03.11.2011 · IWW-Abrufnummer 113552
Landgericht Kiel: Urteil vom 04.02.2011 – 9 O 53/09
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
9 O 53/09
In dem Rechtsstreit
...
hat die 9. Zivilkammer des Landgerichts Kiel
auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 27. Januar 2011
durch
den Richter am Landgericht als Einzelrichter
für Recht erkannt:
Tenor:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.884,24 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz auf 6.280,32 EUR seit dem 8. August 2008 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 55% und der Beklagte 45%.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand
Der Kläger begehrt vom Beklagten Schadensersatz und Schmerzensgeld aus einer Sportverletzung.
Am 15.07.2007 fand auf dem Sportgelände Nordmark, Eckernförder Straße in Kiel das American Football Spiel zwischen den Kiel Baltic Hurricanes II und den Hamburg Pioneers des Polizeisportvereins statt.
Der Kläger trug als Footballspieler der Hamburg Pioneers die Rückennummer XX, der Beklagte trug als Footballspieler der Kiel Baltic Hurricanes II die Rückennummer XX. Während des Spiels kam es zwischen den beiden Spielern zu einem Körperkontakt.
Auf die vom Kläger mit der Klage vom 02.03.2009 als Anlage 1 eingereicht DVD sowie auf die vom Beklagten mit Schriftsatz vom 25.08.2008 eingereichte DVD wird insoweit Bezug genommen.
Wegen dieses Vorfalls verlangte der Kläger vom Beklagten Schadensersatz und Schmerzensgeld. Der Beklagte lehnte jedoch eine Wiederherstellung bzw. Wiedergutmachung mit Schreiben vom 05.08.2010 ab.
Der Kläger behauptet:
Nach Abpfiff der vorausgegangenen Spielszene sei ihm der Beklagte mit dessen mit einem American Football Helm bekleideten Kopf voran seitlich in einem Winkel von 90 Grad in sein linkes Knie gesprungen, obwohl er in keiner Weise in die dem Pfiff vorausgegangene Spielszene eingebunden gewesen sei.
Dabei habe der Beklagte gezielt Anlauf genommen und seine Laufrichtung plötzlich in eine für das Spielgeschehen untypische Richtung geändert, um mit dem abgesenkten Kopf voran in die Beine des Klägers zu springen.
Der Kläger habe sich dabei eine vordere Kreuzbandruptur des linken Knies und eine Teilruptur des Innenbandes des linken Knies zugezogen. Er habe sich daher einer Knieoperation sowie einer aufwändigen Reha-Maßnahme in den Monaten August und September 2007 unterziehen müssen. Bis heute leide er unter Taubheitsgefühlen in seinem linken Knie.
Infolge dieses Sportunfalls und der dadurch entstandenen Verletzungen könne er kein American Football mehr spielen.
Ihm sei daraus Ansprüche gegen den Beklagten in Höhe von 13.888,07 EUR, bestehend aus einem Schmerzensgeld von mindestens 8.000,- EUR, aus Auslagenersatz in Höhe von 288,32 EUR sowie Haushaltsführungskosten in Höhe von 5.599,75 EUR, entstanden. Die Auslagen umfassten dabei Ausgaben für Fußpflege und Gelenkschiene in Höhe von 36,-- EUR, Krankenhaustagegeld in Höhe von 80,- EUR, Medikamente in Höhe von 85,60 EUR, Arztkosten in Höhe von 30,- EUR sowie Reha-Zuzahlungen in Höhe von 56,72 EUR.
Der Haushaltführungsschaden sei dadurch entstanden, dass die anderen beiden zum Haushalt gehörenden Personen des Drei-Personen-Haushaltes, in dem er lebe und in dem er regelmäßig die Hausarbeiten mit erledige, Mehrleistungen hätten erbringen müssen. Setze man bei einem Drei-Personen-Haushalt ca. 54 Stunden pro Woche an, seien ca. 18 Stunden pro Person in Ansatz zu bringen. Bei einem durchschnittlichen Grundgehalt nach TVöD in Höhe von 2.083,- EUR und einer 38,5-Stunden-Woche ergebe dies einen Betrag in Höhe von 520,75 EUR pro Woche bzw. in Höhe von 13,53 EUR pro Stunde. Multipliziere man dies nun mit 18 Stunden, so errechne sich ein Haushaltsschaden pro Woche in Höhe von 243,48 EUR. Da er für 23 Wochen den ihm obliegenden Haushaltspflichten auf Grund seiner Verletzung nicht habe nachkommen können, müsse dieser Betrag dementsprechend multipliziert werden, sodass es zu einem Haushaltsführungsschaden in oben genannter Höhe gekommen sei.
Als Schaden hinzuzuaddieren seien außerdem noch außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 899,40 EUR.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 14.787,47 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank auf 13.888,07 EUR seit dem 08.08.2008 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er behauptet:
Im Spiel sei es eine seiner Hauptaufgaben als Linebacker gewesen, gegnerische Spieler und dort insbesondere die Runningbacks bzw. Vorblocker zu tacklen bzw. zu blocken. Der Kläger sei für den Streit gegenständlichen Spielzug als Vorblocker eingesetzt gewesen, so dass es Aufgabe des Beklagten gewesen sei, den Kläger daran zu hindern, diese Tätigkeit in vorgerückter Position auszuüben. Dem entsprechend habe er den Kläger, den gegnerischen Runningback, vor dem Abpfiff einer Spielszene "getackled". Dieses Tackling habe er schulmäßig mit der Schulter ausgeführt. Der Helm habe das linke Bein gar nicht berührt, dieser habe sich vielmehr vor dem linken Bein des Klägers befunden.
Die Auslagen seien allesamt von der Krankenkasse erstattet worden. Auch ein Haushaltsführungsschaden, wäre ein solcher entstanden, wäre von der Krankenkasse erstattet worden. Soweit die geltend gemachten Kosten gegenüber der Krankenkasse nicht erstattungsfähig gewesen seien, bezögen sie sich nicht auf erforderliche Heilbehandlungskosten, sondern auf zusätzliche Wahlleistungen, die er nicht zu ersetzen habe.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen xxx, durch Inaugenscheinnahme der eingereichten Film- und Fotoaufnahmen sowie durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 27.05.2010, Blatt 111 bis 117 der Akten, und auf das Gutachten Prof. Dr. xxx - im Aktendeckel - verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist teilweise begründet.
Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 6.884,24 EUR aus § § 823 Abs. 1, 249 Abs. 2, 253 Abs. 2 BGB. Nach diesen Vorschriften hat derjenige, welcher einen Anderen an Körper oder Gesundheit verletzt, dem Anderen den Schaden durch Geldzahlung zu ersetzen. Diese Voraussetzungen liegen vor.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist das Gericht davon überzeugt, dass der Körperkontakt zwischen den Parteien, zu dem es im Verlauf des Football-Spiels am 15.07.2007 in Kiel kam, zu einer Verletzung des Klägers führte. Der Zeuge hat bekundet, dass der Beklagte, anstatt den Kläger in einer football-typischen Situation am Weiterlaufen und Vorblocken zu hindern, das Knie des Klägers mit seinem Helm bzw. Schulterschutz attackiert habe. Nach Ansicht des Zeugen sei dies eine unfaire Reaktion gewesen, die nicht dazu geeignet gewesen sei, die Spielsituation zu regulieren, sondern die eindeutig nur dem Zweck gedient habe, den Kläger am Knie zu verletzten.
Das Gericht zweifelt dabei nicht an der Glaubwürdigkeit des Zeugen xxx. Zwar waren die Bekundungen des Zeugen zu dem knapp drei Jahre zurückliegenden Vorfall auffallend übereinstimmend zu den Ausführungen des Klägers, die Annahme einer im Vorfeld abgesprochenen Aussage rechtfertigt das jedoch nicht. Vielmehr liegt es nahe, dass der Zeuge im Hinblick auf den Verhandlungstermin das zur Verfügung stehende Videomaterial gesichtet und somit seine Erinnerung wieder aufgefrischt hat. Auch die Tatsache, dass der Zeuge mit dem Kläger durch eine langjährige Zusammenarbeit verbunden ist, ist noch kein Indiz f ür eine fehlende Glaubwürdigkeit. Die Aussage des Zeugen ist zudem glaubhaft. Er hat den Streit gegenständlichen Geschehensablauf in den wesentlichen Punkten widerspruchsfrei dargestellt. Dass seine Aussagen im Hinblick auf die genaue Laufrichtung der Parteien oder im Hinblick auf den Zeitpunkt des Schiedsrichterpfiffs nicht genau mit dem Sachverhalt, wie er sich nach den Videoaufnahmen darstellt, übereinstimmt, steht dem nicht entgegen. Vielmehr deutet dies darauf hin, dass der Zeuge gerade nicht den Inhalt des Videomaterials für die Aussage auswendig gelernt, sondern damit wirklich nur seine Erinnerung aufgefrischt hat. Dass die Erinnerung dabei nach so langer Zeit nicht mehr in allen Detailpunkten dem damaligen tatsächlichen Geschehensablauf entspricht, ist verständlich, zumal es sich um eine Spielszene aus dem Sport handelt, die von Schnelligkeit, Hektik und Unübersichtlichkeit geprägt ist.
Weiter hat das Gericht gemeinsam mit den Parteien die Film- und Fotoaufnahmen in Augenschein genommen, um sich eine Vorstellung vom Geschehensablauf zu bilden. Darin ist zur Überzeugung des Gerichts eindeutig zu sehen, dass der Kläger, Träger des Trikots mit der Nummer xx, von einem gegnerischen Spieler, erkennbar an dem anders farbigen Trikot, den der Zeuge xxx als den Beklagten identifiziert hat, von schräg links hinten angegriffen wird. Dabei wirft sich der Beklagte in Höhe seines Schultergürtels gegen den linken Oberschenkel des Klägers.
Schließlich hat der Sachverständige Prof. Dr. xxx in seinem Gutachten vom 28.10.2010 auf Grund der medizinischen Befunde klar dargelegt, dass die - ebenfalls vom Sachverständigen bestätigte - Verletzung auf das streitige Sportereignis zurückzuführen ist. Dass es einen weiteren Sportunfall des Klägers eine Woche später gegeben haben könnte, ist angesichts der Verletzungen aus Sicht des Gerichts ausgeschlossen. Mit diesen Verletzungen wird den Kläger nicht an einem Football-Spiel teilgenommen haben. Der Beklagte hat auch nicht vorgetragen, dass dies der Fall gewesen sei.
Das Gericht folgt den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen und macht sie sich zu Eigen. Als Arzt auf dem Gebiet der Unfallchirurgie ist der Sachverständige für die vorliegende Begutachtung besonders qualifiziert. Das Gutachten ist in sich schlüssig und nachvollziehbar.
Die Ursache dafür, dass der Sachverständige sowohl den 15.07.2007 als auch den 22.07.2007 als möglichen Tag der Verletzung in Betracht gezogen hat und nicht mit letzter Sicherheit sagen konnte, an welchem Tag das ursächliche Ereignis stattgefunden habe, liegt daran, dass er infolge des Beweisbeschlusses von unzutreffenden Tatsachen ausgegangen war. Ursprünglich wurde davon ausgegangen, dass das Streit gegenständliche Footballspiel am 22.07.2007 stattgefunden habe. Im Laufe des Rechtsstreits ist jedoch unstreitig geworden, dass das Spiel am 15.07.2007 ausgetragen wurde.
Insofern spricht diese Unsicherheit nicht gegen eine logische und widerspruchsfreie Darstellung des Gutachtens.
Die Verursachung der Verletzung beim Kläger beruht auf einer Pflichtverletzung des Beklagten. Die Haftung für Verletzungen bei Ausübung eines Wettkampfsports unterliegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besonderen Voraussetzungen, um dem Umstand gerecht zu werden, dass alle Beteiligten einvernehmlich einen mit üblicherweise auch körperlichem Einsatz geführten Wettkampf betreiben. Dadurch besteht eine erhöhte Gefahr der Zufügung gegenseitiger Verletzungen. Es muss für eine Haftung daher zum einen entweder ein Verstoß gegen die für die jeweilige Sportart geltenden Regeln oder ein Verstoß gegen das Fairnessgebot vorliegen und zum anderen ein schuldhaftes Handeln gegeben sein, wobei beim Verschulden die Besonderheiten des einschlägigen Wettkampfsports zu berücksichtigen sind (BGH, Urteil vom 27.10.2009, BGHZ 63, 140 ff.; BGHZ 154, 316 ff.).
Der Beklagte hat grob gegen das Fairnessgebot verstoßen.
Das Prinzip der Fairness bei der Sportausübung, welches vom Europarat als Code of Sports Ethics normiert und zum obersten Sportprinzip erklärt wurde, bedeutet mehr als nur die Einhaltung der Regeln. Es verkörpert vielmehr auch die Idee der Freundschaft und des Spielens im rechten Geist. Es zielt insbesondere auch ab auf die Beseitigung von körperlicher Gewalt und soll somit zur Achtung und Beachtung des Gegners als einen Spielpartner führen.
Der Beklagte hat den Kläger völlig unnötig und zudem auf eine Art und Weise, die weit über die im Charakter des American Football angelegte "gesunde Härte" hinausgeht geht, zu Fall gebracht.
Ausweislich des Videomaterials der von den Parteien eingereichten DVDs war bei dem Streit gegenständlichen Spielzug die Mannschaft des Klägers in der Offense, während die Mannschaft des Beklagten in der Defense stand.
Zwar lief zum Zeitpunkt des Streit gegenständlichen Körperkontaktes das Spiel noch und wurde erst Sekunden danach durch den Pfiff des Schiedsrichters unterbrochen, allerdings war der Kläger in diesem Moment nicht mehr derart in die Spielszene eingebunden als das er noch etwas hätte ausrichten können.
Zu demselben Zeitpunkt, zu dem der Beklagte den Kläger zu Fall brachte, wurde auch der Ball führende Spieler des Mannschaft des Klägers zu Fall gebracht bzw. ins Seitenaus gedrängt, wobei dieser dabei von mehreren Gegenspielern umgeben war.
Aber auch in der Situation, in der sich der Ball führende Spieler an der Seitenlinie gegen seine Gegenspieler hätte behaupten können, hätte der Kläger nicht mehr derart ins Spielgeschehen eingreifen können, als dass ein solches Einsteigen des Beklagten nötig gewesen wäre. Schon bevor der Ball führende Spieler gestoppt wurde, hatte der Kläger seinen Lauf abgebremst und sich dadurch auf einige Meter vom Ball führenden Spieler entfernt. Aufgrund dieser Entfernung und der Tatsache, dass sich zwischen ihm und dem Ballträger sieben gegnerische Spieler befanden, wäre es dem Kläger weder möglich gewesen an den Ball zu gelangen noch wäre es ihm möglich gewesen, die zwischen ihm und dem Ball führenden Spieler stehenden Gegenspieler davon abzuhalten zu dem Ballträger durchzudringen. Insofern ist es unerheblich, ob der Kläger als Runningback oder als Vorblocker fungierte.
Aber auch für den Fall, dass der Beklagte in der Hektik des Spielgeschehens nicht hätte überblicken können, dass es überflüssig war, den Kläger überhaupt zu Fall zu bringen, so war zumindest ersichtlich, dass ein solch grobes Einsteigen nicht geboten war. Schon ein einfaches Tackling, bei dem der Gegner lediglich mit Hilfe der Hände oder der Arme zu Fall gebracht wird, wäre ausreichend gewesen. Stattdessen aber ist der Beklagte dem Kläger mit der Wucht seines gesamten Körpers in die Beine gesprungen. Da der Kläger aufgrund der Entwicklung der Spielsituation nicht mit einem solchen Angriff rechnete und auch nicht rechnen musste, hatte er keine Chance sich zu schützen. Der Betrachter der Filmaufnahme der betreffenden Sportszene fragt sich unwillkürlich, was der den Kläger angreifende Spieler da eigentlich macht.
Ob der Beklagte durch sein Verhalten auch gegen eine dem Schutz des Klägers dienende Spielregel des American Football verstoßen hat, kann nach alledem dahinstehen.
Der Beklagte hat schuldhaft gehandelt. Die Sorgfaltsanforderungen an den Teilnehmer eines Wettkampfes bestimmen sich nach den besonderen Gegebenheiten des Sports, bei dem sich der Unfall ereignet hat (BGH, Urteil vom 27.10.2009, BGHZ 58, 40 ff.).
American Football ist ein schneller und körperbetonter Sport. Hektik und Eigenart des Footballspiels fordern von dem einzelnen Spieler oft Entscheidungen und Handlungen, bei denen er in Bruchteilen einer Sekunde Chancen abwägen und Risiken eingehen muss, um dem Spielzweck erfolgreich Rechnung zu tragen. Bei einem so angelegten Spiel darf der Maßstab für die Anforderungen an die Sorgfalt nicht all zu streng bemessen werden.
Trotz dieses milden Maßstabes ist ein Verschulden aber zumindest dann gegeben, wenn ein Spieler den Bereich der Kampf betonten Härte verlässt und zu einer unzulässigen Unfairness übergeht (BGH, Urteil vom 27.10.2009).
Dies hat der Beklagte, wie bereits ausführlich dargelegt, getan. Indem er sich über das Gebot der Fairness hinweggesetzte, ließ er die erforderliche und für ihn als erfahrenen Footballspieler auch erkennbare Sorgfalt außer Acht, die angesichts der konkreten Spielsituation geboten war.
Die Höhe des Zahlungsanspruchs errechnet sich wie folgt:
Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes, § 253 Abs. 2 BGB. Die Schmerzensgeldhöhe muss dabei unter umfassender Berücksichtigung aller für die Bemessung maßgeblichen Umstände festgesetzt werden und in einem angemessenen Verhältnis zu Art und Dauer der Verletzung stehen.
Ausmaß und Schwere der Verletzung sind ebenso zu berücksichtigen wie das Verhalten und der Verschuldensgrad des Schädigers.
Unter Beachtung dieser Grundsätze muss in die Bemessung einfließen, dass der Kläger ausweislich des überzeugenden Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. xxx auch mehr als drei Jahre nach dem schädigenden Ereignis im Bereich der Operationsnarbe am linken Kniegelenk ein Taubheitsgefühl hat, welches auf den infolge der Schädigung erforderlichen operativen Eingriff zurückzuführen ist. Obwohl die Stabilität des linken Kniegelenkes durch die Operation wieder hergestellt ist, kann der Kläger aufgrund der stattgehabten Verletzung und des damit einhergehenden muskulären Defizits am linken Oberschenkel im Vergleich zur rechten gesunden Seite den American Football Sport auf Dauer nicht mehr ausüben; zumindest nicht in der Aktivität und dem Umfang, wie er dies zuvor getan hat.
Unter Berücksichtigung der Entstehung und Schwere der Verletzung sowie ihrer Folgen ist das Schmerzensgeld mit 6.000,00 EUR zu bemessen, Für vergleichbare Verletzungen findet sich in der Entscheidungssammlung von Hacks/Ring/Böhm, 29. Auflage 2011, zur laufenden Nummer 29.478 die Entscheidung des AG Westerburg vom 01.07.1991 mit 4.000,00 DM bei 50% Mitverschulden, anzupassen auf 2.797,00 EUR, was ohne die Berücksichtigung eines Mitverschuldens, das hier nicht vorliegt, 5.594,00 EUR wären. Dem entspricht die Entscheidung des LG München I vom 22.07.2002, laufende Nummer 29.1174 der zitierten Sammlung, mit 5.782,00 EUR.
Der Dauerschaden beschränkt sich auf die Ausübung des Football-Sports und dürfte sich ansonsten nicht auswirken. Schmerzensgeld reduzierend war außerdem in Betracht zu ziehen, dass es sich um einen Unfall handelte, der sich während der Ausübung eines harten Sports ereignete. Zwar verstieß der Beklagte gegen das allgemeine Fairnessgebot und ergab seine Aktion, die zur Verletzung des Klägers führte, keinen erkennbaren Sinn, seinen Vorwurf, der Beklagte habe ihn mit Absicht verletzt, etwa, um ihn auszuschalten, hat der Kläger jedoch nicht bewiesen. Allein die Unverständlichkeit des Vorgehens des Beklagten reicht als Indiz für eine entsprechende Absicht nicht aus.
Weiter hat der Kläger Anspruch auf Ersatz seines materiellen Schaden mit 280,32 EUR aus § 249 BGB.
Auf Grund des Vortrags des Klägers und der Vorlage der Kopien von Belegen und Überweisungsträgern ist das Gericht davon überzeugt, dass dem Kläger durch die erlittene Verletzung Heilbehandlungskosten in Höhe von 280,32 EUR entstanden, die nicht von einer Versicherung zu tragen waren, §§ 286 Abs. 1, 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, entscheidet das Gericht gem. § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Dabei ist eine Substantiierung von den Parteien nicht so genau wie sonst zu verlangen (BGH, DAR 1992, 262 [BGH 18.02.1992 - VI ZR 367/90]). Die Klage darf nicht wegen lückenhaften Vorbringens abgewiesen werden, solange greifbare Anhaltspunkte für die Ausübung des Ermessens vorhanden sind (BGH, NJW-RR 2000, 1341 [BGH 17.05.2000 - IV ZR 113/99]). Voraussetzung ist daher, dass der Kläger konkrete Ausgangs- und Anknüpfungstatsachen für die Ausübung des Ermessens schlüssig darlegt (BGH, NJW 1995, 1023 [BGH 17.01.1995 - VI ZR 62/94]). Dies hat der Kläger mit den Rechnungsbelegen bzw. den Kontoauszügen in Höhe des genannten Betrages getan. Nach Überzeugung des Gerichts sind dem Kläger diese belegten Kosten tatsächlich entstanden.
Die Vermutungen des Beklagten zur Übernahme von Kosten durch Versicherer oder zu Wahlleistungen sind durch nichts belegt. Indessen ergeben die vom Kläger vorgelegten Belege lediglich den Betrag von 280,32 EUR.
Der Kläger hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung von 5.599,75 EUR aus § 843 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt des Haushaltsführungsschadens. Die Entstehung eines solchen Schadens hat der Kläger nicht hinreichend dargelegt. Zur Darlegung eines Haushaltsführungsschadens genügt es nicht, abstrakt darauf hinzuweisen, dass man aufgrund einer Verletzung seinen Haushaltspflichten nicht nachkommen konnte. Vielmehr ist die konkrete Lebenssituation darzustellen, um gemäß § 287 ZPO ermitteln zu können, nach welchen wesentlichen Auswirkungen auf die Hausarbeit sich der Haushaltsschaden berechnen lässt (BGH, NJW 1985, 7, 35). Erforderlich sind Angaben zu den im Einzelnen anfallenden Haushaltstätigkeiten, zum Umfang der Haushaltsführung und zur konkreten Art und Weise der Einschränkung des Klägers bei dieser Haushaltsführung aufgrund bestimmter körperlicher Beeinträchtigungen.
Die Angabe des Klägers, er lebe in einem Drei-Personen-Haushalt und habe für die Dauer von 23 Wochen seiner ihm regelmäßig obliegenden Pflicht zur Hausarbeit nicht nachkommen können, lässt daher, auch wenn die Darlegungslast im Rahmen des § 287 ZPO gemindert ist (BGH, VersR 1992, 618 f. [BGH 18.02.1992 - VI ZR 367/90]), keine plausible Ermittlung des Haushaltsführungsschadens zu. Sachvortrag zu Einzelheiten des Haushaltsführungsschadens fehlt indessen.
Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sind als materieller Schaden gem. § 249 BGB zu ersetzen (BGH, NJW 2006, 1065 [BGH 10.01.2006 - VI ZR 43/05]). Die Inanspruchnahme eines Rechtsanwaltes war erforderlich und zweckmäßig, um auf außergerichtlichem Wege zu versuchen, eine gerichtliche Auseinandersetzung zu vermeiden. Allerdings ist nur die Zweck entsprechende Rechtsverfolgung erforderlich und zweckmäßig. Die geltend gemachte Forderung war überhöht, so dass der Gebührenwert entsprechend herabzusetzen ist. Ausgehend von einer berechtigten Forderung von 6.280,32 EUR beträgt
eine 1,3-fache Gebühr 487,50 EUR,
die Pauschale 20,00 EUR
und die Mehrwertsteuer 96,42 EUR,
insgesamt 603,92 EUR.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 280 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.
Verkündet am 4. Februar 2011