· Fachbeitrag · Praxiskosten
Sinnvoll oder nicht? - Steigerung des Gewinns durch Reduzierung der Personalkosten
von Maike Klapdor, KlapdorKollegen Dental-Konzepte, Münster,www.klapdor-dental.de
| Personalkosten - ein von Praxisinhabern heiß diskutiertes Thema. Als größter Fixkostenblock der Zahnarztpraxis fallen sie schnell ins Auge, wenn Ansatzhebel für Gewinnsteigerungen gesucht bzw. Liquiditätsentlastungen diskutiert werden. Dieser Beitrag kommentiert den BWL-Parameter „Personalkostenquote“ anhand von Fallbeispielen und geht auf relevante ergänzende Perspektiven beim Thema „Personalkostensteuerung“ ein. |
Pauschaler Vergleich der Personalkostenquote geht fehl
Woher nehmen wir als Berater die Expertise, um die Höhe der Personalkosten einer Praxis auf Basis von Gewinnermittlung oder Betriebswirtschaftlicher Auswertung zu bewerten - ohne sachkundigen Blick in den Praxisbetrieb? Indem wir vergleichen: Beliebt sind DATEV-Vergleiche, die durch Auswahlmöglichkeiten (Gemeinschaftspraxis/Einzelpraxis, mit/ohne Labor, Umsatzgrößenklassen) eine gewisse Verlässlichkeit suggerieren. Auch das Jahrbuch der KZBV oder die Datenpools von Banken und Steuerberatungsunternehmen werden herangezogen. Für Berater spielt auch das persönliche Erfahrungswissen eine Rolle, für Zahnärzte der Austausch mit Kollegen.
In Zeiten homogen strukturierter zahnärztlicher Betriebe mag diese Herangehensweise vielleicht zu brauchbaren Ergebnissen geführt haben. Über die Jahre hat sich die Branche jedoch substanziell verändert. Es gibt Zahnarztpraxen in unterschiedlichster formeller Konstruktion und therapeutischer Ausrichtung. Mit der Folge, dass ein zu pauschaler Vergleich der Personalkostenquote zu falschen Erkenntnissen führt. Dazu ein einfaches Beispiel:
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Zum Vergleich die wichtigsten Aspekte von Praxis B:
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Der Gewinn errechnet sich für beide Zahnarztpraxen wie in der nachfolgenden Tabelle aufgeführt:
Praxis A | Praxis B | |
Umsatz | 600.000 Euro | 600.000 Euro |
Fremdlabor | 180.000 Euro | 48.000 Euro |
Personalkosten: |
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| 33.600 Euro | 33.600 Euro |
| 55.000 Euro | 55.000 Euro |
| 14.400 Euro | - |
| - | 24.000 Euro |
| - | 36.000 Euro |
Personal-Nebenkosten 24 Prozent | 24.720 Euro | 35.664 Euro |
Summe Personalkosten | 127.720 Euro | 184.264 Euro |
Prozent vom Umsatz (Personalkostenquote) | 21,3 Prozent | 30,7 Prozent |
Sonstige Kosten | 130.000 Euro | 170.000 Euro |
Gewinn | 162.280 Euro | 197.736 Euro |
Wir sehen zwei Praxen, die nach ihren äußeren Merkmalen - Einzelpraxis ohne Labor, gleiche Umsatzgröße - identisch sind, in ihrer Therapiekonzeption aber komplett unterschiedlich funktionieren. Die Personalkostenquote von Praxis A liegt bei augenscheinlich guten 21,3 Prozent.
Trotzdem wird Praxis A von Praxis B, die mit einer stolzen Personalkostenquote von 31 Prozent aufwartet und auch ansonsten höhere Kosten produziert (Marketing, Kommunikationsmittel, größere Praxisfläche etc.), in der Rendite deutlich überflügelt. Welche von beiden Praxen wirtschaftet nun klüger? Welche Aussagekraft hat die Personalkostenquote? Welche Praxis ist zukunftsorientierter ausgerichtet? Es darf diskutiert werden!
Personalkostenquote in die richtige Relation setzen
Weitergedacht: Was haben Personalkosten mit dem durchlaufenden Posten „Fremdlabor“ zu tun? Die klassische Definition der „Personalkostenquote“ bezieht sich auf den Gesamtumsatz der Praxis, worin Fremdlabor enthalten ist. Überlegenswert ist ein veränderter Blickwinkel, der die Personalkosten in Relation zum erwirtschafteten Honorar der Praxis setzt. Im Praxisbeispiel kommen wir dabei auf folgende Werte:
Praxis A | Praxis B | |
Umsatz | 600.000 Euro | 600.000 Euro |
abzüglich Fremdlabor | 180.000 Euro | 48.000 Euro |
Honorar (Wertschöpfung) | 420.000 Euro | 552.000 Euro |
Personalkosten | 127.720 Euro | 184.264 Euro |
Prozent vom Honorar | 30,4 Prozent | 33,4 Prozent |
Bezugsgrößen verändern - realistischere Werte
Der veränderte Blickwinkel aus dieser Berechnung ergibt ein treffsichereres Bild. Wenn überhaupt noch mit Personalkostenquoten operiert werden soll, empfiehlt sich auf jeden Fall die hier dargestellte veränderte Bezugsgröße der praxisinternen Wertschöpfung.
Therapiekonzept sollte berücksichtigt werden
Ferner ist das Therapiekonzept zwingend zu berücksichtigen, wenn handlungsleitende Bewertungen von Personalkostengrößen stattfinden sollen. Eine Endo-Praxis weist grundlegend andere Personal-Spezifika auf als eine Kinderpraxis oder die auf Auslands-Zahnersatz fokussierte Einzelpraxis, in der es zugeht wie im Taubenschlag. Trotzdem können alle drei Praxen in dieselbe Bewertungskategorie fallen: Einzelpraxis/Jahresumsatz von 700.000 Euro/kein Labor.
Der Zahnarzt kann heutzutage Leistungen öfter delegieren ...
Die althergebrachten betriebswirtschaftlichen Vergleichswerte funktionieren nach Überzeugung der Autorin nicht mehr - im Gegenteil: Sie bergen die Gefahr der Fehlberatung bzw. Fehlentscheidung. Der Boom zahnärztlicher Anstellungsverhältnisse in Kombination mit massiver Qualifizierung der bisherigen zahnärztlichen Assistenzberufe führt zu einem dynamischen Anstieg der Leistungsdelegation in der Zahnarztpraxis.
... daher kann eine Personalkostenquote von 45 Prozent gesund sein
Personalkosten steigen entsprechend in der Breite an, die Relationen im betriebswirtschaftlichen Gesamtgefüge von Zahnarztpraxen verändern sich grundlegend. Die Personalkostenquote kann in einer großen profitablen Praxis durchaus bei gesunden 45 Prozent liegen. Auch in dynamischen Wachstumsprozessen haben Praxiszahlen Besonderheiten, die bei einer individuellen Bewertung von Personalkosten zu berücksichtigen sind.
Mitarbeiter sind wertvolle Aktivposten
Ein weiterer Aspekt kommt hinzu: Der Begriff „Personalkosten“ weist in der Mitarbeiterführung schnell in die falsche Richtung. Jeder Mitarbeiter verursacht buchhalterisch zweifelsfrei eine Aufwandsposition. Im Tagesgeschehen haben Mitarbeiter einer Zahnarztpraxis aber die Rolle eines Aktivpostens, der den Wert aller anderen Aktivposten entscheidend steigert.
Dieser Prozess funktioniert allerdings nur dann, wenn Mitarbeiter in ausreichender Zahl und ausreichender Qualifikation beschäftigt werden. Wenn ihnen Wertschätzung entgegengebracht wird, sie die Praxisziele kennen und konkret wissen, was von ihnen erwartet wird: Eine Prophylaxeabteilung lässt sich mit einer motivierten Zahnmedizinischen Prophylaxeassistentin (ZMP) oder einer DH hervorragend aufbauen. Die im Schnelldurchlauf für die PZR angelernte Assistenzkraft wird trotz größter Anstrengung nicht zu denselben Erfolgen kommen können. Ebenso wenig kann sie eine erfahrene Abrechnungskraft über Nacht ersetzen. Wenn an diesen Stellen gespart wird, bleiben wertvolle Potenziale in der Praxis ungenutzt!
Qualifizierte Stuhlassistenz erhöht Honorarumsatz
Zudem ist es ein Unterschied, ob die Assistenz am Stuhl durch einen Azubi im ersten Lehrjahr oder eine erfahrene Spitzenkraft erledigt wird. Letztere kostet zwar ein Vielfaches, bewirkt aber auch eine höhere Produktivität, da sie eine flüssige Behandlung ermöglicht, Patientenkommunikation übernimmt und delegierbare Arbeitsschritte am Patienten sowie die Dokumentation in der EDV zuverlässig erledigt. Der Grad der Qualifikation der Assistenz hat unmittelbaren Einfluss auf die Performance des Zahnarztes bzw. den von ihm erreichbaren Honorarstundensatz. Damit spannen wir den Bogen zur zweiten Seite der Rechenformel.
PRAXISHINWEIS | Zentrale Chancen für Gewinnsteigerungen liegen bei Zahnarztpraxen in den meisten Fällen eben nicht in der Kostensenkung, sondern in der Ausschöpfung bis dato ungenutzter Leistungs- und Effizienzpotenziale. Dieser Aspekt wird von den Beteiligten noch zu selten gesehen oder nicht zur Sprache gebracht, weil Erfahrung und Wissen fehlen. |
Ein Beispiel hierfür aus der Prophylaxe: Entscheidend ist nicht nur der Preis der PZR; ebenso wichtig ist die Terminauslastung der Prophylaxekraft. Mittels der folgenden Maßnahmenkombination können beispielsweise attraktive Zusatzhonorare erwirtschaftet werden - ohne Kostensteigerungen:
- Es erfolgt eine Optimierung der Rüst- und Leerzeiten.
- Patiententermine und Arbeitszeiten der ZMP werden klug ausbalanciert.
- Terminausfällen wird durch einen SMS-Service bzw. aktiv genutzte Wartelisten in Verantwortung der Rezeption gezielt vorgebeugt.
- IP-Leistungen für Kinder werden systematisch und vollständig erbracht.
- Behandlungskapazitäten werden vormittags gekürzt und nachmittags bzw. am frühen Abend ausgebaut.
- Praxiseinheitliche Sprachregelungen für PSI-Codes werden eingeführt.
- Für Folgeterminierung bzw. Recall werden wirksame Regeln eingeführt.
Eine Steigerung von zum Beispiel 2.500 Euro pro Monat auf der Position der ZMP kann - je nach Praxissituation - absolut realistisch sein. Abzüglich der variablen Kosten (unterstellt mit 15 Prozent) ergibt sich daraus für die Zahnarztpraxis eine Steigerung des Gewinns von 25.500 Euro pro Jahr. Dies entspricht grob gerechnet dem Gehalt einer jungen Vollzeit-Assistenzkraft, wenn diese mit einer Vergütung von 1.700 Euro brutto pro Monat zuzüglich Arbeitgeber-Nebenkosten veranschlagt wird.
FAZIT | Personalkosten sind eine sensible Größe, denn es stehen Menschen dahinter, die unmittelbar mit ihrer Qualifikation und Einsatzfreude auf den Leistungslevel und die Atmosphäre einer Praxis einwirken. Die „Kollateralschäden“ von rein betriebswirtschaftlich motivierten Einsparungen bei den Personalkosten stehen oft in einem krassen Missverhältnis zu den damit erreichten positiven Finanzeffekten. Daher ist generell Vorsicht geboten, wenn Kostenquoten interpretiert werden: Für die Definition nachhaltig positiv wirkender Optimierungsmaßnahmen ist eine tiefere Kenntnis der individuellen Funktionsweise des betreffenden Praxisbetriebes erforderlich. |