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  • 07.02.2011 | Berufs- und Wettbewerbsrecht

    Kostenlose Behandlungsmaßnahmen selbst bei Aufklärungskampagne verboten

    von RA, FA für MedR Dr. Tobias Eickmann und Ass. iur. Dr. Stefan Droste, Kanzlei am Ärztehaus, www.kanzlei-am-aerztehaus.de

    Das Landgericht (LG) Berlin hat mit Urteil vom 7. September 2010 festgestellt, dass das Anbieten einer kostenlosen Vorsorgeuntersuchung aufgrund eines Verstoßes gegen § 12 der Berufsordnung (BO) berufs- und damit auch wettbewerbswidrig ist. Dies gelte auch dann, wenn die kostenlose Behandlung im Rahmen einer europaweiten Aufklärungskampagne stattfindet (Az: 103 O 80/10, Abruf-Nr. 110180). Die Entscheidung ist auch richtungweisend für Zahnärzte.  

    Der Fall

    In dermatologischen Praxen fand eine europaweite Kampagne zum Thema Hautkrebs-Screening statt. Dabei riefen der Berufsverband der Deutschen Dermatologen und die Deutsche Dermatologische Gesellschaft Bürger auf, die Beratungs-Angebote und Ganzkörperuntersuchungen in dermatologischen Praxen näher kennen zu lernen. Ein Ziel war es, mehr Aufmerksamkeit für die Vorsorge zu generieren.  

     

    In diesem Zusammenhang stellte der Berufsverband auf seiner Internetplattform einen interaktiven Terminkalender zur Verfügung, in dem Ärzte, die Veranstaltungen anboten, sich selbst eintragen konnten. Ein Hautarzt bot hier ein spezielles Screening an, bei dem nicht nur Muttermale untersucht werden, sondern auch eine Beratung zur Hautkrebsvorbeugung sowie eine an diesem Tag kostenlose Computerdokumentation auffälliger Befunde erfolgen sollte. Eine weitere Arztpraxis mahnte diese Aktion wettbewerbsrechtlich ab, weil aus ihrer Sicht das Angebot kostenloser ärztlicher Leistungen gegen § 12 BO verstoße, wonach die Sätze der GOÄ nicht in unlauterer Weise unterschritten werden dürften.  

    Die Entscheidung

    Das Gericht entschied jedoch zugunsten der abmahnenden Arztpraxis. Zunächst wolle ein Patient, der unter Einsatz technischer Geräte eine Vorsorgeuntersuchung in Anspruch nehme, nicht nur eine unverbindliche Meinung hören; er erwarte eine Diagnose nach allen Regeln ärztlicher Kunst. Er gehe auch davon aus, im Falle einer Fehldiagnose Regressansprüche zu haben. Es komme daher ein Patientenvertrag zustande, sodass auch die BO anwendbar sei.Nach § 12 BO ist die ärztliche Honorarforderung nach der GOÄ zu bemessen. Eine Unterschreitung dieser Sätze ist unlauter. Da die hier angebotene Vorsorgeuntersuchung nach der GOÄ gebührenpflichtig ist, liege in dem kostenlosen Angebot ein Verstoß.  

    Fazit

    Eine vergleichbare Problematik stellt sich auch in der zahnärztlichen Praxis - etwa bei kostenlosen Prophylaxemaßnahmen zum Beispiel an einem Tag der offenen Tür oder als Belohnung für besondere Praxistreue getreu dem Motto „Nach zehn Behandlungen ist die Elfte umsonst“. Zwar gibt es in der zahnärztlichen (Muster-)Berufsordnung keine ausdrückliche Regelung wie bei den Ärzten. Aus § 15 Zahnheilkundegesetz folgt jedoch, dass in der GOZ Mindest- und Höchstgebühren festgesetzt sind. Entsprechend hatte schon das LG Flensburg in einem Eilverfahren am 4. März 2009 (Az: 6 O 30/09) entschieden, dass eine „Treuebonus-Aktion“ gegenüber Patienten mit dem Angebot einer einmaligen professionellen Zahnreinigung für nur 99 Cent wettbewerbswidrig ist (siehe „Zahnärzte Wirtschaftsdienst“ - ZWD - Nr. 4/2009, S 2). Auch zahnärztliche Leistungen dürfen daher grundsätzlich nicht kostenlos angeboten werden.