29.04.2013 · IWW-Abrufnummer 131384
Oberlandesgericht Hamm: Beschluss vom 19.09.2012 – I-8 AktG 2/12
§ 16 Abs. 3 Nr. 2 UmwG ist im sog. Freigabeverfahren gegenstandslos, wenn dieses zum Ziel hat festzustellen, dass die Erhebung der Anfechtungsklage eines Vereinsmitglieds gegen einen den Verein betreffenden Verschmelzungsbeschluss der Eintragung nicht entgegensteht.
Der Verschmelzungsbeschluss der Mitgliederversammlung eines Vereins bedarf, wenn nicht in der Satzung eine größere Mehrheit vorgeschrieben ist, gemäß § 103 UmwG einer Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen. § 275 UmwG, § 33 Abs. 1 S. 2 BGB sind mangels Regelungslücke auf einen solchen Beschluss nicht analog anzuwenden.
Oberlandesgericht Hamm
I-8 AktG 2/12
Tenor:
Es wird festgestellt, dass die Erhebung der Anfechtungsklage beim Landgericht Hagen, Aktenzeichen 8 O 141/12, gegen den in der Mitgliederversammlung des Antragstellers vom 19. April 2012 (UR-Nr.: 239/12 des Notars C aus J2) gefassten Verschmelzungsbeschluss der Eintragung dieser Verschmelzung im Vereinsregister nicht entgegensteht. Die Antragsgegnerinnen tragen die Kosten dieses Verfahrens.
G r ü n d e
A.
Bei dem Antragsteller handelt es sich um einen Arbeitgeberverband, dessen Zweck es ist, seine Mitglieder in allen sozial- und arbeitsrechtlichen Angelegenheiten von grundsätzlicher Bedeutung zu unterrichten, zu beraten und zu vertreten. Er ist nicht Partei von Tarifverträgen, vermittelt seinen Mitgliedern keine Tarifbindung und steht Unternehmen aller Branchen offen. Er ist hervorgegangen aus dem früheren N B, der Mitglieder mit und ohne Tarifbindung vereinigte. Aufgrund der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahre 2006 – Urt. v. 18.07.2006, Az. 1 ABR 36/05 – bestanden Bedenken, ob eine Tarifbindung auch nicht tarifgebundener Mitglieder sicher auszuschließen sei. Aufgrund dessen wurde der Antragsteller errichtet, der von dem N B abgespalten wurde und die Mitglieder ohne Tarifbindung übernahm. Die Mitglieder mit Tarifbindung blieben in dem N B. Dieser vermittelt Tarifbindung an Unternehmen der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie sowie in Verbindung damit der kunststoffverarbeitenden Industrie. Die Antragsgegnerinnen sind Mitglieder der Antragstellerin.
Mit Schreiben vom 13.02.2012 berief der Vorstand des Antragstellers eine ordentliche Mitgliederversammlung für den 19.04.2012 ein, die als Tagesordnungspunkt 7 „Fusion mit dem N B“ die Beschlussfassung über die Annahme eines Verschmelzungsvertrages zwischen dem Antragsteller und diesem vorsah (gemäß Entwurf eines Verschmelzungsvertrages Anl. K 1). Die Antragsgegnerinnen beantragten mit weiteren Mitgliedsunternehmen des Antragstellers die Durchführung einer Verschmelzungsprüfung gem. § 100 UmwG. Die vom Landgericht Dortmund beauftragte Dr. T legte in der Folgezeit ihren Bericht über die Prüfung der Verschmelzung vor, der zu dem Ergebnis kam, dass die Rechte und Pflichten der Mitgliedschaft im N B denjenigen in dem Antragsteller gleichwertig seien. In der Mitgliederversammlung vom 19.04.2012 wurde der Verschmelzung des Antragstellers mit dem N B. mit einer Mehrheit von 565 Ja- zu 163 Nein-Stimmen, d.h. mit einer Mehrheit von 77,61 % zugestimmt.
Die Antragsgegnerinnen haben mit Klageschrift vom 16.05.2012, eingegangen am 18.05.2012, beim Landgericht Hagen in dem Verfahren 8 O 141/12 Anfechtungsklage gegen diesen Beschluss der Mitgliederversammlung erhoben (Anl. K 2/1). Der Antragsteller hat hierauf mit Schriftsatz vom 02.07.2012 (Anl. K 2/2) erwidert. Die Antragsgegnerinnen haben mit Schriftsatz vom 29.08.2012 repliziert (Anl. AG 1).
Der Antragsteller hat nunmehr unter dem 16.08.2012 Antrag auf Feststellung der Unbedenklichkeit der Klage für die Eintragung des Verschmelzungsbeschlusses in das Vereinsregister nach § 16 Abs. 3 UmwG gestellt.
Er macht geltend, die Anfechtungsklage sei unzulässig, weil die Antragsgegnerinnen mit der Rüge eines angeblichen Verlusts bzw. einer angeblichen Einschränkung ihres aktiven und passiven Wahlrechts zum Vorstand des Zielrechtsträgers nach § 14 Abs. 2 UmwG ausgeschlossen seien. Die Anfechtungsklage sei auch offensichtlich unbegründet, weil die Verschmelzung mit mehr als der erforderlichen Mehrheit von ¾ beschlossen worden sei. Eine Einstimmigkeit wegen einer Zweckänderung in Analogie zu §§ 275 UmwG, 33 Abs. 1 S. 2 BGB sei nicht erforderlich gewesen. Eine analoge Anwendung dieser Vorschriften komme nicht in Betracht. Ebenso wenig liege eine Zweckänderung vor. Der bisherige Vereinszweck würde nicht aufgegeben, ein neuer Vereinszweck würde nicht bestimmt. Das alsbaldige Wirksamwerden der Verschmelzung erscheine auch vorrangig, da ansonsten gravierende Nachteile für ihn und seine Mitglieder eintreten würden. Das seit 2007 mit ihm bestehende Mietverhältnis sei von der Eigentümerin, dem Verband der J GmbH, gekündigt worden. Der N B habe die Bürogemeinschaft beider Vereine aufgekündigt und ihn zu einer vollständigen Entflechtung der Büroorganisation aufgefordert. Er müsse zum 30.09.2012 die Büroräume ohne Mobiliar und Büroorganisationsmittel verlassen. Sämtliche Mitarbeiter, insbesondere die langjährig vertrauten juristischen Partner, hätten die mit ihm bestehenden Beschäftigungsverhältnisse gekündigt. Ab dem 01.10.2012 verfüge er über keine Mitarbeiter mehr. Gemäß Bericht des Wirtschaftsprüfers S vom 09.08.2012 (Anl. K 14) würde durch den Wegfall von Quersubventionen des N B eine jährliche Unterdeckung von 459.000,- € entstehen. Diese Nachteile würden gegenüber den Nachteilen für die Antragsgegnerinnen nach der Eintragung deutlich überwiegen.
Der Antragsteller beantragt,
festzustellen, dass die Erhebung der Anfechtungsklage (vom 16.05.2012; LG Hagen 8 O 141/12) gegen den Verschmelzungsbeschluss in der Mitgliederversammlung des Antragstellers vom 19.04.2012 (Urkunde Nr. 239/2012 des Notars C, J2) der Eintragung der Verschmelzung im Vereinsregister nicht entgegensteht.
Die Antragsgegnerinnen beantragen,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie sind der Auffassung, die von ihnen erhobene Anfechtungsklage sei zulässig. Soweit sie eine Beschränkung ihres aktiven und passiven Wahlrechts geltend machen, sei dies nur zur Verdeutlichung ihres Standpunktes erfolgt, dass die Mitgliedschaften in den beiden Verbänden nicht gleichwertig seien. Gerade deswegen ändere sich auch der Verbandszweck. Die Klage sei nicht offensichtlich unbegründet. Durch den Zustimmungsbeschluss zum Verschmelzungsvertrag werde gegen § 33 BGB verstoßen. Die Regelungen der §§ 33 Abs. 1 S. 2 BGB, 275 Abs. 1 UmwG seien analog bei der Verschmelzung von Vereinen anwendbar. Die Zwecke beider Verbände seien diametral entgegengesetzt. Der ausdrückliche Zweck des N B sei es, seinen Mitgliedern Tarifbindung zu vermitteln. Der N B gewähre den Mitgliedern kein satzungsmäßiges Recht auf Unterstützungsleistungen. Den Mitgliedern werde kein passives und aktives Wahlrecht gewährt, wenn es darum ginge, den Vorstand zu wählen. Das alsbaldige Wirksamwerden der Verschmelzung sei nicht zur Abwendung wesentlicher Nachteile für die beteiligten Rechtsträger und Mitglieder erforderlich. Ihre Klage sei nicht offensichtlich unbegründet. Deshalb stehe bereits eine besondere Schwere des Rechtsverstoßes fest. Zu berücksichtigen sei, dass die Folgen eines Vollzugs der Verschmelzung für sie, die Antragsgegnerinnen, nicht kompensierbar seien. Eine Abwägung gehe insoweit zu Lasten des Antragstellers. Das Argument einer Quersubventionierung durch den N B sei ökonomisch unsinnig. Hieran ändere sich auch nichts durch die vom Antragsteller aufgezeigten Kündigungen von Beratern und des Geschäftsführers sowie der Räumlichkeiten. Dies führe aus Sicht des N B nur dazu, dass ihm jetzt keine Zahlungen mehr vom Antragsteller zuflössen, mit denen er seine eigenen Aufwendungen verringern könne. Hinzu komme, dass die Kündigungen, auf die sich der Antragsteller zur Begründung seines Antrags stütze, selbst Folge der Klage seien und lediglich erklärt worden seien, um Druck auszuüben und um der erhobenen Anfechtungsklage auszuweichen. Ins Gewicht schließlich falle auch, dass der Antragsteller sich nicht ernsthaft um wirtschaftliche Alternativen zu einer Verschmelzung bemüht habe. Nichts hätte diesen an der eigenen Auflösung gehindert. Nichts hindere die einzelnen Mitglieder auch daran, Mitglieder beim N B zu werden. Es gehe im Kern vielmehr darum, dass auch das Vermögen des Antragstellers mitgenommen würde.
B.
Der Freigabeantrag des Antragstellers ist zulässig und begründet. Er kann nach § 16 Abs. 3 UmwG die Feststellung verlangen, dass die Erhebung der Anfechtungsklage gegen den Verschmelzungsbeschluss vom 19.04.2012 der Eintragung im Vereinsregister nicht entgegensteht.
I.
Der Freigabeantrag des Antragstellers ist zulässig.
Das Umwandlungsgesetz ist zunächst auch auf eingetragene, nicht wirtschaftliche Vereine i.S.v. § 21 BGB, zu denen die hiesigen Arbeitgeberverbände gehören, anwendbar, § 3 Abs. 1 Nr. 4 UmwG.
Gegen den Verschmelzungsbeschluss vom 19.04.2012 haben die Antragsgegnerinnen Anfechtungsklage eingereicht beim Landgericht Hagen (Anl. K 1/1). Der Antragsteller kann insofern als Rechtsträger, gegen dessen Verschmelzungsbeschluss sich die Klage richtet, gemäß § 16 Abs. 3 UmwG in Bezug auf die Eintragung die Freigabe geltend machen.Der danach statthafte Antrag ist im Übrigen in zulässiger Weise gestellt worden.II.
Der Antrag ist begründet, weil die Anfechtungsklage offensichtlich unbegründet ist, § 16 Abs. 3 S. 3 Nr. 1, Alt. 2 UmwG. Insbesondere auf die Fragen der Unzulässigkeit der Anfechtungsklage i.S.v. § 16 Abs. 3 S. 3 Nr. 1, Alt. 1 UmwG und eines vorrangigen Vollzugsinteresses i.S.v. § 16 Abs. 3 S. 3 Nr. 3 UmwG kommt es nicht mehr an.
1.Der Begründetheit des Freigabeantrags steht zunächst nicht die Regelung des § 16 Abs. 3 Nr. 2 UmwG entgegen, wonach der Kläger binnen einer Woche nach Zustellung des Antrags nachgewiesen haben muss, dass er seit Bekanntmachung der Einberufung einen anteiligen Betrag von mindestens 1.000,- € hält (materielles Freigabekriterium, vgl. Senat AG 2011, 826; i.E. str.). Im Streitfall sind die Vereinsmitglieder nicht mit einer bestimmten Beteiligung kapitalmäßig erfasst. Von daher kann dieses Erfordernis vorliegend nicht als notwendiges Freigabevoraussetzung zugrunde gelegt werden, zumal das vom Gesetz vorgesehene Freigabeverfahren ansonsten nicht durchgeführt werden könnte. Diese Regelung ist daher in der vorliegenden Konstellation nicht anwendbar (vgl. Fronhöfer, in: Widmann/Mayer, UmwG, § 16 Rn. 156.02).
2. Bei der Beurteilung einer offenkundigen Unbegründetheit i.S.v. § 16 Abs. 3 S. 3 Nr. 1, Alt. 2 UmwG ist nach überwiegender Auffassung eine vollständige rechtliche Würdigung vorzunehmen (vgl. OLG München WM 2011, 2287). Diese Würdigung führt zu der Annahme, dass der angefochtene Beschluss der Mitgliederversammlung vom 19.04.2012 nicht wegen einer von den Antragsgegnerinnen geforderten Einstimmigkeit unwirksam ist.
a)
Die § 103 S. 1 UmwG geforderte Mehrheit von ¾ der abgegebenen Stimmen war im Rahmen der Beschlussfassung erreicht. Es bedurfte nicht entsprechend §§ 33 Abs. 1 S. 2 BGB; 275 Abs. 1 UmwG der Zustimmung aller Mitglieder. Eine analoge Anwendung dieser Regelungen im Falle der Verschmelzung von Vereinen ist nicht gerechtfertigt. Eine solche Einstimmigkeit war zudem auch von der Satzung des Antragstellers nicht gefordert.
aa)
Ob in Bezug auf die Verschmelzung von Vereinen § 33 Abs. 1 S. 2 BGB analog anzuwenden ist, ist in der Literatur streitig. Maßgebliche höchst- oder obergerichtliche Rechtsprechung hierzu liegt, soweit ersichtlich, noch nicht vor.
Zum Teil wird angenommen (so Vossius, in: Widmann/Mayer, UmwG, Stand 2010, § 103 Rn. 21, § 99 Rn. 95; Hennrichs, in Lutter, UmwG, 4. Aufl. 2009, § 103 Rn. 11), dass (jedenfalls im Fall des Erlöschens des übertragenden Vereins) eine Regelungslücke insoweit nicht existiere. Im Umwandlungsgesetz sei ein Zustimmungserfordernis aller Mitglieder gemäß § 275 Abs. 1 UmwG nur für den Fall des Formwechsels vorgesehen. Der Gesetzgeber stelle demgegenüber den Fall der Verschmelzung, bei dem der Ausgangsrechtsträger in dem Zielrechtsträger aufgehe, bei einer ¾-Mehrheit der Stimmen zur Disposition. Insofern bestehe aus umwandlungsrechtlicher Betrachtung im Umkehrschluss keine Regelungslücke. Darüber hinaus handele es sich hierbei nicht um vergleichbare Sachverhalte. Die Verschmelzung sei aus Sicht des übertragenden Rechtsträgers einer Auflösung vergleichbar. Der Rechtsträger gehe unter (§ 20 Abs. 1 Nr. 2 UmwG). Die Frage der Änderung des Vereinszwecks stelle sich nicht, weil der Rechtsträger nicht fortbestehe und der Zielrechtsträger Gesamtrechtsnachfolger sei. Die Auflösung des Vereins könne schon nach allgemeinen Regeln (§ 41 BGB) mit einer Mehrheit von ¾ der erschienen Mitglieder beschlossen werden, auch wenn sie den Vereinszweck entfallen lasse.Von einem anderen Teil des Schrifttums (Katschinski, in: Semler/Stengel, UmwG, 3. Aufl. 2012, § 103 Rn. 17, 19; Leuering, in: Kölner Kommentar zum UmwG, 2009, § 103 Rn. 9; Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, 12. Aufl. 2010, Rn. 4463) wird das Bestehen einer in dieser Hinsicht auszufüllenden Regelungslücke bejaht. Die mit der Verschmelzung verbundene Umgestaltung des Charakters des Verbands und seiner Beteiligung könne dem einzelnen Mitglied nur zugemutet werden, wenn es dem ausdrücklich zustimme. Ein effektiver Minderheitenschutz im Rahmen des verschmelzungsrechtlichen Umwandlungsverfahrens lasse sich nur bei entsprechender Anwendung der §§ 33 Abs. 1 S. 2 BGB; 275 UmwG begründen. Der Schutz des einzelnen Mitglieds vor Zweckänderungen könne, so die Antragsgegnerinnen, ansonsten leicht durch die Gründung eines weiteren Vereins und einer Verschmelzung mit diesem neuen Zielverein unterlaufen werden. Die Zustimmung aller Vereinsmitglieder des übertragenden Vereins sei jedenfalls erforderlich, wenn ein Verein auf einen Rechtsträger zur Aufnahme oder zur Neugründung verschmolzen werde, der einen grundlegend anderen Zweck verfolge, wie dies der Fall sei bei der Mischverschmelzung von eingetragenen Vereinen auf einen Rechtsträger anderer Rechtsform, wenn dieser ein Handelsunternehmen betreibe oder die wirtschaftlichen Zwecke seiner Mitglieder fördere (vgl. insbes. Katschinski a.a.O.). Es liege nicht der Charakter einer Auflösung vor, da die Verschmelzung zur Folge habe, dass die Mitglieder des übertragenden Vereins Anteilsinhaber des übernehmenden Rechtsträgers würden (§ 20 Abs. 2 Nr. 3 UmwG).Der Senat schließt sich der Auffassung an, dass eine analoge Anwendung der §§ 33 Abs. 1 S. 2 BGB; 275 Abs. 1 UmwG ausscheidet und ein Einstimmigkeitserfordernis nicht besteht. Eine im Wege der Analogie zu füllende Regelungslücke liegt nicht vor. Das Umwandlungsgesetz sieht ersichtlich von einer Berücksichtigung der bekannten Regelungen der §§ 33 BGB; 275 UmwG in diesem Zusammenhang ab. Wenn eine Einstimmigkeit konkret auch für den Fall der Verschmelzung von Vereinen gewollt gewesen wäre, wäre dies vom Gesetzgeber in dieser Hinsicht mit geregelt worden. Das Gesetz sieht insoweit allerdings eine Unterscheidung vor, die sich an dem Fortbestand des übertragenden Vereins orientiert. Im Falle des Formwechsels besteht der Rechtsträger mit maßgeblichem Vereinszweck fort. Im Falle des Erlöschens soll es nach diesem Regelungsgefüge hierauf nicht mehr ankommen. Auch wenn der Minderheitenschutz nunmehr tangiert sein kann, weil die Mitgliedschaft in dem übertragenden Verein nicht endet, sondern in dem übernehmenden Rechtsträger fortbesteht, wird dies nach derzeitiger gesetzlicher Regelung (ob und inwieweit dies rechtspolitisch zu begrüßen ist, sei dahingestellt) in Kauf genommen. Alsdann haben es die Vereine gemäß § 103 S. 2 UmwG gerade auch selbst in der Hand, durch Satzung das Erfordernis einer größeren Mehrheit vorzusehen. Eine abweichende Hilfsregelung im Wege der Analogie zu §§ 33 Abs. 1 S. 2 BGB; 275 Abs. 2 UmwG ist von daher de lege lata nicht geboten. Auch die Sicherstellung eines finanziellen Interessenausgleichs und eine Verbesserung des Umtauschverhältnisses (im Rahmen eines Spruchverfahren, § 15 UmwG), wie es die Antragsgegnerinnen letztlich fordern, kommt in diesem Zusammenhang nicht in Betracht, da der Verein satzungsgemäß keine Gewinnerzielungsabsicht verfolgt und auch keine Vermögensinteressen vermittelt.
bb)Abgesehen davon sieht auch die Satzung des Antragstellers in §§ 8 Ziff. 6; 15 eine Mehrheit von ¾ der vertretenen Stimmen für Beschlüsse über Satzungsänderungen, die Auflösung des Verbandes und gerade auch die Verwendung des Verbandsvermögens vor. Nach § 40 BGB ist das Einstimmigkeitserfordernis nach § 33 BGB nicht zwingend (BGHZ 96, 245; Palandt-Ellenberger, BGB, 71. Aufl. 2012, § 33 Rn. 2). Von der Möglichkeit, größere Mehrheiten zu fordern, ist vorliegend kein Gebrauch gemacht worden. Vielmehr haben sich die Mitglieder des Vereins auf eine ¾-Mehrheit in Bezug auf Beschlüsse über Satzungsänderungen und auch Auflösungsmaßnahmen verständigt, der in vergleichbarer Weise vorliegt, so dass der angefochtene Verschmelzungsbeschluss auch danach nicht von einer Einstimmigkeit der Mitglieder getragen sein musste. b)
Überdies wäre auch eine Änderung des Zwecks des Vereins i.S.v. § 33 Abs. 1 S. 2 BGB zu verneinen. Als Vereinszweck ist - unter Berücksichtigung der grundsätzlich auf Dauer ausgerichteten Vereinstätigkeit und zu erwartender Änderungen der bei Vereinsgründung maßgeblichen Umstände - nur derjenige enge Satzungsbestandteil anzusehen, in dem der oberste Leitsatz für die Vereinstätigkeit zum Ausdruck gebracht wird, und mit dessen Abänderung schlechterdings kein Mitglied bei seinem Beitritt zum Verein rechnen kann. Eine Zweckänderung liegt nur dann vor, wenn sich der Charakter eines Vereins ändert, also die Leitidee des Vereins ausgetauscht wird und so die Mitgliedschaft einen gänzlich anderen Charakter annimmt (BGHZ 96, 245; Reichert, a.a.O., Rn. 599 ff.; Palandt-Ellenberger, a.a.O., § 33 Rn. 3). Keine Zweckänderung ist demgegenüber gegeben, wenn Art und Weise der Zweckverfolgung unter Aufrechterhaltung der bisher grundsätzlichen Zweckrichtung lediglich ergänzt werden.Auf dieser Basis ist eine Zweckänderung im Streitfall zu verneinen. Allein die Verschmelzung mit einem anderen Verein selbst kann nicht als Zweckänderung behandelt werden, da hierdurch der Leitsatz der Vereinstätigkeit, ihre Idee, noch nicht verändert wird. Auch die Verschmelzung auf den N B begründet keinen grundlegend anderen Zweck als zuvor beim Antragsteller. Denn die maßgeblichen Vereinszwecke des Antragstellers werden gerade nicht aufgegeben oder im Rahmen der geänderten Verhältnisse nach der Fusion unmöglich gemacht. Beide Rechtsträger verfolgen den in übergeordneter Hinsicht gemeinsamen Zweck, als Berufsverband die gemeinsamen wirtschaftlichen, sozial- und arbeitsrechtlichen Interessen ihrer Mitglieder zu wahren und zu fördern wie diese auch in entsprechenden Angelegenheiten zu vertreten (wie dies zudem auch bereits vor der Abspaltung vom N B der Fall war). Soweit sich der Zweck nun vor allem für tarifgebundene Mitglieder (wieder) auf eine Tarifvermittlung erstreckt, stellt dies wertungsmäßig eine noch zu akzeptierende Ergänzung des bisherigen Zwecks dar, die die Identität als Interessenverband für seine Mitglieder grundlegend nicht verändert. Ein „diametraler“ Interessengegensatz, wie es die Antragsgegnerinnen meinen, ist hiermit (wie etwa im Fall der Umwandlung in ein Handelsunternehmen) nicht verbunden. Im Kern sollen weiterhin die Mitglieder in allen sozial- und arbeitsrechtlichen Angelegenheiten von grundsätzlicher Bedeutung unterrichtet, beraten und vertreten werden. Es handelt sich an dieser Stelle nicht um Veränderungen, mit denen die Mitglieder von vornherein nicht rechnen mussten, zumal hierdurch eine „Reunion“ bereits einheitlich praktizierter Verbandstätigkeiten erfolgt.
Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht daraus, dass die Nichttarifmitglieder nach der Satzung des N B nicht mehr aktiv- und passivwahlberechtigt für den engeren Vorstand sein sollen (vgl. hierzu §§ 7 Ziff. 9; 8 der Satzung). Diese Umstände (deren innere Legitimation nicht zu überprüfen ist) sind jedenfalls selbst nicht Gegenstand des „Leitsatzes“ und der „Idee“ der Vereinstätigkeit, sondern sind im Gesamtgefüge eines im Wesentlichen übereinstimmenden Vereinszwecks in erster Linie nur organisatorischer Natur im Rahmen der Selbstverfassung der Kooperation. Entsprechendes folgt aus der Wertung des § 14 Abs. 2 UmwG. Danach kann die gegen den Verschmelzungsbeschluss gerichtete Anfechtungsklage nicht darauf gestützt werden, dass die Mitgliedschaft bei dem übernehmenden Rechtsträger kein ausreichender Gegenwert für die Anteile oder die Mitgliedschaft bei dem übertragenen Rechtsträger sei. Der tragende Vereinszweck wird durch die von den Antragsgegnerinnen beanstandete innere Organisationsstruktur nicht verändert. Da die Mitgliedschaft im Verein schließlich auch keine konkreten Vermögenswerte vermittelt, können die Antragsgegnerinnen nicht damit gehört werden, sie erlitten wirtschaftliche Nachteile bzw. (nicht näher konkretisierte) Vermögensverluste.
Soweit sich die Antragsgegnerinnen zur Untermauerung ihres abweichenden Standpunktes auf den (Vorlage-) Beschluss des 15. Zivilsenats des OLG Hamm vom 14.04.1980 (Az. 15 W 61/79 = NJW 1980, 1592) berufen, ist festzustellen, dass schon kein vergleichbarer Fall einer maßgeblichen Zweckerweiterung vorliegt (dort Errichtung und Verwaltung von Fonds zur Sicherung und Förderung genossenschaftlicher Einrichtungen bei landwirtschaftlichem Genossenschaftsverband). Zudem ist diese Entscheidung mit ihrer weiten Beurteilung der Zweckänderung ersichtlich vor der Klärung und engeren Fassung des Begriffs der Zweckänderung durch den Bundesgerichtshof in 1985 (Beschl. v. 11.11.1985, II ZB 5/85; BGHZ 96, 245) ergangen. Der vormalige Beschluss kann insofern nicht mehr als maßstäblich zugrunde gelegt werden. Eine Zweckänderung liegt nicht vor. Die Anfechtungsklage gegen den streitgegenständlichen Verschmelzungsbeschluss verspricht auch aus diesem Grunde keine Aussicht auf Erfolg. III.Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.