03.09.2013 · IWW-Abrufnummer 132815
Oberlandesgericht Hamm: Urteil vom 24.06.2013 – 8 U 125/12
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Hamm
8 U 125/12
Tenor:
Die Berufung des Beklagten gegen das am 6. September 2012 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des Landgerichts Essen wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Gründe:
I.
Bei den Klägern handelt es sich um nationale Vereine zur Förderung der Katzenzucht und des Rassenerhalts aus Israel, Zypern, Polen, Lettland und der russischen Föderation. Der Beklagte ist ein weltweit tätiger (Dach‑)Verband, dessen Zweck es ist, Vereine und Verbände, die sich für Haltung oder Zucht von Wild-, Haus- oder Rassekatzen interessieren, unabhängig von ihrer Nationalität zu vereinigen (Art. 3 der Satzung). Die Mitglieder des Beklagten setzen sich aus Vollmitgliedern und Mitgliedern auf Probe zusammen. Aus dem Verfahren 8 U 115/12 ist dem Senat bekannt, dass 72 Mitglieder des Beklagten den Status als Vollmitglied haben. Bei sämtlichen Klägern handelt es sich um Vollmitglieder.
Die Satzung des Beklagten (Stand 01.01.2009), auf die im Übrigen Bezug genommen wird (Bl. 12 ff. – Anlage K1), sieht u.a. folgende Regelungen vor:
„5. Der Vorstand
Artikel 20
Der Vorstand und der erweiterte Vorstand wird durch die Generalversammlung gewählt. Nur Mitglieder von WCF-Verbänden können hierfür gew ählt werden.
Der Vorstand besteht aus:
- einem Präsidenten
- einem Generalsekretär
- einem Schatzmeister.
(…) Jeder vertritt allein (§ 26 BGB)
(…)
5.1 Der erweiterte Vorstand
Der erweiterte Vorstand besteht aus:
- dem 1. Vize‑Präsidenten
- dem 2. Vize‑Präsidenten
(…)
Falls vor Ablauf der Amtszeit der Präsident wegfällt, rückt an seine Stelle bis zur Neuwahl der 1. Vize‑Präsident und übernimmt die Stelle des Präsidenten mit allen Rechten und Pflichten.“
(…)
Artikel 22
Die Mitglieder des Vorstandes und des erweiterten Vorstandes werden alle vier Jahre gewählt. (…)
Artikel 23
Der Vorstand gibt den Mitgliedern die eventuell unbesetzten Stellen und die Wahlen bekannt.
Bewerbungen müssen mindestens 60 Tage vor der Generalversammlung beim Vorstand eingehen. Die Tagesordnung führt die Namen der Kandidaten auf.
Ein anderer Kandidat kann nicht gewählt werden, sofern es sich um Vorstandsmitglieder handelt.“
Im Jahr 2008 wurden auf der Generalversammlung des Beklagten, die gem. Art. 13 als ordentliche Generalversammlung durch den Präsidenten einberufen wird und mindestens alle zwei Jahre tagt, Frau I zur Präsidentin und Frau X zur Generalsekretärin gewählt. Da von den Bewerbern für das Amt des Schatzmeisters niemand die erforderliche Stimmenmehrheit erhielt, wurde Herr X2 von Frau I zum kommissarischen Schatzmeister ernannt.
Ende des Jahres 2011 beantragten zahlreiche Mitglieder des Beklagten, die das dafür in Art. 13 Abs. 2 der Satzung vorgesehene Quorum von 1/5 der (Voll‑)Mitglieder des Beklagten erreicht hatten, die Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung. Gegenstand dieser Generalversammlung sollte die Änderung der Satzung des Beklagten und bei dessen Scheitern seine Liquidation sein.
Am 23.11.2011 wurde auf der Internetseite des Beklagten eine außerordentliche Generalversammlung am 10.03.2012 angekündigt und darauf verwiesen, dass den Mitgliedern die offizielle Einladung und die Tagesordnung noch zu gegebener Zeit per Briefpost zugehen werde.
Mit Schreiben aus „Dezember 2011“ sprach der Beklagte gegenüber seinen Mitgliedern die Einladung aus. Darin heißt es u.a.:
„Da gemäß Artikel 13 der Satzung des WCF 1/5 der Mitglieder eine außergewöhnliche Generalversammlung verlangt haben, möchten wir Sie für den 10. März 2012 nach F einladen. Die folgenden Themen stehen auf der Tagesordnung:
„Änderung der Satzung
Auflösung des WCF e.V.“
Mit Schreiben vom 18.11.2011 beantragten zwischenzeitlich insgesamt weitere 15 (Voll‑)Mitglieder des Beklagten – teilweise besteht Identität mit den hiesigen Klägern – ebenfalls die Einberufung einer außerordentlichen Generalversammlung, die unter anderem auch die Neuwahl des Vorstandes und des erweiterten Vorstandes zum Gegenstand haben sollte. Diesem Verlangen kam die Präsidentin des Beklagten nach und setzte mit Schreiben vom 20.12.2011 eine weitere außerordentliche Generalversammlung auf den 30.04.2012 und damit im unmittelbaren Anschluss an die ohnehin geplante ordentliche Generalversammlung am 28./29.04.2012 an, in der der gesamte Vorstand neu gewählt werden sollte.
Die hiesigen Kläger zu 4), 6) und 8) haben – neben weiteren Antragstellern – auf Antrag vom 05.01.2012 am 09.01.2012 in dem Verfahren 3 O 81/12 LG Essen gegen den Beklagten den Erlass einer einstweiligen Verfügung im Beschlusswege erwirkt, wonach dem Beklagten u.a. aufgegeben worden war, bereits in die Tagesordnung der außerordentlichen Generalversammlung am 10.03.2012 in F u.a. folgende Tagesordnungspunkte aufzunehmen:
„(…)
4. Neuwahl des Vorstandes in der Reihenfolge: Präsident, Generalsekretär, Schatzmeister.
5. Neuwahl des erweiterten Vorstands in der Reihenfolge: erster Vizepräsident, zweiter Vizepräsident.“
Gegen diese Entscheidung hat Beklagte unter anderem mit der Begründung Widerspruch eingelegt, einer Aufnahme der fraglichen Tagesordnungspunkte stehe entgegen, dass ihre Bekanntgabe nicht innerhalb der vorgesehenen Frist von 60 Tagen möglich sei. Mit Urteil vom 27.02.2012 hat das Landgericht die am 09.01.2012 erlassene einstweilige Verfügung wegen einer ansonsten anzunehmenden Missachtung der Mitgliedschaftsrechte der Antragsteller aufrechterhalten. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Urteils Bezug genommen (Bl. 168 ff. BA 3 O 81/12 LG Essen).
Bereits vor dieser Entscheidung übersandte der Beklagte seinen Mitgliedern mit Schreiben vom 06.02.2012 eine erweiterte Tagesordnung. In dem Anschreiben heißt es dazu:
„(…)
Im Anhang übermitteln wir Ihnen die Tagesordnung für unsere außerordentliche Generalversammlung am 10.03.2012.
Über die Tagesordnungspunkte 8.1 und 8.2 haben wir Sie bereits unterrichtet. Was die Tagesordnungspunkte 9 bis 16 angeht, erfolgt die Aufnahme anlässlich der Vollziehung des Beschlusses des Landgerichts Essen vom 09.01.2012 (Az.: 3 O 8/12). Die Geltung und Einbeziehung dieser Tagesordnungspunkte steht unter dem Vorbehalt einer weiteren gerichtlichen Überprüfung und etwaigen Aufhebung des Beschlusses. Das heißt, im Falle der Aufhebung des Beschlusses im Rechtsmittelverfahren werden diese Tagesordnungspunkte nicht Gegenstand der außerordentlichen Generalversammlung.
(…)
Tagesordnung (…)
2. Feststellung der Stimmberechtigten nach Anwesenheitsliste
(…)
12. Neuwahl des Vorstands in der Reihenfolge: Präsident, Generalsekretär, Schatzmeister
(…)
13. Neuwahl des erweiterten Vorstands in der Reihenfolge: erster Vizepräsident, zweiter Vizepräsident
(…)“
In der außerordentlichen Generalversammlung am 10.03.2012 wurden die Kläger zu 1), zu 3), zu 4), zu 5), zu 7) und zu 8) durch ihre Präsidenten, die Kläger zu 2) und zu 6) durch eines ihrer Mitglieder vertreten.
Ausweislich des Protokolls der Generalversammlung waren 63 stimmberechtigte (Voll‑)Mitglieder anwesend.
Zu Punkt 12 der Tagesordnung – den Wahlen der Vorstandsmitglieder – wurden in der Generalversammlung die amtierende Präsidentin, Frau I, Frau S und Frau N als die zur Wahl stehenden Kandidatinnen vorgestellt. Die zuletzt genannte Kandidatin zog ihre Kandidatur während der Versammlung zurück. Bei der Abstimmung entfielen ausweislich des Protokolls auf Frau I 34 Stimmen und auf Frau S 30 Stimmen.
Zur Wahl als Generalsekretär des Beklagten standen Herr N2 und Herr X2. Die weitere Kandidatin, Frau D zog ihre Kandidatur zurück. Ausweislich des Protokolls entfielen bei fünf Enthaltungen auf Herrn N2 32 Stimmen und auf Herrn X2 27 Stimmen.
Bei der Wahl zur Schatzmeisterin kandidierten Frau E und Frau N3. Von den abgegebenen 63 Stimmen entfielen bei 15 Enthaltungen 26 Stimmen auf die zuerst und 19 Stimmen auf die zuletzt Genannte.
Zum ersten Vizepräsidenten ist ausweislich des Protokolls der allein kandidierende Herr S2 mit 35 Stimmen bei 24 Gegenstimmen und 5 Enthaltungen gewählt worden.
Für die Wahl eines zweiten Vizepräsidenten fand sich ausweislich des Protokolls keine absolute Mehrheit.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
Unter Abweisung der weitergehenden Klage hat das Landgericht festgestellt, dass die Wahlen der Vorstandmitglieder in der außerordentlichen Generalversammlung des Beklagten am 10.03.2012 unwirksam sind. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass bei den Vorstandswahlen in der außerordentlichen Generalversammlung am 10.03.2012 die Satzungsvorschrift des Art. 23, die unabdingbar sei, nicht eingehalten worden sei. Die Anwendbarkeit der vorgenannten Satzungsbestimmung sei auch nicht auf ordentliche Generalversammlungen beschränkt. Zudem könne sich der Beklagte nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er die satzungsmäßigen Fristen aufgrund der in dem einstweiligen Verfügungsverfahren (3 O 8/12 LG Essen) getroffenen Anordnung, die Wahlen des Vorstandes bereits am 10.03.2012 durchzuführen, gar nicht mehr habe einhalten können.
Während die Kläger die teilweise Abweisung ihrer Klage im Übrigen hingenommen haben, wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung gegen die Feststellung der Unwirksamkeit der Vorstandswahlen in der außerordentlichen Generalversammlung am 10.03.2012 und begehrt diesbezüglich eine teilweise Abänderung der angefochtenen Entscheidung und die Abweisung der Klage insgesamt. Es sei rechtsfehlerhaft, wenn das Landgericht ausführe, dass die Zustellung der einstweiligen Verfügung nicht zur Folge haben könne, dass das zum Schutze aller Vereinsmitglieder einzuhaltende Satzungsrecht in Art. 23 zur Vorstandswahl außer Kraft gesetzt werde. Zu Unrecht habe das Landgericht ihn – den Beklagten – auch als verpflichtet angesehen, die Neuwahlen des Vorstandes auch zum Gegenstand der außerordentlichen Generalversammlung am 10.03.2012 zu machen, obwohl diese Gegenstand der ordentlichen Generalversammlung am 28.04./29.04.2012 bzw. einer weiteren außerordentlichen Generalversammlung am 30.04.2012 sein sollten. Ihm – dem Beklagten – könne auch nicht vorgeworfen werden, dass er in dem einstweiligen Verfügungsverfahren nicht in dem gebotenen Umfang auf die gem. Art. 23 seiner Satzung einzuhaltende 60 Tages-Frist hingewiesen habe. Darüber hinaus habe er in dem einstweiligen Verfügungsverfahren mehrfach darauf hingewiesen, dass die Neuwahlen seines Vorstands Gegenstand einer (bereits anberaumten) außerordentlichen Generalversammlung am 30.04.2012 sein sollten, was die zuständige Kammer auch durchaus zur Kenntnis genommen habe. Insofern sei es nicht nachvollziehbar, wenn das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung ausführe, es sei erst in diesem Verfahren offenbar geworden, was Gegenstand der außerordentlichen Generalversammlung am 30.04.2012 habe sein sollen.
Der Beklagte beantragt,
die angefochtene Entscheidung teilweise abzuändern, soweit festgestellt wird, dass die Wahlen der Vorstandsmitglieder (wie im Senatstermin klargestellt: auch der Mitglieder des erweiterten Vorstands) in der außerordentlichen Generalversammlung des Beklagten vom 10.03.2012 unwirksam sind, und die Klage auch insoweit abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen die angefochtene Entscheidung, soweit sie Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, als zutreffend. Dass die von der Satzung vorgesehene Frist für die Einreichung von Bewerbungen für die Vorstandsämter nicht eingehalten worden sei, führe zur Nichtigkeit der entsprechenden Beschlussfassung und erweise sich auch mit Hinblick auf die in der einstweiligen Verfügung vom 09.01.2012 enthaltenen Anordnungen nicht als rechtmäßig. Denn auch eine gerichtliche Entscheidung eigne sich nicht dazu, eine zwingende Satzungsvorschrift außer Kraft zu setzen.
II.
Die zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Die begehrte Feststellung der Nichtigkeit der Vorstandswahlen vom 10.03.2012, also der zu den Tagesordnungspunkten 12 und 13 gefassten Beschlüsse, ist begründet.
1.
Die von den Klägern erhobene Klage ist zulässig.
a)
Insbesondere sind die Kläger rechtsfähig und damit nach § 50 Abs. 1 ZPO parteifähig. Nach allgemeiner Ansicht richtet sich die Rechts- und Parteifähigkeit einer ausländischen Partei nach ausländischem Recht (§ 50 Abs. 1 ZPO i.V.m. Art. 7 Abs. 1 EGBGB; Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Auflage 2012, § 50 Rdn. 2). Allerdings findet hier § 50 Abs. 2 ZPO in der seit dem 30.09.2009 geltenden Fassung als lex fori Anwendung, der nunmehr auch einem nicht rechtsfähigen Verein für die aktive Rechtsverfolgung die Parteifähigkeit einräumt. Dass es sich bei den Klägern (nach dem entsprechenden Personalstatut) um nationale Vereine handelt, erscheint nicht zweifelhaft (vgl. noch zur alten Rechtslage BGH NJW 2008, 69 – Rz. 55).
b)
Die Kläger haben die behaupteten Beschlussmängel zutreffend im Wege der allgemeinen Feststellungsklage (§ 256 ZPO) geltend gemacht. Nach der Rechtsprechung des 2. Zivilsenat des BGH (Urteil vom 02.07.2007 – II ZR 111/05 – NJW 2008, 69 – Rz. 36), der der Senat folgt, kommt im Vereinsrecht bei der Behandlung fehlerhafter Beschlüsse eine entsprechende Anwendung der §§ 241 ff. AktG wegen der Vielgestaltigkeit vereinsrechtlicher Zusammenschlüsse und der darum anders gelagerten tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse nicht in Betracht (BGHZ 59, 369 (371f.) = NJW 1973, 235), so dass Mängel von Vereinsbeschlüssen mit Hilfe der allgemeinen Feststellungsklage zu verfolgen sind.
2.
Die Klage ist auch begründet, da die zu den Tagesordnungspunkten 12 und 13 der außerordentlichen Generalversammlung vom 10.03.2012 gefassten Beschlüsse nichtig sind.
a)
Eine wirksame Beschlussfassung setzt die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften und die Beachtung der Satzungsbestimmungen des Vereins voraus. Beschlüsse, die unter Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften oder zwingende Satzungsbestimmungen gefasst sind, sind nichtig (Stöber/Otto, Handbuch zum Vereinsrecht, 10. Auflage 2012, Rdn. 864).
aa)
Unabhängig von der zwischen den Parteien unterschiedlich beurteilten Frage, ob Art. 23 Abs. 2 S. 2 der Satzung bereits deswegen verletzt ist, weil die Namen der Kandidaten für das Vorstandsamt nicht in der Tagesordnung selbst, sondern in einer dazu beigefügten Anlage enthalten waren, liegt hinsichtlich der Beschlussfassungen über die Wahlen zum Vorstand zumindest ein Verstoß gegen Art. 23 Abs. 2 S. 1 der Satzung vor. Danach müssen Bewerbungen – aus der systematischen Stellung ergibt sich die Geltung dieser Vorschrift sowohl für die Wahlen des Vorstandes (Präsident, Generalsekretär, Schatzmeister) als auch für die des erweiterten Vorstandes (erster und zweiter Vizepräsident) – mindestens 60 Tage vor der Generalversammlung beim Vorstand eingehen. Diese Frist wurde jedoch nicht mehr eingehalten, da der Beklagte erst mit Schreiben vom 06.02.2012 die Neuwahlen von Vorstand und erweitertem Vorstand in Vollziehung der vom Landgericht Essen erlassenen einstweiligen Verfügung vom 09.01.2012 zum Gegenstand der Tagesordnung der außerordentlichen Generalversammlung am 10.03.2012 gemacht hat. Die Beachtung dieser Vorschlagsfrist ist deswegen geboten, weil Art. 23 Abs. 3 der Satzung ausdrücklich vorsieht, dass ein anderer Kandidat – als die in der Tagesordnung aufgeführten Namen – nicht gewählt werden kann, sofern es sich – wie hier – um (die Wahl der) Vorstandsmitglieder handelt. Entgegen der Ansicht des Beklagten findet Art. 23 der Satzung, der nur von Generalversammlung spricht, sowohl auf ordentliche als auch auf außerordentliche Generalversammlungen des Beklagten Anwendung. Die Systematik der Satzung enthält keine Anhaltspunkte, die eine unterschiedliche Handhabung rechtfertigen könnten. Der einzige Unterschied zwischen ordentlicher und außerordentlicher Generalversammlung besteht darin, dass letztere außerhalb des zweijährigen Turnus auf Veranlassung eines Quorums von 20 % der Vollmitglieder stattfindet. Dies sieht der Beklagte letztlich auch so, da er sich in dem Verfahren auf Erlass der einstweiligen Verfügung vor dem Landgericht Essen gerade auch damit verteidigt hat, dass er die für Neuwahlen des Vorstandes am 10.03.2012 nach seiner Satzung vorgesehenen Frist nicht mehr werde einhalten können.
Aus dem Erlass der einstweiligen Verfügung des Landgerichts Essen vom 09.01.2012 lässt sich für den Lauf der für die Einberufung der Generalversammlung zu beachtenden Fristen nichts gewinnen. Der Umstand, dass der Beklagte nach dessen Inhalt gehalten war, auch die Neuwahlen des Vorstandes und des erweiterten Vorstandes auf die Tagesordnung der außerordentlichen Generalversammlung am 10.03.2012 zu setzen, obwohl die dafür satzungsmäßig vorgesehenen Fristen nicht mehr eingehalten werden konnten, ließ die in der Satzung vorgesehenen Frist nicht unbeachtlich werden.
bb)
Darüber hinaus wurde, ohne dass die Mitglieder hiervon entsprechende Kenntnis hatten, satzungswidrig vom Vorstand eine Frist für die Berücksichtigung von Kandidaten bis zum 08.02.2012 gesetzt, nach deren Ablauf neue Kandidaten in der Generalversammlung ausgeschlossen waren (Anlage B1, S. 23). Dabei war zuvor bereits unter dem 06.02.2012 die Einladung zur außerordentlichen Generalversammlung erfolgt mit einer Kandidatenliste, auf die die Mitglieder selbst bis zu der für den 08.02.2012 gesetzten Frist keinen Einfluss mehr nehmen konnten (Anlage B7). So konnten in einem transparenten, geordneten und satzungsgemäßen Verfahren andere Kandidaten insgesamt nicht mehr zum Zuge kommen.
b)
Die unterbliebene Beachtung der Frist, um Bewerbungen für das Amt des Vorstandes oder erweiterten Vorstandes einbringen zu können, und das weitere Ladungsprozedere haben auch Relevanz für die streitgegenständlichen Beschlussfassungen.
Nach früherer Rechtsprechung des BGH hat ein Verfahrensfehler nur dann zur Ungültigkeit eines Beschlusses geführt, wenn das Abstimmungsergebnis darauf beruht hat (vgl. BGHZ 59, 369 (374)). Zwischenzeitlich – im Anschluss an aktienrechtliche Entscheidungen des BGH – ist auch im Vereinsrecht von der Geltung der sog. Relevanztheorie auszugehen. D.h. an die Stelle des auf das Abstimmungsergebnis bezogenen Kausalitätskriteriums ist danach zu fragen, welche Relevanz der Verfahrensfehler für die Ausübung der Mitwirkungsrechte des Einzelnen hat. Maßgebend ist daher, ob ein objektiv urteilendes Mitglied bei richtiger Handhabung zu einer anderen Entscheidung gelangt sein könnte (vgl. BGH NJW 2008, 69 – juris Rz. 44; Stöber/Otto, Handbuch zum Vereinsrecht, 10. Auflage 2012, Rdn. 563; Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, 12. Auflage 2010, Rdn. 3256).
Es liegt auf der Hand, dass Bewerbungen allein deswegen unterblieben sein konnten, weil die 60-Tages-Frist nicht mehr hat eingehalten werden können. Auch der faktische Abschluss der Kandidatenliste unter dem 06.02.2012 ließ weitere Kandidaturen dann nicht mehr zu.
c)
Auf die weiteren geltend gemachten Beschlussmängel kommt es nicht mehr an.
3.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.