· Fachbeitrag · Betriebswirtschaft
Übernahme einer Zahnarztpraxis: Kosten verharren auch 2011 auf hohem Niveau
von Dr. med. dent. Detlev Nies und Dipl.-Volkswirtin Katja Nies, Köln, www.praxisbewertung-praxisberatung.com
| Im Westen nichts Neues: So könnte die Zusammenfassung der alljährlich vom Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ) in Zusammenarbeit mit der Deutschen Apotheker- und Ärztebank veröffentlichten Studie zu den Investitionen bei zahnärztlichen Existenzgründungen lauten. Auch 2011 war der Markt für Zahnarztpraxen - im Osten wie im Westen - ein sogenannter „Käufermarkt“, da der durchschnittlich gezahlte Preis inflationsbereinigt konstant geblieben ist. Die aktuellen Entwicklungen bei der Praxisneugründung und -übernahme werden in diesem Beitrag dargestellt. |
Die mit einem Praxiskauf oder einer Praxisgründung verbundenen Finanzierungskosten sowie deren Einflussgrößen werden in der IDZ-Studie dargelegt. Daher ist sie nicht nur für den niederlassungswilligen Zahnarzt von großer Bedeutung, sondern auch für diejenigen Kollegen, die aus dem Berufsleben ausscheiden möchten oder eine gemeinschaftliche Berufsausübung planen.
Arten der Existenzgründung
Ein Blick auf die Art der Existenzgründung in den letzten fünf Jahren ergibt folgendes Bild:
| |||
Jahr | Einzelpraxis Neugründung** | Einzelpraxis Übernahme | Berufsausübungs-gemeinschaft (BAG) |
2007 | 15 (4) | 47 (54) | 38 (42) |
2008 | 14 (12) | 48 (65) | 38 (23) |
2009 | 16 (8) | 45 (81) | 39 (11) |
2010 | 19 (10) | 48 (68) | 33 (22) |
2011 | 14 (14) | 52 (52) | 34 (34) |
* Zahlen für die neuen Bundesländer in Klammern / ** Angaben jeweils in Prozent
Es fällt auf, dass sich seit 2009 die Verhältnisse in den alten und neuen Bundesländern bei der Art der Existenzgründung immer weiter angeglichen haben, sodass aktuell keine Unterschiede mehr zu verzeichnen sind: Etwas über die Hälfte der sich neu niederlassenden Zahnärzte bevorzugt die Übernahme einer Einzelpraxis, rund ein Drittel tritt in eine Gemeinschaftspraxis (auch „Berufsausübungsgemeinschaft“, BAG) ein oder gründet eine solche. Nur noch etwa jeder siebte Existenzgründer baut seine eigene Einzelpraxis auf, wobei dieser Anteil im Osten 2007 noch bei mageren 4 Prozent lag.
Wie in den vergangenen Jahren sind auch 2011 die Relationen der verschiedenen Niederlassungsformen relativ konstant geblieben.
Je jünger ein Zahnarzt zum Zeitpunkt der Niederlassung ist, desto größer ist seine Neigung, sich in Form einer BAG niederzulassen: Unter 30-jährige Zahnärzte lassen sich mit 49 Prozent etwa doppelt so häufig in Form einer BAG nieder wie über 40-jährige (24 Prozent).
In ganz Deutschland setzt sich der Trend fort, dass die sich niederlassenden Zahnärzte immer älter werden: Unter 30-jährige waren im Jahr 1995 mit 29 Prozent an allen Niederlassungen beteiligt, im Jahr 2011 lag der entsprechende Anteil bei nur noch 14 Prozent. Das durchschnittliche Niederlassungsalter liegt mittlerweile in den alten Bundesländern bei 35,6 Jahren, in den neuen Bundesländern bei 34 Jahren. Zum Zeitpunkt der Niederlassung sind männliche und weibliche Existenzgründer annähernd gleich alt.
Kosten der Niederlassung
Zur Existenzgründung bieten sich dem Zahnarzt vor allem die Möglichkeit einer Praxisneugründung, die Übernahme einer bestehenden Praxis oder der Eintritt in eine BAG - die frühere Gemeinschaftspraxis - bzw. die Gründung einer solchen. Die Kosten der Niederlassung für die Neugründung sowie die Übernahme einer Praxis werden nachfolgend dargestellt. Leider werden aufgrund der absolut gesehen geringen Anzahl von auswertbaren Finanzierungsfällen die verschiedenen Teiloptionen einer Niederlassung in Form einer BAG in der IDZ-Studie nicht differenziert dargestellt.
Neugründung einer Einzelpraxis
Die bei einer Praxisneugründung in den alten Bundesländern im Durchschnitt erforderlichen Investitionen haben sich wie folgt entwickelt:
| ||||
Jahr | Praxis-einrichtung | Umbaukosten | Betriebsmittel-kredit | Gesamt |
2007 | 255.000 | 41.000 | 72.000 | 368.000 |
2008 | 286.000 | 48.000 | 86.000 | 420.000 |
2009 | 283.000 | 52.000 | 80.000 | 415.000 |
2010 | 273.000 | 50.000 | 77.000 | 400.000 |
2011 | 303.000 | 56.000 | 70.000 | 429.000 |
Bei dem für Praxisneugründungen erforderlichen Investitionsumfang ist festzustellen, dass die Kosten der Praxiseinrichtung und die Umbaukosten jeweils neue Höchststände erreicht haben. Seit 2008 geht die Inanspruchnahme des Betriebsmittelkredits jährlich zurück. Dies ist nicht ohne Weiteres verständlich. Ein Erklärungsansatz kann möglicherweise darin liegen, dass niederlassende Zahnärzte bei Personalentscheidungen vorsichtiger sind als noch vor einigen Jahren.
Für die neuen Länder werden keine Angaben zum Finanzierungsvolumen zahnärztlicher Einzelpraxisgründungen gemacht - aufgrund einer zu geringen Anzahl lassen sich keine statistisch aussagekräftigen Daten ermitteln.
Übernahme einer Einzelpraxis
Die bei einer Praxisübernahme in den alten Bundesländern im Durchschnitt erforderlichen Investitionen haben sich wie folgt entwickelt:
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Jahr | Übernommener Substanzwert | Neu-anschaffungen | Goodwill | Umbaukosten | Betriebsmittel-kredit | Gesamt |
2007 | 41.000 | 61.000 | 99.000 | 16.000 | 58.000 | 275.000 |
2008 | 63.000 | 61.000 | 77.000 | 14.000 | 60.000 | 275.000 |
2009 | 39.000 | 67.000 | 103.000 | 20.000 | 57.000 | 286.000 |
2010 | 87.000 | 73.000 | 66.000 | 19.000 | 62.000 | 307.000 |
2011 | 50.000 | 65.000 | 107.000 | 22.000 | 55.000 | 299.000 |
Bei der Praxisübernahme verharren die Übernahmekosten auf einem hohen Niveau. Die starken Schwankungen der Investitionssumme für den übernommenen Substanzwert und der für den Goodwill gezahlten Preise sind allein aus der Entwicklung des „Marktes“ für Zahnarztpraxen kaum zu erklären. Vermutlich spiegeln sie die Reaktionen der Vertragspartner bei einer Praxisübernahme auf die sich wandelnde steuerrechtliche Beurteilung der Abschreibungsmöglichkeiten des Goodwill wider.
Addiert man die für den übernommenen Substanzwert und den Goodwill gezahlten Preise in den einzelnen Jahren, so stellt man fest, dass der durchschnittliche Kaufpreis in den Jahren 2007 und 2008 bei 140.000 Euro lag, sich 2009 auf 142.000 Euro und 2010 auf 153.000 Euro steigerte, bis er schließlich im Jahr 2011 bei insgesamt 157.000 Euro lag.
Inflationsbereinigt ist der für Zahnarztpraxen durchschnittlich entrichtete Kaufpreis in den letzten fünf Jahren praktisch konstant geblieben. Dieser Umstand und die Tatsache, dass zwischen den Kosten einer Praxisneugründung und denjenigen einer Praxisübernahme in den alten Bundesländern weiterhin ein deutlicher Unterschied von in der Regel weit über 100.000 Euro (Ausnahme: 2010) besteht, zeigt augenfällig, dass der „Markt“ für Zahnarztpraxen den Käufer von Zahnarztpraxen nach wie vor begünstigt.
In den neuen Bundesländern zeigen die Zahlen für das Investitionsvolumen bei einer Praxisübernahme das nachfolgende Bild:
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Jahr | Übernommener Substanzwert | Neu-anschaffungen | Goodwill | Umbaukosten | Betriebsmittel-kredit | Gesamt |
2007 | 27.000 | 36.000 | 61.000 | 4.000 | 31.000 | 159.000 |
2008 | 43.000 | 29.000 | 57.000 | 4.000 | 38.000 | 171.000 |
2009 | 46.000 | 25.000 | 62.000 | 4.000 | 41.000 | 178.000 |
2010 | 39.000 | 53.000 | 48.000 | 6.000 | 39.000 | 185.000 |
2011 | 28.000 | 62.000 | 59.000 | 12.000 | 37.000 | 198.000 |
Nach wie vor ist das Investitionsvolumen in den neuen Bundesländern in allen Teilbereichen deutlich geringer als in den alten Ländern. Der Unterschied zum alten Bundesgebiet hat sich erneut auf nunmehr 101.000 Euro verringert - dies entspricht 33,8 Prozent. Der zwischen alten und neuen Bundesländern zu verzeichnende prozentuale Unterschied der Zahnarzteinkommen lag im Jahr 2010 bei rund 29 Prozent - neuere Zahlen liegen hierbei noch nicht vor.
Mittel- und langfristige Trends beim Investitionsverhalten
Aus den vorliegenden Zahlen lassen sich die nachfolgenden Trends herauslesen. Sie bestätigen weitgehend die Analysen des Vorjahres, sodass gänzlich neue Entwicklungen nicht zu vermelden sind.
- Neugründung oder Übernahme einer Einzelpraxis bleiben die häufigsten Formen der Niederlassung eines Zahnarztes. Die Einzelpraxis ist daher auch weiterhin beliebter als der Eintritt in oder die Gründung einer BAG.
- Das Durchschnittsalter der Existenzgründer steigt sowohl in den alten Bundesländern (35,6 Jahre) als auch in den neuen Ländern (34,0 Jahre) weiter an; das Alter gleicht sich dabei weitgehend an.
- Der Anteil der weiblichen Zahnärzte an der Anzahl der Niederlassungen nimmt in ganz Deutschland weiterhin zu.
- Die Niederlassung in Form einer BAG wird vor allem in den Großstädten und von jüngeren Zahnärzten genutzt.
- In den alten Bundesländern steigt im langfristigen Vergleich - relativ betrachtet - die Attraktivität, sich im ländlichen Gebiet niederzulassen.
- Medizinische Versorgungszentren (MVZ) spielen für Zahnmediziner als Niederlassungsalternative nach wie vor so gut wie keine Rolle.
FAZIT | Die Einkommensperspektiven der Zahnärzte sind nach wie vor kritisch einzuschätzen, zumal positive Auswirkungen durch Änderungen in den Gebührenordnungen nicht zu erwarten sind. Dies schlägt sich in real stagnierenden Preisen beim Erwerb von Praxen nieder. Die deutlichen Schwankungen bei den für die Praxissubstanz und den Goodwill gezahlten Preise dürften zumindest teilweise in den steuerrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten der Praxisübergabe begründet sein. Die Kosten für Praxisneugründungen sind im Vergleich zum Vorjahr um ca. 7 Prozent gestiegen und haben damit einen vorläufigen Höchststand erreicht. Der „Markt“ für Zahnarztpraxen bleibt ein „Käufermarkt“ - eine Einschätzung, die sich in den vergangenen Jahren nicht verändert hat. |
Weiterführende Hinweise:
- Die Analyse des Investitionsverhaltens von Zahnärzten aus der IDZ-Studie des vergangenen Jahres finden Sie in ZWD 03/2012, S. 11-14.
- Die komplette Studie kann auf der Website des Instituts der Deutschen Zahnärzte unter www.idz-koeln.de abgerufen werden.