· Fachbeitrag · Haftung
Betriebshaftpflichtversicherung: Makler muss von sich aus das zu versichernde Risiko abklären
| Der Versicherungsmakler ist Sachwalter und daher zu einer umfassenden Betreuung aller Versicherungsinteressen seines Kunden und zu einer entsprechenden Beratung in Bezug auf den von ihm vermittelten Versicherungsvertrag verpflichtet. Bei einer Betriebshaftpflichtversicherung muss der Makler von sich aus das Risiko des Kunden untersuchen, die tatsächlichen Umstände prüfen und den Kunden unverzüglich und ungefragt über die für ihn wichtigen Ergebnisse unterrichten. Das hat das OLG Brandenburg klargestellt. |
Makler vermittelt Betriebshaftpflichtversicherung
Im Urteilsfall war der Versicherungsnehmer Ofen- und Kaminbaumeister. Neben dieser Tätigkeit bot er - nach seiner Darstellung - auch Fliesenlegearbeiten an. Im September 2009 vermittelte ihm der Versicherungsmakler M eine Betriebshaftpflichtversicherung. Beim zu versichernden Risiko wurde die Tätigkeit als Ofenbauer angegeben. Auf Initiative des Versicherungsnehmers fügte M später in den Antrag noch den Zusatz „incl. zugehöriger Fliesenarbeiten“ ein. In der Police ist das Risiko mit „Kamin-, Ofen- und Herdsetzer, Feuerungs- und Luftheizungsbau“ bezeichnet.
Bereits im Juli 2009 hatte der Versicherungsnehmer Fliesenarbeiten an einem Pumpensumpf durchgeführt. Als dieser im Oktober 2009 in Betrieb genommen wurde, führte austretendes Abwasser wegen der Mangelhaftigkeit der Fliesenarbeiten zu einem Gebäudeschaden.
Der Betriebshaftpflichtversicherer lehnte seine Eintrittspflicht unter anderem deshalb ab, weil das Risiko „Fliesenarbeiten“ nicht versichert sei. Der Versicherungsnehmer verklagte daraufhin den Makler M wegen Falschberatung auf Schadenersatz. Die Klage hatte in beiden Instanzen Erfolg (OLG Brandenburg, Urteil vom 23.10.2012, Az. 11 U 90/10; Abruf-Nr. 123933).
Schadenersatzpflicht des Maklers
Der Versicherungsnehmer hat gegen den Makler einen Schadenersatzanspruch (§ 63 VVG). Nach Ansicht des OLG liegt nämlich eine Schlechtberatung des Maklers vor. Das gilt unabhängig davon, ob der Versicherungsnehmer auf seine Fliesenlegertätigkeit hingewiesen hat.
Schlechtberatung durch Makler
Begründet hat das OLG dies so: M ist Interessenvertreter des Versicherungsnehmers. Daher ist er zu einer umfassenden Betreuung aller Versicherungsinteressen und zu einer entsprechenden Beratung in Bezug auf den vermittelten Versicherungsvertrag verpflichtet. Dazu gehört, dass der Makler von sich aus das Risiko des Versicherungsnehmers untersuchen, das Objekt (im Streitfall die tatsächlichen Umstände des Geschäftsbetriebs) prüfen und den Versicherungsnehmer unverzüglich und ungefragt über die für ihn wichtigen Ergebnisse unterrichten muss. Diese umfassenden Pflichten machen den Makler zum treuhänderischen Sachwalter.
Kein Mitverschulden des Versicherungsnehmers
Den Versicherungsnehmer trifft nach Ansicht des OLG kein Mitverschulden (§ 254 Abs. 1 BGB). Denn grundsätzlich kann bei einer Pflichtverletzung des Maklers kein Mitverschulden des Geschädigten (= Versicherungsnehmers) angenommen werden. Ist die fachgerechte Betreuung und Beratung Inhalt der Vertragspflicht, kann sich der pflichtwidrig handelnde Vertragspartner in der Regel nicht mit Erfolg darauf berufen, der ihm vertrauende Geschädigte habe seine Interessen selbst schützen und mit einer Pflichtverletzung rechnen müssen. Der Versicherungsnehmer nimmt ja gerade die Dienste eines Fachmanns in Anspruch, um sich von derartigen Obliegenheiten zu befreien.
Ausnahmen gelten laut OLG nur bei Vorgängen, die zwar in den Pflichtenbereich des Versicherungsmaklers gehören, aber keine besonderen Fachkenntnisse erfordern und vom Kunden ohne besondere Schwierigkeit selbst wahrgenommen werden können. Das ist aber im Urteilsfall nicht der Fall. Die besondere rechtliche Stellung eines Versicherungsmaklers rechtfertigt das Vertrauen des Versicherungsnehmers darin, dieser werde in erster Linie seine versicherungsvertraglichen Interessen wahrnehmen.
Fliesenarbeiten nicht in Betriebshaftpflicht versichert
Die Pflichtverletzung des Maklers hat dazu geführt, dass das Risiko Fliesenlegerarbeiten im Vertrag nicht eingedeckt worden ist und der Versicherungsnehmer im Schadensfall ohne Versicherungsschutz dastand.
PRAXISHINWEISE |
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Als Makler sehen Sie sich immer wieder Schadenersatzansprüchen ausgesetzt. Das zeigen die unterschiedlichen Haftungsfälle aus der Rechtsprechung der vergangenen Jahre:
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Schlagwort | Aussage des Gerichts | Urteilsdaten |
| Der Makler muss einem ledigem Versicherungsnehmer, der seine Lebensgefährtin absichern will, die finanziellen Nachteile einer Kündigung eines bestehenden steuerbegünstigten Kapitallebensversicherungsvertrags vor Augen führen und von der Kündigung zugunsten eines Basisrentenvertrags abraten. | OLG Saarbrücken, Urteil vom 4.5.2011, Az. 5 U 502/10 - 76; Abruf-Nr. 113386 |
| Der Makler muss beim Wechsel einer Personenversicherung dem Kunden einen nachvollziehbaren und geordneten Überblick über alle wesentlichen leistungs- und beitragsrelevanten Unterschiede der bestehenden und der angebotenen Versicherung verschaffen. | OLG Karlsruhe, Urteil vom 15.9.2011, Az. 12 U 56/11; Abruf-Nr. 113876 |
| Ein Versicherungsmakler, der in die Abwicklung eines Unfallschadens eingeschaltet ist, muss den Versicherungsnehmer auf die Frist zur ärztlichen Feststellung einer Invalidität hinweisen, wenn für ihn erkennbar ist, dass Ansprüche wegen Invalidität gegen den Unfallversicherer ernsthaft in Betracht kommen. | BGH, Urteil vom 16.7.2009, Az. III ZR 21/09; Abruf-Nr. 092673 |
| Ein Makler musste 2002 bei der Prüfung eines Versicherungswechsels innerhalb der privaten Krankenversicherung eine etwaige künftige Rechtsänderung hinsichtlich der Übertragbarkeit der Alterungsrückstellung nicht berücksichtigen. | BGH, Beschluss vom 27.5.2009, Az. III ZR 231/08; Abruf-Nr. 092157 |
| Ein Versicherungsmakler, der den Wechsel zu einem anderen privaten Krankenversicherer begleitet, muss explizit von einer Kündigung des Vertrags mit dem Altversicherer abraten, solange nicht ausgeschlossen ist, dass die Gesundheitsprüfung des Neuversicherers zu einer Ablehnung oder Einschränkung des Versicherungsschutzes führt. | LG Dortmund, Urteil vom 24.6.2009, Az. 2 O 141/08; Abruf-Nr. 093316 |
| Der Versicherungsmakler ist Sachwalter und daher zu einer umfassenden Betreuung aller Versicherungsinteressen seines Kunden und zu einer entsprechenden Beratung in Bezug auf den von ihm vermittelten Versicherungsvertrag verpflichtet. Dabei muss der Makler von sich aus das Risiko des Kunden untersuchen, die tatsächlichen Umstände prüfen und den Kunden unverzüglich und ungefragt über die für ihn wichtigen Ergebnisse unterrichten. | OLG Brandenburg, Urteil vom 23.10.2012, Az. 11 U 90/10; Abruf-Nr. 123933 |
| Ein Makler, der für ein Umbauvorhaben umfassend beauftragt ist, muss die Versicherungssumme einer bestehenden Gebäudeversicherung prüfen, wenn die Versicherung die Substanz des Altbaus weiter absichern soll. Und er muss gegebenenfalls für eine Änderung der Versicherung sorgen. | OLG Hamm, Urteil vom 30.4.2012, Az. 18 U 141/06; Abruf-Nr. 122010; rechtskräftig |
| Der Versicherungsmakler, der sich verpflichtet, bestehende und neu abzuschließende Versicherungsverträge eines Unternehmens auf Richtigkeit, Zweckmäßigkeit der Vertragsgestaltung und Prämiensätze zu prüfen sowie Versicherungsverträge zu vermitteln und verwalten, muss auch auf eine vollständige Abdeckung der zu versichernden Risiken in der Gebäudeversicherung hinwirken und darauf achten, dass korrekte Versicherungssummen enthalten sind. | OLG Stuttgart, Urteil vom 30.3.2011, Az. 3 U 192/10; Abruf-Nr. 130099 |
| Beim Wechsel einer Rechtsschutzversicherung kann aufgrund der Ausschlussfrist in § 4 Abs. 3 lit. b ARB 94 eine Deckungslücke entstehen. Darauf muss der umfassend beauftragte Versicherungsmakler seinen Kunden hinweisen. | OLG Hamm, Urteil vom 1.3.2012, Az. I-18 U 84/11; Abruf-Nr. 121334 |