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  • · Berufsrecht

    „Die von den KZVen angewandte Regelsystematik hat sich als kontraproduktiv erwiesen“

    Bild: ©MQ-Illustrations - stock.adobe.com

    | „Wir sind erleichtert, dass das BSG unserer Rechtsauffassung gefolgt ist“, meint der Rechtsanwalt des klagenden Rechtsträgers des Z-MVZ, Thomas Bischoff aus Köln. Das Bundessozialgericht (BSG) hatte entschieden, dass KZVen den angestellten Zahnärzten eines Z-MVZ nicht länger die Genehmigung von Vorbereitungsassistenten versagen dürfen (Urteil vom 20.02.2020, Az. B 6 KA 1/19 R, dejure.org , ZP 03/2020, Seite 3 ). Es ist nunmehr auf die Anzahl der im Z-MVZ vorhandenen Versorgungsaufträge abzustellen, ungeachtet, ob diese von Vertrags- oder angestellten Zahnärzten erfüllt werden. |

     

    Frage: Herr Bischoff, wie ordnen Sie das Urteil in aller Kürze ein?

     

    Antwort: Bereits 2017 hatte ich das Willkürprinzip der KZVen kritisiert, das wohl in erster Linie dazu dienen sollte, Investoren-MVZ einzudämmen. Da sich mittlerweile aber immer mehr Z-MVZ in zahnärztlicher Hand befinden, hat sich diese Regelsystematik als kontraproduktiv erwiesen. Sie behindert die Berufsausübungsfreiheit der Zahnärzte.

     

    Frage: Warum konnten die KZVen bisher uneinheitlich entscheiden?

     

    Antwort: Der Gesetzgeber hatte das Problem nicht bedacht. Daraufhin regelten die KZVen die Frage vor Ort jeweils so, wie sie es im Einzelfall und nach ihrer berufsrechtlichen Auffassung für sinnvoll hielten. Zum Teil orientierten sie sich dabei an § 72 Abs. 1 S. 2 SGB V. Dort heißt es: „Soweit sich die Vorschriften dieses Kapitels auf Ärzte beziehen, gelten sie entsprechend für Zahnärzte, Psychotherapeuten und medizinische Versorgungszentren, sofern nichts Abweichendes bestimmt ist.“ Da ein Zahnarzt nur einen Vorbereitungsassistenten ausbilden darf, ging manche KZV davon aus, dass dies wegen der Gleichstellung auch für das Z-MVZ gelte. So entwickelte sich eine heterogene, je nach Bundesland unterschiedliche Spruchpraxis, die jetzt durch das BSG-Urteil aufgelöst wird. Die KZVen müssen ihre Formularsammlungen anpassen.

     

    Frage: Inwieweit trägt das aktuelle BSG-Urteil nun zur Rechtssicherheit bei?

     

    Antwort: Rechtssicher ist jetzt, dass auch angestellte Zahnärzte in Z-MVZ Vorbereitungsassistenten ausbilden dürfen ‒ sie übernehmen die Ausbildung im Auftrag des arbeitgebenden Z-MVZ. Solange der Gesetzgeber dies nicht regelt, kann dies nicht durch den Vorstand der KZV eingeschränkt werden. Ob und wie der Gesetzgeber oder der Bundesminister für Gesundheit als Verordnungsgeber der Zulassungsverordnung für Zahnärzte oder ggf. die Partner der Bundesmanteltarife eine Änderung vornehmen werden, ist eine andere Frage, die noch offen ist. Wer mehrere Vorbereitungsassistenten in einem Z-MVZ beschäftigen möchte, sollte daher den Antrag kurzfristig stellen. Es ist aber auch erfreulich, dass die jungen Zahnärzte nach Abschluss des Zahnmedizinstudiums bessere Chancen haben, einen Ausbildungsplatz als Zahnarzt zu finden.

     

    Frage: Was bedeutet das BSG-Urteil für die Berufsausübungsfreiheit für Zahnärzte genau?

     

    Antwort: Für niedergelassene Zahnärzte ändert sich derzeit nichts. Die Z-MVZ dagegen profitieren insofern, als ihnen mit ihren angestellten Zahnärzten diese Berufsausübungsfreiheit nun ebenfalls zugestanden wird. Denn auch sie können jetzt, genau wie ihre niedergelassenen Kollegen, pro vorliegendem Versorgungsauftrag einen Vorbereitungsassistenten einstellen.

     

    Aber Achtung: Diese Regelungen können nicht auf diejenigen Zahnärzte angewendet werden, die in einer Einzelpraxis mit angestellten Zahnärzten niedergelassen sind! Aus Gründen der Gleichstellung wäre dies natürlich wünschenswert. Gesetzgeber, der Bundesminister für Gesundheit als Verordnungsgeber der Zulassungsverordnung für Zahnärzte oder ggf. die Partner der Bundesmanteltarife sollten dies anpassen.

     

    Frage: Z-MVZ können jetzt entsprechend der Anzahl an Versorgungsaufträgen mehrere Vorbereitungsassistenten ausbilden. Heißt das, dass sich zwei angestellte Zahnärzte, die jeweils eine halbe Zulassung haben, einen Vorbereitungsassistenten teilen können?

     

    Antwort: Dies ist bislang nicht gesetzlich geregelt und unklar. Aus meiner Sicht müsste das gehen. In der Praxis ist ja auch schon die Halbtagsausbildung eines Vorbereitungsassistenten über vier Jahre anzutreffen. Warum sollte eine Ausbildung mit zwei Ausbildern über zwei Jahre nicht möglich sein?

     

    Frage: Wie sehen Sie in diesem Zusammenhang die Problematik der sogenannten „Stempeltheorie“?

     

    Antwort: Der Nachweis der persönlichen Praxisführung hat mit diesem Urteil nichts zu tun. Hier geht es nur um den an die Zulassung gebundenen Versorgungsauftrag, den ein angestellter Zahnarzt in einem Z-MVZ im Hinblick auf einen Vorbereitungsassistenten nachweisen muss. Bei der sogenannten Stempeltheorie geht es um die Frage, ob eine Gewerblichkeit im steuerlichen Sinne vorliegt, obwohl man ggf. bei der Beschäftigung von drei bis vier angestellten Zahnärzten von einer freiberuflichen Tätigkeit ausgehen kann. Mit dieser steuerlich noch nicht abschließend geklärten Frage sehen sich beide Praxisformen gleichermaßen konfrontiert, niedergelassener Zahnarzt und Z-MVZ (je nach Rechtsform des Trägers). Diese Wertungswidersprüche gibt es aber leider häufig im Sozialrecht.

     

    Frage: Könnte auch eine BAG oder eine Einzelpraxis mehrere Vorbereitungsassistenten ausbilden?

     

    Antwort: Der in Vollzeit zugelassene Zahnarzt kann einen Vorbereitungsassistenten ausbilden. Bei der BAG kommt es darauf an, wie viele Gesellschafter mit welchem Versorgungsauftrag (voll oder ½) in der Praxis tätig sind. Das Urteil stellt ja auf den vorliegenden Versorgungsauftrag ab.

     

    Herr Bischoff, vielen Dank für das Gespräch! L

    Quelle: Ausgabe 03 / 2020 | Seite 5 | ID 46375551