08.01.2010
Finanzgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 07.06.2000 – 1 K 2068/97
Besteht aufgrund von unvollständigen Rückübertragungsanspüchen für Gläubiger des Erwerbers die Möglichkeit der Zwangsvollstreckung in das Grundstück, kann wirtschaftliches Eigentum beim Übertragenden nicht angenommen werden.
(Nichtamtlicher Leitsatz)
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Kläger als wirtschaftliche Eigentümer eines Hausgrundstücks anzusehen sind und demgemäß Abzugsbeträge nach § 10e EStG geltend machen können, nachdem sie das Grundstück ihrer Tochter übertragen haben.
Die Kläger sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Beide erzielten im Streitjahr 1994 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, der Kläger darüber hinaus Einkünfte aus einer gewerblichen Industrieberatung.
Die Kläger haben auf dem Grundstück ... in ... am 1. 8. 1992 ein Einfamilienhaus fertiggestellt und selbst bezogen. Mit Wirkung vom 27. Januar 1993 haben sie dieses Einfamilienhaus unentgeltlich an ihre ledige Tochter ... übertragen ... Für die Kalenderjahre 1992 und 1993 erhielten die Kläger antragsgemäß die Abzugsbeträge nach § 10e EStG und die Steuerermäßigung nach § 34f EStG für ein Kind.
Mit ihrer Einkommensteuererklärung 1994 begehrten die Kläger auch für das Kalenderjahr 1994 einen Abzugsbetrag nach § 10e EStG, die Steuerermäßigung nach § 34f EStG und die anteiligen Kosten für einen gewerblich genutzten Raum (Büro), was der Beklagte mit dem Einkommensteuerbescheid 1994 vom 24. September 1996 aufgrund der Grundstücksübertragung ablehnte.
Bereits mit Bescheid vom 12. 10. 1993 hat das Finanzamt eine Zurechnungsfortschreibung auf die Erwerberin auf den 1. 1. 1994 vorgenommen (vgl. Seite 3 der Einspruchsentscheidung).
Der Übergabevertrag der Kläger an die Tochter, auf den Bezug genommen wird, beinhaltet auszugsweise folgende Vereinbarungen:
Die Kläger blieben hinsichtlich der bestehenden Grundpfandrechte (nominell 386.755 DM) in der persönlichen Schuldhaft. Den 19.. und 19.. geborenen Klägern wurde von der 19.. geborenen Erwerberin ein ins Grundbuch einzutragendes Altenteil in Form eines unentgeltlichen Wohnrechts an dem ganzen Anwesen und Pflege in alten und kranken Tagen vereinbart. Bei Erlöschen des Wohnrechts schuldete (im Sinne von Fälligkeit) die Erwerberin ihrer Schwester ... eine Ausgleichszahlung in Höhe von 25 % des zum Übergabezeitpunkt bestehenden Wertes des Hausgrundstücks.
Rücktrittsrechte der Kläger bestanden für die Fälle, dass die Pflegepflichten nicht ordnungsgemäß erfüllt werden, der eigene Unterhalt eine Verwertung des Grundstücks erforderlich macht oder die Erwerberin ohne Abkömmlinge vor den Klägern versterben sollte.
Als auflösende Bedingung war vereinbart, dass eine Verfügung der Erwerberin über den Grundbesitz nicht ohne Zustimmung der Veräußerer möglich sein sollte. Gleiches sollte gelten für den Fall des Zuschlags in einer Zwangsversteigerung. Wegen der Rücktrittsrechte und der auflösenden Bedingung war eine Rückauflassungsvormerkung vereinbart.
Während des Einspruchsverfahrens erging ein geänderter Einkommensteuerbescheid 1994 vom 16. April 1997, in dem die Kosten des häuslichen Büros berücksichtigt wurden. Das Begehren auf Gewährung der Steuerbegünstigung wegen § 10e und § 34f EStG wurde in der ablehnenden Einspruchsentscheidung vom 20. Mai 1997 nicht anerkannt. Der Beklagte begründete dies damit, dass das Hausgrundstück den Klägern im Streitjahr nicht mehr zugerechnet werden könne. Diese seien weder zivilrechtlicher Eigentümer - was unstreitig ist - noch wirtschaftlicher Eigentümer des Anwesens.
Mit ihrer am 19. Juni 1997 erhobenen Klage verfolgen die Kläger ihr Ziel weiter. Sie sind der Auffassung, sie seien weiterhin wirtschaftlicher Eigentümer des Grundstücks geblieben aufgrund des vorbehaltenen Wohnrechts und der Tragung der Grundstückslasten. Sie tragen vor, weitgehend über das Grundstück wie ein Eigentümer verfügen zu können.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
den geänderten Einkommensteuerbescheid vom 16. April 1997 und die Einspruchsentscheidung vom 20. Mai 1997 dahin zu ändern, dass ein Abzugsbetrag nach § 10e EStG in Höhe von 16.500 DM und eine Steuerermäßigung nach § 34f EStG für ein Kind berücksichtigt wird.
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Er ist der Auffassung, dass das Tragen der öffentlichen Lasten, der Versicherung und des Kapitaldienstes kein wirtschaftliches Eigentum begründe. Unerheblich sei, dass die Erwerberin während der Lebensdauer der Kläger nicht frei über das Grundstück verfügen könne, da auf die gewöhnliche Nutzungsdauer des Wirtschaftsgutes abzustellen sei. Unter Berücksichtigung der statistischen Lebenserwartung der Kläger (37 Jahre) könnten diese die Erwerberin während der gewöhnlichen Nutzungsdauer des Gebäudes, welche mit 50 Jahren anzusetzen sei, nicht von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut ausschließen.
Gründe
Die Klage ist unbegründet.
Die Abzüge nach § 10e EStG sowie die Steuerermäßigung nach § 34f EStG können nur gewährt werden, wenn die selbst genutzte Wohnung sich in einem eigenen Haus befindet. Ein eigenes Haus liegt nur bei einem zivilrechtlichen oder wirtschaftlichen Eigentum an dem Haus vor (BFH U. v. 20. 9. 1995 - X R 94/92 BFHE 178, 429; BB 1996, 571). Die Kläger waren im Streitjahr weder zivilrechtlicher noch wirtschaftlicher Eigentümer des Einfamilienhauses.
Die Kläger haben aufgrund der Übereignung an die Tochter ... das zivilrechtliche Eigentum am Einfamilienhaus (EFH) verloren. Mit der Eintragung der Tochter ins Grundbuch wurde diese zivilrechtliche Eigentümerin.
In der Zeit zwischen Übergang von Besitz, Nutzungen und Lasten bis zur Grundbucheintragung ist der Erwerber regelmäßig bereits wirtschaftlicher Eigentümer des Grundstücks (BFH U. v. 10. 6. 1988 - III R 18/85 BFH/NV 1989, 348 unter 1. m. w. N.). Der Übergang von Besitz, Nutzungen und Lasten erfolgte vorliegend, unbeschadet der Rechte der Übertragenden „sofort”, d. h. am 27. Januar 1993, dem Datum des notariellen Übergabevertrages. Ab diesem Zeitpunkt ist das Grundstück der Erwerberin zuzurechnen.
Wirtschaftliches Eigentum kann nur über die Zurechnungsvorschrift des § 39 der Abgabenordnung erworben werden.
Übt ein anderer als der Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise aus, daß er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann, so ist ihm das Wirtschaftsgut zuzurechnen, § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Abgabenordnung (AO). Mit dieser gesetzlichen Regelung wird derjenige definiert, der im steuerrechtlichen Sprachgebrauch als wirtschaftlicher Eigentümer bezeichnet wird. Die Voraussetzungen des wirtschaftlichen Eigentums sind dann erfüllt, wenn der Herausgabeanspruch des eigentlichen Eigentümers keine wirtschaftliche Bedeutung mehr hat oder ein Herausgabeanspruch überhaupt nicht besteht.
Das im Grundbuch eingetragene Altenteil (Wohnrecht und Recht auf Pflege) ist zur Annahme wirtschaftlichen Eigentums der Kläger nicht ausreichend.
Das vereinbarte bzw. von den Klägern bei der Übertragung des Grundstücks vorbehaltene Wohnrecht vermag einen Ausschluß des zivilrechtlichen Eigentümers grundsätzlich nicht zu begründen.
Das Wohnungsrecht ist ein Sonderfall einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit mit nießbrauchsähnlicher Gestaltung (vgl. Palandt / Bassenge, BGB-Kommentar, 59. Auflage, § 1093 Rn. 1). Ein Nießbraucher ist im Normalfall nicht wirtschaftlicher Eigentümer des seiner Nutzung unterliegenden Wirtschaftsguts. Dies gilt grundsätzlich auch für den Fall, dass Eltern im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge ihren Kindern schenkweise Grundstücke übertragen und sich gleichzeitig den unentgeltlichen, lebenslänglichen Nießbrauch an dem Grundstück vorbehalten (BFH B. v. 26. 10. 1999 - X B 40/99 BFH/NV 2000, 563; BFH U. v. 26. 11. 1998 - IV R 39/98 BStBl II 1999, 263 m. w. N.).
Da das dingliche Wohnrecht zivilrechtlich weniger an Rechten beinhaltet als der Nießbrauch (vgl. §§ 1030 ff. BGB) und des weiteren das Wohnungsrecht, das eine Regelung in § 1093 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gefunden hat, auf mehrere Vorschriften des Nießbrauchs verweist, vgl. § 1093 Abs. 1 Satz 2 BGB, kann die Zurechnungsfrage beim Wohnrecht für die Übertragenden nicht günstiger als in den Fällen des Nießbrauchs entschieden werden. Im folgenden wird daher der Nießbrauch als vergleichbares Nutzungsrecht maßgeblich berücksichtigt.
Im Regelfall ist der zivilrechtliche Eigentümer im Falle eines dinglichen Wohnrechts auch wirtschaftlicher Eigentümer des belasteten Vermögensgegenstandes. Dies ist vorliegend Frau ...
Die über das Wohnrecht hinausgehende Pflegeleistungen berühren den Ertrag oder die Substanz des Grundstücks nicht. Diese Leistung ist nicht aus dem Grundstück heraus zu erbringen, so dass dieser Teil des Altenteils grundsätzlich zu keiner anderen Zuordnung des EFH führen kann.
Die schuldrechtlichen Vereinbarungen im Übergabevertrag gehen zwar über das hinaus, was normalerweise ein Eigentümer eines durch ein Altenteil belasteten Grundstück als Einschränkung seiner Befugnisse zu dulden hat. Diese Einschränkungen während der Dauer des Altenteils sind aber nicht so stark, dass den Klägern das Anwesen als wirtschaftliche Eigentümer zuzurechnen wäre.
Die im Übergabevertrag unter „V.1” vereinbarten Rücktrittsgründe, vermögen kein wirtschaftliches Eigentum der Kläger zu begründen. Wegen der zivilrechtlichen Nähe des Wohnungsrechts zum Nießbrauch sind Sachverhalte zu vereinbarten „Rücknahmerechten” beim Nießbrauch, insbesondere dem Vorbehaltsnießbrauch, insoweit auf das dingliche Wohnungsrecht entsprechend übertragbar und zu würdigen (vgl. Ehlig, DStR 1996, 1629 unter 3.1).
Im Übergabevertrag sind drei Fälle aufgeführt, die die Kläger zum Rücktritt berechtigen und ein weiterer Fall mit einer auflösenden Bedingung:
Kommt die Erwerberin der Pflegeverpflichtung nicht ordnungsgemäß nach, können die Übertragenden den Rücktritt erklären (siehe Vertrag unter V.1.a).
Das vereinbarte Recht auf Pflege zeigt inhaltlich keine Auffälligkeiten zu Lasten des zivilrechtlichen Eigentümers dergestalt, dass davon auszugehen ist, dass die Tochter z. B. wegen Unzumutbarkeit den Rücktrittsgrund der nicht ordnungsgemäßen Erfüllung der Pflege auslösen wird. Auf die Wahrscheinlichkeit der Ausübung von dinglich gesicherten Rücknahmevorbehalten stellt nach Ehlig ab (a. a. O. unter 8.).
Der im Übergabevertrag vereinbarte Rücktrittsgrund im Falle der Unterhaltsbedürftigkeit der Kläger (siehe Vertrag unter V.1.b), der dem § 529 BGB nachgebildet ist, vermag den Eigentümer nicht auf Dauer von der Einwirkung auf das EFH abzuhalten. Eine Unterhaltsbedürftigkeit der Kläger ist im Streitjahr nicht erkennbar, beide Kläger erzielen Einkünfte. Eine künftige Unterhaltsbedürftigkeit drängt sich vorliegend nicht auf. Ferner kann der Begünstigte in der Regel die Rückgabe des erhaltenen Gegenstandes entsprechend der Regelung des BGB durch eine laufende Geldrente abwenden (vgl. BGH U. v. 11. 3. 1994 - V ZR 188/92 NJW 1994, 1655).
Auch der Umstand eines Rücktrittsrechts im Falle des Todes der Eigentümerin ohne Abkömmlinge zu hinterlassen (vgl. Vertrag unter V.1.c) begründet für sich betrachtet kein wirtschaftliches Eigentum bei den Klägern. Dadurch wird die Erwerberin nicht in ihrer Verfügungsmöglichkeit eingeschränkt. Der Eintritt dieses Rücktrittsgrundes ist auch nach dem Maßstab des „Regelfalles” (vgl. § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO) fraglich, da die Eigentümerin im Erwerbszeitpunkt 20 Jahre alt war (geboren 15. 8. 1972) und eine mittlere Lebenserwartung von noch 59 Jahren hatte.
Die Eigentümerrechte wurden ferner durch die im Vertrag enthaltene auflösende Bedingung eingeschränkt, dass die Erwerberin bzw. ein Rechtsnachfolger über den Grundbesitz ohne Zustimmung der Veräußerer nicht verfügen darf, dem der Fall des Zuschlags in der Zwangsversteigerung gleichgestellt wird (vgl. Vertrag unter V.2). Insoweit, aber auch wegen der drei Fälle des Rücktritts vom Vertrag, war eine Rückauflassungsvormerkung vereinbart.
Die auflösende Bedingung bedeutet, dass die Erwerberin während der Ausübung des Wohnrechts nicht unmittelbar auf das Eigentumsrecht einwirken darf, also das Eigentum weder veräußern oder belasten darf ohne zuvor oder anschließend die Zustimmung der Kläger einzuholen. Andernfalls tritt die auflösende Bedingung ein mit der Folge der Rückübereignungsverpflichtung.
Neben der Form der auflösenden Bedingung findet man in der Praxis vergleichbare Fälle von Rücktrittsrechten. Da der Rücktritt zum gleichen wirtschaftlichen und rechtlichen Erfolg wie die auflösende Bedingung führt, sind diese verschiedenen Regelungsformen für die Frage des wirtschaftlichen Eigentums grundsätzlich gleich zu behandeln, so dass die Rechtsprechung zu den Rücktrittsrechten entsprechend zu beachten ist.
Fraglich ist, wie sich dieses Verfügungsverbot in Form des Veräußerungsverbots auf die Zurechnungsfrage auswirkt.
Würde diesem Verfügungsverbot eine entsprechende Verfügungsmöglichkeit der Übertragenden gegenüberstehen, spräche dies für wirtschaftliches Eigentum der Übertragenden. Wirtschaftliches Eigentum (eines Nießbrauchers) wird angenommen, wenn der Berechtigte im Innenverhältnis zum Eigentümer für eigene Rechnung über die Substanz verfügen darf (wiedergegeben nach BFH Az.: IV R 39/98 a. a. O.).
Nach dem Übergabevertrag waren die Kläger nicht berechtigt, das EFH zu veräußern oder zu belasten. Mangels eigenem Einwirkungsrecht der Kläger läßt sich mit dem Verfügungsverbot alleine ein wirtschaftliches Eigentum der Kläger nicht begründen.
Die Kläger besaßen auch keine unwiderrufliche und unbeschränkte Vollmacht, aufgrund der sie das Grundstück für die zivilrechtliche Erwerberin hätten veräußern oder belasten können (vgl. BFH Az.: IV R 43/80 a. a. O.).
Fraglich ist, ob die Vereinbarung eines Veräußerungsverbots mit dinglich gesicherter Rückübertragungsverpflichtung zur Annahme wirtschaftlichen Eigentums ausreicht.
Der Bundesfinanzhof hat wirtschaftliches Eigentum an einem GmbH- Anteil bei einem Vorbehaltsnießbraucher in einem Fall angenommen, in dem das Stimmrecht in der GmbH zurückbehalten wurde, die Veräußerung des geschenkten Gegenstandes der Zustimmung des Nießbrauchers bedurfte und letzterer außerdem die unentgeltliche Rückübertragung für den Fall des Vorversterbens des Beschenkten verlangen konnte (BFH U. v. 28. 7. 1983 - IV R 219/80 Juris; zitiert in BFH Az.: IV R 39/98 a. a. O.).
Ob der Bundesfinanzhof an der Rechtsprechung festhält, dass wirtschaftliches Eigentum des Nießbrauchers anzunehmen ist, wenn neben dem Nießbrauch ein (schuldrechtliches) Veräußerungsverbot vereinbart und dieses durch eine Rückauflassungsvormerkung gesichert ist, ist fraglich. In diesem Fall (vgl. BFH Az.: IV R 39/98 a. a. O.) handelte es sich um Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens. Stille Reserven wären bei der Annahme von wirtschaftlichem Eigentum möglicherweise von einer Person zu versteuern, der sie nach den zivilrechtlichen Vereinbarungen nicht mehr zustehen würden. Ein durch Rückauflassungsvormerkung gesichertes Veräußerungsverbot alleine wird vom FG Düsseldorf (Urteil vom 11. 3. 1999 - 11 K 6986/96EFG 1999, 536) nicht als ausreichend zur Annahme wirtschaftlichen Eigentums angesehen.
Im Schrifttum ist umstritten, ob wirtschaftliches Eigentum bereits dann anzunehmen ist, wenn ein Rückübertragungsrecht lediglich an die Voraussetzung geknüpft ist, dass der Eigentümer das Wirtschaftsgut veräußert (ablehnend: Schmieszik in Beermann, AO § 39 Rz 33; bejahend Ehlig, a. a. O. unter 6.1 mit 5.2, 5.4 m. w. N.).
Die diese Frage bejahende Auffassung begründet dies mit der Rechtsstellung des Nießbrauchers, die über die im Rahmen der §§ 1030 ff. BGB zulässige Rechtsposition schuldrechtlich (weit) hinausgeht (Ehlig, a. a. O. unter 5.4). Nur wenn die substantiierte Vermutung naheliege, dass die schuldrechtlich nicht eingeschränkte Veräußerungsmöglichkeit des Übernehmers die Wahrscheinlichkeit der Durchsetzung des Rückforderungsrechtes dominiere, könne es zu einer andere Beurteilung kommen.
Gegen diese bejahende Auffassung spricht, dass sich Bedenken aus der Versteuerung stiller Reserven ergeben können (vgl. BFH Az.: IV R 39/98 a. a. O.). Da die Frage des wirtschaftlichen Eigentums im Einkommensteuerrecht einheitlich zu entscheiden ist, haben diese Bedenken auch im Rahmen des Sonderausgabenabzugs, wie vorliegend, ihre Berechtigung.
Gegen die bejahende Auffassung spricht ferner, dass sich eine Einwirkung des zivilrechtlichen Eigentümers auch aus der Möglichkeit der Vererbung und als Vollstreckungsmöglichkeit für Gläubiger des zivilrechtlichen Eigentümers ergeben können. Diese Einwirkungsmöglichkeiten können im Einzelfall das gesicherte Verfügungsverbot so stark entkräften, dass das Verfügungsverbot alleine zur Annahme wirtschaftlichen Eigentums nicht ausreichend ist.
Im Streitfall ist entscheidend, dass die Erwerberin während des eingetragenen Altenteils nicht vollständig von einer wirtschaftlichen Einwirkung auf das Hausanwesen ausgeschlossen war.
So können Gläubiger der Erwerberin in das Hausanwesen in Form von Sicherungsrechten (Zwangshypothek, § 867 Zivilprozeßordnung) vollstrecken. Dass eine Zwangsversteigerung aufgrund der Rückauflassungsvormerkung (vgl. § 883 Bürgerliches Gesetzbuch) wirtschaftlich im Regelfall ins Leere läuft, ist insoweit unschädlich. Als auflösende Bedingung mit der Folge der durch Auflassungsvormerkung gesicherten Rückübertragungsverpflichtung ist im Übergabevertrag lediglich der Zuschlag in der Zwangsversteigerung erwähnt. Nicht erfaßt sind dagegen zwangsweise eingetragene Sicherungsrechte. Da die weiteren durch Auflassungsvormerkung gesicherten Rückübertragungsansprüche von den Klägern nicht willkürlich ausgeübt werden können, kann die Zwangsvollstreckungsmöglichkeit von Gläubigern der Erwerberin auch nicht als wertlos angesehen werden.
Die Vorversterbensklausel schließt es ferner nicht aus, dass das (belastete) Eigentum an dritte Personen fällt. Würde die Erwerberin ein Kind haben, wäre die Vorversterbensklausel nicht anwendbar. Würde sie unverheiratet vorversterben, würde der Abkömmling das Anwesen erben. Würde sie verheiratet vorversterben, würde nach der gesetzlichen Erbfolge ihr Ehemann und das Kind gemeinsam Eigentümer des Hausanwesens (vgl. § 1931 Abs. 1 und 3 mit § 1371 BGB).
Für den Fall einer Rückübertragungsverpflichtung ist ferner vereinbart, dass vorgenommene Investitionen ohne Einschränkung zurückzuerstatten sind nach den Regeln der ungerechtfertigten Bereicherung. Insoweit ist die Erwerberin ebenfalls wirtschaftlich an dem Hausanwesen beteiligt. Eine Differenzierung danach, ob die vorgenommene Baumaßnahme im Einvernehmen mit den Klägern vorgenommen wurde, wird im Übergabevertrag nicht vorgenommen.
Nach dem Übergabevertrag erscheint es nicht ausgeschlossen, dass die Erwerberin auf dem Anwesen auf eigene Rechnung Baumaßnahmen durchführen kann, die das Wohnrecht der Kläger nicht beeinträchtigen aber den Wert des Grundstücks dauerhaft erhöhen. Dagegen haben die Kläger nicht das Recht Baumaßnahmen über die sich aus dem Wohnrecht ergebenden Rechte hinaus (Unterhaltung des Gebäudes) durchzuführen.
Das mit der auslösenden Bedingung verknüpfte Verfügungsverbot erschöpft sich nicht in der Einschränkung der Erwerberin. Es beinhaltet ein Sicherungsmittel für den Altenteil. Diese Sicherungsfunktion begründet kein wirtschaftliches Eigentum der Kläger.
Die Nutzungsrechte sowie die Pflegeansprüche der Kläger aus dem Übergabevertrag werden durch das Verfügungsverbot nicht erweitert, dem zivilrechtlichen Eigentümer werden bestimmte Rechte befristet vorenthalten. Wirtschaftlich betrachtet ist der Rückübertragungsanspruch im vorliegenden Fall in Sicherungsmittel vor allem hinsichtlich des Pflegerechts. Das Altenteil war als Belastung des Grundstücks ins Grundbuch einzutragen. Die Pflege richtete sich an die Erwerberin und ihre Rechtsnachfolger. Damit war die Pflege vom jeweiligen Eigentümer des Grundstücks zu erbringen. Durch die den Übergabevertrag auflösenden Bedingung einer ungenehmigten Verfügung der Erwerberin sowie mit dem Rücktrittsrecht der Vorversterbensklausel konnten die Kläger sicherstellen, dass die Pflegeleistungen im Rahmen der Familie oder gar nicht erbracht werden. Im Gegenzug erhielt die Erwerberin insbesondere für das Erbringen der Pflegeleistungen bereits eine gesicherte Rechtsposition in Form des Eigentums.
In der Funktion eines Sicherungsmittels kommt es wesentlich auf die Wahrscheinlichkeit des Eintritts des Sicherungsfalles an. Alleine das Ausmaß des Rückforderungsrechts macht den Eintritt des Rückforderungsfalles nicht „grundsätzlich wahrscheinlich” (vgl. Ehlig, a. a. O.). Der Eintritt des Sicherungsfalles erscheint vorliegend nicht wahrscheinlich.
Eine weitere Frage im Zusammenhang mit dem wirtschaftlichen Eigentum, ob es für den wirtschaftlichen Ausschluß des zivilrechtlichen Eigentümers von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut auf die voraussichtliche Dauer des Nutzungsrechts oder auf die gewöhnliche Nutzungsdauer des bebauten Grundstücks ankommt, ist in der Rechtsprechung (vgl. FG Düsseldorf EFG 1999, 536, m. w. N.; Nds. FG U. v. 9. 3. 1989 - II 332/87 EFG 1989, 449 rkr). und Literatur (Ehlig, a. a. O. unter 5.1; Fischer in Hübschmann / Hepp / Spitaler, AO-Kommentar, § 39 Rn. 50, 51) umstritten. Diese Frage kann auch nicht als höchstrichterlich geklärt angesehen werden. Gegen das Abstellen auf die gewöhnliche Nutzungsdauer des Gebäudes spricht, dass dann ein vom zivilrechtlichen Eigentum abweichendes wirtschaftliches Eigentum nahezu ausgeschlossen sein dürfte, da die gewöhnliche Nutzungsdauer von Wohngebäuden mit 50 bzw. 100 Jahren angesetzt wird.
Nach Ansicht des Senats kommt es auf die gewöhnliche Nutzungsdauer des Gebäudes vorliegend jedoch nicht an. Die der Erwerberin im vorliegenden Fall zustehenden Eigentümerrechte werden als ausreichend für die Annahme wirtschaftlichen Eigentums der Erwerberin angesehen.
Der Bundesfinanzhof hat bei Wirtschaftsgütern mit längerer oder unbestimmter Nutzungsdauer im Gegensatz zum Gesetzeswortlaut des § 39 AO, der von „gewöhnliche Nutzungsdauer” spricht, den Ausschluß des Eigentümers auf unbestimmte Zeit, z. B. bis zum Tod des Nutzungsberechtigten als ausreichend angesehen (vgl. BFH Az.: IV R 219/80 a. a. O. GmbH-Anteil; BFH U. v. 8. 3. 1977 - VIII R 180/74 BStBl II 1977, 629 bebautes Grundstück). Würde auf die gewöhnliche Nutzungsdauer des Gebäudes abgestellt, scheiterte wirtschaftliches Eigentum der Kläger bereits daran, dass das Altenteil eine voraussichtlich geringere Laufzeit hat.
In Anlehnung an die Abschreibungsdauer eines Wohngebäudes mit 2 v. H. (§ 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 a EStG) beträgt die gewöhnliche Nutzungsdauer des Wohnhauses 50 Jahre. Im Bewertungsrecht wird dagegen sogar eine Nutzungsdauer von 100 Jahren angenommen (vgl. FG Düsseldorf a. a. O.). Das Einfamilienhaus wurde im Jahr 1992 fertiggestellt, so dass die gewöhnliche Nutzungsdauer im Jahre 2042 ablaufen würde.
Das Nutzungsrecht der Kläger an diesem Wohnhaus ist voraussichtlich deutlich kürzer als die gewöhnliche Nutzungsdauer des Wohnhauses. Mit dem Beklagten ist von einer Schätzung des lebenslänglichen Wohnrechtes anhand der mittleren Lebenserwartung auszugehen, welche aus der Sterbetafel abgeleitet ist (vgl. BStBl I 1993, 504). Bei Begründung des Wohnrechts im Januar 1993 war die Klägerin 43 Jahre alt, so dass die mittlere Lebenserwartung 37 Jahre beträgt. Der Kläger ist älter als die Klägerin, so dass seine Lebenserwartung kürzer ist.
Das EFH hatte zur Zeit der Wohnrechtsbegründung ein Alter von einem Jahr. Mithin übersteigt die gewöhnliche Nutzungsdauer des EFH die Dauer des Wohnrechts um 12 Jahre.
In der Beendigung der Rücktrittsrechte mit dem Erlöschen des Wohnrechts unterscheidet sich der vorliegenden Fall auch von dem BFH-Urteil vom 5. 5. 1983 (Az.: IV R 43/80 - BStBl II 1983, 631 - Entnahme), wo wirtschaftliches Eigentum angenommen wurde, diverse Widerrufsrechte jedoch erst 15 Jahre nach dem Tod des Übergebers erloschen.
Dass die Kläger in den persönlichen Schuldhaft bleiben, also die den Grundpfandrechten zugrundeliegenden Darlehen rechtlich und wirtschaftlich tragen, ist die Folge der unentgeltlichen Vermögensübergabe. Daraus kann nicht abgeleitet werden, dass die Erwerberin im Regelfall von der Einwirkung auf das Anwesen ausgeschlossen wird.
Das Tragen der öffentlichen Lasten durch die Kläger als Folge des Wohnrechts führt zu keiner Einschränkung des zivilrechtlichen Eigentümers (vgl. BFH U. v. 24. 7. 1991 - II R 81/88 BStBl II 1991, 909 - Vorbehaltsnießbrauch). Gleiches gilt für die Unterhaltungskosten und den Schönheitsreparaturen durch die Kläger, da dies dem gesetzlichen Regelstatut des dinglichen Wohnrechts entspricht, §§ 1093 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 1041 BGB. Den Eigentümer trifft gegenüber dem Wohnungsberechtigten keine Pflicht zur Gebäudeunterhaltung (Palandt / Bassenge, a. a. O., § 1093 Rn. 10).
Die von den Klägern für ihre Rechtsansicht weiterhin ins Feld geführten Gerichtsentscheidungen stehen der Zurechnung des Grundstücks bei der zivilrechtlichen Eigentümerin nicht entgegen:
In dem BFH-Urteil vom 27. 9. 1988 (Az.: VIII R 193/83 BStBl II 1989, 414) wurden Wirtschaftsgüter dem zivilrechtlichen Eigentümer zugerechnet, da der „Besitzer” der Wirtschaftsgüter die Wirtschaftsgüter für den zivilrechtlichen Eigentümer nutzte und nicht für eigene Rechnung. Rückschlüsse auf den vorliegenden Fall sind deshalb nicht zulässig.
Das weiterhin von den Klägern zitierte Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg (U. v. 3. 5. 1983 - I 253 - 256/80 EFG 1984, 127) kann schon deshalb nicht für die Kläger herangezogen werden, da das Urteil aufgehoben wurde (BFH Az.: VIII R 193/83 a. a. O.).
Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.