· Fachbeitrag · Courtagerückforderung
Stornogefahrmitteilungen auch für Makler?
| Immer wieder meinen Versicherungsmakler, zur Rückzahlung der Courtage nicht verpflichtet zu sein, weil sie der Versicherer nicht über die drohende Stornogefahr informiert habe. Doch das ist ein Trugschluss. Der Grundsatz lautet nämlich: Keine Stornogefahrmitteilung an echte Makler. |
Rückgriff auf Schutzvorschrift aus dem Vertreterrecht
Makler, die Stornogefahrmitteilungen für sich reklamieren, begründen ihre Ansicht mit den handelsvertreterrechtlichen Schutzbestimmungen des § 87a Abs. 2 und 3 HGB. Diese lauten:
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Fälligkeit der Provision
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Danach entfällt der Provisionsanspruch des Vertreters, wenn die Nichtausführung des Versicherungsvertrags auf Umständen beruht, die vom Versicherer nicht zu vertreten sind. Im Umkehrschluss heißt das: Der Provisionsanspruch des Vertreters bleibt bestehen, wenn der Versicherer den Vertreter nicht über die Stornogefahr informiert oder nicht selbst nachgearbeitet hat.
Die aus dieser Schutzbestimmung resultierende Rechtsprechung ist inzwischen einschlägig. Sie enthält die Verpflichtung des Versicherers, einem Vertreter grundsätzlich eine Stornogefahrmitteilung zukommen zu lassen, bevor er eine Provision zurückverlangen kann (OLG Köln, Urteil vom 26.02.1999, Az. 19 U 159/98, Abruf-Nr. 99762).
Schutzvorschrift aus dem Vertreterrecht gilt nicht für Makler
Eine solche Schutzvorschrift findet sich im Maklerrecht nicht. Das ist verständlich. Ein Versicherungsmakler kann sie auch nicht ohne weiteres einfordern, weil er Sachwalter und Bundesgenosse des Kunden ist und im Lager des Kunden steht. Dagegen ist der Vertreter „Auge und Ohr“ des Versicherers/Unternehmens und steht in dessen Lager.
Die Gerichte bis hin zum Bundesgerichtshof haben sich in den vergangenen Jahren immer wieder mit der Frage der Stornogefahrmitteilung an Versicherungsmakler beschäftigen müssen.
Grundsatz: Keine Stornogefahrenmitteilung an echte Makler
Der Tenor lautet auch hier: Der Versicherer schuldet dem echten Versicherungsmakler keine Stornogefahrenmitteilung. § 87a HGB gilt nicht für Makler (OLG Frankfurt, Urteil vom 18.04.1997, Az. 24 U 115/95, Abruf-Nr. 99424).
Ausnahme: Stornogefahrmitteilung an unechte Makler
In Sonder-/Einzelfällen sind die Gerichte von dem Grundsatz abgewichen und haben dem Makler Stornogefahrmitteilungen zugebilligt. Und zwar bei „unechten“ Maklerverhältnissen, wenn wirtschaftlich und rechtlich ein Handelsvertreterverhältnis gewollt ist bzw. wenn ein Makler in die Außenorganisation ähnlich eingebunden ist wie die abhängigen Vermittler.
- Für den BGH besteht im Einzelfall unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) eine Pflicht des Versicherers, notleidende Versicherungsverträge nachzubearbeiten und Stornogefahrmitteilungen zu versenden, wenn der Makler in gleicher Weise schutzbedürftig wie ein Vertreter ist. Dafür sprechen
- vor allem die laufend gezahlten Courtagevorschüsse,
- die Einbindung in die Organisationsstruktur des Versicherers und
- die Zahlung eines Organisationszuschusses sowie eines Bestandspflegegeldes (BGH, Urteil vom 1.12.2010, Az. VIII ZR 310/09, Abruf-Nr. 110310, Einzelheiten in WVM 3/2011, Seite 9).
- „Eine an Treu und Glauben orientierte Auslegung der zwischen dem Versicherer und dem Versicherungsmakler getroffenen Vereinbarungen kann ausnahmsweise eine Pflicht des Versicherers zur Abgabe von Stornogefahrmitteilungen begründen_“ (OLG Frankfurt, Urteil vom 18.04.1997, Az. 24 U 115/95, Abruf-Nr. 99424).
- Für das OLG Hamm kommt die analoge Anwendung des § 87a Abs. 3 HGB in Betracht, wenn
- der Makler zum Versicherer in laufender Geschäftsbeziehung steht,
- dort insbesondere ein Agenturkonto für ihn geführt wird,
- die Tätigkeit im Rahmen dieser Geschäftsbeziehung den wesentlichen Teil seiner Vermittlungstätigkeit ausmacht und
- er aufgrund einer allgemeinen mit dem Versicherungsmakler abgeschlossenen Abrede laufend Provisionsvorschüsse bezieht (OLG Hamm, Urteil vom 21.01.1999, Az. 18 U 109/98; Abruf-Nr. 99447).
- Für das OLG Düsseldorf kann sich eine Nachbearbeitungspflicht im Einzelfall aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) oder einer hieran orientierten Auslegung des Vertrags zwischen dem Versicherungsmakler und dem Versicherer ergeben. Als Gesichtspunkte, die bei der Abwägung aller Umstände berücksichtigt werden müssen, kommen u. a. in Frage
- die laufende Zahlung von Courtagevorschüssen für vermittelte Verträge,
- die Einbindung in die Organisationsstruktur,
- die Zahlung eines Organisationskostenzuschusses oder von Bestandspflegegeld,
- eine laufende Geschäftsbeziehung sowie
- die Führung eines Agenturkontos (OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.05.2016, Az. 16 U 187/14, Abruf-Nr. 187636).