09.08.2013
Finanzgericht München: Urteil vom 24.04.2013 – 3 K 734/10
1. Geht ein Steuerpflichtiger
zugleich wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen gemeinnützigen Tätigkeiten
nach, so ist der Abzug der Vorsteuer auf Aufwendungen nur insoweit zulässig,
als diese der wirtschaftlichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen zuzurechnen
sind.
2. Besteht kein direkter und
unmittelbarer Zusammenhang der Eingangsleistungen zu bestimmten
steuerpflichtigen Ausgangsleistungen und verwendet der Unternehmer die für sein
„Unternehmen” gelieferten oder eingeführten Gegenstände und die
in Anspruch genommenen sonstigen Leistungen sowohl für Umsätze, die zum
Vorsteuerabzug berechtigen, als auch für Umsätze, die den Vorsteuerabzug nach §
15
Abs. 2 und
3 UStG ausschließen,
hat er die angefallenen Vorsteuerbeträge in einen abziehbaren und einen nicht
abziehbaren Teil aufzuteilen. Dabei bezweckt eine Aufteilung der
Vorsteuerbeträge nach der in
§ 15 Abs. 4 UStG
bezeichneten Methode eine genaue Zuordnung der Vorsteuerbeträge zu den
Umsätzen, denen sie wirtschaftlich zuzurechnen sind.
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In der Streitsache
hat der
3. Senat des Finanzgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am
Finanzgericht …, den Richter am Finanzgericht … und … den
Richter am Finanzgericht … sowie dem ehrenamtlichen Richter … und
der ehrenamtlichen Richterin … auf Grund der mündlichen Verhandlung vom
24. April 2013 für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
I.
Streitig sind die Höhe der
abzugsfähigen Vorsteuern und der Ansatz einer unentgeltlichen
Wertabgabe.
Die Klägerin ist eine mit
Gesellschaftsvertrag vom 2005 gegründete und am 2005 in das Handelsregister
eingetragene GmbH mit Sitz in A. Die Gesellschaft verfolgt ausweislich des § 2
ihrer Satzung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne des
Abschnittes „steuerbegünstigte Zwecke” der
Abgabenordnung. Sie betreibt die Förderung
der Volks- und Berufsausbildung und Jugendhilfe, insbesondere der freien
Wohlfahrtspflege, durch Eingliederung von Langzeitarbeitslosen, Jugendlichen
und gesellschaftlich benachteiligten Menschen in die Arbeit und Gestaltung der
Freizeit für Jugendliche sowie Anregungen von Freizeit- und
Erholungsaktivitäten im Rahmen der Qualifizierungsmaßnahmen für Erwachsene.
Dieser Zweck wird verwirklicht durch Durchführung von Qualifizierungs-,
Ausbildungs-, Umschulungs- und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen für Arbeitslose,
Jugendliche und gesellschaftlich benachteiligte Menschen und durch Schaffung
von Arbeitsplätzen. Nach § 4 Abs. 2 ihrer Satzung liegt das Schwergewicht der
Tätigkeit der Gesellschaft in der beruflichen Qualifizierung und insbesondere
in der sozialen Betreuung sowie der Integration in das Arbeitsleben.
Im Streitjahr betrieb die Klägerin
als unternehmerische Tätigkeit im Wesentlichen die Rückgewinnung von Rohstoffen
aus Elektrogeräten (im Folgenden: Elektronik-Schrott Recycling); dabei wurden
bei der Produktion – der Zerlegung der Geräte – ausschließlich
Langzeitarbeitslose und sonst schwer vermittelbare, ungelernte Personen zur
Verwirklichung der vorgenannten satzungsmäßigen Ziele eingesetzt.
In ihrer
Umsatzsteuerjahreserklärung für 2006 errechnete die Klägerin eine negative
Umsatzsteuer von × EUR; dabei machte sie Vorsteuern in Höhe von 17.200 EUR
geltend. Nach Durchführung einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung für die Jahre 2005
und 2006 (Bericht vom 1. April 2008) setzte der Beklagte (das Finanzamt A; im
Folgenden: FA) die Umsatzsteuer für 2006 mit Bescheid vom 7. Mai 2008 auf den
negativen Betrag von y EUR fest. Von den insgesamt durch die Prüfung
festgestellten Vorsteuern in Höhe von 14.800 EUR ließ das FA einen Abzug nur
noch in Höhe von 6.100 EUR zu, wobei der Abzug der Vorsteuer aus
„Anlagegütern” in Höhe von 4.800 EUR voll zugelassen wurde; von
den übrigen vorsteuerbelasteten Eingangsleistungen in Höhe von 10.000 EUR
wurden nur 13 Prozent – was 1.300 EUR entspricht
– zum Abzug zugelassen. Das FA schränkte den Vorsteuerabzug deshalb ein,
weil die entsprechenden vorsteuerbelasteten Leistungsbezüge nicht für
besteuerte Umsätze verwendet worden seien. Das FA erhöhte darüber hinaus die
Lieferungen und sonstigen Leistungen zu 7 Prozent auf 21.500 EUR; laut dem
Prüfungsbericht beruhte diese Erhöhung der steuerpflichtigen Umsätze auf dem
Ansatz einer Wertabgabe (zu 7 Prozent) in Höhe von 6.800 EUR für die
nichtunternehmerische Verwendung der Investitionsgüter (Anlagevermögen).
Gegen den Umsatzsteuerbescheid für
2006 vom 7. Mai 2008 war der Einspruch vom 2. Juni 2008 (Frühleerung)
gerichtet.
Mit Einspruchsentscheidung vom 5.
Februar 2010 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück.
Dagegen ist die Klage vom 26.
Februar 2010 gerichtet.
Zur Begründung ihrer Klage trägt
die Klägerin vor, dass ihr ein Vorsteuerabzug in Höhe von insgesamt 14.800 EUR
zustehe und dass die steuerpflichtigen Umsätze zu 7 Prozent in Höhe von 6.800
EUR zu mindern seien. Ihre Gesellschaft würde zwar gemeinnützige Zwecke
verfolgen, zum Vollzug dieses Geschäftsgegenstandes betreibe sie aber einen
Zweckbetrieb des Elektronik-Schrott Recycling, der ihr umsatzsteuerliches
Unternehmen darstelle. Der daneben bestehende ideelle Bereich sei davon
abgegrenzt und sie habe eine exakte sachliche Aufgliederung der gesamten
Vorsteuerbeträge im Verlauf der UmsatzsteuerSonderprüfung vorgenommen. Dieser
Zuordnung sei das FA aber nur zum Teil gefolgt. So habe es den zu 50 Prozent
geltend gemachten Vorsteuerabzug aus einem Deutschkurs in Höhe von 200 EUR und
einem Workshop in Höhe von 27 EUR nicht anerkannt. Aus den Investitionen habe
das FA zwar den Vorsteuerabzug im vollen Umfang zugelassen, dafür aber zu
Unrecht eine jährliche unentgeltliche Wertabgabe in Höhe der jeweils
unterstellten nicht unternehmerischen Verwendung als steuerpflichtige Umsätze
angesetzt. Im Übrigen habe das FA zu Unrecht die für den unternehmerischen
Bereich (Zweckbetrieb) angefallenen Vorsteuern nach Maßgabe des Verhältnisses
der eigenen Umsätze zu den Zuschüssen nicht zum Abzug zugelassen. Die vom FA
vorgenommene Aufteilung sei nicht zutreffend, denn es komme darauf an, dass die
in Anspruch genommenen Vorleistungen objektiv und tatsächlich zur Ausführung
der steuerpflichtigen Umsätze Verwendung finden. Das sei hier aber entsprechend
ihrer eigenen Aufteilung gegeben, es komme insbesondere nicht darauf an, ob
Gewinn erzielt oder Kostendeckung erreicht würde; die Produktionskosten seien
gleichwohl Kostenelemente der erstellten und umsatzsteuerpflichtig verwerteten
Ausgangsleistungen. Zum Zweck der Zuordnung seien von ihr sämtliche
Eingangsleistungen mit Vorsteuern in Listen einzeln aufgeführt und dem
unternehmerischen oder ideellen Bereich nach Maßgabe der tatsächlichen
Verwendung zugerechnet worden; insoweit lägen sämtliche Einzelnachweise zur
Zuordnung der Vorsteuern vor.
Zu den weiteren Einzelheiten des
Vorbringens der Klägerin wird auf ihre Schriftsätze vom 13. April 2010, vom 14.
Dezember 2012, vom 14. Februar 2013, vom 28. Februar 2013, vom 5. März 2013,
vom 6. März 2013 vom 10. März 2013, vom 25. März 2013, vom 2. April 2013 und
vom 11. April 2013 nebst Anlagen verwiesen.
Die Klägerin
beantragt,
die Umsatzsteuer 2006 unter
Änderung des Umsatzsteuerbescheides vom 7. Mai 2008 nach Maßgabe dessen
festzusetzen, dass die Umsätze zu 7 % um 6.800 EUR (unentgeltliche Leistungen)
gemindert und Vorsteuern in Höhe von 14.800 EUR zum Abzug zugelassen werden,
hilfsweise die Revision
zuzulassen.
Das FA
beantragt,
die Klage abzuweisen, hilfsweise
die Revision zuzulassen.
Zur Begründung trägt das FA vor,
dass die von der Klägerin geltend gemachten Vorsteuern zu kürzen seien, weil
sich die Klägerin überwiegend und dauerhaft durch Zuschüsse finanziere. Da die
Eingangsleistungen deshalb größtenteils durch diese Zuschüsse bezahlt seien,
könnten sie nicht dauerhaft Kostenelemente der geringen Ausgangsumsätze werden.
Zwar schlössen die Zuschüsse den Vorsteuerabzug nicht generell aus, dies wirke
sich aber auf den Umfang der Vorsteuerabzugsberechtigung aus, weil eine
Kostendeckung auf Dauer nicht geplant und auch nicht möglich sei. Vorliegend
existiere auch in dem als Zweckbetrieb geführten Werkstattbereich der Klägerin
ein nichtwirtschaftlicher Bereich. Insoweit müsse für die Höhe des
Vorsteuerabzugs eine Berechnungsweise vorgesehen werden, welcher Teil der
Eingangsaufwendungen dem nichtwirtschaftlichen und welcher Teil dem
wirtschaftlichen Bereich tatsächlich zuzurechnen sei.
Zu dem weiteren Vorbringen des FA
wird auf die Einspruchsentscheidung vom 5. Februar 2010 und die Stellungnahmen
vom 25. Mai 2010, vom 14. Dezember 2012 und vom 5. April 2013 verwiesen.
Die im Erörterungstermin vom 24.
Oktober 2012 von den Beteiligten in Aussicht gestellte Einigung ist für das
Streitjahr nicht zustande gekommen, für das Streitjahr 2005 konnte der
Rechtsstreit einvernehmlich erledigt werden; auf das Protokoll der
Niederschrift wird verwiesen.
Auf das Protokoll der mündlichen
Verhandlung wird Bezug genommen.
II.
Die Klage ist unbegründet. Die
Klägerin kann keine über den vom FA gewährten Vorsteuerabzug hinausgehenden
Vorsteuerbeträge zum Abzug bringen.
1. Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes in der in dem Streitjahr geltenden Fassung
(UStG) kann der Unternehmer die gesetzlich
geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem
anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer
abziehen. Gemäß Art. 17 Abs. 2 der im Streitjahr noch geltenden
Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur
Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die
Umsatzsteuern 77/388/EWG – Gemeinsames
Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage
(ABl.EG 1977 Nr. L 145 S.
1, im Folgenden:
Richtlinie 77/388/EWG) ist der
Vorsteuerabzug gegeben, soweit die Gegenstände oder Dienstleistungen vom
Steuerpflichtigen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden.
a) Der Gerichtshof der Europäischen
Union (EuGH) geht zu Inhalt und Umfang des Rechts auf Vorsteuerabzug zunächst
allgemein davon aus, dass der Unternehmer durch die in der
Richtlinie 77/388/EWG vorgesehene Regelung
über den Vorsteuerabzug vollständig von der im Rahmen seiner wirtschaftlichen
Tätigkeit geschuldeten oder entrichteten Mehrwertsteuer entlastet werden soll.
Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem sucht völlige Neutralität hinsichtlich der
steuerlichen Belastung aller wirtschaftlichen Tätigkeiten zu gewährleisten, und
zwar unabhängig von ihrem Zweck und ihrem Ergebnis, sofern denn diese
Tätigkeiten selbst der Mehrwertsteuer unterliegen (Urteile vom 22. Februar
2001, Abbey National, Rs. C-408/98, Slg. 2001, I-1361, Rz. 24 m.w.N. und vom
12. Februar 2009, Rs. C-515/07, Vereniging Noordelijke Land- en Tuinbouw
Organisatie (im Folgenden VNLTO), Slg. 2009, I-839,
UR 2009,
199, Rz. 37); das Recht auf Vorsteuerabzug ist mithin ein
integraler Bestandteil des Mechanismus der Mehrwertsteuer
(EuGH-Urteil vom 6. September 2012, Rs.
C-496/11, Portugal Telecom SGPS SA,
UR 2012,
762). Soweit aber die von einem Steuerpflichtigen
bezogenen Gegenstände oder Dienstleistungen für die Zwecke steuerbefreiter
Umsätze oder solcher Umsätze verwendet werden, die nicht vom Anwendungsbereich
der Mehrwertsteuer erfasst werden, kann es somit weder zur Erhebung der Steuer
auf der folgenden Stufe noch zum Abzug der Vorsteuer kommen
(EuGH-Urteile vom 30. März 2006,
Uudenkaupungin kaupunki, Rs. C-184/04, Slg. 2006, I-3039 und vom 14. September
2006, Wollny, Rs. C-72/05, Slg. 2006, I-8297).
Weiter muss nach der Rechtsprechung
des EuGH und des Bundesfinanzhofs (BFH) zu Inhalt und Umfang des Rechts auf
Vorsteuerabzug auch im Rahmen der wirtschaftlichen (unternehmerischen)
Tätigkeit grundsätzlich ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen
einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren Ausgangsumsätzen, die
das Recht auf Vorsteuerabzug eröffnen, bestehen, damit der Steuerpflichtige zum
Vorsteuerabzug berechtigt ist und der Umfang dieses Rechts bestimmt werden kann
(EuGHUrteile vom 8. Februar 2007 Rs.
C-435/05, Investrand BV m.w.N., Slg. 2007, I-01315,
UR 2007,
225, vom 13. März 2008 Rs. C-437/06, Securenta, Slg.
2008, I-1597,
UR 2008,
344 und vom 6. September 2012, Rs. C-496/11, Portugal
Telecom SGPS SA,
UR 2012,
762 sowie
BFH-Urteile vom 3. März 2011 V R
23/10,
BStBl II 2012, 74 und vom 27. Januar 2012
V R 38/09,
BStBl II 2012, 68). Das Recht auf Abzug
der für den Erwerb von Gegenständen oder Dienstleistungen entrichteten
Mehrwertsteuer ist demnach nur gegeben, wenn die hierfür getätigten
Aufwendungen zu den Kostenelementen der versteuerten, zum Abzug berechtigenden
Ausgangsumsätze gehören (EuGH-Urteil vom 8. Februar 2007
Rs. C-435/05, Investrand BV, Slg. 2007, I-01315,
UR 2007,
225, m.w.N.).
Dabei ist hier nach der
Rechtsprechung des BFH – entsprechend der Regelung des § 15
Abs. 1 und
Abs. 2 UStG –
zu differenzieren (Urteil vom 3. März 2011 V R 23/10,
BStBl II 2012, 74, Rz. 13 ff. m.w.N.):
Besteht der direkte und unmittelbare Zusammenhang zu einem einzelnen
Ausgangsumsatz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit, der steuerpflichtig ist, kann
der Unternehmer den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen. Bei einem direkten und
unmittelbaren Zusammenhang zu einem Ausgangsumsatz, der mangels
wirtschaftlicher Tätigkeit nicht dem Anwendungsbereich der Steuer unterliegt
oder steuerfrei ist, besteht keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug. Fehlt ein
solcher direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen einem bestimmten
Eingangsumsatz und einem oder mehreren Ausgangsumsätzen, kann der Unternehmer
aber dennoch zum Vorsteuerabzug berechtigt sein, wenn die Kosten für die
Eingangsleistung zu seinen allgemeinen Aufwendungen gehören und – als
solche – Bestandteile des Preises der von ihm erbrachten Leistungen sind
(so auch
EuGH-Urteil vom 6. September 2012, Rs.
C-496/11, Portugal Telecom SGPS SA,
UR 2012,
762 m.w.N.). Derartige Kosten hängen direkt und
unmittelbar mit seiner wirtschaftlichen Gesamttätigkeit zusammen und
berechtigen nach Maßgabe dieser Gesamttätigkeit zum Vorsteuerabzug.
b) Zur Anwendung dieser Grundsätze
der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Recht auf Vorsteuerabzug auf den
Streitfall sind zunächst die umsatzsteuerlich relevanten Gegebenheiten des
Sachverhalts festzustellen. Insoweit gilt Folgendes:
aa) Der Senat geht hier davon aus,
dass auch eine als gemeinnützig anerkannte GmbH als eine juristische Person
– wie es die Klägerin ist – umsatzsteuerlich grundsätzlich drei
Arten von Tätigkeiten ausüben kann, und zwar erstens nichtwirtschaftliche und
als solche nicht in den Anwendungsbereich der
Richtlinie 77/388/EWG fallende Tätigkeiten;
zweitens wirtschaftliche und demzufolge in deren Anwendungsbereich fallende,
aber von der Mehrwertsteuer befreite Tätigkeiten und drittens wirtschaftliche
Tätigkeiten, die steuerpflichtig sind (EuGH-Urteil vom 13. März 2008 Rs.
C-437/06, Securenta, Slg. 2008, I-1597,
UR 2008,
344, Rz. 26). Die in den Entscheidungen des
EuGH vom 13. März
2008 (a.a.O), vom 12. Februar 2009 (Rs.C-515/07,
VNLTO, Slg. 2009, I-839,
UR
2009) und vom 6. September 2012 (Rs. C-496/11, Portugal
Telecom SGPS SA,
UR 2012,
762) aufgestellten Grundsätze gelten auf Grund der
Rechtsformneutralität der Umsatzsteuer (vgl. nur
EuGH-Urteil vom 12. Januar 2006 C-246/04,
Turn- und Sportunion Waldburg, Slg. 2006, I-589 und
BFH-Urteil vom 22. Juli 2010 V R
36/08,
BFH/NV 2011,
316 jeweils m.w.N.) demnach auch für die Klägerin.
Die Klägerin verfügte vorliegend
zur Ausübung ihrer satzungsgemäßen Tätigkeit über einen wirtschaftlichen
(unternehmerischen) und einen nichtwirtschaftlichen (nichtunternehmerischen)
Bereich; das ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Dabei stellte der
wirtschaftliche Bereich der Tätigkeit das von der Klägerin im Rahmen eines
Zweckbetriebes nach
§ 65 der Abgabenordnung
(AO) ausgeübte Elektronik-Schrott Recycling dar, in dem
sie die nutzbaren Rohstoffe nach der Zerlegung des Elektronik-Schrotts
steuerpflichtig an andere Unternehmer veräußerte sowie (im geringeren Umfang)
gebrauchte und reparierte Elektrogeräte veräußerte. Der nichtwirtschaftliche
Bereich der Klägerin bestand in der Verfolgung ihrer gemeinnützigen Zwecke laut
Satzung, hier insbesondere in der Wiedereingliederung von schwer vermittelbaren
Arbeitnehmern in den Arbeitsmarkt. Wirtschaftliche, aber von der Mehrwertsteuer
befreite (steuerfreie) Tätigkeiten, übte die Klägerin dagegen nicht aus; einen
„privaten Bereich” konnte die Klägerin schon Kraft ihrer
Rechtsform als juristische Person nicht haben.
bb) Der Senat geht weiter davon
aus, dass es sich bei den der Klägerin im Streitjahr gewährten Zuschüssen der
Arbeitsgemeinschaft für Beschäftigung GmbH (im Folgenden: ARGE) um echte, nicht
steuerbare Zuschüsse für eine Maßnahme nach § 16 Abs. 2 S. 1 des
Sozialgesetzbuches II handelte; von dieser Sichtweise gehen auch die
Beteiligten übereinstimmend aus.
cc) Soweit die Klägerin aber einen
wirtschaftlichen, auf nachhaltige Einnahmenerzielung ausgerichteten
Tätigkeitsbereich unterhielt, war ihr dies gemäß ihrer Satzung – dort
insbesondere § 2 und § 4 – ausschließlich im Rahmen einer gemeinnützigen
Bindung erlaubt. Gemessen an dem Inhalt der Satzung mit der Vorgabe der
ausschließlichen und unmittelbaren Verfolgung gemeinnütziger Zwecke im Sinne
des Abschnitts „steuerbegünstigte Zwecke” der
Abgabenordnung sowie der dort angeordneten
Selbstlosigkeit der Klägerin wie auch gemessen an der Intensität der im
Streitjahr tatsächlich verwirklichten Gesamttätigkeit dominierte bei der
Ausrichtung der Tätigkeit der Klägerin dieser nichtunternehmerische Bereich,
dem eine etwaige unternehmerische Tätigkeit als Zweckbetrieb dienend
unterzuordnen war; der nichtunternehmerische Bereich war demnach der
Hauptzweck der Tätigkeit der Klägerin, er kann
deshalb auch nicht als „unternehmensfremd” betrachtet werden
(EuGH-Urteil vom 12. Februar 2009,
Rs.C-515/07, VNLTO, Slg. 2009, I-839,
UR 2009,
199, Rz. 39).
Für diesen Schwerpunkt der
Ausrichtung der Tätigkeit der Klägerin auf ihre gemeinnützigen Zwecke spricht
des Weiteren, dass die von der Klägerin angebotenen Tätigkeiten zur
Eingliederung der Arbeitnehmer durchweg – ausweislich der
Bewilligungsbescheide der ARGE – im öffentlichen Interesse lagen und
„zusätzlich sein” mussten. „Zusätzlich” waren diese
Arbeiten – im Sinne der Bedingungen der ARGE –, „
wenn die Tätigkeit sonst nicht, nicht zu diesem Zeitpunkt, nicht in
diesem Umfang erfüllt werden würde und wenn damit keine Verdrängung von
Arbeitsverhältnissen des allgemeinen Arbeitsmarkts (auch keine Mini-Jobs)
verbunden ist ”.
An diesen besonderen Grundlagen der
wirtschaftlichen und der nichtwirtschaftlichen Tätigkeit der Klägerin hat sich
im Streitfall der Umfang des Rechts zum Abzug der Vorsteuer zu messen, denn der
Abzug der Vorsteuer auf Aufwendungen auf der Vorstufe ist nur insoweit
zulässig, als diese Aufwendungen den wirtschaftlichen Tätigkeiten des
Steuerpflichtigen zuzurechnen sind (EuGH-Urteil vom 12. Februar 2009,
Rs.C-515/07, VNLTO, Slg. 2009, I-839,
UR 2009,
199, Rz. 37).
c) Unter Berücksichtigung der Art
und Weise der wirtschaftlichen und der nichtwirtschaftlichen Tätigkeit der
Klägerin ist demnach festzustellen, ob bestimmte Eingangsleistungen in einem
direkten und unmittelbaren Zusammenhang zu einem Ausgangsumsatz ihrer
wirtschaftlichen Tätigkeit – der steuerpflichtig ist – stehen oder
ob solche Zusammenhänge zu Ausgangsumsätzen, die mangels wirtschaftlicher
Tätigkeit nicht dem Anwendungsbereich der Steuer unterliegen oder steuerfrei
sind, bestehen (vgl. nur
BFH-Urteil vom 3. März 2011 V R
23/10,
BStBl II 2012, 74, Rz. 12 ff. m.w.N.).
aa) Im Streitfall trägt die
Klägerin unter Vorlage entsprechender Aufzeichnungen vor, dass sämtliche mit
Vorsteuer belasteten Eingangsumsätze Kostenelemente ihrer steuerpflichtigen
Ausgangsumsätze für das Elektronik-Schrott Recycling seien; so seien diese
Eingangsleistungen zu einem überwiegenden Anteil für den wirtschaftlichen
Bereich ihrer Gesamttätigkeit verwendet worden; der Recyclingbetrieb sei
überwiegend dem Unternehmen zuzuordnen und dies sei entsprechend nachgewiesen.
Insoweit liegt nach Überzeugung des
Senats aber kein direkter und unmittelbarer Zusammenhang einzelner
Eingangsleistungen zu der wirtschaftlichen Tätigkeit der Klägerin im Sinne der
oben genannten höchstrichterlichen Rechtsprechung vor, denn die Klägerin kann
keine dieser Eingangsumsätze direkt und unmittelbar ihrer wirtschaftlichen
Tätigkeit zuordnen, sondern sie schätzt lediglich einen unternehmerischen
Nutzungsanteil. Eine direkte Zuordnung ist auch schon in Anbetracht der Art
dieser Tätigkeit nicht möglich, weil der nichtwirtschaftliche Bereich der
Hauptzweck ihrer Tätigkeit ist und auch der Recyclingbetrieb diesem Zweck
dient.
So führt die Klägerin zur
Begründung ihrer „Zuordnung” der Vorsteuern an, dass ihre GmbH in
einen ideellen (nicht wirtschaftlichen) Bereich sowie einen wirtschaftlichen
Bereich als Form eines Zweckbetriebes i.S.d.
§ 65 AO aufzuteilen
sei, und dass der wesentliche Teil der mit Vorsteuern belasteten
Eingangsleistungen dem wirtschaftlichen Bereich als
„Kostenelement” zuzuordnen sei. Zur Festlegung dieser Zuordnung
der mit Vorsteuern belasteten Aufwendungen habe sie für jedes Wirtschaftsgut
ihrer Gesellschaft in ihrer Buchhaltung jeweils den Prozentsatz der
unternehmerischen Nutzung benannt, was sich durch die Arbeitsabläufe im Betrieb
bestätigen lasse. Damit hätte sie den von der Rechtsprechung geforderten
Zusammenhang zu den steuerpflichtigen Ausgangsumsätzen hergestellt.
bb) Zutreffend ist der Ansatz der
Klägerin insoweit, als dass sie einen wirtschaftlichen und einen
nichtwirtschaftlichen Bereich unterhielt. Diese Bereiche wurden allerdings
innerhalb eines einheitlichen Steuersubjekts und Unternehmens betrieben, dessen
Hauptzweck gerade die Verwirklichung des nichtwirtschaftlichen Bereichs war.
Nach Überzeugung des Senats ergibt
sich aus dem Inhalt der Satzung der Klägerin sowie der Intensität der im
Streitjahr tatsächlich verwirklichten Gesamttätigkeit deutlich (vgl. in Tz.
II.1.b), dass der wirtschaftliche Bereich dem nichtwirtschaftlichen Bereich
vollständig untergeordnet war, denn der Betrieb des Elektronik-Schrott
Recyclings (wozu im weiteren Sinn auch der Verkauf reparierter Geräte zu
rechnen ist) war das zentrale Instrument der Klägerin zur Verwirklichung ihres
gemeinnützigen Zwecks, der Wiedereingliederung von schwer vermittelbaren
Arbeitnehmern in den sogenannten ersten Arbeitsmarkt. Insoweit dienten auch
alle Maschinen und Werkzeuge sowie alle anderen Eingangsleistungen der Klägerin
in erster Linie diesem (nichtwirtschaftlichen) Hauptzweck.
Der Senat geht hier davon aus, dass
das Elektronik-Schrott Recycling von der Klägerin vorwiegend zur Erfüllung
ihrer satzungsgemäßen gemeinnützigen Zwecke eingesetzt wurde. Nur durch eine
tatsächliche Mitarbeit der dabei beschäftigten Personen konnte das Ziel einer
Wiedereingliederung dieser Personen in den ersten Arbeitsmarkt verwirklicht
werden. So ergibt sich aus § 4 Abs. 2 ihrer Satzung, dass „das
Schwergewicht ihrer Tätigkeit in der beruflichen Qualifizierung und
insbesondere in der sozialen Betreuung sowie der Integration in das
Arbeitsleben liegt” . Die Klägerin setzte dazu neben
begleitenden Schulungen und Sprachkursen gerade die „Arbeit” der
Zerlegung des Elektronik-Schrotts als Eingliederungsmaßnahme ein, nur dadurch
konnte das von der Klägerin so bezeichnete „training on the job”
verwirklicht werden. Insoweit kann die Tätigkeit der Klägerin –
unabhängig von dem Bestehen eines Zweckbetriebes – hinsichtlich des
Umfangs des Vorsteuerabzugs im Sinne der genannten höchstrichterlichen
Rechtsprechung nur einheitlich bewertet werden. Eine unmittelbare direkte
Zuordnung einzelner Eingangsleistungen zu dem wirtschaftlichen
Tätigkeitsbereich des Elektronik-Schrott Recyclings – wie zum Beispiel
für den Werkstattbereich des Betriebsgebäudes – ist somit entgegen der
Auffassung der Klägerin nicht möglich, weil auch die hier verwendeten
Wirtschaftsgüter durchweg dem nichtwirtschaftlichen Bereich
dienten.
cc) Auch die von der Klägerin in
ihrer Buchhaltung zum Nachweis des Umfangs der unternehmerischen Nutzung
vorgenommene Zuweisung des Anteils der Nutzung aller Wirtschaftsgüter im
nichtwirtschaftlichen Bereich einerseits und im wirtschaftlichen Bereich
andererseits stellt entgegen ihrer Auffassung keinen durch objektive Tatsachen
belegten Zuteilungs- oder Aufteilungsmaßstab der Eingangsleistungen dar. Im
Ergebnis ist dies nichts anderes als eine Form der Schätzung des Anteils der
unternehmerischen Nutzung, bei der nach Ansicht der Klägerin der Anteil der
unternehmerischen Nutzung überwiegend hoch anzusetzen ist (mit ca. 85 bis 95
Prozent).
Zur Begründung dieses Ansatzes
trägt die Klägerin weiter vor, dass alle dem Zweckbetrieb zugeordneten
Eingangsleistungen deshalb zum vollen oder überwiegenden Vorsteuerabzug
berechtigten, weil sie „Kostenelemente” ihrer steuerpflichtigen
Ausgangsleistungen seien.
Diesem Ansatz vermag das Gericht
nicht zu folgen. Die Klägerin verkennt hier, dass der Zweckbetrieb schon auf
Grund der Satzung nur dazu bestimmt sein durfte, ihren gemeinnützigen Zwecken
zu dienen, er war dieser Tätigkeit untergeordnet (Tz. II.1.b.). Darüber hinaus
konnten die Kosten ihrer gesamten Tätigkeit schon deshalb nicht in die Preise
ihrer steuerpflichtigen Ausgangsleistungen eingehen, weil sich die Klägerin im
Wesentlichen aus staatlichen Zuwendungen finanzierte (vgl.
EuGH-Urteil vom 22. Februar 2001 Rs.
C-408/98, Abbey National,
UR 2001,
164, Rn. 35). Das Gericht kann daher nicht annehmen, dass
die Klägerin diese Aufwendungen nochmals an ihre Leistungsempfänger berechnet
hatte. Dies wird von der Klägerin auch nicht geltend gemacht.
Geht ein Steuerpflichtiger aber
– wie im Streitfall – zugleich wirtschaftlichen Tätigkeiten –
wobei die Klägerin im Streitfall nur steuerpflichtige Umsätze ausführte –
und nichtwirtschaftlichen, nicht in den Anwendungsbereich der
Richtlinie 77/388/EWG fallenden Tätigkeiten
nach, so ist der Abzug der Vorsteuer auf Aufwendungen nur insoweit zulässig,
als diese der wirtschaftlichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen i.S.d. Art. 2
Nr. 1 der
Richtlinie 77/388/EWG zuzurechnen sind
(EuGH-Urteile vom 13. März 2008 Rs.
C-437/06, Securenta, Slg. 2008, I-1597,
UR 2008,
344 und vom 12. Februar 2009 Rs. C-515/07, VNLTO, Slg.
2009, I-838,
UR 2009,
199).
dd) Es kann im Streitfall im
Übrigen dahingestellt bleiben, ob es für den Ansatz der Klägerin spricht, dass
Art. 19 Abs. 1, 2. Spiegelstrich der
Richtlinie 77/388/EWG vorsieht, dass die
Mitgliedstaaten bei der Berechnung des nach Art. 17 Abs. 5 und 19 der
Richtlinie 77/388/EWG festzustellenden
Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs in den Nenner des hier zu bildenden Bruches
auch die Subventionen einbeziehen können, denn diese Regelung ist vom deutschen
Gesetzgeber nicht umgesetzt worden. Darüber hinaus ist Art. 17 Abs. 5 der
Richtlinie 77/388/EWG und damit auch der
dort in Bezug genommene
Art. 19 der Richtlinie
77/388/EWG nicht anwendbar, wenn Leistungen – so wie
im Streitfall – sowohl für wirtschaftliche als auch für
nichtwirtschaftliche Tätigkeiten verwendet werden; die Festlegung der Methoden
und Kriterien zur Aufteilung der Vorsteuerbeträge steht dann im Ermessen der
Mitgliedstaaten (EuGH-Urteil vom 6. September 2012
Rs. C-496/11, Portugal Telecom SGPS SA,
UR 2012,
762, Rz. 42 und 47).
d) Allerdings würde es für die
Gewährung des Vorsteuerabzugs auch ausreichen, wenn eine Umsatztätigkeit gegen
Entgelt ernstlich beabsichtigt worden und dafür erste Investitionsausgaben
getätigt worden wären (z.B.
BFH-Urteil vom 22. Februar 2001
V R 77/96,
BStBl II 2003, 426). Solche Fehlmaßnahmen
im Einzelnen wurden aber von der Klägerin im Streitfall nicht geltend gemacht,
sie sind auch sonst nicht ersichtlich.
e) Eine Ermittlung des Anteils der
abziehbaren Vorsteuern lässt sich daher nicht in der von der Klägerin
vorgenommenen Art und Weise vornehmen. Im Ergebnis verwendete die Klägerin
sämtliche Eingangsleistungen sowohl für ihren wirtschaftlichen als auch für
ihren nichtwirtschaftlichen (gemeinnützigen) Bereich als
„Hauptzweck”, denn ihre Tätigkeit war im Ganzen dem
satzungsmäßigen Zweck der Gesellschaft untergeordnet (Tz. 1.b.cc).
f) Besteht kein direkter und
unmittelbarer Zusammenhang der Eingangsleistungen zu bestimmten
steuerpflichtigen Ausgangsleistungen und verwendet der Unternehmer die für sein
„Unternehmen” gelieferten oder eingeführten Gegenstände und die
in Anspruch genommenen sonstigen Leistungen sowohl für Umsätze, die zum
Vorsteuerabzug berechtigen, als auch für Umsätze, die den Vorsteuerabzug nach §
15
Abs. 2 und
3 UStG ausschließen,
hat er die angefallenen Vorsteuerbeträge in einen abziehbaren und einen nicht
abziehbaren Teil aufzuteilen. Dabei bezweckt eine Aufteilung der
Vorsteuerbeträge nach der in
§ 15 Abs. 4 UStG
bezeichneten Methode eine genaue Zuordnung der Vorsteuerbeträge zu den
Umsätzen, denen sie wirtschaftlich zuzurechnen sind.
aa) Vorliegend scheidet allerdings
eine unmittelbare Anwendung des
§ 15 Abs. 4 UStG aus,
weil die Klägerin keine Umsätze ausführte, die einen Vorsteuerabzug
ausgeschlossen haben. Die Klägerin führte vielmehr nur zum Vorsteuerabzug
berechtigende Umsätze aus, sie finanzierte sich aber im Streitjahr im
Wesentlichen über nicht steuerbare Zuschüsse, die sie zur Verwirklichung ihrer
gemeinnützigen Zwecke von der ARGE zweckgebunden erhielt; die Klägerin war
insoweit nichtwirtschaftlich tätig. Nach der Rechtsprechung des BFH ist in
einem solchen Fall auf die Vorsteueraufteilung für Leistungsbezüge, die einer
wirtschaftlichen und einer nichtwirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmers
dienen,
§ 15 Abs. 4 UStG
analog anzuwenden (Urteil vom 3. März 2011 V R 23/10,
BStBl II 2012, 74).
bb) Im Streitfall erachtet der
Senat die von der Klägerin vorgenommene Schätzung zur Ermittlung eines
Aufteilungsmaßstabs der abziehbaren Vorsteuern – so wie das FA –
nicht als sachgerecht i.S.d.
§ 15 Abs. 4 Satz 2
UStG, weil er von einem zu hohen Anteil der
unternehmerischen Nutzung der Eingangsleistungen ausgeht und dies der
Besonderheit des Streitfalls entgegensteht, dass der nichtwirtschaftliche
Bereich der Klägerin deren Hauptzweck war. Da sich die Besteuerungsgrundlagen
insoweit nicht ermitteln lassen, hat sie das Gericht nach seiner freien, aus
dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu schätzen
(§ 96 Abs. 1 Satz 1 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m.
§ 162 AO).
Da hier eine andere wirtschaftliche
Zuordnung als nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug
ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen – wie
z.B. nach dem Verhältnis der genutzten Flächen – nicht möglich und auch
kein anderer sachgerechter Maßstab erkennbar ist, sieht es der Senat als
sachgerecht an, bei der Schätzung auf das Verhältnis der im Streitjahr
erhaltenen Zuschüsse zu den erzielten steuerpflichtigen Umsätzen abzustellen.
Die Anwendung dieser Schätzung auf Grund eines „Umsatzschlüssels”
erscheint vor allem deshalb sachgerecht, weil sowohl die Klägerin als auch ihre
Zuschussgeber davon ausgehen, dass die Klägerin zur Verwirklichung ihrer
gemeinnützigen Zwecke in Höhe der stattlichen Zuwendungen nicht
kostendeckend tätig sein kann. Dieser Maßstab erscheint darüber
hinaus als sachgerecht, weil er über verschiedene Besteuerungszeiträume jeweils
flexibel eingesetzt werden kann; er kann damit der Veränderung der
wirtschaftlichen Verhältnisse in mehreren Besteuerungszeiträumen Rechnung
tragen.
cc) Aus den Zahlen der Klägerin in
ihrer Gewinn- und Verlustrechnung für 2006 ergibt sich folgende Berechnung:
…
Aus dem Verhältnis dieser Erträge
errechnet sich für den nichtwirtschaftlichen Teil eine Quote von 89,34 Prozent
und für den unternehmerischen Anteil eine Quote von 10,66 Prozent der
„Gesamteinnahmen der Klägerin” (Erträge im Streitjahr, insgesamt
× EUR = 100 %). Setzt man nach einer Aufrundung dieses Wertes eine Quote von 11
Prozent für den unternehmerischen Teil der „Umsätze” an, dann
entspricht dies zwar in etwa der vom FA im Prüfungsbericht vom 1. April 2008
festgestellten Quote von 13 Prozent. Das FA hat diese Quote allerdings nur auf
einen Teilbetrag von 10.000 EUR (von insgesamt 14.800 EUR) der
vorsteuerbelasteten Eingangsleistungen angewendet und zugunsten der Klägerin
den Vorsteuerabzug aus „Anlagegütern” wegen einer Zuordnung zum
Unternehmen voll zugelassen, die daraus sich im Streitjahr ergebenden
unentgeltlichen Wertabgaben (in Höhe von 6.800 EUR) aber der Umsatzsteuer zu 7
Prozent unterworfen. Das FA hat daraufhin insgesamt eine abziehbare Vorsteuer
von insgesamt 6.100 EUR errechnet.
Bei dem isolierten Ansatz der
errechneten Quote von 11 Prozent der abziehbaren Vorsteuern auf die insgesamt
von der Klägerin laut ihren eigenen Angaben gezahlten Vorsteuern in Höhe von
16.300 EUR – was dem Ansatz in der Umsatzsteuererklärung für 2006
abzüglich der (unstreitig) zu Unrecht geltend gemachter Vorsteuern in Höhe von
900 EUR entspricht – würde sich daraus aber nur eine abziehbare Vorsteuer
in Höhe von 1.793 EUR ergeben; das FA hat (zugunsten der Klägerin) im
Streitjahr Vorsteuern in Höhe von 4.300 EUR (aus 6.100 EUR) zusätzlich zum
Abzug zugelassen.
Da das Gericht die Rechtsposition
der Klägerin im Vergleich zum Rechtszustand vor Klageerhebung nicht
verschlechtern darf (Verböserungsverbot) verbleibt es bei der vom FA zum Abzug
zugelassenen Vorsteuer. Insoweit kann es hier auch dahingestellt bleiben, ob
zusätzlich ein anteiliger Vorsteuerabzug (50 Prozent) aus einem Deutschkurs in
Höhe von 200 EUR und einem Workshop in Höhe von 27 EUR zu gewähren ist und ob
vom FA eine unentgeltliche Wertabgabe in Höhe von 6.800 EUR für die
unterstellte, nicht unternehmerische Verwendung der Anlagegüter im Streitjahr
als steuerpflichtige Umsätze (zu 7 % in Höhe von 476 EUR) angesetzt werden
konnte, denn die entsprechenden steuerlichen Auswirkungen sind weit geringer,
als die Differenz zwischen dem vom Gericht zum Vorsteuerabzug geschätzten
Betrag und dem Betrag, den das FA tatsächlich zum Abzug zugelassen hat.
2. Die von der Klägerin angebotenen
Beweise der Einholung von Sachverständigengutachten und der Vernehmung des
Betriebsleiters zur Feststellung des Arbeitsablaufes innerhalb ihres Betriebes,
zur Ineffizienz der Wertschöpfungsprozesse und zum Zusammenhang der Vorsteuern
mit dem Recyclingbetrieb sind nicht entscheidungserheblich, weil der Senat
keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Einlassungen der Klägerin hat. Gleiches
gilt für die in der mündlichen Verhandlung als Beweis angebotene dienstliche
Auskunft des Job Centers München über das Thema, dass die Klägerin lediglich
eine Fehlbedarfsfinanzierung erhalten habe. Vorliegend beruht die Abweisung der
Klage nicht auf diesen Beweisthemen, sondern auf einer anderen rechtlichen
Würdigung des Sachverhalts.
3. Die Zulassung der Revision
beruht auf
§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 der
Finanzgerichtsordnung (FGO).
4. Die Kostenentscheidung beruht
auf
§ 135 Abs. 1
FGO.