29.06.2012 · IWW-Abrufnummer 121995
Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 30.05.2012 – 4 K 3334/11
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger ist ein eingetragener Luftsportverein, der Halter von drei einmotorigen Luftfahrzeugen ist. Nach Nr. 2 seiner Satzung ist es Zweck des Klägers, die luftsportlichen Belange seiner Mitglieder zu wahren und zu fördern. Er ist selbstlos tätig. Er verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Satzung des Klägers (Bl. 24 der Steuerakte) Bezug genommen.
Der Kläger betreibt eine Flugschule, in der er seinen Mitgliedern und zukünftigen Mitgliedern die Möglichkeit bietet, Flugberechtigungen zu erwerben. Für diese Schulungsleistungen erhebt der Kläger ein gesondertes Entgelt. Im Kalenderjahr 2009 verwendete der Kläger 6.700,38 Liter Flugbenzin mit einer Researchoktanzahl von 100 für die Durchführung von Schulungsflügen. Er beantragte am 29. Dezember 2010 beim beklagten Hauptzollamt, ihm 4.830,97 € Energiesteuer für die Verwendung der 6.700,38 Liter Flugbenzin zu vergüten.
Das beklagte Hauptzollamt lehnte eine Vergütung der Energiesteuer mit Bescheid vom 2. März 2011 ab, weil der Kläger die Schulungsleistungen nicht gewerbsmäßig erbracht habe. Er verfolge nach seiner Satzung ausschließlich gemeinnützige Zwecke.
Mit seinem hiergegen eingelegten Einspruch trug der Kläger vor: § 60 der Verordnung zur Durchführung des Energiesteuergesetzes (EnergieStV) setze Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96/EG (Richtlinie 2003/96) des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (ABl EU Nr. L 283/51) unzutreffend um. Eine Vereinsflugschule habe Anspruch auf die Steuerbefreiung, weil die Erzielung von Einnahmen für die Durchführung von Flugstunden für die Annahme eines kommerziellen Zwecks ausreiche. Eine Gewinnerzielungsabsicht des Vereins sei nicht erforderlich.
Das beklagte Hauptzollamt wies den Einspruch mit Entscheidung vom 25. August 2011 zurück und führte aus: Da der Kläger nach seiner Satzung ausschließlich gemeinnützige Zwecke verfolge, könnten die von ihm erbrachten entgeltlichen Dienstleistungen nicht als gewerbsmäßig angesehen werden. Es fehle deshalb an der für eine Steuerbefreiung erforderlichen Gewinnerzielungsabsicht. § 60 EnergieStV sei mit Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96 zu vereinbaren.
Der Kläger trägt mit seiner Klage vor: Auch ein gemeinnütziger Verein dürfe sich wirtschaftlich betätigen und gewerbsmäßig tätig sein. Unabhängig hiervon komme es für die Steuerbefreiung des Flugbenzins nicht darauf an, ob er seine Flugschule gewerbsmäßig betrieben habe. Nach Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96 reiche es vielmehr aus, dass er die Schulungsleistungen gegen Entgelt erbracht habe. Es habe sich um entgeltliche Luftfahrtdienstleistungen gehandelt. Er stehe auch mit anderen gewerblichen Flugschulen im Wettbewerb, denen die Steuerbefreiung gewährt werde. Ziel der Richtlinie 2003/96 sei es, Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern, die unmittelbar in Zusammenhang mit der Erbringung entgeltlicher Luftfahrtdienstleistungen entstünden.
Der Kläger beantragt,
das beklagte Hauptzollamt unter Aufhebung seines Bescheids vom 2. März 2011 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25. August 2011 zu verpflichten, ihm für das Kalenderjahr 2009 4.830,97 € Energiesteuer zu vergüten.
Das beklagte Hauptzollamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt es vor: Durch § 60 Abs. 4 Nr. 2 EnergieStV werde klargestellt, dass die nach Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96 vorgesehene Steuerbefreiung nur für die kommerzielle, gewerbsmäßige Luftfahrt gelte. Der Kläger stehe auch nicht mit gewerblichen Flugschulen in einem Wettbewerbsverhältnis, weil er seine Schulungsleistungen nur seinen Mitgliedern und nicht der Allgemeinheit zur Verfügung stelle.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet. Der Bescheid vom 2. März 2011 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25. August 2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 101 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das beklagte Hauptzollamt hat es zu Recht abgelehnt, dem Kläger Energiesteuer für die Verwendung von 6.700,38 Liter Flugbenzin für die Durchführung von Schulungsflügen im Jahr 2009 zu vergüten.
Anspruchsgrundlage für das Klagebegehren ist § 52 Abs. 1 Satz 1 des Energiesteuergesetzes (EnergieStG). Danach wird dem Verwender (§ 52 Abs. 2 EnergieStG) auf Antrag eine Steuerentlastung für nachweislich versteuerte Energieerzeugnisse gewährt, die zu den in § 27 EnergieStG genannten Zwecken verwendet worden sind. Die Steuerentlastung umfasst u.a. die Vergütung der entstandenen Steuer (§ 45 EnergieStG). Nach § 27 Abs. 2 Nr. 1 EnergieStG darf u.a. Flugbenzin der Unterpos. 2710 11 31 der Kombinierten Nomenklatur (KN), dessen Researchoktanzahl den Wert von 100 nicht unterschreitet, in Luftfahrzeugen für die Luftfahrt mit Ausnahme der privaten nichtgewerblichen Luftfahrt steuerfrei verwendet werden.
Eine Vergütung der Energiesteuer scheitert im Streitfall daran, dass der Kläger das Flugbenzin im Rahmen einer privaten nichtgewerblichen Luftfahrt verwendet hat. Private nichtgewerbliche Luftfahrt i.S. des § 27 Abs. 2 Nr. 1 EnergieStG ist die Nutzung eines Luftfahrzeugs zu anderen Zwecken als zur gewerbsmäßigen Erbringung von Dienstleistungen (§ 60 Abs. 4 Nr. 2 EnergieStV). Gewerbsmäßigkeit liegt vor, wenn die mit Luftfahrzeugen gegen Entgelt ausgeübte Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird und der Unternehmer auf eigenes Risiko und eigene Verantwortung handelt (§ 60 Abs. 5 EnergieStV).
Der Kläger hat für die Durchführung der Schulungsflüge zwar ein Entgelt erhalten. Die Schulungsleistungen hat er jedoch nicht mit Gewinnerzielungsabsicht erbracht. Der Kläger ist nach Nr. 2 seiner Satzung selbstlos tätig. Er verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke. Er hat nicht geltend gemacht, die Schulungsflüge im Widerspruch zu der vorgenannten Satzungsbestimmung mit Gewinnerzielungsabsicht durchgeführt zu haben. Hiergegen spricht zudem der Umstand, dass er die Schulungsflüge nur seinen Mitgliedern und zukünftigen Mitgliedern anbietet. Nach Nr. 2 seiner Satzung hat er die luftsportlichen Belange seiner Mitglieder zu wahren und zu fördern und nicht zu dessen Lasten einen Gewinn zu erzielen.
Dahinstehen kann, ob die vom Kläger betriebene Flugschule ein Zweckbetrieb i.S. des § 65 der Abgabenordnung (AO) ist. Ein Zweckbetrieb setzt nur einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb voraus (§ 65 Nr. 1 AO), der indes - anders als § 60 Abs. 5 EnergieStV - gerade keine Gewinnerzielungsabsicht erfordert (§ 14 Satz 2 AO). Unerheblich ist auch, ob sich gemeinnützige Vereine (allgemein) wirtschaftlich betätigen und gewerbsmäßig tätig sein dürfen. Der Kläger betreibt seine Flugschule jedenfalls nicht mit Gewinnerzielungsabsicht. Daher kann er sich auch nicht mit Erfolg auf das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 6. Mai 2010 V R 29/09 (BFHE 230, 263, [BFH 06.05.2010 - V R 29/09] BStBl II 2010, 885) berufen, das überdies ist im Streitfall deshalb nicht einschlägig ist, weil es ausschließlich die Vorsteuerabzugsberechtigung eines Vereins hinsichtlich seines wirtschaftlichen Tätigkeitsbereichs betrifft.
Anders als der Kläger meint, ist § 60 Abs. 4 Nr. 2 und Abs. 5 EnergieStV mit Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96 zu vereinbaren. Hiernach befreien die Mitgliedstaaten Lieferungen von Energieerzeugnissen zur Verwendung als Kraftstoff für die Luftfahrt mit Ausnahme der privaten nichtgewerblichen Luftfahrt von der Steuer. Gemäß Art. 14 Abs. 1 Buchst. b Satz 2 der Richtlinie 2003/96 ist unter der "privaten nichtgewerblichen Luftfahrt" zu verstehen, dass das Luftfahrzeug von seinem Eigent ümer oder der durch Anmietung oder aus sonstigen Gründen nutzungsberechtigten natürlichen oder juristischen Person für andere als kommerzielle Zwecke und insbesondere nicht für die entgeltliche Beförderung von Passagieren oder Waren oder für die entgeltliche Erbringung von Dienstleistungen oder für behördliche Zwecke genutzt wird. Der Umfang der obligatorischen Steuerbefreiung ist dieser Definition zu entnehmen (vgl. Gerichtshof der Europäischen Union - EuGH -, Urteil vom 1. Dezember 2011 Rs. C-79/10 Randnr. 29). Entscheidend ist, dass das Luftfahrzeug zu gewerblichen Zwecken genutzt wird (EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 Rs. C-250/10 Randnr. 22). Die vorgenannten gewerblichen Zwecken entsprechen dem in Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96 verwendeten Oberbegriff der kommerziellen Zwecke (à des fins autres que commerciales" in der französischen und "for other than commercial purposes" in der englischen Fassung der Bestimmung). Der Oberbegriff der kommerziellen Zwecke wird in der Richtlinienbestimmung gleichbedeutend mit dem Begriff der gewerblichen Luftfahrt verwendet. Kommerzielle Zwecke verfolgt indes nur derjenige, der seine Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht ausübt. Denn auch die beispielhaft in Art. 14 Abs. 1 Buchst. b Satz 2 der Richtlinie 2003/96 genannte entgeltliche Beförderung von Passagieren oder Waren und die dort genannte entgeltliche Erbringung von Dienstleistungen erfolgt typischerweise mit Gewinnerzielungsabsicht und nicht zu selbstlosen Zwecken.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Der Senat hat die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen. Die Rechtsfrage, ob ein gemeinnütziger Verein für die Verwendung von Flugbenzin im Rahmen einer von ihm ohne Gewinnerzielungsabsicht betriebenen Flugschule die Vergütung von Energiesteuer beanspruchen kann, hat grundsätzliche Bedeutung. Wie der Vertreter des beklagten Hauptzollamts in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat und sich auch aus den Akten ergibt, ist diese Rechtsfrage für eine Vielzahl von gemeinnützigen Vereinen von Bedeutung, die eine Flugschule betreiben.