04.02.2015 · IWW-Abrufnummer 143797
Finanzgericht Schleswig-Holstein: Urteil vom 09.10.2014 – 4 K 179/10
Die von einem Zahnarzt durchgeführte Zahnaufhellung - sog. Bleaching - ist umsatzsteuerfrei, soweit sie dazu dient, einen aufgrund einer Vorerkrankung und - behandlung nachgedunkelten Zahn aufzuhellen.
Finanzgericht Schleswig-Holstein
Urt. v. 09.10.2014
Az.: 4 K 179/10
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Inhaltsübersicht
In dem Rechtsstreit
wegen Umsatzsteuer 2005 und 2007
hat der 4. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts
für Recht erkannt:
Tenor:
Der Umsatzsteuerbescheid 2005 vom 27.4.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2.9.2010 wird dahingehend abgeändert, dass die festgesetzte Umsatzsteuer von -3.438,00 EUR um 68,64 EUR verringert und damit auf -3.506,64 EUR festgesetzt wird.
Der Umsatzsteuerbescheid 2007 vom 27.4.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2.9.2010 wird dahingehend abgeändert, dass die festgesetzte Umsatzsteuer von -4.529,79 EUR um 64,41 EUR verringert und damit auf -4.594,20 EUR festgesetzt wird.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob die von einem Zahnarzt/einer Zahnärztin durchgeführte Zahnaufhellung - das sog. Bleaching -, soweit sie dazu dient, einen aufgrund einer Krankheit und einer Behandlung nachgedunkelten Zahn aufzuhellen, gemäß § 4 Nr. 14 des Umsatzsteuergesetzes - UStG - umsatzsteuerfrei ist.
Die Klägerin ist eine zahnärztliche Gemeinschaftspraxis in der Gesellschaftsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts - GbR -, die von den Zahnärzten A und B betrieben wird und in den Streitjahren sowohl steuerpflichtige als auch steuerfreie Umsätze erzielte. Bei einigen Patienten der Klägerin wurde eine Zahnaufhellung - ein Bleaching - einzelner Zähne durchgeführt und in Rechnung gestellt. Die Entgelte für diese Leistungen betrugen im Streitjahr 2005 in Summe 429,00 EUR netto und im Streitjahr 2007 in Summe 339,00 EUR netto.
Das Bleaching im zahnärztlichen Bereich erfolgt dergestalt, dass ein dafür vorgesehenes Bleichmittel in bzw. auf einen Zahn ein- bzw. aufgebracht wird und sich infolge der Wirkungsweise des Bleichmittels das optische Erscheinungsbild des behandelten Zahnes aufhellt. Eine derartige Bleaching-Behandlung kann einerseits - ohne darüber hinausgehende Veranlassung - aufgrund des individuellen Wunsches eines Patienten erfolgen, seinen gesunden Zähnen ein vom natürlichen Aussehen der Zähne abweichendes, helleres Erscheinungsbild vermitteln bzw. etwaigen Verfärbungen bspw. durch Rotwein, Tee oder Nikotin entgegenzuwirken.
Die streitgegenständlichen Bleaching-Behandlungen erfolgten dagegen nach Abschluss einer zahnärztlichen Behandlung (Wurzelkanal-Behandlung), welche aufgrund einer Vorerkrankung (Wurzelerkrankung) bzw. eines Unfalls (beides im Weiteren: Vorschädigung) erforderlich wurde. Die jeweilige Folge der Vorschädigung und der aufgrund der Vorschädigung vorgenommenen Behandlung lag darin, dass der jeweils betroffene Zahn nervtot wurde und - was eine insoweit nicht unübliche Folge darstellt - infolge dessen nachdunkelte. Durch die Bleaching-Behandlungen wurde demzufolge nicht das Gesamterscheinungsbild sämtlicher Zähne des Patienten verändert, sondern der infolge der Vorschädigung und Behandlung eingetretenen Verdunkelung begegnet. Dabei wurden die Maßnahmen nicht in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Vorschädigung und vorangegangenen zahnärztlichen Behandlung durchgeführt. Zwischen der vorangegangenen Behandlung und dem Bleaching lag vielmehr jeweils ein Zeitraum von wenigen Monaten bis zu maximal 2 Jahren. Da das Bleaching somit nicht unmittelbar im zeitlichen Rahmen der vorangegangenen Behandlung erfolgte, wurde der - nach Abschluss der Vorbehandlung verschlossene - Zahn (erneut) geöffnet und das Bleichmittel sodann in den Zahn ein- und auf den Zahn aufgebracht.
Die Klägerin behandelte die vorgenannten Leistungen in ihren am 17. November 2006 und am 8. September 2008 beim Finanzamt eingegangenen Steuererklärungen 2005 und 2007 als gemäß § 4 Nr. 14 UStG steuerfrei. Das Finanzamt stimmte den Erklärungen zu.
In der Zeit vom 19. April 2009 bis 12. März 2010 führte das Finanzamt bei der Klägerin mit Unterbrechungen eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung durch. Dabei stellte der Prüfer fest, dass die Klägerin auf ihrer Homepage u.a. die ästhetische Zahnheilkunde als einen ihrer Tätigkeitsschwerpunkte beschrieb und Entgelte für die Zahnaufhellung nervtoter Zähne als umsatzsteuerfrei behandelte. Denn nervtote Zähne würden nach einer Wurzelfüllung häufig dunkler. Deshalb würden sie von innen heraus durch ein Bleichmittel, das in den Zahn eingebracht werde, aufgehellt. Dazu müsse die Wurzelfüllung dicht, also die Wurzelbehandlung erfolgreich abgeschlossen sein, damit das Bleichmittel nicht in den Wurzelkanal gelangen könne. Der Prüfer sah in den streitgegenständlichen Bleaching-Behandlungen umsatzsteuerpflichtige Leistungen in Höhe von 429,00 EUR netto (2005) und 339,00 EUR netto (2007).
Mit den angegriffenen Steuerbescheiden vom 27. April 2010 setzte das Finanzamt diese Prüfungsfeststellung - neben weiteren, hier nicht streitigen Feststellungen - um.
Hiergegen wandte sich die Klägerin mit ihrem am 4. Mai 2010 beim Beklagten eingegangenen Einspruch. Zur Begründung trug sie unter Einbeziehung ihrer Schreiben vom 2. September 2009, vom 19. Oktober 2009 und vom 17. Dezember 2009 vor, dass die streitigen Behandlungen der Zahnärzte keine rein kosmetischen Leistungen, sondern medizinisch notwendige Behandlungen gewesen seien. Das Ziel der zahnärztlichen Tätigkeit sei die Wiederherstellung des Zahnes oder des Zahnsystems in seinen Urzustand. Diesem Ziel hätten die Bleachings gedient, da die behandelten Zähne jeweils durch eine Nervkanalfüllung als Folge der Vorerkrankung der Nerven versorgt und demzufolge nervtot waren. Unerheblich sei insoweit, dass die Krankenkassen die Behandlungen trotz zahnmedizinischer Indikation nicht übernommen hätten. Zur zahnmedizinischen Notwendigkeit werde ferner auf das Schreiben der Zahnärztekammer verwiesen. In diesem Schreiben wird u.a. ausgeführt: "Die Zähne können auch infolge eines krankhaften Prozesses oder infolge der Therapie dieses krankheitsbedingten Prozesses dunkler werden. Wenn infolge eines nicht mehr umkehrbaren entzündlichen Prozesses das Zahnmark entfernt werden muss, also eine sogenannte Wurzelfüllung durchgeführt wird, kann es zu einer mitunter sehr deutlichen Dunkelfärbung des Zahnes kommen. (...) Das Bleaching hat in diesen Fällen das unmittelbare therapeutische Ziel, dem ursprünglichen, gesunden Zustand zumindest nahe zu kommen."
Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 2. September 2010 als unbegründet zurück. Zwar könnten die Tätigkeiten des Zahnarztes gemäß § 4 Nr. 14 UStG grundsätzlich von der Steuer befreit sein. Jedoch definiere die Rechtsprechung die nach § 4 Nr. 14 UStG steuerbefreiten Heilbehandlungen als Tätigkeiten, die zum Zweck der Vorbeugung, Diagnose, der Behandlung und - soweit möglich - der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen bei Menschen vorgenommen würden. Behandlungen aus ästhetischen oder kosmetischen Gründen seien nach dem BFH-Urteil vom 15. Juli 2004 (V R 27/03) nicht steuerfrei, es sei denn, die Behandlung diene einem therapeutischen Ziel. Das Bleaching oder die Zahnaufhellung gehöre nach Auffassung der Finanzverwaltung generell nicht zu den steuerfreien Heilbehandlungen, wenn ein therapeutisches Ziel nicht erkennbar sei. Es habe allein den Zweck, das Aussehen des Zahnes dem der anderen Zähne anzugleichen. Dies treffe auch auf den Fall zu, in welchem dies nach Abschluss einer Wurzelbehandlung erfolge. Für den erfolgreichen Abschluss der Wurzelbehandlung sei nämlich nicht entscheidend, ob ein Bleaching vorgenommen werde oder nicht. Die Wurzelbehandlung werde medizinisch auch ohne Bleaching erfolgreich beendet.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am 29. September 2010 bei Gericht eingegangenen Klage. Sie hält daran fest, dass es sich bei den Leistungen der Zahnärzte um steuerfreie handele. Das Aufhellen könne nicht isoliert betrachtet werden. Es gehöre unter zahnmedizinischer Betrachtung und Wertung zwingend zur Gesamtbehandlung des zuvor erkrankten Zahnes. Es entspreche den Grundsätzen der Zahnmedizin, dass die Behandlung eines erkrankten Zahnes diesen soweit wie möglich wieder in den Urzustand versetzen soll. Sei der Zahn durch Krankheit oder als notwendige Folge der Behandlung einer Krankheit zerstört, so solle die Leistung des Zahnarztes dazu führen, diesen Urzustand wieder herzustellen. Dies sei hier der Fall. Das Aufhellen habe in keiner Weise nur der Befriedigung kosmetischer oder ästhetischer Bedürfnisse gedient. Keiner der betroffenen Patienten habe sich nach der Wurzelkanalbehandlung dazu entschlossen, den betroffenen Zahn "bei dieser sich bietenden Gelegenheit doch gleich verschönern" zu lassen. Erwartet worden sei von den Patienten jeweils vielmehr die vollständige Behandlung aus zahnmedizinischer Sicht.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, wie folgt zu befinden:
Der Umsatzsteuerbescheid 2005 vom 27.4.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2.9.2010 wird dahingehend abgeändert, dass die festgesetzte Umsatzsteuer von -3.438,00 EUR um 68,64 EUR verringert und damit auf -3.506,64 EUR festgesetzt wird.
Der Umsatzsteuerbescheid 2007 vom 27.4.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2.9.2010 wird dahingehend abgeändert, dass die festgesetzte Umsatzsteuer von -4.529,79 EUR um 64,41 EUR verringert und damit auf -4.594,20 EUR festgesetzt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Sachverhalt sei unstreitig. Jedoch sei dieser im Hinblick auf die Vorschrift des § 4 Nr. 14 UStG wie in der Einspruchsentscheidung zu würdigen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
I.
Zwar konnte der Beklagte grundsätzlich geänderte Steuerbescheide erlassen, da den Steuererklärungen jeweils zugestimmt wurde, diese somit gem. § 168 der Abgabenordnung -AO- einer Festsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich standen und daher gem. § 164 Abs. 2 Satz 1 AO änderbar waren. Auch hat die Klägerin durch die Bleaching-Behandlungen Leistungen gem. § 3 Abs. 9 UStG im Rahmen ihres Unternehmens (§ 2 Abs. 1 UStG) ausgeführt, die gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG umsatzsteuerbar waren.
Jedoch waren diese Leistungen gem. § 4 Nr. 14 UStG steuerfrei. Gemäß § 4 Nr. 14 UStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung sind von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG fallenden Umsätzen von der Steuer befreit (...) die Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut (Krankengymnast), Hebamme oder aus einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit und aus der Tätigkeit als klinischer Chemiker (...).
Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Nach dem unstreitigen Sachverhalt stellen die Bleaching-Behandlungen Leistungen dar, welche von einer Zahnärztin bzw. einem Zahnarzt der Klägerin - also namentlich von der Gesellschafterin Frau A bzw. vom Gesellschafter Herrn B - durchgeführt worden sind. Dass dabei als Leistungserbringer die "Praxisgemeinschaft Dres. med. dent. A und B" und damit die Klägerin in Form der Gesellschaft bürgerlichen Rechts auftrat, ist unschädlich. Denn die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG tritt unabhängig von der Rechtsform ein, in welcher der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Es ist nicht erforderlich, dass die Heilbehandlung von einer Einzelperson ausgeführt wird (vgl. EuGH-Urteil vom 10.09.2002, C-141/00, UR 02, 513; Heidner in Bunjes, UStG, 11. Aufl., Rn. 23).
Zudem liegt nach Auffassung des Senats auch unter Berücksichtigung einer richtlinienkonformen - einschränkenden - Auslegung des § 4 Nr. 14 UStG eine begünstigte "Tätigkeit als Zahnarzt" vor. § 4 Nr. 14 UStG beruht auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe c der 6. Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG). Die Bestimmung des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe c der Richtlinie 77/388/EWG lautet:
"(1) Unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften befreien die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer konkreten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen festsetzen, von der Steuer:
(...)
c) Die Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der von dem betreffenden Mitgliedstaat definierten ärztlichen oder arztähnlichen Berufe erbracht werden."
Diese Bestimmung ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen -EuGH- und Bundesfinanzhofs -BFH- dahin auszulegen, dass medizinische Leistungen - auch wenn von einem Arzt ausgeführt -, die nicht in der medizinischen Betreuung von Personen durch das Diagnostizieren und Behandeln einer Krankheit oder einer anderen Gesundheitsstörung bestehen, nicht in den Anwendungsbereich der Bestimmung fallen. Befreit sind nur diejenigen Leistungen, deren Zweck der Schutz der menschlichen Gesundheit ist; die befreiten Leistungen müssen der medizinischen Behandlung einer Krankheit oder einer anderen Gesundheitsstörung dienen (EuGH-Urteil vom 14.09.2000, C-384/98, HFR 2000, 918-919; BFH-Urteil vom 15.07.2004 V R 27/03, BFHE 206, 471, Bundessteuerblatt -BStBl- II 2004, 862). In Anwendung dieser Grundsätze ist von der Rechtsprechung beispielsweise die Steuerfreiheit folgender Leistungen, die im Rahmen der Ausübung des Arztberufes erbracht wurden, abgelehnt worden:
- Das Ausstellen von ärztlichen Bescheinigungen für Zwecke eines Kriegsrentenanspruchs (EuGH - Urteil vom 20.11.2003 C-307/01, HFR 2004, 278),
- ärztliche Untersuchungen für die Erstellung von Gutachten für Haftungsfragen und Bemessung des Schadens von Personen, die die Erhebung einer Klage wegen Körperverletzung in Erwägung ziehen (EuGH, a.a.O.),
- die Erstellung von ärztlichen Gutachten im Anschluss an solche Untersuchungen auf der Grundlage von Arztberichten ohne Durchführung ärztlicher Untersuchungen (EuGH, a.a.O.),
- ärztliche Untersuchungen für die Erstellung von Gutachten über ärztliche Kunstfehler für Personen, die die Erhebung einer Klage in Erwägung ziehen (EuGH, a.a.O.),
- biologische Untersuchungen zur Feststellung einer anthropologisch-erbbiologischen Verwandtschaft (EuGH - Urteil vom 14.09.2000 C384/98, HFR 2000, 918).
Auch bei sog. Schönheitsoperationen hat die Rechtsprechung bei Anwendung dieser Maßstäbe in verschiedenen Fällen das Vorliegen einer Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG abgelehnt. So sind etwa "medizinisch nicht indizierte Schönheitsoperationen" als steuerpflichtig angesehen worden, soweit sie nicht der medizinischen Behandlung einer Krankheit oder einer anderen Gesundheitsstörung dienten (BFH - Urteil vom 15.07.2004 V R 27/03, BStBII 2004, 862), sondern - ohne einem therapeutischen Ziel zu dienen - "ausschließlich aus ästhetischen Gründen durchgeführt" wurden (FG Berlin, Urteil vom 12.11.2002, 7 K 7264/02, DStRE 2003, 376). Nur die Schwere und Unfreiwilligkeit einer medizinisch indizierten Behandlung rechtfertige die Freistellung von der Steuer und nicht die - wie möglicherweise aufgrund des schlichten Wortlauts des § 4 Nr. 14 UStG zu vermuten - bloße Ausführung einer dem Arzt vorbehaltenen Tätigkeit (vgl. FG Köln, Urteil vom 29.04.2009, 4 K 3409/07, EFG 2009, 1358 zu von einem plastischen Chirurg ausgeführten Schönheitsoperationen, bestätigt durch BFH-Urteil vom 07.10.2010 V R 17/09, BFH/NV 2011, 865; vgl. auch zu nicht medizinisch indizierten "Ohranlegeoperationen" BFH-Urteil vom 24.10.2011 XI B 54/11, BFH/NV 2012, 279). Es reiche folglich nicht aus, wenn eine Maßnahme eine solche sei, welche der Patient nach seiner Vorstellung für sein vollkommenes körperliches, geistiges und soziales Wohlbefinden benötige (so zu ästhetisch-plastischen Operationen in Gestalt von Fettabsaugungen, Gesichts-, Hals- und Augenlid-Straffungen, sowie Brustvergrößerungen, -verkleinerungen, und -straffungen das FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12.01.2012, 6 K 1917/07, EFG 2012, 1783; Revision unter dem Az. des BFH V R 16/12). Der Befreiungstatbestand für ärztliche Leistung diene letztlich der Subventionierung sozialnützlicher Leistungen, so dass nur solche Leistungen von der Umsatzsteuer befreit werden dürften, denen sich der Patient nicht entziehen könne. Hierunter fielen gerade keine ärztlichen Maßnahmen, die der Rücknahme von Alterserscheinungen, Verbesserung der Körperform, kosmetischen Korrektur von Normabweichungen vom ideellen oder gesellschaftlichen Schönheitsideal oder dem Wohlbefinden dienen (vgl. FG Köln vom 28.02.2013, 15 K 4521/07, EFG 2013, 1452). Soweit eine Maßnahme sowohl gesundheitlichen als auch ästhetischen Zwecken diene, schließe dies die Steuerbefreiung nicht von vornherein aus. Diene die Maßnahme allerdings vorwiegend anderen Zwecken als der Behandlung oder Vorbeugung einer Krankheit bzw. Gesundheitsstörung, so sei die Steuerbefreiung zu versagen. Bei Umsätzen, denen Leistungen mit begünstigter und nicht begünstigter Zielrichtung zugrunde lägen, sei also der Schwerpunkt der Leistung maßgeblich dafür, ob sie umsatzsteuerfrei oder -steuerpflichtig sei (vgl. FG Köln, Urteil vom 28.02.2013, 15 K 4521/07, EFG 2013, 1452, bezugnehmend auf FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12. Januar 2012, 6 K 1917/07, EFG 2012, 1783, Revision, Az. des BFH V R 16/12, sowie auf den BFH - Beschluss vom 31.07.2007 V B 98/06, BStBl II 2008, 35). Ob die jeweils fragliche Maßnahme eine begünstigte Heilbehandlung im Sinne des § 4 Nr. 14 UStG darstellt, ist unabhängig davon zu beurteilen, ob eine Kostenerstattung durch die Sozialversicherungsträger erfolgt oder nicht (BFH - Urteil vom 20.01.2008, XI R 53/06, BFHE 221, 339, BStBl II 2008, 647 [BFH 30.01.2008 - XI R 53/06]).
Zur Steuerfreiheit von Schönheitsoperationen hat der EuGH (EuGH - Urteil vom 21.03.2013, C-91/12, HFR 2013, 458) ausgeführt, dass die steuerbegünstigten Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin zwar einem therapeutischen Zweck dienen müssten. Jedoch folge daraus nicht zwangsläufig, dass die therapeutische Zweckbestimmung einer Leistung in einem besonders engen Sinne zu verstehen sei (EuGH, a.a.O., Tz. 26). So könnten auch Leistungen "wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, d.h. ästhetische Operationen und ästhetische Behandlungen", soweit sie dazu dienen, Personen zu behandeln oder zu heilen, bei denen aufgrund einer Krankheit, Verletzung oder eines angebotenen körperlichen Mangels ein Eingriff ästhetischer Natur erforderlich ist, unter die Begriffe "ärztliche Heilbehandlungen" oder "Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin" im Sinne von Art. 132 Abs. 1 Buchstabe b oder Art. 132 Abs. 1 Buchstabe c der Mehrwertsteuersystem-Richtlinie - welche mit Wirkung ab 7. Januar 2007 die bisherige gemeinschaftliche Mehrwertsteuerregelung, insbesondere die Richtlinie 77/388/EWG aufgehoben und ersetzt hat - fallen. Wenn der Eingriff jedoch zu "rein kosmetischen Zwecken" erfolge, falle er nicht unter diese Begriffe (EuGH, a.a.O., Rn. 29). Zudem weist der EuGH darauf hin, dass die eine Privilegierung begründenden gesundheitlichen Probleme auch psychologischer Art sein könnten, dass jedoch die rein subjektive Vorstellung der Person, die sich einem ästhetischen Eingriff unterzieht, insoweit nicht maßgeblich sei (EuGH, a.a.O., Rnr. 33, 34).
Im Anschluss an dieses Urteil hat der BFH (BFH-Beschluss vom 19.06.2013 V S 20/13, BFH/NV 2013, 1643) festgestellt, dass die Ausführungen des EuGH in Übereinstimmung mit der bisherigen Rechtsprechung des fünften Senats des BFH stünden, wonach als Heilbehandlungen nur die Tätigkeiten steuerfrei seien, die zum Zweck der Vorbeugung, Diagnose, der Behandlung und, soweit möglich, der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen für bestimmte Patienten ausgeführt würden, so dass eine ärztliche Leistung, die in einem Zusammenhang erbracht werde, der die Feststellung zulasse, dass ihr Hauptziel nicht der Schutz der Gesundheit sei, nicht steuerfrei sei. Es reiche für die Umsatzsteuerfreiheit von Schönheitsoperationen nicht aus, dass die Operationen nur von einem Arzt ausgeführt werden können, sondern es sei vielmehr erforderlich, dass auch derartige Operationen dem Schutz der menschlichen Gesundheit dienen, womit es nicht zu vereinbaren sei, Leistungen der Schönheitschirurgen ohne Rücksicht auf ihre medizinische Indikation als steuerfrei zu behandeln (BFH, a.a.O., mit Verweis auf BFH-Urteil vom 07.10.2010 V R 17/09, BFH/NV 2011, 865; vgl. auch BFH-Beschluss vom 08.04.2014 V B 38713, BFH/NV 2014, 1106).
Der Senat folgt den vorbenannten Grundsätzen, ist jedoch entgegen der Meinung des Beklagten der Auffassung dass bei deren Anwendung die streitgegenständlichen Leistungen als steuerfrei zu beurteilen sind.
Zwar ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, dass das Bleachen auch im Falle eines nach einer Vorschädigung und entsprechenden Behandlung nervtoten und aufgrund dessen nachgedunkelten Zahnes keine über das Aufhellen des Zahnes hinausgehende Wirkung - etwa in Gestalt einer Aushärtung des Zahnschmelzes oder eines Schutzes gegen (erneute) Zahnerkrankungen - entfaltet. Die jeweils vorangegangene Zahnbehandlung konnte ungeachtet des Bleachings durchgeführt werden und war - die optische Korrektur ausgenommen - abgeschlossen. Es ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig, dass in den einzelnen Behandlungsfällen keine Indikation in dem Sinne vorlag, dass - was durch entsprechendes Fachpersonal festzustellen gewesen wäre (EuGH - Urteil vom 21.03.2013, C-91/12, HFR 2013, 458) - die Patienten aufgrund des Nachdunkelns des betroffenen Zahnes an gesundheitlichen Problemen psychischer Art litten, welche die optische Maßnahme aus diesem Grunde "medizinisch indiziert" hätte.
Indes versteht der Senat die den Wortlaut des § 4 Nr. 14 UStG einschränkenden vorbenannten Grundsätze in dem Sinne, dass eine Behandlung - auch wenn sie keine über ihre optische Einflussnahme hinausgehende Wirkung entfaltet - eine begünstigte Heilbehandlung darstellen kann, wenn sie, wie hier, auf die Beseitigung der (optischen) Folge einer Krankheit oder Gesundheitsstörung und einer aufgrund dieser Krankheit oder Gesundheitsstörung medizinisch indizierten Heilungsmaßnahme gerichtet ist, wenn sie also ein Teil einer - sei es auch zeitlich gestreckten - Gesamtbehandlung der Gesundheitsstörung darstellt, deren Ziel, soweit möglich, die Wiederherstellung des status quo ante des behandelten Körperteils ist. Die steuerliche Begünstigung ist damit nicht allein auf solche Maßnahmen beschränkt, welche auf die Beseitigung der Ursache der Gesundheitsstörung bzw. derer selbst gerichtet sind. Sie erfasst auch Maßnahmen, die zur Beseitigung von durch die Gesundheitsstörung und der zu deren Heilung vorgenommenen Maßnahmen herbeigeführten körperlichen Folgen, seien sie auch rein optischer Natur, gerichtet sind.
Dieses Verständnis folgert der Senat zunächst aus den Ausführungen des EuGH (Urteil vom 21.3.2013, C-91/12, HFR 2013, 458, Leitsatz), wonach privilegierte Leistungen dazu dienen müssen, "Gesundheitsstörungen zu diagnostizieren, zu behandeln oder zu heilen oder die Gesundheit zu schützen, aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen". Aus der alternativen Darstellung der privilegierten Tätigkeiten geht hervor, dass nicht allein die Diagnose und Heilung begünstigt sein kann, sondern auch - ohne diagnostische bzw. heilende Maßnahmen zu implizieren - die bloße Behandlung einer Gesundheitsstörung. Damit ist das Spektrum der begünstigten Tätigkeiten auf die Behandlung von mit der Krankheit zusammenhängenden, durch diese verursachten körperlichen Auswirkungen ausgedehnt, selbst wenn dadurch weder die Ursache der Gesundheitsstörung noch die Krankheit selbst beseitigt wird. Dabei kann es grundsätzlich nicht maßgeblich sein, ob die Tätigkeit - Vermeidung/Beseitigung der krankheitsbedingten körperlichen Auswirkung (z.B. optische Veränderung) - bereits in dem Zeitpunkt erfolgt, in welchem die Krankheitsursache (z.B. Wurzelentzündung) noch nicht erfolgreich beseitigt ist, und sie deshalb als Teil der Gesamtbehandlung in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit den Heilungsmaßnahmen steht, oder ob sie zeitlich nachgelagert erfolgt. Denn der wesentliche Charakter der Behandlung wird durch den Zeitpunkt ihrer Vornahme nicht berührt. Versteht man damit die geforderte therapeutische Zweckbestimmtheit somit "nicht zwangsläufig (...) in einem besonders engen Sinne" (EuGH - Urteil vom 21.03.2013, C-91/12, HFR 2013, 458, Tz. 26), ist die Voraussetzung einer medizinischen Indikation im umsatzsteuerrechtlichen Sinne nicht nur dann erfüllt, wenn die Maßnahme den maßgeblichen Krankheitswert einer Gesundheitsstörung, sondern auch deren Folgen beseitigt, und zwar selbst dann, wenn diese in einer optischen Beeinträchtigung zu sehen sind.
Im Einklang damit stehen auch die Ausführungen in Tz. 29 des vorbenannten EuGH-Urteils, wonach die kosmetischen Leistungen begünstigt sein können, wenn sie dazu dienen, Personen "zu behandeln", bei denen etwa aufgrund einer Krankheit oder Verletzung ein Eingriff ästhetischer Natur "erforderlich" ist. Hieraus geht hervor, dass eine ästhetische Behandlung - nicht aber notwendig: eine heilende Maßnahme - eines Menschen bereits dann begünstigt sein kann, wenn sie "aufgrund" einer Krankheit oder Verletzung "erforderlich" wird. Dies setzt für die Begünstigung der ästhetischen Maßnahme eine Kausalitätsverknüpfung in dem Sinne voraus, dass die bestehende optische Beeinträchtigung durch die Gesundheitsstörung kausal entstanden ist und ihre Behebung aus diesem Entstehensgrund vorgenommen wurde. Nicht notwendig ist demzufolge, dass die Korrektur der optischen Beeinträchtigung ihrerseits die Ursache - also die kausale Krankheit oder den Unfall selbst - heilen oder beseitigen muss und nur in diesem Falle als "erforderlich" und damit im umsatzsteuerrechtlichen Sinne als medizinisch indiziert angesehen werden kann.
Schließlich sieht der Senat darin auch keinen Widerspruch zu den Ausführungen des BFH (Beschluss vom 19.06.2013 V S 20/13, BFH/NV 2013, 1643), wonach für die Begünstigung von Schönheitsoperationen erforderlich sei, dass diese dem Schutz der menschlichen Gesundheit dienten, womit es wiederum nicht zu vereinbaren sei, Leistungen der Schönheitschirurgen ohne Rücksicht auf ihre medizinische Indikation als steuerfrei zu behandeln. Diese Ausführungen zwingen nicht zu dem Schluss, dass kosmetische Maßnahmen unter keinen Umständen privilegiert sind, wenn sie über ihre optische Wirkung hinaus keine heilende Wirkung entfalten. Die Ausführungen lassen nach Auffassung des Senats auch ein Verständnis der geforderten "medizinischen Indikation" in dem Sinne zu, dass diese auch bei der Beseitigung kausaler Krankheitsfolgen gegeben sein kann. Nicht medizinisch indiziert in diesem Sinne sind damit lediglich ästhetische Maßnahmen, die "ausschließlich aus ästhetischen Gründen durchgeführt werden" (so FG Berlin, Urteil vom 12.11.2002, 7 K 7264/02, DStRE 2003, 376), und damit ohne weitere Veranlassung auf Wunsch des Patienten z.B. zur Rücknahme von Alterserscheinungen, zur Verbesserung der Körperform, zu kosmetischen Korrekturen von Normabweichungen vom individuellen oder gesellschaftlichen Schönheitsideal oder zur Herbeiführung des Wohlbefindens erbracht werden (FG Köln vom 28.02.2013, 15 K 4521/07, EFG 2013, 1452).
Da in allen Fällen des streitgegenständlichen Bleachings eine Vorschädigung und eine darauf gegründete, medizinisch indizierte Behandlung vorlag - weswegen es insoweit auch nicht im Einzelfall eines gesonderten Nachweises der medizinischen Indikation bedurfte (vgl. FG Münster, Urteil vom 08.10.2009 5 K 3452/07U, EFG 2010, 602) -, und da unstreitig ist, dass als Folge der Vorschädigung und der darauf erfolgten Behandlung ein Abdunkeln eintrat, welches wiederum der Grund für das Bleaching des betroffenen Zahnes darstellte, sind die nach vorbenannten Grundsätzen beurteilten Voraussetzungen einer begünstigten Heilbehandlung im Sinne des § 4 Nr. 14 UStG jeweils erfüllt. Deshalb kann der Senat dahinstehen lassen, ob das Bleaching mit der vorangegangenen Zahnbehandlung eine wirtschaftlich einheitliche Leistung darstellte, und ob es daher bereits deswegen begünstigt war, weil es das steuerliche Schicksal der ersten (Heil-) Behandlung teilte.
II.
Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.