04.03.2008 | Aktuelle Rechtsprechung
Vager Verdacht auf Abrechnungsbetrug rechtfertigt keine Praxisdurchsuchung
Die Durchsuchung einer Arztpraxis durch die Staatsanwaltschaft ist unverhältnismäßig, wenn lediglich vage Anhaltspunkte oder bloße Vermutungen für einen Abrechnungsbetrug des Arztes vorliegen. Dies gilt erst recht, wenn es um relativ geringe Summen geht. So lautet die Essenz aus einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 21. Januar 2008 (Az: 2 BvR 1219/07).
Der Fall
Im Urteilsfall hatte eine Ärztin einer Patientin unter anderem Kosten für Ultraschalluntersuchungen in Höhe von etwa 75 Euro in Rechnung gestellt. Die Patientin behauptete, dass die Untersuchungen bei dem fraglichen Termin nicht erbracht worden seien. Daraufhin übersandte ihr die Ärztin Abdrucke von Ultraschallbildern, auf denen ihr Name, das Datum und die Uhrzeit der Untersuchung aufgedruckt waren. Die Patientin zweifelte die Echtheit der Bilder an – unter anderem, weil die angegebene Uhrzeit nicht mit der Zeit der Behandlung übereinstimmte.
Auf eine Anzeige des Ehemannes hin leitete die Staatsanwaltschaft gegen die Ärztin ein Ermittlungsverfahren wegen versuchten Abrechnungsbetrugs ein und erwirkte beim Amtsgericht einen Durchsuchungsbeschluss für die Wohn- und Praxisräume der Ärztin sowie deren Kraftfahrzeuge. Als Folge wurden die Praxis- und Laborräume durchsucht. Hiergegen eingelegte Rechtsmittel blieben vor dem Landgericht erfolglos.
Die Entscheidung des BVerfG
Die daraufhin eingelegte Verfassungsbeschwerde der Ärztin war erfolgreich. Nach Auffassung des BVerfG ist die Durchsuchung der Arztpraxis in Anbetracht des relativ geringen Schadens und der Tatsache, dass ein kaum über bloße Vermutungen hinausreichender Tatverdacht bestanden hat, unverhältnismäßig. Die abweichende Uhrzeit könne auch auf einen technischen Fehler zurückzuführen sein. Der Indizwert sei jedenfalls nicht so hoch, um eine Durchsuchung der Praxis und der Wohnung der Ärztin zu rechtfertigen.
Fazit
Bei vermutetem Abrechnungsbetrug wird es weiterhin zu Durchsuchungen kommen können, auch wenn es um kleinere Beträge geht. Allerdings muss der Tatverdacht dann schon sehr konkret sein und darf nicht nur auf Vermutungen beruhen.
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