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  • · Fachbeitrag · Verbandsrecht

    Zentralverein: Wie eigenständig sind die Untergliederungen?

    | Untergliedert sich ein Verein „nach unten“ - also etwa in Landes-, Bezirks- und Ortsvereine, spricht man von einem Zentralverein oder -verband. Anders als im sogenannten Vereinsverband (mit meist eigenständigen Körperschaften als Mitgliedern) besteht eine sogenannte gestufte Mehrfachmitgliedschaft. Die Mitglieder der Untergliederung (Glied- oder Zweigvereine) sind zugleich Mitglieder im Hauptverein. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt hat jetzt klargestellt, dass die Eigenständigkeit und Satzungsautonomie solcher Untergliederungen stark eingeschränkt ist. |

    Der Grundsatz der Vereinsautonomie

    Generell gilt nach dem ungeschriebenen Grundsatz der Vereinsautonomie, dass der rechtliche Fremdeinfluss von außen nicht so stark sein darf, dass der Verein nicht mehr als vornehmlich von der Willensbildung und -betätigung seiner Mitglieder getragen angesehen werden kann, sondern als unselbständige Verwaltungsstelle einer anderen Organisation erscheint. Damit verliert er seinen Vereinscharakter und kann nicht ins Vereinsregister eingetragen werden.

    Satzungsautonomie im Zweigverein stark eingeschränkt

    Anders sieht es bei Zweigvereinen aus. Hier ist es mit dem Grundsatz der Vereinsautonomie vereinbar, dass sie zu Oberverbänden in Abhängigkeit stehen, ihren Vereinscharakter dadurch aber nicht verlieren, solange sie auch eigenständig Aufgaben wahrnehmen. Bei derartigen Zweigvereinen sind satzungsmäßige Beschränkungen des Selbstverwaltungsrechts zugunsten des Gesamtvereins üblich und rechtlich nicht zu beanstanden. Das gilt auch dann, wenn die Zweigvereine selbst eingetragene Vereine sind (OLG Frankfurt, Urteil vom 27.2.2014, Az. 15 U 94/13; Abruf-Nr. 141660).

     

    Satzungshoheit des Zentralvereins und die Folgen für den Zweigverein

    Die Satzung des Zweigvereins kann also durch den Gesamtverein und dessen Satzung Vorgaben erhalten. Dagegen gibt es vor allem deswegen keine rechtlichen Bedenken, weil die Mitglieder des Zweigvereins zugleich Mitglieder des Gesamtvereins sind. Der Gesamtverein steht seinen Zweigvereinen nicht wie ein fremder Dritter - der also nicht (Organ-)Mitglied ist - gegenüber, weil seine Willensbildung ebenfalls von den gemeinsamen Mitgliedern bestimmt wird.

     

    Hat der Zweigverein eine eigene Satzung, dürfen sich die Satzungen von Gesamt- und Zweigverein nicht widersprechen. Der Hauptverein kann seinen Untergliederungen auch eine Verfassung geben oder in seiner eigenen Satzung bestimmen, dass diese auch für die Untergliederungen verbindlich ist.

     

    Unterschied zwischen Zentralverein und Gesamtverband

    Ob es sich um einen Zentralverein oder einen Vereinsverband handelt, muss anhand der Satzung geprüft werden. Ordnet sie die Zweigvereine klar als Untergliederungen ein, gilt das auch, wenn die Zweigvereine als eingetragene oder nicht eingetragene Vereine selbstständige Rechtssubjekte sind.

     

    Wichtig | Für einen Zentralverein spricht insbesondere, dass die Zweigvereine sich innerhalb des Hauptvereins bilden und nicht als bestehende Vereine beitreten. Auch dass ein Verein über lange Zeit eigenständig agiert und eigenes Vermögen hat, heißt noch lange nicht, dass es sich um einen selbstständigen Verein mit eigenen Mitgliedschaftsstatus handelt. Es kann dann auch eine Untergliederung des Hauptvereins vorliegen.

     

    Klagerecht des Zentralvereins

    Diese rechtliche Lage begründet auch die Möglichkeit des Hauptvereins, gegen seinen Mitgliedsverein eine Feststellungklage zu führen. Grundsätzlich steht eine solche Klagemöglichkeit nur Mitgliedern und Vereinsorganen (zum Beispiel dem Vorstand) zu, nicht aber Dritten. Bei einem Zentralverein hat aber auch der Hauptverein die Möglichkeit, die Nichtigkeit von Mitgliederbeschlüssen im Zweigverein gerichtlich feststellen zu lassen.

     

    Zweigverein kann sich nicht aus Zentralverein herauslösen

    Der Zweigverein kann nicht aus dem Hauptverein austreten. Denn es besteht ja keine Mitgliedschaft wie im Vereinsverband. Einfluss auf die Entscheidungen und die Ausrichtung des Hauptvereins können die Mitglieder des Zweigvereins nur im Rahmen der satzungsmäßigen Mitgliedschaftsrechte nehmen.

     

    Wichtig | Schließen sich Mitglieder des Hauptvereins auf regionaler Ebene selbst zu Zweigvereinen zusammen, können sie diesen Zweigverein auch selbst wieder auflösen.

     

    Nicht möglich ist es dagegen, die von der Satzung des Hauptvereins vorgegebene Struktur und Organisation des Gesamtvereins allein durch den Mehrheitsbeschluss eines Zweigvereins zu ändern. Dazu bedarf es nach Auffassung des OLG vielmehr einer Mehrheit in der Mitgliederversammlung des Hauptvereins. Hier gilt nämlich - so das OLG - das Gleiche wie für alle Minderheiten in einer demokratisch verfassten Einheit: Ihre Ziele erreichen sie damit, dass sie für ihre Minderheitsauffassung eine Mehrheit organisieren.

     

    PRAXISHINWEIS | Rechtlich gesehen sind die Zweigvereine eines Zentralvereins damit den Abteilungen eines Spartenvereins sehr ähnlich. Auch hier hat die Rechtsprechung klargestellt, dass eine eventuelle Eigenständigkeit anhand der Satzung des Hauptvereins geprüft werden muss und eine Herauslösung regelmäßig nicht möglich ist (Bundesgerichtshof, Urteile vom 19.2.2013, Az. II ZR 169/11; Abruf-Nr. 131269 und vom 2.7.2007, Az. II ZR 111/05; Abruf-Nr. 073076).

    Quelle: Ausgabe 06 / 2014 | Seite 16 | ID 42711885