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  • · Fachbeitrag · Qualitätsmanagement

    Nicht hadern mit dem Qualitätsmanagement: Füllen Sie es mit Sinn!

    von Wolfgang Haferkamp, Paderborn, www.haferkamp-beratung.de

    | Für viele Zahnärzte ist klar: Qualitätsmanagement (QM) sind Auflagen, die sich irgendeiner ausgedacht hat, die wir aber nicht wollen, denn unsere Praxen funktionieren auch so. Diese Meinung geht meist einher mit dem Ablehnen jeglicher Einflussnahme von außen. Wer hat das schon gern? Dennoch: Unabhängig von einer derartigen Grundhaltung kommt kein Zahnmediziner umhin, sich mit dem Thema QM zu beschäftigen. Meist passiert das schon automatisch. Werden dann noch die Instrumente des QM sinnvoll angewandt, kommt es zu spürbaren Qualitätsverbesserungen. |

    QM ‒ ein wirkungsvolles Organisationstool

    Die ersten, die sich über QM Gedanken gemacht haben, waren nicht etwa Bürokraten, sondern Führungskräfte von Industriefirmen. Sie merkten, dass sie für alle Mitarbeiter eines Unternehmens Regeln des Arbeitens festlegen müssen, um sicherzustellen, dass die Ergebnisse immer gleich sind. Sie sollten immer die gleiche Qualität haben. Schnell merkten die Unternehmensverantwortlichen, dass nicht nur die Produktion, sondern auch alle anderen Bereiche von Firmen effizienter und effektiver arbeiteten, wenn gezielt Mittel des QM eingesetzt wurden. QM in seinen verschiedensten Ausprägungen wurde zum Organisationstool. Es hilft Unternehmen ‒ also auch Zahnarztpraxen ‒ bei der systematischen Analyse, es deckt Schwachstellen auf, identifiziert Stärken und ist eine gute Basis für strategische Entscheidungen. Und es bietet dort die Grundlagen, wo die Praxisführung auf Zuruf nicht mehr funktioniert.

    QM im zahnmedizinischen Alltag

    Letztlich gehört QM zu jedem zahnmedizinischen Alltag. Denn jeder Zahnarzt macht QM ‒ auch wenn er behauptet, das interessiere ihn nicht. Das zentrale Instrument eines QM ist die Prozessbeschreibung der eigentlichen Tätigkeit: die Dokumentation des Behandlungsverlaufs, die Patientenakte.

     

    Jede Praxis braucht Regeln

    Damit die Behandlung funktioniert, müssen viele Vorgänge organisiert werden. Wer will schon, dass dabei der Zufall regiert? Also müssen Regeln her, z. B. zu Fragen wie:

     

    • Wann hat die Praxis auf, wann arbeitet welche Helferin, was macht sie wann?
    • Gibt es Vorgaben, wann welche Behandlungen durchzuführen sind, damit die Anzahl der Stühle und das Behandlungspersonal optimal eingesetzt werden kann?

     

    Selbstverständlich kann all dies aus dem Bauch gemacht werden, denn es hat ja jahrelang eventuell funktioniert. Aber bleibt das so? Das weiß keiner. Was wir wissen, ist: Patienten werden kritischer, orientieren sich vermehrt an Bewertungsportalen und suchen ‒ wo möglich ‒ aktiv die zweite Meinung. Was hat das mit QM zu tun? Eine Menge, denn organisierte Praxen haben hier Vorteile, weil sie auf der Basis von intern nachvollziehbaren Prozessen arbeiten und schneller und rationaler agieren können.

     

    Für Einhaltung von Hygienestandards bedarf es eines QM

    Außerdem wissen wir ‒ evidenzbasiert ‒, dass Patienten an erster Stelle die Hygiene voraussetzen, wenn sie sich der Obhut einer Praxis anvertrauen. Hygiene ist mehr als nur Sauberkeit: Dahinter steckt die Umsetzung

    • des Infektionsschutzes,
    • des Arbeitsschutzes und
    • des Umgangs mit Medizinprodukten.

     

    Hat eine Praxis ein QM bereits realisiert, garantiert dies, dass hygienische Mindeststandards eingehalten werden ‒ auch beispielsweise bei der Aufbereitung von Instrumenten. Das ist ein „Muss“, das nicht verhandelbar ist und in Zukunft in allen Praxen regelmäßig überprüft werden wird. Wer sich also in Bezug auf rechtliche Anforderungen nicht ins Abseits stellen möchte, tut gut daran, ein Qualitätsmanagement einzuführen.

     

    Anforderungen aus QM-Richtlinien

    Hinzu kommen die Anforderungen aus den Qualitätsmanagement-Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), die zum großen Teil bereichsübergreifend gelten. „Muss“-Elemente für die Zahnmedizin sind hier das Risikomanagement, das Fehlermanagement und die Teilnahme an einem Fehlermeldesystem. Allerdings sind die Sanktionen bei Nichtrealisierung zurzeit vernachlässigbar ‒ es gibt sie bisher nicht.

     

    Patientenakte: Mit klaren Vorgaben geht es besser

    Der Kern des QM einer Zahnarztpraxis ‒ die Patientenakte ‒ ist heute meist integriert in ein elektronisches Patientenverwaltungssystem. Bereits die herkömmlich per Hand geführte Patientenakte fußt auf klaren Vorgaben, was und wie dieses erfasst wird. Sonst würde die eine Akte mal so und eine andere ganz anders aussehen und das Arbeiten mühsam werden. Moderne elektronische Patientenverwaltungssysteme gehen meist in dem, was erfasst wird, über die alte Mappe hinaus. Sie bieten ja auch ganz andere Möglichkeiten der Weiterverarbeitung und natürlich auch Auswertung. Gleichzeitig müssen die Vorgaben hier noch viel stringenter eingehalten werden, da der Herr Patient im Brief sonst plötzlich mit Frau angesprochen wird und, und, und.

     

    Regeln niederschreiben und mit Checklisten arbeiten

    Manches geben die Programme vor, anderes ist praxisintern geregelt. Alle Daten, die erhoben werden, müssen auch aktuell gehalten werden. Und es muss gewährleistet sein, dass sich alle Mitarbeiter ‒ auch die neuen ‒ immer an die vorgegebenen Regeln halten. Wenn das funktioniert, ist das prima und muss nicht notwendigerweise niedergelegt sein. Klappt aber nicht immer alles automatisch, ist es sinnvoll, Regeln bzw. Arbeitsanweisungen niederzuschreiben. Oft ist es aber auch notwendig, mit Checklisten zu arbeiten, um sicherzustellen, dass alle Einzelelemente eines Vorgangs wirklich abgearbeitet worden sind (so z. B. das Zusammenstellen der Unterlagen für angeforderte Gutachten).

     

    PRAXISHINWEIS | Es wird eine Liste mit den einzelnen Arbeitsschritten erstellt. Jede Beschreibung eines Arbeitsschritts ‒ beispielsweise OPG auf CD schreiben und beschriften ‒ wird mit einem leeren Kästchen kombiniert, das abgehakt wird. Noch besser ist, wenn das Datum der Erledigung des Einzelschritts erfasst und das Namenskürzel der jeweiligen Mitarbeiterin hinzugefügt wird. Die Checkliste dient dem dokumentierten „Checken“ eines Vorgangs.

     

    Die Qualität des Managements wird gesteigert, da eine nachvollziehbare Übersicht über alle entsprechenden Arbeitsschritte vorliegt und diese strukturiert abgearbeitet wird. Das Ergebnis ist schnell zusammengestellt. Die Unterlagen sind vollständig, ohne dass nachgehakt werden muss oder dass etwas vergessen werden kann. Und wenn dann in diesem Vorgang irgendetwas nicht geklappt hat, ist sofort nachvollziehbar, wo die Ursache gelegen hat. Diese kann effizient und schnell behoben werden, sodass beim nächsten Mal wieder alles funktioniert.

     

    Ein Qualitätsmanagement lebt, es unterliegt ständigen Veränderungen. Es muss aber nicht immer größer werden! Wenn die Mitarbeiter oder die Praxisinhaber der Meinung sind, dass ein Vorgang ‒ wie z. B. die Zusammenstellung von Gutachtenunterlagen ‒ den damit betrauten Mitarbeitern in Fleisch und Blut übergegangen ist, kann die Checkliste aus dem Blickfeld entfernt werden. Sie sollte aber archiviert werden. Wenn dann später mal der Vorgang nicht funktioniert oder ein anderer Mitarbeiter damit betraut wird, ist es kein Problem, die erstellte Checkliste wieder zu reaktivieren.

    Arbeit besser machen mit QM

    Sinnvoll wird ein QM, wenn es ‒ neben der Erfüllung der rechtlich geforderten Elemente ‒ der Praxis hilft, effektiv und effizient zu arbeiten. QM ist als ein Hilfsmittel zu sehen, eine Praxis zu organisieren und in die Zukunft zu führen. Die Verwendung von alten Fassungen von Formularen und anderen Dokumenten kann mit QM verhindert werden, genauso wie es der Weiterentwicklung dient.

     

    FAZIT | Die Zeiten, in denen Praxen von selber liefen ‒ ob mit oder ohne ausformulierte Organisation, ob mit oder ohne QM ‒ sind lange vorbei. Heute muss eine Praxis ständig in die EDV investieren, Arbeitsmittel erneuern, hygienisch einwandfrei aufbereiten, Mitarbeiter weiterentwickeln. All dies funktioniert nur mit Organisationshilfsmitteln, die eine Praxis strukturieren helfen. Wer sich nur damit beschäftigt und Dokumente produziert, weil es rechtlich gefordert ist und dann alles irgendwo in einem realen oder elektronischen Ordner verhungern lässt, wird über kurz oder lang Probleme bekommen. Ziel muss es sein, QM mit Sinn zu füllen. Das ist ‒ wie wir gesehen haben ‒ ziemlich einfach und wird von Praxen teilweise schon umgesetzt, ohne dass es explizit „QM“ heißt. Die Praxisinhaber müssen es nur wollen ‒ dann stellen sich auch Verbesserungen ein.

     
    Quelle: Ausgabe 01 / 2018 | Seite 7 | ID 45020645