· Fachbeitrag · Wirtschaftlichkeitsberechnung
Was kostet eigentlich Prophylaxe?
von Dr. Detlev Nies, öff. best. u. vereid. Sachverständiger für die Bewertung von Arzt- und Zahnarztpraxen, www.praxisbewertung-praxisberatung.com
| Individualprophylaktische Leistungen sind in den Augen vieler Praxisinhaber allein schon deshalb profitabel, weil der Zahnarzt die entsprechenden Leistungen nicht selbst erbringen muss, sondern an entsprechend qualifiziertes Personal delegieren kann. Diese Rechnung geht aber nicht immer auf - es bedarf einer genauen Betrachtung der einzelnen Kostenfaktoren. Worauf dabei zu achten ist, wird im nachfolgenden Beitrag untersucht. |
Praxisfall: So werden die Kosten für Prophylaxe ermittelt
Selbstverständlich hängt die Kostenstruktur auch von der Zahl der durchgeführten Prophylaxebehandlungen ab. In unserem Praxisfall wird von 100 Prophylaxebehandlungen pro Monat bzw. 1.200 Prophylaxebehandlungen pro Jahr ausgegangen. Das Honorar für die Prophylaxebehandlung beträgt durchschnittlich 70 Euro. Es wird unterstellt, dass die Zahnmedizinischen Prophylaxehelferinnen (ZMPs) ausschließlich Prophylaxeleistungen erbringen und keine Arbeiten durchführen, die der parodontologischen Behandlung zuzurechnen sind.
In der Praxis steht ein eigener Prophylaxeraum zur Verfügung, einen Prophylaxeshop gibt es nicht. Die Einrichtung des Prophylaxeraums hat gekostet:
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| 15.000 Euro |
| 4.000 Euro |
| 5.000 Euro |
| 3.000 Euro |
| 1.000 Euro |
| 1.000 Euro |
| 1.000 Euro |
Insgesamt | 30.000 Euro |
Unterstellt man eine Gesamtnutzungsdauer des Behandlungszimmers von 18 Jahren (das ist etwa die durchschnittliche Nutzungsdauer des Inventars einer Zahnarztpraxis), ergibt sich (linear) eine jährliche Belastung in Höhe von 1.667 Euro.
Die anteiligen Raumkosten für das 15 qm große Prophylaxezimmer betragen 14 Euro pro Quadratmeter inklusive Nebenkosten. Der Anteil an den Miet- und Mietnebenkosten beträgt demnach 210 Euro pro Monat bzw. 2.520 Euro pro Jahr.
Gemeinkosten wie Reinigung der Praxisräume, Sterilisation, allgemeine Verwaltungskosten, Reparaturen usw. werden mit 3 Euro pro Behandlung veranschlagt. Pro Jahr werden daher 3.600 Euro berücksichtigt.
Dem Zahnarzt zuzuordnende Kosten
Die Erstberatung wird vom Zahnarzt durchgeführt und dauert 15 Minuten. In dieser Zeit überzeugt der Zahnarzt den Patienten von der Notwendigkeit der Individualprophylaxe. Der Kostenminutensatz des Zahnarztes beträgt (ohne die Kosten des Prophylaxeraums) 3 Euro, das sind 45 Euro je Beratungsgespräch.
PRAXISHINWEIS | Eine korrekte Erfassung dieser Kosten ist schwierig, weil sie von der Zahl der durchgeführten Beratungen abhängig ist. Diese wird bei einer im Aufbau befindlichen Prophylaxeabteilung höher sein als in einer Praxis, in der die Prophylaxe bereits seit mehreren Jahren läuft, ein großer Patientenstamm bereits besteht und nur noch wenige Patienten zu dem bestehenden Patientenstamm hinzukommen. |
Für den hier beschriebenen Praxisfall wird angenommen, dass jeden Monat 10 Patienten von der Notwendigkeit, Prophylaxe zu betreiben, überzeugt werden können, also 120 Patienten im Jahr. Das entspricht Kosten in Höhe von 5.400 Euro (= 120 x 45). Die Zahl der neu gewonnenen Patienten gleicht die Zahl der Abgänge (durch Umzug, Abwanderung, Tod usw.) aus.
Der ZMP zuzuordnende Kosten
Nach der Beratung durch den Zahnarzt führt die ZMP die Behandlung durch. Sie vereinbart die Folgetermine bzw. erledigt den Recall und erstellt die Rechnung. Um ein Anreizsystem für die ZMP zu schaffen, erhält sie über ihr Grundgehalt von 2.000 Euro (inkl. Arbeitgeberanteile) hinaus für jeden behandelten Patienten 10 Euro (inkl. Arbeitgeberanteile). Die Gesamtkosten für die Prophylaxehelferin betragen somit 24.000 Euro (Grundgehalt) zuzüglich 12.000 Euro (Leistungszuschlag) gleich 36.000 Euro.
Fortbildungskosten für die Prophylaxehelferin werden mit 200 Euro pro Jahr berücksichtigt.
Weitere Kostenpositionen
Zudem ist bei der Betrachtung der Kosten noch an folgende Positionen zu denken:
- Zwar werden die Rechnungen in der Praxis erstellt, die Abwicklung der Zahlungsvorgänge übernimmt aber eine Abrechnungsgesellschaft, deren Provision 3 Prozent der Rechnungssumme beträgt. Jährlich fallen somit 2.520 Euro an.
- Die Kosten für Werbemaßnahmen (z. B. Verteilung von kostenlosen Zahnbürsten) werden mit durchschnittlich 1 Euro pro Behandlung veranschlagt, also 1.200 Euro pro Jahr.
- Der Materialverbrauch (Bürsten, Polierpaste, Anfärben, Ultraschallspitzen usw.) wird mit 5 Euro pro Behandlung unterstellt, wodurch man auf insgesamt 6.000 Euro pro Jahr kommt.
- Sonstige Kosten werden mit 1 Euro pro Behandlungsfall berücksichtigt, also insgesamt 1.200 Euro.
Bei der hier beschriebenen Struktur errechnen sich die Behandlungskosten wie folgt:
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Kostenfaktor | Kosten pro Jahr | Fixkosten? |
Prophylaxeraum | 1.667 Euro | Ja - 1.667 Euro |
Miete und Nebenkosten | 2.520 Euro | Ja - 2.520 Euro |
Praxisgemeinkosten | 3.600 Euro | Ja - 3.600 Euro |
Erstberatung | 5.400 Euro | |
Prophylaxehelferin | 36.000 Euro | zum Teil - 24.000 Euro |
Fortbildung | 200 Euro | |
Abrechnungsgesellschaft | 2.520 Euro | |
Werbemaßnahmen | 1.200 Euro | |
Materialverbrauch | 6.000 Euro | |
Sonstige Kosten | 1.200 Euro | |
Gesamt | 60.307 Euro | 31.787 Euro |
Bezogen auf 1.200 Behandlungsfälle im Jahr entfallen damit auf jede Behandlung Kosten in Höhe von 50,26 Euro. Davon sind 26,49 Euro Fixkosten - also rund die Hälfte. Auf die ZMP entfällt mehr als die Hälfte der jährlich anfallenden Gesamtkosten.
In diesen Kosten ist die Übernahme des unternehmerischen Risikos als (kalkulatorischer) Kostenfaktor nicht berücksichtigt.
Ab wann beginnt die Kostendeckung?
Die im obigen Praxisfall verwendeten Beträge und Zeiten sind beispielhaft und können sich - je nach individueller Situation - anders darstellen. Wer selbst die Rentabilität seiner Prophylaxeabteilung überprüfen will, sollte daher seine eigenen Zahlen einsetzen.
Generell ist aber festzuhalten, dass eine Prophylaxebehandlung, die zu einem Preis von unter 50 Euro angeboten wird, in der Regel kaum die Behandlungskosten decken kann. Je nach Region und Zahl der Behandlungen können bei der Kalkulation auch deutlich höhere Behandlungskosten pro Fall zu berücksichtigen sein.
PRAXISHINWEIS | Es empfiehlt sich daher dringend, entsprechende Berechnungen vor dem Aufbau einer Prophylaxeabteilung anzustellen und bei bestehender Prophylaxeabteilung in regelmäßigen Abständen die Kosten- und Erlösstrukturen zu überprüfen. |