· Fachbeitrag · Berufsrecht
Zahnarzt mit bemerkenswerter krimineller Karriere: Approbationsentzug war rechtmäßig!
von Rechtsanwältin Rosemarie Sailer, LL.M. Medizinrecht, Wienke & Becker - Köln, www.kanzlei-wbk.de
| Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg hatte sich kürzlich mit einem Zahnarzt auseinanderzusetzen, dem die zahnärztliche Approbation aufgrund mehrerer Straftaten - darunter Vermögensdelikte - entzogen worden war. Hiergegen wehrte sich dieser, unterlag allerdings in zweiter Instanz. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass der Zahnarzt zum Zeitpunkt des Entzugs der Approbation immer noch nicht als würdig angesehen werden konnte, den zahnärztlichen Beruf auszuüben (OVG-Beschluss vom 19. Juni 2013, Az. 8 LA 79/13, Abruf-Nr. 140365 ). |
Zahnarzt saß mehrere Jahre in Haft
Der von dem Zahnarzt angefochtene Approbationsentzug datiert vom 8. September 2011. An diesem Tag wurde ihm die Approbation zur Ausübung des zahnärztlichen Berufs wegen Unwürdigkeit und Unzuverlässigkeit entzogen. Grund hierfür war eine Reihe von Straftaten, die der Zahnarzt in den Jahren zuvor verübt hatte und wegen derer er teilweise sogar in Haft saß.
Halbautomatische Pistole, Versicherungsbetrug, Abrechnungsbetrug
So war der Zahnarzt im Jahr 2001 von einem italienischen Gericht wegen des Besitzes einer halbautomatischen Pistole zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. 2005 schloss sich eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten an, weil er seine Zahnarztpraxis in Brand gesetzt hatte, um die Versicherungssumme zu kassieren. 2007 wurde er wegen Abrechnungsbetrugs in Deutschland verurteilt, es folgten Verurteilungen wegen gewerbsmäßigen Betrugs und Steuerhinterziehung. Nach Verbüßung von mehr als zwei Dritteln der Freiheitsstrafe wurde er schließlich 2012 aus der Haft entlassen, seine Bewährung läuft bis Ende 2016.
Zahnarzt sah sich wieder als berufswürdig an
Der Zahnarzt argumentierte, dass zwischen dem Entzug der Approbation im September 2011 und den hierfür zugrunde liegenden Taten zwischen 1999 und 2006 ein Zeitraum liege, in welchem er sich „wohlverhalten“ habe. Damit sei er bei Approbationsentziehung bereits wieder berufswürdig gewesen.
Gericht: Kein „Wohlverhalten“ des Zahnarztes
Mit dieser Auffassung scheiterte der Zahnarzt nun auch in zweiter Instanz. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass der Zahnarzt zum einen bei Entzug der Approbationsentzug nicht würdig gewesen sei, sie zu behalten. Zum anderen habe er die Berufswürdigkeit auch zwischenzeitlich - trotz der vergangenen Zeit - nicht wiedererlagt, sodass es auch weiterhin gerechtfertigt sei, ihm die Approbation nicht wieder zu erteilen.
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Nach § 4 Absatz 2 Satz 1 in Verbindung mit § 2 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 des Gesetzes über die Ausübung der Zahnheilkunde (ZHG) ist die Approbation als Zahnarzt unter anderem dann zu widerrufen, wenn er sich nach der Approbationserteilung eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich seine Unwürdigkeit zur Ausübung des zahnärztlichen Berufs ergibt. |
Vertrauen in den Berufsstand beschädigt
Nach gängiger juristischer Auffassung ist ein Zahnarzt zur Ausübung seines Berufs unwürdig, wenn er nicht mehr das hierfür notwendige Vertrauen besitzt. Der Widerruf wegen Unwürdigkeit soll nicht das bisherige Verhalten bestrafen, sondern das Ansehen der Zahnärzteschaft in den Augen der Öffentlichkeit schützen. Das erforderliche Vertrauen würde zerstört durch eine fortdauernde Berufstätigkeit von Zahnärzten, die ein Fehlverhalten gezeigt haben, das mit dem Berufsbild und den allgemeinen Vorstellungen von der Persönlichkeit eines Zahnarztes schlechthin nicht zu vereinbaren ist.
Nur schwerwiegende Fehler führen zum Approbationsentzug
Anlass für den Widerruf wegen Unwürdigkeit können nur gravierende Verfehlungen sein, die geeignet sind, das Vertrauen der Öffentlichkeit in den Berufsstand nachhaltig zu erschüttern. Ein solches schwerwiegendes Fehlverhalten nahmen die Richter vorliegend an. Gleichzeitig kamen sie zu dem Schluss, dass der Zahnarzt bis zum Widerruf der Approbation am 8. September 2011 seine Berufswürdigkeit auch nicht wiedererlangt hat.
Keine Besserung des Zahnarztes erkennbar
Nach Ansicht des Gerichts setzt die Wiedererlangung der Würdigkeit voraus, dass sich die Sachlage insgesamt „zum Guten geändert hat“, also der Zahnarzt das erforderliche Ansehen und Vertrauen zurückerlangt hat. Die Richter stellten allerdings klar, dass bloßer Zeitablauf nicht ausschlaggebend sei, um eine erneute Berufswürdigkeit anzunehmen.
Zwischen den strafbaren Taten und dem Approbationsentzug habe gerade kein beanstandungsfreies Verhalten des Zahnarztes vorgelegen. Vielmehr wurde er noch 2008 und 2010 wegen gewerbsmäßigen Betrugs und Steuerhinterziehung verurteilt. Auch könne die Zeit, die der Zahnarzt im Strafvollzug verbracht habe, nicht zugunsten des Zahnarztes herangezogen werden. Als besonders unwürdig wertete das Gericht, dass sich in dem massiven Fehlverhalten des Zahnarztes dessen Neigung manifestiere, sich unrechtmäßige Vermögensvorteile verschaffen zu wollen - selbst unter Verstoß gegen Strafvorschriften und auch unter Hinnahme erheblicher Risiken oder sogar Schäden für Dritte. Dies sei mit der Ausübung des zahnärztlichen Berufs eine nicht zu vereinbarende charakterliche Fehlhaltung.
PRAXISHINWEIS | Die Entscheidung zeigt, dass Zahnärzte einem Berufsstand angehören, für dessen Ausübung das unbedingte Vertrauen der Patienten und der Gesellschaft erforderlich ist. Nicht nur deshalb werden ihnen durch die Berufsordnung strenge Regeln und Verhaltensvorschriften auferlegt. |