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  • · Fachbeitrag · Haftung

    Die Aufbewahrungsfristen für zahnärztliche Behandlungsunterlagen: Was gilt?

    | Wer hat sich nicht schon die Frage gestellt, wie lange Planungsmodelle, Heil- und Kostenpläne oder Laborrechnungen aufbewahrt werden müssen? In diesem Beitrag erläutert die ZWD-Redaktion die Aufbewahrungsfristen. |

    Vertragszahnärztliche Behandlung

    Neben der Berufsordnung trifft im Bereich der vertragszahnärztlichen Versorgung auch der Bundesmantel- und Ersatzkassenvertrag für Zahnärzte Regelungen in Bezug auf Aufbewahrungsfristen. Diese werden durch zivilrechtliche Verjährungszeiträume flankiert, die ebenfalls bei der Aufbewahrung von Behandlungsunterlagen zu berücksichtigen sind. § 5 Abs. 2 BMV-Z legt beispielsweise fest, dass Aufzeichnungen und die diagnostischen Unterlagen bei kieferorthopädischen Behandlungen vom Vertragszahnarzt mindestens vier Jahre nach Abschluss der Behandlung aufzubewahren sind. Die Aufbewahrungsfrist für Röntgenaufnahmen richtet sich nach der Röntgenverordnung. Eine längere Aufbewahrung ist darüber hinaus geboten, wenn sie nach medizinischen Erfordernissen angezeigt ist. Für GKV-Patienten ist daher die Aufbewahrungsfrist von drei Jahren als Untergrenze vorgegeben, sofern sich nicht aus anderen Regelungen eine abweichende Vorgabe ergibt.

    Privatzahnärztliche Behandlung

    Nach den Bestimmungen von § 12 der Musterberufsordnung für Zahnärzte (MBO-Z) ist der Zahnarzt verpflichtet, Befunde und Behandlungsmaßnahmen chronologisch und für jeden Patienten getrennt zu dokumentieren (zahnärztliche Dokumentation) und mindestens zehn Jahre nach Abschluss der Behandlung aufzubewahren, soweit nicht nach gesetzlichen Vorschriften eine längere Aufbewahrungspflicht besteht. Abweichend davon sind zahnärztliche Modelle,die zur zahnärztlichen Dokumentation notwendig sind, mindestens zwei Jahre nach Abschluss der Behandlung aufzubewahren. Diese Regelungen gelten auch für elektronische Dokumentationen, soweit nicht nach gesetzlichen oder anderweitigen Vorschriften längere Aufbewahrungsfristen bestehen.

     

    Die berufsrechtlichen Verpflichtungen, die bei der Ausübung des zahnärztlichen Berufs in den einzelnen Bundesländern zu erfüllen sind, ergeben sich aus den Berufsordnungen der regionalen Zahnärztekammern.

    Gesetzliche Bestimmungen

    Nach den Bestimmungen von § 630f BGB ist seit dem 26. Februar 2013 im BGB festgelegt, dass sowohl für vertrags- wie auch privatzahnärztliche Tätigkeit eine Aufbewahrungspflicht der Behandlungsunterlagen von zehn Jahren besteht. Nach Absatz 2 ist der Behandelnde verpflichtet, in der Patientenakte sämtliche aus fachlicher Sicht für die derzeitige und künftige Behandlung wesentlichen Maßnahmen und deren Ergebnisse aufzuzeichnen, vor allem die Anamnese, Diagnosen, Untersuchungen, Untersuchungsergebnisse, Befunde, Therapien und ihre Wirkungen, Eingriffe und ihre Wirkungen, Einwilligungen und Aufklärungen. Arztbriefe sind in die Patientenakte aufzunehmen. Nach Absatz 3 muss die Patientenakte für die Dauer von zehn Jahren nach Abschluss der Behandlung aufbewahrt werden, soweit nicht nach anderen Vorschriften andere Aufbewahrungsfristen bestehen.

     

    Behandlungsunterlagen
    Aufbewahrungsfrist
    Rechtsgrundlage

    Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung Durchschrift

    10 Jahre nach Abschluss der Behandlung

    1 Jahr (ab ersten Tag der Ausstellung)

    4 Jahre

    § 630f Abs. 3 BGB 1)

     

    § 12 Abs. 2 Satz 2 BMV-Z

     

    § 7 Abs. 3 EKVZ

    Auslandsbehandlung über- und zwischenstaatliches Krankenversicherungsrecht: Erklärung Vordruck 81 und Kopie Dokumentation Vordruck 80

    2 Jahre

    Ziffer 2.2 Merkblatt vertragszahnärztliche Versorgung im Ausland versicherter Personen

    Behandlungsunterlagen: Anamnese, Befunde, Diagnose Aufklärungsbögen, Einwilligungen, Behandlungsdaten, erbrachte Leistungen, behandelte Regionen, Gutachten, Arztbriefe, Befundmaterial, Fotografien etc.

    10 Jahre nach Abschluss der Behandlung

    § 630f Abs. 3 BGB 1)

    § 12 Abs. 1 MBO

    4 Jahre nach Abschluss der Behandlung

    § 5 Abs. 2 Satz 1 BMV-Z

    § 7 Abs. 2 Satz 2 EKVZ

    30 Jahre nach Abschluss der Behandlung (Empfehlung)

    § 199 Abs. 2 BGB 2)

    Edelmetallbestand (Karteiaufzeichnung)

    10 Jahre

    Empfehlung

    Freistempler-Abrechnungen

    6 Jahre

    Empfehlung

    Gutachterunterlagen

    Regional unterschiedlich

    Regionale KZV-Vereinbarung

    Handels- und Geschäftsbriefe (empfangene und abgesandte)

    6 Jahre

    § 147 Abs. 1 Punkt 2 und 3 Abgabeordnung 3)

    Heil- und Kostenpläne ZE (Regel- und gleichartige Versorgung)

    2 Jahre

     § 137 Abs. 4 SGB V

    Gewährleistungsfrist

    Heil- und Kostenpläne ZE (Andersartige Versorgung und Mischfälle)

    3 Jahre

    Gutachtervereinbarung ZE (BMV-Z, EKVZ)

    Heil- und Kostenpläne KBR, PAR, ZE

    10 Jahre nach Abschluss der Behandlung

    § 630f Abs. 3 BGB 1)

    30 Jahre nach Abschluss der Behandlung (Empfehlung)

    § 199 Abs. 2 BGB 2)

    Konformitätserklärungen nach MPG (ZE und KFO)

    5 Jahre nach Eingliederung

    § 12 Abs. 2 MPG

    § 7 Abs. 5 MPV

    Krankenscheine/-ausweis: Bundeswehr, Zivildienst, Polizei, Sozialamt, Bundesversorgungsgesetz u.a.)

    2 Jahre, mindestens bis zur Abrechnung

    Vereinbarung KZV mit den

    Ersatzämtern

    2 Jahre (Empfehlung), mindestens bis zur Abrechnung

    Keine gesetzliche Regelung

    Materialbelege bei KBR, KFO, ZE-Abrechnungen

    10 Jahre nach Abschluss der Behandlung

     § 630f Abs. 3 BGB

    30 Jahre nach Abschluss der Behandlung (Empfehlung)

    § 199 Abs. 2 BGB 2)

    Modelle für Planung und Situation KBR, PAR (privat)

    2 Jahre nach Abschluss der Behandlung

    § 12 Abs. 1 BO z.B. LZK BW 6), ZÄK Bremen/W 7)

    Modell für Planung und Situation ZE (Regel- und gleichartige Versorgung)

    2 Jahre nach Abschluss der Behandlung

     § 137 Abs. 4 SGB V

    Modell für Planung und Situation ZE (Andersartige Versorgung und Mischfälle)

    3 Jahre nach Abschluss der Behandlung

    Gutachtervereinbarung ZE (BMV-Z, EKVZ)

    Modelle für Planung und Situation KFO

    4 Jahre nach Abschluss der Behandlung

    § 5 Abs. 2 BMV-Z§ 7 Abs. 3 Satz 2 EKVZ

    Modelle für Planung und Situation KFO, KBR, PAR, ZE

    10 Jahre nach Abschluss der Behandlung

    § 630f Abs. 3 BGB 1)

    Parodontalstatus (Blatt 1 und 2)

    10 Jahre nach Abschluss der Behandlung

    § 630f Abs. 3 BGB 1)

    30 Jahre nach Abschluss der Behandlung (Empfehlung)

    § 199 Abs. 2 BGB 2)

    Praxisgebühr (Aufzeichnungen über Bareinnahmen sowie Kopien der Quittungen an Patienten), abgeschafft zum 01.01.2013

    10 Jahre

    § 147 Abs. 3 AO 5)

    Röntgenaufnahmen und Aufzeichnungen bei Röntgenuntersuchung

    10 Jahre nach der letzten Untersuchung; bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren bis zur Vollendung des 28. Lebensjahres

    § 28 Abs. 3 Satz 2 und 3 RöV

     

    Abkürzungen

    AO: Abgabenordnung, BGB: Bürgerliches Gesetzbuch, BMV-Z: Bundesmantelvertrag Zahnärzte, BW: Baden-Württemberg, EKV: Ersatzkassenvertrag Zahnärzte, GKV: Gesetzliche Krankenversicherung, KBR: Kieferbruch, KFO: Kieferorthopädie, KZV: Kassenzahnärztliche Vereinigung, LZK: Landeszahnärztekammer, MO: Musterberufsordnung, MPG: Medizinproduktegesetz, MPV: Medizinprodukteverordnung, PAR: Parodontal, PKV: Private Krankenversicherung, RöV: Röntgenverordnung, SGB V: Sozialgesetzbuch V, WL: Westfalen-Lippe, ZÄK: Zahnärztekammer, ZE: Zahnersatz.

     

    Fußnoten

    • 1) Nach § 630f Abs. 3 BGB gilt: Der Behandelnde hat die Patientenakte für die Dauer von zehn Jahren nach Abschluss der Behandlung aufzubewahren, soweit nicht nach anderen Vorschriften andere Aufbewahrungsfristen bestehen.
    • 2) Nach § 199 Abs. 2 BGB (Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist und Verjährungshöchstfristen) gilt: Schadenersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
    • 3) Nach § 147 Abs. 1 Punkt 2 und 3 AO sind die empfangenen Handels- oder Geschäftsbriefe sowie die Wiedergaben der abgesandten Handels- oder Geschäftsbriefe sechs Jahre aufzubewahren.
    • 4) Mit Einführung der papierlosen Abrechnung zum 01.01.2012 verbleiben die Originalpläne für ZE, KBR und PAR in der Praxis und unterliegen den genannten Aufbewahrungsfristen.
    • 5) Nach § 147 Abs. 3 AO gilt: Die …(Buchungsbelege) … aufgeführten Unterlagen sind zehn Jahre … aufzubewahren, sofern nicht in anderen Steuergesetzen kürzere Aufbewahrungsfristen zugelassen sind.
    • 6) Der § 12 Abs. 1 BO LZK BW besagt: Abweichend davon sind zahnärztliche Modelle, die zur zahnärztlichen Dokumentation notwendig sind, mindestens zwei Jahre nach Abschluss der Behandlung aufzubewahren. Diese Regelungen gelten, soweit nicht nach gesetzlichen oder anderweitigen Vorschriften längere Aufbewahrungsfristen bestehen.
    • 7) Nach § 12 Abs. 1 BO ZÄK WL gilt: Abweichend davon sind zahnärztliche Modelle, die zur zahnärztlichen Dokumentation notwendig sind, mindestens zwei Jahre aufzubewahren. Die Modellaufbewahrung kann auch durch eine maßstabsgerechte fotografische Dokumentation ersetzt werden.

     

    Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem jeweiligen Schluss des Kalenderjahres, in dem die letzte Aufzeichnung erfolgt ist. Bei mehreren einschlägigen Aufbewahrungsfristen ist stets die längste Frist zu beachten (siehe Abweichungen GKV und § 630f BGB).

    Planungs- und Situationsmodelle

    Für die Aufbewahrung von Planungs- und Situationsmodellen finden sich in der GKV und PKV unterschiedliche Rechtsvorschriften. Nach Auffassung der KZBV ist der Umfang der dokumentationspflichtigen Inhalte gemäß § 630f Abs. 2 BGB extrem weit gespannt. Auch wenn das Patientenrechtegesetz von der Patientenakte „in Papierform oder elektronisch“ ausgehe, würden weder der Verweis auf andere Vorschriften - wie beispielsweise die Regelungen im BMV-Z oder EKV-Z (vier Jahre Aufbewahrung) - noch das verwendete Material wie Gips gegen die zehnjährige Aufbewahrungsfrist sprechen. So könnte auch den Modellen ein relevanter Beweiswert für die fachlich korrekte Planung einer vertragszahnärztlichen Behandlung und somit auch für die haftungsrechtliche Frage der ordnungsgemäßen fehlerfreien Behandlung zukommen.

     

    Vor dem Hintergrund der KZBV-Stellungnahme empfiehlt es sich, auch für Planungsmodelle von einer zehnjährigen Aufbewahrungsfrist auszugehen. Bezüglich der Lagerkapazitäten-Problematik verweist die KZBV auf die Möglichkeit einer elektronischen Speicherung der Modelle.

    Röntgenunterlagen

    Nach den Vorgaben von § 28 Abs. 3 Satz 2 und 3 der Röntgenverordnung (RöV) gilt, dass Röntgenbilder und die Aufzeichnungen nach Abs. 1 Satz 2 über Röntgenuntersuchungen zehn Jahre lang nach der letzten Untersuchung aufzubewahren sind. Röntgenbilder und die Aufzeichnungen von Röntgenuntersuchungen einer Person, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind bis zur Vollendung des 28. Lebensjahres dieser Person aufzubewahren.

     

    FAZIT | Behandlungsunterlagen sollten grundsätzlich zehn Jahre aufbewahrt werden, weil nicht auszuschließen ist, dass der Zahnarzt auf Schadenersatz und Schmerzensgeld in Anspruch genommen wird. Das gilt auch, wenn gesetzliche Aufbewahrungsfristen deutlich niedriger sind. Bei vorheriger Vernichtung der Unterlagen kann in solchen Fällen ein rechtlicher Nachteil drohen, da die korrekte Aufklärung oder Behandlung nicht mehr nachgewiesen werden kann.

     

    Diese Entscheidung obliegt jedoch dem Zahnarzt. Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) umfasst die längste Verjährungsfrist 30 Jahre. Diese Frist gilt unter anderem auch für Körper- und Gesundheitsverletzungen. Daher kann es sinnvoll sein, Behandlungsunterlagen bei besonders haftungsträchtigen Fällen bis zu 30 Jahre zu verwahren.

    Quelle: Ausgabe 06 / 2015 | Seite 14 | ID 43432749