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  • · Fachbeitrag · Nachhaltigkeit

    Zahnarztpraxen brauchen eine Strategie, um ihren CO2-Fußabdruck zu verringern

    von Ursula Katthöfer, Wissenschaftsjournalistin, Bonn, textwiese.com

    | Papierlose Praxis, ressourcenschonender Energieeinsatz, vegane Zahnmedizin, Gold- und Amalgamrecycling ‒ in den vergangenen Monaten haben wir regelmäßig über Wege zu einer klimafreundlichen Zahnarztpraxis berichtet. In diesem letzten Teil unserer losen Serie soll es noch einmal ums konkrete Handeln gehen. Denn den CO 2 -Fußabdruck zu verringern, erfordert eine Strategie, die schrittweise umgesetzt werden muss. |

    Klimaschutz gelingt nur im Team

    Wenn das gesamte Praxisteam mitzieht, lässt sich viel bewirken. Ein guter Einstieg ist, zu Teambesprechungen mit folgenden Themen einzuladen:

     

    • Wo können wir CO2 einsparen? Welche Verhaltensweisen möchten wir ändern? Und wie stellen wir sicher, nicht in gewohntes, klimaschädliches Verhalten zurückzufallen?
    • Wer aus dem Team ist dafür verantwortlich, Klimaschutzmaßnahmen zu koordinieren und die Ressourcen- und CO2-Einsparungen zu messen? Das Umweltinstitut bietet einen zweitägigen Zertifikatslehrgang für Klimaschutzbeauftragte an (umweltinstitut.de/0166).
    • Womit fangen wir sofort an, um erste Erfolge zu erzielen? Was könnte für einzelne Teammitglieder ein Anreiz sein? Soll es Belohnungen geben, wenn z. B. in einem Jahr 500 oder 1.000 Kilowatt Strom eingespart wurden?

     

    Der neue Begriff „Öko-Shaming“ beschreibt Situationen, in denen Menschen sich für ihr ökologisches Verhalten schämen müssen, weil sie z. B. mit dem Auto zur Arbeit fahren oder ihren Coffee-to-go aus dem Einwegbecher trinken. Öko-Shaming beschäftigt mittlerweile sogar Psychologen. Für eine erfolgreiche interne Kommunikation ist wichtig, dass niemand sich für sein Verhalten schämen oder gar rechtfertigen muss. Umgekehrt wird ein Schuh draus: Jeder Schritt zu mehr Klimaschutz ist als Erfolg wertzuschätzen.

    Die Ausgangslage bestimmen

    Wer Emissionen messbar einsparen möchte, braucht eine Strategie: Zunächst muss ermittelt werden, wie hoch die Emissionen sind. Das Unternehmen Fokus Zukunft (fokus-zukunft.com) hat dazu einen Fragebogen entwickelt, mit dem auch Zahnarztpraxen leicht erfassen können, welche Art von Treibhausgasen sie in welcher Höhe verursachen. Es kann überraschen, schwarz auf weiß zu sehen, wie hoch die Klimabelastung durch Fahrten zur Praxis, Einkauf, Stromverbrauch, Heizung und Müll ist. Ist der CO2-Fußabdruck einer Praxis einmal erstellt, kann er jährlich ermittelt und mit den Vorjahren verglichen werden. So entsteht bereits nach wenigen Jahren eine Kurve, die im besten Fall deutlich nach unten zeigt.

     

    Sollten größere Investitionen geplant sein, z. B. in die energetische Sanierung des Praxisgebäudes, empfiehlt es sich, einen Energieberater hinzuzuziehen. Die Experten berechnen sowohl die Investitionskosten als auch die Einsparpotenziale. Denn angesichts steigender Kosten für Strom, Heizenergie, Benzin, Verpackung und Recycling rechnet sich Klimaschutz. Auch können Zahnärzte ihre Landeszahnärztekammer in die Pflicht nehmen. Einige Kammern informieren bereits zu Nachhaltigkeit in der Zahnmedizin. Bei der Bundeszahnärztekammer fällt das Thema in den Geschäftsbereich von Vizepräsident Konstantin von Laffert (s. Interview in ZP 06/2022, Seite 2).

    Klimaschutz aktiv betreiben

    Die Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg hat eine Checkliste „Nachhaltigkeit“ für die Zahnarztpraxis veröffentlicht, die sogar ein Insektenhotel anregt, um nicht nur zum Klima-, sondern auch zum Artenschutz beizutragen (https://voge.ly/vgloLB0/). Hier einige Beispiele daraus:

     

    • Stromanbieter wechseln: Suche nach Ökostrom, der garantiert aus regenerativen Quellen stammt und das Label „Grüner Strom“ trägt.
    • Für das Praxispersonal Alternativen zum Auto finden. Sichere Fahrradstellplätze und E-Ladeinfrastruktur schaffen.
    • Strom sparen: Leuchten konsequent mit LEDs bestücken, Bewegungsmelder installieren, im Sommer Klimaanlage nicht zu stark aufdrehen.
    • Heizenergie mithilfe von smarten Thermostaten nachts und an den Wochenenden herunterregeln, Stoßlüften.
    • Müll trennen, Recyclingprodukte kaufen.

     

    MERKE | Ein jährlicher Pro-Kopf-Ausstoß von 1,5 Tonnen CO2 ist klimaverträglich. In Deutschland lag der Pro-Kopf-Ausstoß 2021 bei 11,17 CO2-Äquivalenten. Es ist also noch ein weiter Weg bis zur Klimaneutralität. Deshalb bietet es sich an, parallel zu den Bemühungen in der eigenen Praxis in Klimaschutzprojekte zu investieren und damit den eigenen Treibhausgasausstoß zu kompensieren. Das Umweltbundesamt hat dazu einen Ratgeber veröffentlicht (https://voge.ly/vgljGtg/).

     

    Fördergelder beantragen

    Die öffentlichen Kassen sind nicht mehr so prall gefüllt wie vor der Corona-Pandemie und dem Ukraine-Krieg. Auch sind Fördertöpfe inzwischen oft gedeckelt. Dennoch lohnt es sich, unterstützt durch einen auf Zahnarztpraxen spezialisierten Berater, nach geeigneten Fördermitteln von Bund, Land oder Kommune zu suchen. So hat die KfW eine Klimaschutzoffensive für Unternehmen gestartet (Details unter https://voge.ly/vglKknL/)

    Das Image aufbessern

    Laut der Umweltbewusstseinsstudie 2020 gehören Umwelt- und Klimaschutz für rund zwei Drittel der Deutschen zu den ganz wichtigen Themen. Sie betrachten ihn auch als Teil der Lösung, um wirtschaftlich aus der Krise zu kommen. Zahnarztpraxen, die diesen Megatrend nicht erkennen, riskieren ihr gutes Image. Nachhaltigkeit ist zu einem wertvollen Marketinginstrument geworden.

    Quelle: Ausgabe 05 / 2023 | Seite 19 | ID 48525778