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  • · Fachbeitrag · Mindestlohn

    Praktische Hinweise zum Mindestlohngesetz

    von Ulrich Goetze, Steuerberater, Wunstorf

    | Der gesetzliche Mindestlohn kommt ab dem 1. Januar 2015. Ehrenamtliche Tätigkeit bleibt vom Mindestlohn zwar weitgehend verschont. Aber der Teufel steckt im Detail. Gemeinnützige müssen die Vorgaben des Mindestlohngesetzes (MiLoG) vor allem dann beachten, wenn der Verein als Arbeitgeber anzusehen ist. Erfahren Sie nachfolgend anhand von typischen Fällen aus der Vereinspraxis, wie Sie prüfen, ob Ihr Verein vom MiLoG betroffen ist und was dann zu veranlassen ist. |

    Grundlagen der Anwendung des MiLoG für Vereine

    Die Grundzüge des MiLoG und wann es in gemeinnützigen Organisationen gilt und beachtet werden muss, haben wir Ihnen in den Ausgaben 9/2014 bis 11/2014 des VB vorgestellt. Zur besseren Übersicht hat die Redaktion diese Beiträge in einer Sonderausgabe zusammengefasst. Diese Sonderausgabe finden Sie auf vb.iww.de unter Downloads → Sonderausgaben. Nehmen Sie die Sonderausgabe als Orientierungshilfe an die Hand, um die folgenden Beispielsfälle besser nachvollziehen zu können.

    Die Drei-Schritt-Prüfung zur Anwendung des MiLoG

    Prinzipiell gilt: Ein Verein muss immer anhand von drei Schritten prüfen, ob der konkrete Anwendungsfall unter das MiLoG fällt. Er muss bei allen Personen, die in seinem Verantwortungsbereich tätig sind, - ob Ehrenamtliche, Honorarkräfte oder Arbeitnehmer - Folgendes ermitteln:

     

    • 1. Wie hoch ist der Umfang der geleisteten Tätigkeit und wie ist diese im Einzelfall ausgestaltet?
    •  
    • 2. Welchen Status hat der Beschäftigte? Ist er Ehrenamtler und fällt unter die Befreiungsvorschrift des MiLoG für Ehrenamtler? Ist er Ehrenamtler und fällt nicht unter die Befreiungsvorschrift des MilLoG? Ist er Arbeitnehmer und damit vom MiLoG betroffen? Ist er Selbstständiger (und damit vom MiLoG nicht erfasst)?
    •  
    • 3. Es handelt sich um einen Arbeitnehmer bzw. einen Ehrenamtler, der nicht unter die Befreiungsvorschrift des MiLoG fällt. Übersteigt seine Vergütung die Verdienstgrenze von 8,50 Euro? Sind die Vorgaben des MiLoG also eingehalten?

    Sechs konkrete Fälle aus der Vereinspraxis

    Um das ganze noch besser nachvollziehen zu können, zeigen wir Ihnen nachfolgend anhand von sechs konkreten Fällen aus der Vereinspraxis, wie eine solche „Drei-Schritt-Prüfung“ im konkreten Fall vonstatten geht.

    Bei A handelt es sich um einen nebenberuflichen Trainer/Betreuer/Pädagogen, der für eine gemeinnützige Organisation regelmäßig tätig ist und dafür eine Vergütung von 5 Euro pro Stunde erhält. Für die Tätigkeit kann der Übungsleiterfreibetrag von 2.400 Euro im Jahr in Anspruch genommen werden. Für die Frage, ob eine ehrenamtliche Tätigkeit vorliegt, muss zunächst der Umfang der Tätigkeit ermittelt werden.

     

    Schritt 1: Umfang und Einzelheiten der geleisteten Tätigkeiten

    Datum

    Beginn Uhrzeit

    Ende Uhrzeit

    Dauer in

    Std./Minuten

    Stundenvergütung

    Stundensatz

    Mo. 5.1.

    16.00

    17.30

    1,50

    Di. 6.1.

    16.00

    20.00

    4,00

    Mi. 7.1.

    18.00

    20.00

    2,00

    Do. 8.1.

    18.00

    19.30

    1,50

    Summe

    9,00

    45,00 Euro

    5,00 Euro

     

     

    Schritt 2: Bestimmung des Status des Beschäftigten

    Freibetrag nach § 3 Nr. 26 EStG

    2.400,00 Euro

    Umrechnung des Freibetrags auf eine Woche

    46,15 Euro
     

     

    A leistet für die Organisation 9 Stunden in der Woche und erhält dafür 45 Euro (9 x 5 Euro). Die Vergütung liegt innerhalb des Freibetrags von umgerechnet 46,15 Euro. Somit liegt eine ehrenamtliche Tätigkeit vor.

     

    Schritt 3: Einhaltung der Verdienstgrenze von 8,50 Euro?

    Eine Mindestvergütung von 8,50 Euro muss nicht gezahlt werden. Anders wäre es etwa, wenn A 10 Stunden geleistet hätte. Dann hätte er 50 Euro pro Woche verdient. Die Vergütung läge oberhalb des Freibetrags von 46,15 Euro. Ehrenamtlichkeit wäre nicht mehr gegeben. A hätte Anspruch auf den Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde.

     

    • 2. Feste Monatsvergütung Sporttrainer mit Anspruch auf Freibetrag nach § 3 Nr. 26 EStG

    Bei B handelt es sich um einen nebenberuflichen Sporttrainer, der für seine Leistungen eine fixe Vergütung von 300 Euro im Monat erhält. Für die Tätigkeit kann der Übungsleiterfreibetrag von 2.400 Euro im Jahr in Anspruch genommen werden. Für die Frage, ob eine ehrenamtliche Tätigkeit vorliegt, wird wieder zunächst der Umfang der Tätigkeit ermittelt.

     

    Schritt 1: Umfang und Einzelheiten der geleisteten Tätigkeiten

    Datum

    Beginn

    Uhrzeit

    Ende

    Uhrzeit

    Dauer inStd./Min.

    Vergütung

    Stundensatz

    Di. 6.1.

    18.00

    20.00

    2.50

    Do. 8.1.

    18.00

    20.00

    2,50

    So. 11.1.

    Wettkampf

    4,00

    Büro

    1,50

    Summe

    wöchentlich

    10,50

    Umrechnung

    monatlich

    X 13 : 3

    45,50

    300,00

    6,59

     

     

    B leistet für die Organisation 45,50 Stunden in der Woche und erhält dafür 300 Euro im Monat. Die Vergütung beträgt also 6,59 Euro pro Stunde.

    Praxishinweis | Die Umrechnung der Wochenzeit erfolgt mit der Formel „x 13 : 3“. Diese Formel ist wie folgt entwickelt: Das Jahr hat 52 Wochen. Ein Vierteljahr hat somit 13 Wochen. Die Wochen-Stundenzahl multipliziert mit 13 Wochen ergibt die Stundenzahl für ein Vierteljahr, dieses geteilt durch 3 Monate ergibt den durchschnittlichen Monatswert.

     

    Schritt 2: Bestimmung des Status des Beschäftigten

    B hat Anspruch auf den Freibetrag nach § 3 Nr. 26 EStG, da er nebenberuflich (weniger als 13 Std. wöchentlich) tätig ist.

    Freibetrag nach § 3 Nr. 26 EStG

    2.400,00 Euro

    Umrechnung des Freibetrags auf einen Monat

    200,00 Euro

     

     

    Die Vergütung des Übungsleiters beträgt 300,00 Euro/Monat. Sie liegt oberhalb des Freibetrags von umgerechnet 200 Euro. Somit liegt keine ehrenamtliche Tätigkeit vor. Es liegt keine Selbstständigkeit vor, da der Trainer als „Vorgesetzter“ der Spieler der Mannschaft Arbeitnehmer des Vereins ist.

     

    Schritt 3: Einhaltung der Verdienstgrenze von 8,50 Euro?

    Es muss also eine Mindestvergütung von 8,50 Euro/Std. gezahlt werden. Diese wir derzeit nicht erreicht (siehe oben). Der Verein muss die Vergütung auf den Mindestlohn anheben. MiLoG-gerecht wäre ab 1. Januar 2015 eine monatliche Vergütung von 386,75 Euro.

     

    • 3. MiLoG-Vermeidung durch Führung eines Arbeitszeitkontos

    In diesem Beispiel umgeht der Verein die Stundenlohnberechnungsproblematik, indem der eine pauschale Übungsleitervergütung von 2.400 Euro durch die Führung eines Arbeitszeitkontos so zerlegt, dass das Kriterium „Ehrenamtlichkeit“ des Übungsleiters erfüllt ist (und das MiLoG keine Anwendung findet).

     

    Schritt 1: Umfang und Einzelheiten der geleisteten Tätigkeiten

    Verdienst Januar bis Juni 2015 - je 250 Euro monatlich

    1.500 Euro

    Verdienst Juli und August 2015 - keine Tätigkeit

    0 Euro

    Verdienst September bis November 2015 - je 250 Euro monatlich

    750 Euro

    Verdienst Dezember 2015 (2.400 Euro./. [1.500 Euro + 750 Euro])

    150 Euro

    Summe

    2.400 Euro

     

     

    Schritt 2: Bestimmung des Status des Beschäftigten

    Freibetrag nach § 3 Nr. 26 EStG

    2.400 Euro

    Umrechnung des Freibetrags auf einen Monat

    200 Euro

     

     

    Die Vergütung des Übungsleiters beträgt im Durchschnitt 200 Euro im Monat. Sie liegt im Rahmen des Freibetrags von umgerechnet 200 Euro. Somit liegt eine ehrenamtliche Tätigkeit vor.

     

    Achtung: Im vorliegenden Beispiel muss der Verein deutlich machen, dass der Freibetrag nach § 3 Nr. 26 EStG in Höhe der Monatsvergütungen zugeordnet worden ist. Ohne Zuordnungsentscheidung des Vereins (zum Beispiel werden die Vergütungen nur ausbezahlt, ohne sie in einem Lohnkonto mit den Freibeträgen zu verrechnen), nimmt die Sozialversicherung an, dass nur 200 Euro frei sind und erhebt Beiträge auf 50 Euro.

     

    Schritt 3: Einhaltung der Verdienstgrenze von 8,50 Euro

    Es muss keine Mindestvergütung von 8,50 Euro pro Stunde gezahlt werden.

     
    • 4. Feste Monatsvergütung Mitarbeiterin der Geschäftsstelle

    In diesem Fall handelt es sich um eine nebenberufliche Mitarbeiterin in der Geschäftsstelle eines Vereins, die dafür eine feste monatliche Vergütung von 250 Euro erhält. Für die Frage, ob die Tätigkeit und die Vergütung MiLoG-relevant sind, muss wieder der Umfang der Tätigkeit ermittelt werden.

     

    Schritt 1: Umfang und Einzelheiten der geleisteten Tätigkeiten

    Datum

    Beginn

    Uhrzeit

    Ende

    Uhrzeit

    Dauer

    Std./Min.

    Vergütung

    Stundensatz

    Di. 6.1.

    17.00

    20.00

    3.00

    Do. 8.1.

    17.00

    20.00

    3,00

    Umrechnung

    auf Monat

    6 x 13 : 3

    26,00

    Teilnahme Vorstandsitzung

    mtl. 3 Std.

    3,00

    Erledigung Buchführung

    mtl. 5 Std.

    5,00

    Summe

    monatlich

    34,00

    250,00 Euro

    7,35 Euro

     

     

    Schritt 2: Bestimmung des Status der Beschäftigten

    Die Mitarbeiterin hat Anspruch auf den Freibetrag nach § 3 Nr. 26a EStG (Ehrenamtsfreibetrag), da sie nebenberuflich (weniger als 13 Std. wöchentlich) tätig ist.

    Freibetrag nach § 3 Nr. 26a EStG

    720 Euro

    Umrechnung des Freibetrags auf einen Monat

    60 Euro

     

     

    Die Vergütung beträgt 250,00 Euro Monat. Sie liegt oberhalb des Freibetrags von umgerechnet 60,00 Euro. Somit liegt keine ehrenamtliche Tätigkeit vor. Es liegt keine Selbstständigkeit vor, da die Tätigkeit in der Geschäftsstelle eine typische Eingliederung in die Vereinsorganisation bedeutet.

     

    Schritt 3: Einhaltung der Verdienstgrenze von 8,50 Euro

    Es muss eine Mindestvergütung von 8,50 Euro pro Stunde gezahlt werden. Diese wird derzeit nicht erreicht (250 Euro: 34 Stunden = 7,35 Euro). Die MiLoG-gerechte Vergütung beträgt 289 Euro (34 x 8,50 Euro).

     
    • 5. Vereinsvorsitzender mit fester Monatsvergütung

    Ein Vorstandsvorsitzender enthält für die Tätigkeit für Verein eine feste Monatsvergütung. Für die Frage, ob die Tätigkeit und die Vergütung MiLoG-relevant sind, muss wieder der Umfang der Vorstandstätigkeit ermittelt werden.
    Schritt 1: Umfang und Einzelheiten der geleisteten Tätigkeiten

    Täglich etwa 6 Std. auf dem Vereinsgelände

    30 Std.

    Wochenende bei Vereinsaktivitäten im Durchschnitt

    4 Std.

    Summe wöchentlich

    34 Std.

    Umrechnung auf Monat 34 x 13 : 3

    147 Std.

     

     

    Schritt 2: Bestimmung des Status des Beschäftigten

    Der Vereinsvorsitzende ist wie ein Geschäftsführer des Vereins tätig. Es handelt sich um ein Arbeitsverhältnis (leitender Mitarbeiter). Die Tätigkeit ist nicht nebenberuflich, sodass der Freibetrag nach § 3 Nr. 26a EStG nicht gewährt werden kann.

     

    Schritt 3: Einhaltung der Verdienstgrenze von 8,50 Euro

    Es muss Mindestvergütung von 8,50 Euro pro Stunde gezahlt werden, das ergibt eine Monatsvergütung von 1.249,50 Euro. Der Vorsitzende muss seine Arbeitszeiten notieren. Da die Zeiten im Laufe eines Jahres voraussichtlich variieren, ist die Vereinbarung eines Jahres-Arbeitszeitkontos zu empfehlen.

     
    • Beispiel 6: Feste Monatsvergütung Mannschaftsspieler Sport

    Im letzten betrachteten Fall handelt es sich um einen Mannschaftsspieler, der für sein Engagement eine feste monatliche Vergütung erhält. Für die Frage, ob die Tätigkeit und die Vergütung MiLoG-relevant sind, muss wieder der Umfang der Tätigkeit ermittelt werden.

     

    Schritt 1: Umfang und Einzelheiten der geleisteten Tätigkeiten

    Datum

    Beginn

    Uhrzeit

    Ende

    Uhrzeit

    Dauer

    Std./Min.

    Vergütung

    Stundensatz

    Di.

    18.00

    20.00

    2.00

    Do.

    18.00

    20.00

    2,00

    So.

    Wettkampf

    3,00

    Summe

    wöchentlich

    7

    Summe

    monatlich

    x 13 : 3

    30,33

     

     

    Schritt 2: Bestimmung des Status des Beschäftigten

    Für Vergütungen an Sportler gibt es keinen Freibetrag für ehrenamtliche Tätigkeiten. Die Träger der Sozialversicherung nehmen kein Arbeitsverhältnis zwischen Verein und Sportler an, wenn die Tätigkeit des Sportlers nicht aus Erwerbsgründen ausgeübt wird. Typisierend wird eine Verdienstgrenze von 200,00 Euro monatlich als unschädlich und somit ehrenamtlich angesehen. Ob diese Grenze auch für das MiLoG anerkannt wird, ist fraglich. Zuständig für die Festlegung dürfte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales sein.

     

    Lohnsteuerrechtlich gibt es keine Freigrenze für die Einbehaltung von Lohnsteuern. Soweit Zahlungen des Vereins an den Sportler nur seinen glaubhaft gemachten Aufwand ersetzen besteht keine Lohnsteuereinbehaltungspflicht des Vereins. Ansonsten ist die Lohnsteuer nach den Lohnsteuermerkmalen ElStAM (meistens Klasse I oder VI) zu berechnen.

     

    Schritt 3: Einhaltung der Verdienstgrenze von 8,50 Euro

    Bisher hat der Deutsche Fußballbund in seinem Steuerhandbuch Empfehlungen zur Einsparung von Mini-Job-Abgaben gegeben. Die Vergütung wurde aufgeteilt in Fahrten zum Training, zu Auswärtsspielen und andere kleiner Aufwendungen. Diese Aufteilung war bisher schon umstritten, da nur tatsächlich angefallene Kosten steuerfrei erstattet werden können.

     

    Bei Abgleich mit der Lohnuntergrenze von 8,50 Euro pro Stunde ist Auslagenersatz nicht einzubeziehen. Ansonsten empfiehlt sich auch bei Sportlern, die Vergütungen vom Verein erhalten, die Einrichtung eines Jahres-Arbeitszeitkontos. Erfolgsbezogene Vergütungsbestandteile sind in Stundenlöhne umzurechnen.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Beitrag „Der Mindestlohn in der Praxis: Diese Gestaltungsmöglichkeiten können gemeinnützige Organisationen nutzen“, VB 11/2014, Seite 15 bis 17
    Quelle: Ausgabe 12 / 2014 | Seite 3 | ID 43066156