· Fachbeitrag · Umsatzsteuer
Besteuerung von kulturellen Leistungen: Das gilt für Theatervorführungen, Konzerte und Solisten
von Ulrich Goetze, Steuerberater, Wunstorf
| Kulturelle Leistungen eines Vereins sind von der Umsatzsteuer befreit, wenn die Kulturbehörde bescheinigt hat, dass dieser die gleichen kulturellen Aufgaben erfüllt wie eine Einrichtung des öffentlichen Rechts. Nicht so einfach in dieses Schema passen die Veranstaltung von Theatervorführungen und Konzerten sowie der Auftritt von Solisten. Erfahren Sie nachfolgend, wie diese kulturellen Leistungen steuerlich behandelt werden, um für Ihren Verein im konkreten Fall das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. |
Zum Umfang der Steuerbefreiung
Steuerbefreit sind die Gagen für auftretende Theaterensembles, Orchester, Musikgruppen und Solisten, wenn sie einer Gebietskörperschaft angehören oder eine Gleichstellungsbescheinigung haben. Befreit sind zudem die Einnahmen der Theater- oder Konzertleistungen einschließlich der damit üblicherweise verbundenen Nebenleistungen (zum Beispiel Aufbewahrung der Garderobe, Verkauf von Programmen, Vermietung von Operngläsern). Auch das Zur-Verfügung-Stellen eines Ensembles oder eines Orchesters ist eine befreite Leistung.
Soweit bei sonstigen Einrichtungen oder Solokünstlern keine Gleichstellungsbescheinigung vorliegt, sind die Einnahmen mit sieben Prozent zu versteuern. In dem Fall hat der Verein aber auch die Möglichkeit, aus Eingangsleistungen die Vorsteuer zu ziehen.
Beachten Sie | Diesen Vorsteuerabzug zu vermeiden, ist oft Ziel der Finanzverwaltung. Das kann sie dadurch erreichen, dass sie nachträglich die Bescheinigung bei der Kulturbehörde beantragt. Um Planungssicherheit bezüglich der Umsatzsteuer zu haben und unliebsame Überraschungen durch eine nachträglich erteilte Bescheinigung auszuschließen, sollte der Verein das Antragsverfahren deshalb in jedem Fall selbst durchführen.
Keine begünstigten Nebenleistungen der Aufführungen sind der Verkauf von Bild- und Tonträgern (zum Beispiel Videokassetten von Theaterstücken oder CDs von Musicals). Diese Umsätze sind im Wesentlichen dazu bestimmt, den Künstlern zusätzliche Einnahmen zu verschaffen, mit denen diese in Wettbewerb mit anderen Unternehmern stehen, die der Mehrwertsteuer unterliegen (OFD Frankfurt, Schreiben vom 17.10.2008, Az. S 7177 A-28-St 112). Diese Umsätze sind mit dem Regelsteuersatz von 19 Prozent zu versteuern.
Veranstaltung von Theatervorführungen und Konzerten
Unterhält der Kulturverein nicht selbst ein Theater oder Orchester, sondern ist er als Veranstalter von Theateraufführungen oder Konzerten tätig, kann er keine Bescheinigung der Kulturbehörde erhalten. Gleichwohl können die Leistungen des Veranstalters umsatzsteuerbefreit sein, wenn die Aufführung durch ein Theater, Orchester oder einen Solisten erbracht wird, die eine Gleichstellungsbescheinigung haben. Die Bescheinigung schlägt also auf Veranstaltungserlöse durch und gilt gleichermaßen für die Organisation wie für die Durchführung einer kulturellen Veranstaltung. Das gilt zum Beispiel für Vereine, die fremde Theater verpflichten oder Konzerte veranstalten.
Veranstalter ist derjenige, der im eigenen Namen die organisatorischen Maßnahmen dafür trifft, dass die Theatervorführung bzw. das Konzert abgehalten werden kann. Er bestimmt die Umstände, den Ort und die Zeit der Darbietung selbst. Die Theatervorführung bzw. das Konzert muss den eigentlichen Zweck der Veranstaltung ausmachen (BFH, Urteil vom 26.4.1995, Az. XI R 20/94).
PRAXISHINWEISE |
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Ebenso wie der Künstler besitzt auch der Veranstalter kein Wahlrecht zur Inanspruchnahme der Steuerbefreiung. Wird er für einen Künstler tätig, dem eine Bescheinigung erteilt wurde, sind die Umsätze steuerfrei. Der Veranstalter ist nicht verpflichtet, für den Künstler die Bescheinigung zu beantragen. In diesem Fall hat das für die Umsatzbesteuerung des Veranstalters zuständige Finanzamt bei dem für die Umsatzbesteuerung des Künstlers zuständigen Finanzamt nachzufragen, ob eine Bescheinigung vorliegt, und das Bescheinigungsverfahren gegebenenfalls von Amts wegen anzuregen.
Einzelfälle
Einige Arten von Kulturveranstaltungen sind von der Befreiung des § 4 Nr. 20 b UStG nicht umfasst. Sie werden wie folgt besteuert.
Autorenlesung
Bei einer Autorenlesung rezitiert der Autor sein Werk und bewegt sich so in einer Gattung der Kleinkunst. Die Erlöse aus der Autorenlesung sind somit als künstlerische Leistung einzuordnen und nach § 12 Nr. 7a UStG nur mit dem ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent zu versteuern (FG Köln, Urteil vom 30.8.2012, Az. 12 K 1967/11; Abruf-Nr. 123665).
Varietéaufführungen, Kleinkunst, Kabarettisten, Zauberkünstler
Filmvorführungen, Varietéaufführungen und sonstige Veranstaltungen der Kleinkunst fallen nach Auffassung der Finanzverwaltung nicht unter die Steuerbefreiung (UStAE Nr. 4.20.1 Abs. 2). Jedoch unterliegen Vorführungen von pantomimischen Werken oder Werken der Tanzkunst, Kleinkunst- und Varieté-Theatervorführungen sowie Puppenspiele und Eisrevuen dem ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent (UStAE Nr. 12.5 Abs. 2).
Auch wenn Varietés grundsätzlich nicht mit einem Theater vergleichbar sind, können die Grenzen fließend sein. Dem Prinzip nach grenzt sich das Varieté vom Theater dadurch ab, dass es vornehmlich selektive Kunstfertigkeiten (Artistik usw.) und mehr illustrierende als gestaltende Darstellungen (Ballett) als Einzelleistungen innerhalb eines Nummernprogramms präsentiert. Das Theater hingegen bietet im Wesentlichen ein ganzheitliches Kunstwerk.Deshalb muss über die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 20 UStG im Einzelfall entschieden werden.
Die Leistungen eines Solokabarettisten können steuerfrei sein (EuGH, Urteil vom 2.3.2003, Rs. C-144/00; Abruf-Nr. 031577). Auch die Veranstaltungserlöse beim Auftritt von mehreren Kabarettisten sind steuerfrei, wenn alle eine Gleichstellungsbescheinigung haben. Das gilt auch für die Leistung einer selbstständigen Chorsängerin im Rahmen eines Konzerts. Leistungen eines Zauberkünstlers können ebenfalls steuerbefreit sein.
Dinner-Shows
Bei einer Veranstaltung, bei der kulinarische und künstlerische Elemente untrennbar gleichwertig nebeneinander angeboten werden und aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers gerade dieses Kombinationserlebnis im Vordergrund steht, liegt eine einheitliche sonstige Leistung eigener Art vor. Diese unterliegt dem allgemeinen Steuersatz von 19 Prozent.
Reverse-Charge-Verfahren bei ausländischen Künstlern
Nach § 13b UStG ist der Leistungsempfänger Steuerschuldner der Umsatzsteuer, sofern ein im Ausland ansässiger Künstler im Inland tätig wird (Reverse-Charge-Verfahren). Die Steuerberechnung durch den Veranstalter kann nur unterbleiben, soweit ausländische Theater, Orchester oder Solokünstler eine Bescheinigung über gleichartige Leistungen im Sinn von § 4 Nr. 20 UStG haben. Gastieren die Künstler an verschiedenen Orten, genügt für die Steuerbefreiung eine Bescheinigung derjenigen Landesbehörde, in deren Zuständigkeitsbereich das Ensemble oder der Solist erstmalig tätig wird.
Neben der Umsatzsteuer (Reverse-Charge-Verfahrens) gibt es auch bei der Einkommensteuer Besonderheiten bei der Behandlung ausländischer Künstler. So muss der Verein bei der Zahlung von Honoraren an beschränkt steuerpflichtige Künstler einen Steuerabzug zur Abgeltung der Einkommensteuerpflicht gemäß § 50a EStG vornehmen (BMF, Schreiben vom 25.11.2010, Az. IV C 3-S 2303/09/10002; VB 9/2008, Seite 11).
Weiterführende Hinweise
- Beitrag „So werden kulturelle Leistungen und Kulturvereine umsatzsteuerlich behandelt“, VB 7/2014, Seite 9
- Beitrag „Kulturelle Leistungen: In diesen Fällen winkt eine Steuerbefreiung durch amtliche Bescheinigung“, VB 8/2014, Seite 12
- Beitrag „Einsatz ausländischer Künstler oder Sportler: So umgehen Vereine alle Steuerfallen“, VB 9/2008, Seite 11