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  • · Next Generation

    Neue Auszubildende der Generation Z gekonnt ins Praxisteam integrieren

    Bild: ©Gerd Altmann - pixabay.com

    von Sybille David, Zahnärztliche Praxisberatung, Frankfurt, praxis-knigge.de

    | Auszubilden hat in Zahnarztpraxen eine lange Tradition. Doch seit einigen Jahren beklagen Praxisinhaberinnen und -inhaber, dass es immer schwieriger wird, geeignete Ausbildungswillige für den Beruf der/des ZFA zu gewinnen. Ist dann doch ein(e) Kandidat(in) gefunden, muss er/sie sich ins Team einfügen, was oft das Team und Kandidaten selbst vor einige Hürden stellt. Um dennoch eine qualitativ hochwertige Ausbildung zu garantieren und den Azubi zu einem „Influencer“ des Azubimarketings der Praxis werden zu lassen, sind einige Faktoren zu beachten. |

    Generation Z in der Praxis

    Die sogenannte Generations-Typologie wird in fünf Typen unterteilt: die Traditionalisten (geboren 1922‒1955), die Babyboomer (geboren 1956‒1965), die Generation X („Generation Golf“, geb. 1966‒1980), die Generation Y („Millenials“, geb. 1981‒1995) und die Generation Z (geb. ab 1996) ‒ die heutigen Azubis.

     

    Entgegen früheren Generationen, deren Leitsatz „Leben, um zu arbeiten“ war, ist jüngeren Generationen eine ausgewogene Work-Life-Balance wichtig. Job ist Job ‒ nicht mehr und nicht weniger. Man will nicht 24 Stunden erreichbar sein, wünscht sich pünktlichen Feierabend und geregelte Arbeitszeiten. Da auch die anderen Teammitglieder nicht gerne Überstunden machen, tut jede Praxisleitung gut daran, diesen Motivationskiller gut im Griff zu haben und den neuen Auszubildenden ein angenehmes Arbeitsumfeld zu bieten ‒ schon vom Start an.

     

    Startphase mit Unsicherheiten auf allen Seiten

    In einem Bewerbungsgespräch kann niemand wirklich beurteilen, ob die Kandidatin/der Kandidat ins Praxisteam passen wird und für den facettenreichen Beruf der/des ZFA geeignet ist. Aber auch für die Auszubildenden ist der Schritt in die Praxis mit einigen Unsicherheiten und Ängsten verbunden. Sie werden sich fragen, ob das Team ihnen wohlwollend und wertschätzend begegnet, ob man ihnen hilft und sie unterstützt.

     

    In der Praxis treffen ganz unterschiedliche Persönlichkeiten und Altersgruppen aufeinander. Die Beteiligten haben ihre eigene Biografie, eigene Werte, wurden ganz unterschiedlich erzogen und gehen auf ihre ganz eigene Weise mit Stress, Freude und dem Praxisalltag um. Zudem stellt jedes neue Teammitglied ‒ egal ob Zahnarzt oder ZFA, Azubi oder Aushilfskraft ‒ das Gefüge des bestehenden Praxisteams infrage. Neue Mitarbeiter bedeuten Unruhe, Unsicherheit, Veränderung ‒ aber auch Chancen! Nicht jeder kann damit gleich gut umgehen. Während die einen sich freuen, dass nun etwas Neues seinen Anfang nimmt, befürchten andere zu viele unliebsame Veränderungen.

    Welcome-Management für einen gelungenen Start

    Für jeden jungen Menschen ist der Übergang von der Schule ins Arbeitsleben ein großer Schritt. Damit die Integration Ihrer neuen Azubis ‒ aber auch jeder anderen neuen Kollegin ‒ gelingt, sollten Einarbeitung, Betreuung und Leistungsbeurteilung nicht dem Zufall überlassen werden. Ermöglichen Sie neuen Kollegen einen fröhlichen und herzlichen Einstieg in die Ausbildung zur ZFA. Designen Sie Ihr ganz eigenes Willkommens-Ritual und stellen Sie so gleich zu Anfang eine gute Beziehung zu Ihrem neuesten Teammitglied her. Es hat sich bewährt, den Azubis gleich eine Ausbildungsbeauftragte ‒ genannt auch Patin, Azubicoach etc. ‒ an die Seite zu stellen und auch deren Stellvertretung für den Urlaubs- oder Krankheitsfall zu regeln.

     

    Eine Checkliste „Umgangsformen in unserer Praxis“ leistet in der Startphase gute Dienste. Denken Sie dabei auch an scheinbar banale Dinge wie grüßen, Danke und Bitte sagen sowie Praxiskleidung, Datenschutz und Schweigepflicht. Wichtige Faktoren, die gleich zu Anfang geklärt werden sollten, sind,

    • ob und in welchem Umfang der Gebrauch des privaten Handys erlaubt ist,
    • inwieweit Schminke und künstliche Fingernägel erlaubt sind,
    • welche Schuhe getragen werden sollen,
    • ob die Wäsche in der Praxis oder von jedem selbst gewaschen wird,
    • welche Reinlichkeitsstandards gelten.

    Azubis fordern und fördern

    Die Aufgabe der Praxis ist es, Azubis zu fördern und zu fordern. Der Rahmenlehrplan für ZFA der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) bietet der ausbildenden Praxis Orientierung für eine systematische Ausbildung (zu finden u. a. unter Shortlink ogy.de/hnb4). Auch die jeweiligen Landeszahnärztekammern geben Auskunft dazu und stellen die entsprechenden Unterlagen bereit.

     

    Lassen Sie Ihre Azubis immer „mitlaufen“ ‒ im positiven Sinn. Erläutern Sie, warum Sie dies oder jenes gerade machen. Aber erwarten Sie nicht, dass sie das Gehörte und Gesehene bereits fest verinnerlicht und ab morgen selbstständig machen kann. In den ersten Tagen und Wochen gilt: Weniger ist mehr!

     

    Im Praxisalltag bleibt oft wenig Zeit, sich intensiv um die Auszubildenden zu kümmern. Um sicherzustellen, dass sie systematisch lernen, die vermittelten Lerninhalte verstehen und richtig anwenden können, sind regelmäßige Fördergespräche und ein engmaschiges kollegiales Azubicoaching hilfreich. Sowohl der Zahnarzt als auch vor allem die Ausbildungsbeauftragten der Praxis sind hier gefordert.

     

    PRAXISTIPP | Bewährt haben sich kurze Wissensabfragen, in denen die Azubi den Lernstoff der vergangenen Woche ‒ auch zweiwöchentlich oder monatlich denkbar ‒ kurz wiedergibt. Erkennen Sie Wissenslücken, ergründen Sie gemeinsam mit der Azubi, warum dies so ist, und versuchen Sie, diese zu schließen. Geben Sie ein wohlwollendes, kritisches Feedback. Wichtig dabei ist, dass die Azubi keine Angst vor den Wissensabfrage hat, sondern versteht, dass diese zu ihrem eigenen Nutzen erfolgen. Wissenslücken werden schneller festgestellt, das Lerntempo kann ermittelt und entsprechende Fördermaßnahmen festgelegt werden.

     

    Lernen lernen

    Es gehört einige Selbstdisziplin dazu, neben Schule und Beruf, Freizeit und Familie regelmäßig zu lernen. Als Ausbildungsbeauftragte können Sie neue Kollegen beim Lernen unterstützen.

     

    Lernmotivation erzeugen und konstruktives Feedback geben

    Ihre Azubi hat den ersten HKP richtig erstellt, den Anrufbeantworter richtig besprochen, das Endo-Tray fehlerfrei vorbereitet und eine gute Note aus der Berufsschule erzielt? Geben Sie hierzu positives Feedback, freuen Sie sich mit der Auszubildenden über diesen Erfolg und „feiern“ Sie diesen. Das motiviert und wirkt leistungssteigernd. Überhaupt ist konstruktives und regelmäßiges Feedback extrem wichtig.

     

    • Feedbackregeln
    • Geben Sie Feedback nur direkt an den Adressaten und niemals über Dritte. Der Adressat ‒ hier also der Azubi ‒ muss es hören können, also dabei sein.
    • Formulieren Sie konkret, nachvollziehbar und ‒ wenn nötig ‒ ausführlich.
    • Teilen Sie Ihre Wahrnehmungen mit, kommunizieren Sie Vermutungen aber niemals als Tatsachen.
    • Verwenden Sie „Ich-Botschaften“. Dabei dürfen auch Gefühle gezeigt werden, z. B.: „Ich fühle mich schlecht, wenn du mich anlügst und dich vor Verantwortung drückst. Das enttäuscht mich, so kann ich dir nicht mehr vertrauen.“
    • Beim Feedback wird niemals die Persönlichkeit des anderen bewertet, sondern nur dessen Verhalten, z. B.: „Ich finde es schade, dass du nie zum Tausch von Schichten bereit bist.“
    • Wer Feedback empfängt, hört erst einmal zu, ohne zu antworten oder sich zu rechtfertigen. Wenn alles gesagt ist, fordern Sie die Azubi auf, ihre Sicht der Dinge zu formulieren. Wenn dies nicht gleich möglich ist, kann ein Folgegespräch vereinbart werden.
     

    Zum Fragenstellen animieren

    Azubis sind oft schüchtern, trauen sich nicht zu fragen. Sie warten passiv auf Anweisungen. Ermuntern Sie dazu, Fragen zu stellen ‒ nicht immer gleich und (bei Interna) nicht in Anwesenheit des Patienten, aber zumindest zeitnah. Denn nur dann wird die Frage tatsächlich beantwortet und kann dazu führen, dass Ihr Azubi beim nächsten Mal richtig handelt.

     

    Regeln weitergeben

    Damit sich neue Azubis erfolgreich in die Praxis integrieren und einen erstklassigen Eindruck bei Ihren Patienten hinterlassen, sollten sie Ihre Praxisspielregeln möglichst frühzeitig kennen und befolgen. Das sind neben den allgemeinen Umgangsformen (s. o.) z. B. auch Regeln wie:

    • wann und wie eine Krankmeldung zu erfolgen hat,
    • wer wem weisungsbefugt ist (Organigramm),
    • Schichtpläne und Urlaubsregelungen u. v. m.

     

    FAZIT | Die dreijährige Ausbildungszeit ist ein Geben und Nehmen. Die Azubi bekommt die Chance, einen spannenden und abwechslungsreichen Beruf zu lernen, und stellt dafür ihre Zeit und ihren Einsatz zur Verfügung. Die Praxis begleitet die Ausbildung, fördert und unterstützt. Schon allein mit den oben genannten Verhaltenstipps ist viel getan, damit die Azubi ihre Ausbildung erfolgreich abschließt und der Praxis auch weiterhin erhalten bleibt. Ihr muss aber klar sein, dass sie selbst für ihren Wissenszuwachs verantwortlich ist. Praxis und Berufsschule unterstützen sie, aber das Interesse am Lernen und an den Inhalten muss von ihr selbst kommen.

     
    Quelle: Ausgabe 08 / 2022 | Seite 12 | ID 48408938