die Abwägung - da sich hier beide Beteiligte ähnlich wie im Zivilprozess kontradiktorisch gegenüber stehen - führt zu dem Ergebnis, dass der Beteiligte zu 2) die Gerichtskosten zu tragen hat, was sich bereits aus dem Gesetz ergibt. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten scheidet aus. Es liegen keine Umstände vor, die eine Abweichung von dem Grundsatz der Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, dass jeder Beteiligte seine eigenen Kosten selbst zu übernehmen hat, rechtfertigen.

    Die Wertfestsetzung folgt aus § 67 Abs. 1 Nr. 3 GNotKG.

    Die Rechtsbeschwerde war nach § 70 Abs. 2 Satz Nr. 2 Alt. 2 FamFG zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen. Der Senat weicht mit seiner Auffassung über die Beschwerdebefugnis von der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf ab, welches die Auffassung vertreten hat, ein Vereinsmitglied werde im Sinne des § 59 Abs. 1 FamFG durch eine fehlerhafte Eintragung eines Vorstandsmitglieds unmittelbar in eigenen Rechten beeinträchtigt (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09. Februar 2016 - I-3 Wx 5/16 -, juris, Rn. 30). Insoweit weicht der Sachverhalt auch von dem Sachverhalt ab, der der Entscheidung des Senats vom 17. Juli 2020 - 22 W 8/20 - zugrunde lag.

    RechtsgebieteFaF, BGBVorschriften§ 59 Abs. 1 FaF, § 395 FaF, § 29 BGB, § 67 BGB